Protokoll der Sitzung vom 23.01.2025

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine wirksame Gesundheitspolitik erfordert Durchhaltevermögen, Mut und einen klaren Plan. Die SPD hat diesen Mut und diesen klaren Plan immer bewiesen. Wir setzen jetzt in der neuen Koalition fort, was wir in der Vergangenheit begonnen haben.

Wir lehnen die Anträge ab. – Vielen Dank.

(Beifall SPD und BSW)

Für das BSW spricht Frau Dr. Gruhn.

(Beifall BSW und SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebes Publikum zu später Stunde! Ich schließe mich der Befunderhebung einiger Vorredner bezüglich des eklatanten Ärztemangels im Land Brandenburg und auch der Prognose an, dass es in den nächsten Jahren nicht mehr besser wird – und das, obwohl die ambulante Versorgung das Rückgrat unseres Gesundheitssystems ist. 97 % aller medizinischen Behandlungen finden ambulant statt – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen.

An dieser Stelle ein großes Dankeschön den Kolleginnen und Kollegen draußen in der Niederlassung, die unermüdlich für ihre

Patienten arbeiten und teilweise nicht einmal dafür bezahlt werden. Danke, dass Sie den Laden am Laufen halten!

(Beifall BSW und SPD sowie des Abgeordneten Danny Ei- chelbaum [CDU])

Was können wir tun, um die gesundheitliche Versorgung in unserem Land zu sichern? In der Zukunft wird die Entwicklung neuer Konzepte und Ideen zur Vernetzung der gesamten Versorgungskette in der Medizin gemeinsam mit der KV, den Krankenhäusern, den Kommunen und den Kostenträgern wichtig sein. Wir müssen als Politik den Rahmen dafür schaffen, die Patienten sinnvoll durch unseren Versorgungsdschungel, wie er im Moment besteht, zu steuern, indem wir die Digitalisierung in der Medizin massiv vorantreiben. Mittlerweile gibt es schöne Beispiele aus aller Welt, was zum Beispiel eine einheitliche digitale Terminvergabe bewirken kann. Wir sollten die guten Aspekte der ePA bewerben, aber gleichzeitig darauf achten, dass mit den Daten kein Schindluder getrieben wird und den Arztpraxen überhaupt sinnvolle und ausgereifte technische Lösungen zur Verfügung gestellt werden. Es kann nicht sein, dass wir reihenweise Ärzte an den Ruhestand verlieren, weil die ePA von Herrn Lauterbach anwenderfeindlich und unausgegoren ist.

Es scheint nahezu absurd, wenn man in einem hoch entwickelten Land wie Deutschland vielerorts noch persönlich zur Arztpraxis muss, um einen Termin zu bekommen, und das nur, weil die MFA keine Zeit hat, ans Telefon zu gehen.

Ja, auch MFA sind echte Mangelware, dabei aber entscheidend für den Praxisbetrieb. Leider gehen beide Anträge hierauf gar nicht ein. Schade ist auch, dass Sie nicht auch aus unserem Koalitionsvertrag abgeschrieben haben, dass wir uns alle gemeinsam für den Ausbau von kommunalen MVZ und des AGnES-Programms für Gemeindeschwestern einsetzen wollen. Auch das würde Ihren Anträgen inhaltliche Tiefe geben.

(Beifall des Abgeordneten Andreas Kutsche [BSW] sowie vereinzelt SPD – Dr. Hans-Christoph Berndt [AfD]: Steht doch nur in unserem Wahlprogramm!)

Ich gehe noch auf das ein, was Sie beantragt haben. Das Landärzteprogramm in Brandenburg ist grundsätzlich ein hervorragendes Beispiel dafür, wie gezielte Maßnahmen dazu beitragen können, die medizinische Versorgung in ländlichen Gebieten zu sichern.

Ja, Herr Bretz, der Antrag der CDU greift wieder zu kurz und ist dieses Mal auch zu schnell.

