Protokoll der Sitzung vom 23.01.2025

Ihre CDU hat mit der Aussetzung der Wehrpflicht vielmehr die Bundeswehr gesellschaftlich isoliert. Den Bürger in Uniform, das alte Leitbild in Westdeutschland, gibt es heute nicht mehr. Die Bundeswehr ist ein Fremdkörper in der Gesellschaft geworden – das haben Sie mit dem Antrag indirekt auch zugegeben.

(Uwe Adler [SPD]: Nee!)

Ich erlebe den Niedergang der Bundeswehr in meiner Familie, in meinem Bekanntenkreis, auch bei Gesprächen mit Bürgern und ehemaligen Veteranen oder Veteraninnen immer wieder. Viele Soldaten der Bundeswehr verlassen sogar die Armee – nicht, weil sie keine Freude am Soldatenberuf haben, sondern weil das abartige Bild der links-grün-woken demokratischen Parteien die Bundeswehr sozusagen niederdrückt. Dadurch werden viele Soldaten abgeschreckt, weiter Dienst zu tun oder ihren Dienst zu verlängern; die Zeitsoldaten laufen lieber weg und machen etwas anderes. Die innere Führung der Bundeswehr legt mehr Wert auf politisch korrekte Haltung als auf Ausbildung und soldatische Tugenden. Sie sollten sich die Rede des Generalmajors einmal komplett anhören; da werden Sie verstehen, was mit gesellschaftlicher Akzeptanz und Anerkennung der Soldaten gemeint ist.

Eines noch, Herr Eichelbaum: Der Antrag hat auch eine große Lücke. Sie haben mit keinem Wort den so dringend benötigten Zivilschutz beschrieben. Was nützt eine gut ausgestattete Bundeswehr, wenn der Bürger im Ernstfall keinen Schutz erfährt? In der Antwort auf meine Anfrage 2143 sowie in der Drucksache 7/5442 bestätigte die Landesregierung, dass das Land Brandenburg keinerlei Planung unternimmt, Schutzräume für die Bevölkerung anzubieten.

(Dr. Hans-Christoph Berndt [AfD]: Unglaublich!)

Besonders schlimm: 2007 wurde das Schutzraumkonzept des Landes Brandenburg ersatzlos gestrichen. Das Land Brandenburg unterhält keine Schutzräume oder Bunkeranlagen; es ist nichts vorhanden. Im Spannungs- und Verteidigungsfall steht die Bevölkerung in Brandenburg komplett nackt da. Wo soll der Bürger hin, wenn es losgeht? Erst seit 2019 baut das Land Brandenburg überhaupt wieder einen Zivilschutz auf, aber das reicht nicht.

(Zuruf des Abgeordneten Uwe Adler [SPD])

Herr Adler, Sie hatten Ihre Chance.

(Vereinzelt Beifall AfD)

Der CDU-Antrag geht mir nicht weit genug. Deswegen werden wir uns enthalten und haben wir einen Entschließungsantrag eingebracht.

In einem Punkt haben Sie allerdings recht: Wir müssen uns als Brandenburger mit diesem Thema auseinandersetzen. Dabei wollen wir im Innenausschuss den Antrag der CDU, aber auch unseren Aspekt – Zivilschutz – intensiv mit Fachleuten besprechen. Wir wollen mit Fachleuten darüber reden, was wir Brandenburger machen können, um für die Bundeswehr attraktiv zu werden – noch attraktiver, als Sie es schon beschrieben haben. Auch der Zivilschutz muss erörtert werden; unser Vorbild ist Finnland, wo es schon seit Jahrzehnten einen Zivilschutz gibt, der mehr als 100 % der Bevölkerung einen Schutzraum bietet.

Wir bitten um Zustimmung zur Überweisung des CDU-Antrages an den Innenausschuss. Wir bitten auch darum, dass über die vier Punkte unseres Antrags einzeln abgestimmt wird und das im Innenausschuss schön besprochen wird. – Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Danke, Herr Abgeordneter Möller. – Auf der Rednerliste steht nun der Abgeordnete Peschel; er spricht für die BSW-Fraktion.

(Beifall BSW)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Zum Einstieg ein Zitat aus der Präambel unseres Grundgesetzes:

„Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“

„Dem Frieden der Welt zu dienen“! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, ich habe Ihren Antrag „Bundeswehr in Brandenburg fördern“ auf das Wort „Frieden“ durchforstet. Ergebnis: null! Das Wort „Frieden“ findet sich nullmal in Ihrem Antrag; kein Wort von „Sicherung des Friedens“ oder „Stärkung

der Bundeswehr zur Gewährleistung einer friedlichen Koexistenz“ – nicht einmal in der Antragsbegründung. Sie meiden das Wort „Frieden“ wie der Teufel das Weihwasser. Warum thematisiere ich das? Ich habe in den Jahren 1993/94 Wehrdienst geleistet, und mir wurde vermittelt, dass ich meinen Dienst als Bürger in Uniform in einer Verteidigungsarmee zur Sicherung des Friedens verrichte.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht bekennt sich zur Bundeswehr und sieht die Notwendigkeit einer gut ausgestatteten und funktionalen Armee, um die Landesverteidigung gewährleisten und den Frieden sichern zu können. Den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr gebühren unser Dank und unsere Anerkennung, und unsere Soldatinnen und Soldaten haben Anspruch auf eine auch ihre Sicherheit gewährleistende Ausstattung.

(Beifall BSW und SPD)

Ich denke, insofern gibt es keinen Widerspruch; bis hierhin stimmen wir überein. Was die CDU hier vorlegt, geht aber weit über dieses Verständnis von Landesverteidigung hinaus. Besonders die Vorschläge im Bildungs- und Wissenschaftsbereich sind inakzeptabel.

