Protokoll der Sitzung vom 22.06.2023

Wir setzen uns grundsätzlich mit jedem Antrag inhaltlich auseinander, und ich habe Ihnen erklärt, dass in Ihrem Antrag der springende Punkt fehlt.

Im Übrigen muss ich noch sagen, wenn Sie Sachsen schon so loben: Es gab auch viel Kritik in Sachsen. Schauen Sie sich den Entscheidungsprozess in Sachsen mal etwas genauer an, dann werden Sie sehen, wo dort - sage ich mal - in der Praxis etwas schiefläuft. Ich würde mir dort kein Puzzleteil herausgreifen, nur weil es in meine Argumentation passt. Sie müssen das gesamte Bild betrachten.

(Beifall DIE LINKE, SPD, CDU und B90/GRÜNE)

Wir kommen jetzt zum Redebeitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Für sie spricht Frau Abgeordnete Hiekel.

(Beifall B90/GRÜNE)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer an den Bildschirmen und auf der Tribüne! Lassen Sie mich ganz kurz noch etwas zu unserer gestrigen Aktuellen Stunde sagen: Offensichtlich muss man nur richtig über das Wasser diskutieren und debattieren, damit es mal wieder richtig regnet.

(Vereinzelt Heiterkeit - Hünich [AfD]: Ja, die Tage davor hatte es nicht geregnet!)

- Es hat über Wochen nicht geregnet. - Jetzt hat es mal ordentlich geregnet, aber vielleicht wäre der Regen nachhaltiger, wenn sich auch die anderen Fraktionsvorsitzenden an der Debatte beteiligt hätten.

Jetzt aber zum Thema: Ich spreche heute in Vertretung für Ricarda Budke, die unsere Fraktion im Strukturwandel-Ausschuss vertritt. Aber ich kann Ihnen versichern: Mein Herz schlägt genauso für die Lausitz, und ich bin stolz auf das, was sich dort mit dem Strukturwandel in Bewegung setzt.

(Beifall B90/GRÜNE)

Wir - Ricarda und ich - haben inzwischen viele Menschen kennengelernt, die engagiert für die Entwicklung ihrer Kommunen, für die Lausitz, für ihre Heimat kämpfen. Diese Menschen verdienen unsere Unterstützung, denn nichts ist schlimmer als Engagement, das ins Leere läuft.

Wir stehen beim Strukturwandel am Anfang eines wichtigen Transformationsprozesses. Es ist unsere Aufgabe als Politik, die Akteure im Lausitzer Revier in diesen Prozess einzubinden und mit ihnen die Veränderungen so zu gestalten, dass sie für alle Gewinn bringen. Die Lausitzer Städte und Gemeinden, meine Damen und Herren, sind dabei unsere wichtigsten Partner. Sie sind die Brücke, über die der Strukturwandel bei den Lausitzerinnen und Lausitzern ankommen und als Chance wahrgenommen werden kann. Dabei dürfen wir nicht ausblenden, in welch schwierigen Situationen sich die Kommunen oft befinden - insbesondere, wenn sie in der Haushaltssicherung sind und nur Pflichtaufgaben erfüllen dürfen.

Vor dem Antrag für ein Strukturwandelprojekt - das ist heute schon angesprochen worden - stellen sich den Menschen in den Städte- und Gemeindeverwaltungen entscheidende Fragen: Wird die Kommunalaufsicht das bewilligen? Wie erklären wir es unseren Kommunalvertretern, wenn es nicht klappt und sich der Frust darüber breitmacht? Haben wir überhaupt das Personal, um die Projekte durchzuplanen, umzusetzen und abzurechnen? Was ist mit den steigenden Anforderungen und Kosten bei Bauvorhaben und den möglicherweise aus dem Projekt erwachsenden laufenden Betriebskosten?

Egal, wie die finanzielle und personelle Ausstattung der jeweiligen Kommune aussieht: Alle Gemeinden müssen beim Strukturwandel die gleichen Chancen haben.

(Beifall B90/GRÜNE)

Deshalb stellen wir heute den Antrag, die Städte und Gemeinden in der Strukturwandelregion zielgerichtet zu unterstützen. Im An-

trag haben wir auch dargelegt, welche umfangreichen Möglichkeiten, Unterstützung zu erhalten, für die Kommunen bereits bestehen. Aber wir haben auch festgestellt, dass der Informationsstand der Akteure in den Kommunen recht unterschiedlich ist. An der Stelle wollen wir ansetzen und Formate für den Austausch schaffen. Die Wirtschaftsregion Lausitz - auch das ist schon angesprochen worden - hat bereits damit begonnen: Auf einer Veranstaltung im Februar haben einige Bürgermeisterinnen und Bürgermeister von ihren Erfahrungen berichtet und Lösungsansätze vorgestellt.