(Zuruf des Abgeordneten Steeven Bretz [CDU])

Den Grund verrate ich Ihnen – ich kenne ihn, weil ich selbst an dem Vertag mitgeschrieben habe –: Die Kassenärztliche Vereinigung hat zunächst einmal bis zum 30. April dieses Jahres Zeit, dem Ministerium ausführlich über die Umsetzung der Förderrichtlinie zu berichten. Erst dann kann und sollte das MGS entscheiden, welche Teilaspekte sich als sinnvoll erwiesen haben, was weiter ausgeführt und was aufgebaut werden sollte. Diese Regel wurde aufgenommen – einige von Ihnen wissen es noch – , um der Kritik des Landesrechnungshofs, die er in der Vergangenheit geäußert hatte, Rechnung zu tragen. Ich denke, wir tun gut daran, uns daran zu halten. Denn wir haben die Verantwortung, gerade bei leeren Kassen Steuergeld nur zielgerichtet einzusetzen. Aber das Landärzteprogramm ist auch nur ein

Puzzleteilchen der Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung in Brandenburg.

Schluss mit dem Arbeiten umsonst! Wir brauchen jetzt auf Bundesebene eine echte Entbudgetierung der ambulanten Medizin. Nur dann wird sie für junge Ärztinnen und Ärzte wieder ein attraktives Berufsziel werden.

Fragt man die KV-Ärzte selbst – ich weiß, einige sind sogar hier – , wird klar, dass beide Anträge viel zu kurz greifen. Die KV fordert in einer aktuellen Veröffentlichung mehr Studienplätze, weniger Bürokratie und einen wertschätzenden Umgang mit Ärztinnen und Ärzten. Dies alles sind Dinge, die wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, hier in Brandenburg gemeinsam anpacken können.

Fazit: Um uns gemeinsam dem Fachkräftemangel in der Medizin zu stellen und diese Herausforderung zu meistern, braucht es ein breites Spektrum an Maßnahmen. Die von der CDU und von der AfD vorgelegten Anträge greifen insgesamt leider zu kurz und sind daher abzulehnen. – Danke.

(Beifall BSW und SPD – Dr. Hans-Christoph Berndt [AfD]: An den Haaren herbeigezogen!)

Es folgt eine Kurzintervention des Abgeordneten Prof. Dr. Schierack. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Gruhn, herzlichen Dank für Ihren Beitrag. Ich möchte auf einige Punkte eingehen.

Erstens ist mir die Kontrolle des Landärztestipendiums durch die Vergabe der KV aufgestoßen. Ich bin selbst Mitglied des Ausschusses für Haushaltskontrolle und auch Berichterstatter zu diesem Thema. Es geht nicht um die Art und Weise des Landärztestipendiums, sondern darum, wie die KV die Richtlinie umgesetzt hat. Das untersteht einer Kontrolle. Das ist etwas ganz anderes als das, was Sie gesagt haben. Es geht also nicht um den Erfolg, sondern es geht darum, wie die KV mit der Richtlinie umgegangen ist.

Zweitens hätte ich von Ihnen gern gewusst, ob Sie die institutionelle Förderung der MHB ins Auge fassen. Das wäre wichtig gewesen.

Drittens will ich Ihnen sagen: Heute geht es nur um das Landärztestipendium. Das habe ich heute hier diskutiert. Wenn Sie alles vermischen und uns mangelnde Tiefe vorwerfen, haben Sie den Antrag nicht so verstanden, wie ich ihn gemeint habe. – Danke.

(Beifall CDU)

Frau Dr. Gruhn möchte erwidern. Bitte schön.

(Zuruf des Abgeordneten Steeven Bretz [CDU])

Vielen Dank, dass Sie mir noch einmal Gelegenheit geben, zu reden; ich freue mich.

Die MHB ist ein ganz wichtiger Baustein auch in der Aus- und Weiterbildung von jungen Medizinern hier im Land Brandenburg. Die Koalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag – so steht es darin – zur MHB bekannt. Dafür stehen wir ein. Ich freue mich, dass Sie noch einmal darauf hingewiesen haben. In welcher Form diese Förderung nun am besten ist und ob man gleich dem Antrag der CDU folgen muss und sonst eine Chance vergibt – insoweit bin ich nicht sicher. Bisher hat es ohne eine institutionelle Förderung wunderbar funktioniert, und wir als Koalition sehen die MHB auch weiterhin als sehr wichtigen Baustein in der Fachärzteausbildung und in der Weiterbildung der Ärzte.

Zu Ihrer anderen Frage nach der KV: Sie haben natürlich recht, auch bei der KV gab es Mängel. Die habe ich jetzt aus Freundlichkeit verschwiegen, weil die Menschen bei der KV – zugegeben – keine Experten im Haushaltsrecht sind. Das Verwaltungsverfahrensrecht ist komplex, das wissen Sie, und deshalb muss man den Kollegen von der KV auch einfach einmal einen Lernprozess zugestehen. Ich denke, das ist fair. Zudem ist es auch notwendig – ich glaube, irgendwer fordert das auch in seinem Antrag –, dass man evaluiert; und genau das ist mit diesem Bericht, der Ende April folgt, erst möglich. – Vielen Dank.