Zwei Beispiele: Mit der Viadrina in Frankfurt (Oder) und der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde haben zwei Brandenburger Hochschulen eine Selbstverpflichtung getroffen, ausschließlich für zivile Zwecke zu forschen.

(Vereinzelt Beifall BSW)

Diese Zivilklausel ist ein wichtiges Signal an die Politik in Brandenburg für Diplomatie, Abrüstung und Entspannung,

(Beifall BSW sowie vereinzelt SPD)

auch in Zeiten des Angriffskrieges gegen die Ukraine und weiterer völkerrechtswidriger Kriege, die weltweit geführt werden und zu ächten sind. Die CDU-Fraktion will durch Verzicht auf Zivilklauseln die Wissenschaft in ihrer Entscheidungsfreiheit beschränken. Wir stehen für die Freiheit der Forschung und begrüßen Zivilklauseln an Hochschulen.

(Beifall BSW)

Aber nicht genug: Mit dem Antrag will man noch intensiver an die Schülerinnen und Schüler herantreten, um sie in die voranschreitende Militarisierung unserer Gesellschaft einzubeziehen. Die Koalition hat vereinbart, dass an Brandenburger Schulen nach dem Beutelsbacher Konsens gehandelt werden soll:

(Danny Eichelbaum [CDU]: Sowieso!)

Die Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr kann in der Unterrichtszeit, aber nicht im Unterricht stattfinden – Kollege Stohn hat das bereits erwähnt. Die Schulen entscheiden darüber eigenständig.

Der vorliegende Antrag reiht sich nach unserer Auffassung in die Strategie der Kriegstüchtigkeit ein. Der Kanzlerkandidat der Union spricht davon, dass Freiheit wichtiger als Frieden sei, weil

es Frieden ja auch auf einem Friedhof gebe, und will Taurus-Raketen an die Ukraine liefern, die russische Großstädte – Großstädte einer Atommacht – erreichen können. Es ist richtig, Taurus-Lieferungen auszuschließen, da Deutschland sonst in diesen Krieg hineingezogen wird.

(Beifall BSW sowie vereinzelt SPD und AfD)

Zum Entschließungsantrag der AfD, in dem die Landesregierung aufgefordert wird, weitere Bundeswehrstandorte im Land anzusiedeln. Damit stößt sie in das Horn der Bundes-AfD, 5 % des Bruttoinlandprodukts für Militär und Rüstung auszugeben – fast das Dreifache des bisherigen Wehretats. Das passt in den grotesken Überbietungswettbewerb bei Rüstungsausgaben, den wir momentan erleben. Aber: In den seltensten Fällen haben die Bundesländer eigenes Militär, für das sie Standorte bräuchten – genauer gesagt: nie. Das macht der Bund im Rahmen seiner Zuständigkeit.

Dieser Entschließungsantrag entlarvt die AfD als Wolf im Schafspelz, wenn es um die Frage von Militarisierung und Kriegstüchtigkeit geht. Ich freue mich, dass es am 23. Februar die Möglichkeit gibt, der Militarisierungs- und Aufrüstungspolitik auf Bundesebene eine Absage zu erteilen. Wir sagen: Keine Militarisierung von Schulen und Hochschulen! Verteidigungsfähigkeit statt Kriegstüchtigkeit! Diplomatie statt Aufrüstung! – Vielen Dank.

(Beifall BSW)

Für die Landesregierung spricht nun Frau Ministerin Lange. Bitte schön.

(Steeven Bretz [CDU]: Katrin, du bist meine letzte Hoff- nung!)

Katrin Lange (Ministerin des Innern und für Kommunales):

Ich weiß.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die neue Brandenburger Koalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag wie folgt verständigt:

„Wir stimmen darin überein, dass für Frieden und Sicherheit die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes von großer Bedeutung ist und die Fähigkeit der Bundeswehr zur Verteidigung gestärkt werden muss. Deswegen stehen wir zur Bundeswehr und ihren Brandenburger Standorten.“

Entsprechend dieser Maßgabe wird die Landesregierung auch handeln, und damit wäre zu dem vorliegenden Antrag eigentlich auch schon alles Notwendige gesagt.

Die sogenannte Zeitenwende hält für uns alle große Herausforderungen bereit, und es gibt unterschiedliche Ansätze, mit diesen großen Herausforderungen umzugehen. Die einen machen sich an die Arbeit und sind vor allem an Ergebnissen interessiert,

die anderen wünschen sich mehr bedrucktes Papier. Die Landesregierung gehört in dieser Frage zu der ersten Kategorie. Das ist der erste Grund, warum ich Ihnen die Ablehnung des vorliegenden Antrages empfehle.

Der zweite Grund ist: Die CDU stand fünf Jahre lang in Regierungs- und auch Ressortverantwortung;

(Erik Stohn [SPD]: Genau!)

nie ist dort jemand auf die Idee gekommen, einen Bundeswehrbericht „Brandenburg“ zu verlangen. Aber jetzt, ganz plötzlich, soll dringender Bedarf an einem solchen Bericht bestehen. Nein, meine Damen und Herren, meine Mitarbeiter im Ministerium, die Sicherheitsbehörden und der Landesbaubetrieb haben gerade anderes zu tun. Es geht darum, große Herausforderungen tatkräftig zu bewältigen – und nicht darum, noch mehr Papier vollzuschreiben.

Aber ich nehme dies gern zum Anlass, die bestehenden Berichtspflichten in meinem Bereich einmal generell einer kritischen Inventur zu unterziehen.