Interkommunale Kooperation kann den Gemeinden helfen, ihre Stärken zu bündeln und Kosten auf mehrere Schultern zu verteilen, wie das Beispiel der Lausitztrasse im Verbund von Drebkau, Altdöbern und Welzow zeigt. Diese Austauschformate wollen wir verstetigen und damit quasi einen Raum schaffen, in dem sich Kooperationen anbahnen können.

Überhaupt: Die Wirtschaftsregion Lausitz ist ein entscheidender Partner für die Kommunen, und ihr Geschäftsführer Heiko Jahn wird nicht müde, in Kommunalversammlungen und Bürgermeistergesprächen für den Strukturwandel zu werben und Wege für die kommunalen Projekte aufzuzeigen. Dafür verdienen er und sein Team bei der Wirtschaftsregion Lausitz einen herzlichen Dank!

(Beifall B90/GRÜNE und SPD)

Unser Antrag ist nicht aus der Luft gegriffen, sondern basiert auf einigen Vorarbeiten: Ich möchte an der Stelle das Positionspapier unserer Fraktion von Herbst 2021, die Fachgespräche im Strukturwandelausschuss zum Fachkräftemangel und zu den Kommunen sowie den Bericht unserer Fraktion zu Kommunen im Strukturwandel - der übrigens im Foyer für Sie ausliegt - erwähnen.

Zum Schluss möchte ich noch auf eine entscheidende Herausforderung für den Strukturwandel zu sprechen kommen - auch das wurde heute schon angesprochen -: Der Mangel an Fachkräften könnte in den nächsten Jahren zu einem entscheidenden Wirtschaftshemmnis in der Lausitz werden.

Wir brauchen Zuzug statt Wegzug. Deshalb tut die Landesregierung bereits einiges, um die Lausitz für Fachkräfte attraktiver zu machen:

Erstens. Die Fachkräftesicherung wird im Lausitz-Programm einen höheren Stellenwert bekommen.

Zweitens. Kitas können ebenfalls aus Strukturwandelgeldern gefördert werden, wenn der Bezug zu Ansiedlungsprojekten gegeben ist.

Drittens. Die Imagekampagne „Krasse Lausitz“ - sie wurde heute schon erwähnt - richtet sich an die Lausitzer, aber auch speziell an Rückkehrer und Zuzügler.

Aber: Wenn die Lausitz weiterhin mit rechtsextremen Vorfällen wie in Burg oder Heidesee rassistische und menschenfeindliche Signale sendet, dann nützen die besten Imagekampagnen nichts.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LINKE)

Neben allen Projekten für die harten und die weichen Standortfaktoren brauchen wir auch die zivilgesellschaftlichen Akteure mit ihrem Engagement, Menschen, die in Rückkehrer-Initiativen aktiv sind, und generell Menschen, die sich für Weltoffenheit in der Lausitz einsetzen.

Vor dem Hintergrund meiner Ausführungen lehnen wir die Anträge der Linken und der AfD ab; Kollege Roick hat dazu schon umfassend ausgeführt. Stimmen Sie unserem Antrag zu! - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit für die „krasse Lausitz“.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD und CDU)

Wir kommen zum Redebeitrag der Fraktion BVB / FREIE WÄHLER. Für sie spricht Herr Abgeordneter Dr. Zeschmann.

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Mit diesem Antrag - ich rede jetzt von dem Hauptantrag „Kommunen im Strukturwandelprozess zielgerichtet unterstützen“ - soll einmal mehr der Eindruck erweckt werden, als ob die Fraktionen der Regierungskoalition sich um den Strukturwandel in der Lausitz kümmerten. Wer schon ein paar Mal am Sonderausschuss „Strukturentwicklung in der Lausitz“ teilgenommen hat, weiß, dass das - tut mir leid! - Unsinn ist; denn dort sitzen die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen meistens - ich sage es mal so: in neun von zehn Fällen - eher gelangweilt herum und spielen am Handy.

(Zuruf von der SPD - Rostock [B90/GRÜNE]: Das ist ja un- glaublich!)

Die Fragen zu den Vorträgen und an die Anzuhörenden kommen zu 95 % von den Mitgliedern der Oppositionsfraktionen. Und das ist der Eindruck seit Oktober 2020. Das nenne ich wirklich ein „deutliches Bekenntnis“ und Ausdruck des Interesses und des Engagements der Koalitionsfraktionen, den Strukturwandel positiv zu gestalten.

Der Antrag selbst wirkt zudem auch noch merkwürdig, werden doch unter „Der Landtag stellt fest“ insgesamt 13 Punkte aufgezählt, die beschreiben, was es alles angeblich längst in der Praxis gibt und was ganz toll sein soll. Wenn dem so ist, dann frage ich mich: Ist das nur ein Schulterklopfen für die eigene Landesregierung, quasi eine Ergebenheitsadresse an die Landesregierung? Oder handelt es sich bei dieser Aufzählung nur um eine neue Stilblüte reinster Symbolpolitik nach dem Motto: „Nichts Neues oder gar Verbesserungen auf den Weg bringen, aber so tun als ob!“?

(Beifall BVB/FW)

Denn im Gegensatz zu dieser schier endlosen Aufzählung dessen, was es angeblich schon gibt und was angeblich gut läuft, werden im eigentlichen Antragstext gerade einmal drei Pünktchen benannt, zu denen die Landesregierung zusätzlich aufgefordert wird. Wären diese Punkte neu - neue Aufgaben, neue Hilfestellungen -, ließe sich dieser Antrag ja vielleicht, abseits des symbolpolitischen Glitters, noch ein wenig rechtfertigen. Denn die örtlichen Kommunen sollen - ich zitiere - „bei der Entwicklung, Planung und Umsetzung von Strukturwandelprojekten mit den

bereits verfügbaren Stellen und Haushaltsmitteln“ unterstützt werden. Also mal wieder gar nichts!

(Beifall BVB/FW)

Wir haben schon vor rund einem Jahr gefordert, dass die Kommunen im Strukturwandel finanziell und personell unterstützt werden, damit sie eben die Projekte bzw. Projektideen, von denen hier schon die Rede war, wirklich beantragen, umsetzen und vom Projektmanagement her stemmen können.

Darauf wurde uns immer wieder vorgetragen - wir haben es soeben auch von Frau Hiekel gehört -, dass die WRL das doch schon so gut und vollumfänglich mache und dass man als Kommune doch nur mit einer groben Ideenskizze, der berühmten „Idee auf dem Bierdeckel“, kommen müsse; dann werde man beraten und daraus entstehe ein qualifizierter Antrag.

Wenn also das stimmt, was uns im Sonderausschuss „Strukturentwicklung in der Lausitz“ und gerade eben wieder erzählt worden ist, warum dann der Antrag mit diesen Forderungen?

Auch die zweite Forderung, mit der „die WRL beauftragt wird, auf der Projektebene […] Unterstützung zu liefern, damit die Kommunen am Strukturwandelprozess partizipieren können“, verwundert vor dem Hintergrund der Erzählung, wie gerade eben rezipiert, im Sonderausschuss „Strukturentwicklung in der Lausitz“ doch schon sehr. Anscheinend gibt es das, was uns im Sonderausschuss über einen längeren Zeitraum als Blaues vom Himmel herunter erzählt wurde, in der Realität doch noch nicht. Denn: Warum sonst bedürfte es dieses Antrags?

Zu dem Antrag „Ergebnisse der Begleitforschung berücksichtigen: Fachkräftesicherung für den Lausitzer Strukturwandel in den Fokus nehmen“ können wir nur festhalten: Das ist sicherlich - gar keine Frage - ein wichtiges und zentrales Thema in der Diskussion mit dem Ziel, attraktiver zu werden; wir hörten in dem Beitrag von Herrn Roick schon etwas dazu. Allerdings ist die Erkenntnis - „Daher ist es dringend geboten, dass die Sicherung von Fachkräften bei zukünftigen Maßnahmen der Wirtschaftsregion Lausitz (WRL) oberste Priorität erhält“ - alles andere als neu.

Ähnlich verhält es sich leider auch mit den anderen fünf Spiegelstrichen. Diese geben zwar den Diskussionsstand zu dem Thema gut wieder; aber uns wird doch immer erzählt, es werde mit der neuen Imagekampagne „Krasse Lausitz“ - ebenfalls bereits angesprochen - längst abgearbeitet.

Dass die sogenannten weichen Standortfaktoren in spezifischen Ausnahmefällen, die eng mit konkreten Ansiedlungsprojekten verbunden sind, „eine stärkere Förderung erfahren“ sollen, ist genau das, was uns Frau Ministerin Schneider immer wieder gesagt hat, auch zuletzt wieder, das heißt, dass Schulen und Kitas nur in solchen Ausnahmefällen unterstützt werden können. Also: Nichts Neues und gar nicht passend zur eigentlichen Überschrift!

Über den Antrag „Einrichtungen für Kinder und Jugendliche im Strukturwandelprozess der Kohleregion Lausitz stärker berücksichtigen“, in dem es genau um die soziale Infrastruktur und weiche Standortfaktoren, in allererster Linie also Kitas und Schulen, geht, haben wir vorhin schon diskutiert. Entsprechende Forderungen wurden von der Kleinen Lausitzrunde und den Kommunen vielfach aufgetan. Aber auch hierzu hat uns Frau Ministerin Schneider mehrfach erklärt, dass das kategorisch abgelehnt

werde, weil solche Sachen grundsätzlich nicht aus den Strukturwandelmitteln gefördert werden könnten.

Deshalb schlagen wir vor, das Problem anders zu lösen, nämlich durch eine Ausweitung der finanziellen Möglichkeiten im Rahmen des KIP Bildung im Haushalt.

(Beifall BVB/FW)