(Beifall BSW und SPD)

Wunderbar, vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht nun Frau Ministerin Müller.

Britta Müller (Ministerin für Gesundheit und Soziales):

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Dr. Oeynhausen, wir waren ja beide – und ich glaube, noch ein paar Kollegen, auch Abgeordnete – am Dienstagabend bei dem Neujahrsempfang der KVBB hier in Potsdam, und ich bin schon etwas erstaunt über die Ausführungen, die Sie heute machen: sozusagen ein Abgesang auf die ambulante Versorgung hier im Land.

Ich dachte, Sie wären den Vorträgen an dem Abend aufmerksam gefolgt. Sie konnten hören, dass in Neuruppin unter anderem ein Ärztenetzwerk existiert, das die Versorgung sichert. Sie haben gesehen, welches Konzept die KVBB für die ambulante Versorgung auf die Beine gestellt hat. Alles, was Sie hier heute behauptet haben, hat demgegenüber überhaupt gar keinen Bestand. Deshalb sind Ihre Behauptungen wieder mal falsch – das sind wieder einmal Fake News – und beleidigen die Ärzte hier im Land. Ich hoffe auch, dass einige von ihnen dieser Debatte heute zusehen und die Tatsache wahrnehmen, dass sie alles verdrehen, was Sie am Dienstag eigentlich wahrgenommen haben müssten.

(Beifall BSW und SPD sowie vereinzelt CDU)

Die Fraktionen der CDU und der AfD haben den Koalitionsvertrag offensichtlich gründlich gelesen

(Dr. Hans-Christoph Berndt [AfD]: Das ist unser Wahlpro- gramm!)

und sich bei ihren beiden Anträgen zum Thema – zu den Landärzten – an ihm ausgerichtet; „abgeschrieben“ möchte ich gar nicht sagen, aber es geht schon in die Richtung.

(Dr. Hans-Christoph Berndt [AfD]: Das Wahlprogramm war vorher da!)

Bei dem, was Sie jetzt fordern – dem Preisschild –, sollte Ihnen natürlich klar sein, dass gerade mit der Aufstellung des Haushaltes begonnen worden ist, eine intensive Haushaltsdebatte erfolgt und also das, was Sie heute erwarten – nämlich die Ausfinanzierung eines Programms, obwohl wir erst in die Beratung gehen – , heute nicht erfolgen kann. Das wissen Sie natürlich auch, aber so können Sie sich nach der Debatte ja wieder hinstellen und sagen, die Landesregierung mache nichts. Das ist ja das eigentliche Ziel Ihrer Anträge.

(Dr. Hans-Christoph Berndt [AfD]: Sie können es doch tun!)

Es kommt bei der Ausgestaltung eines Regierungsprogramms aber nicht nur auf die Schlagworte, sondern auch auf die inhaltliche Ausgestaltung an, und genau der werden wir uns widmen.

(Dr. Hans-Christoph Berndt [AfD]: Na, dann sind wir mal gespannt!)

Die Ausgestaltung der Ideen braucht eben Zeit und Gespräche, und solche Gespräche hatten wir auch am Dienstag bei der KV miteinander. Man sollte aufnehmen und wahrnehmen, was die KV, also der Berufsstand, zu uns sagt, wie er mit uns spricht und was wir zusammen vereinbaren – und wir haben am Dienstag verabredet, uns gemeinsam auf den Weg zu machen, diese Dinge, die ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung, zu gestalten.

Es braucht also die Gespräche mit den Menschen, und das sind unter anderem die Gespräche mit den Ärztinnen und Ärzten. Das ist mein Ansatz: Ich höre zu, was gebraucht wird, und vor allem auch, wo es gebraucht wird. Damit, dass wir die Planung tatsächlich bedarfsgerecht vornehmen, will ich auch noch einmal auf Herrn Redmanns Frage von gestern eingehen.

Fakt ist aber auch: Es gibt so viele Ärztinnen und Ärzte wie noch nie; die Versorgung pro Kopf lag laut den Daten der Bundesärztekammer auf einem Rekordhoch. Einige wichtige Dinge sind jedoch anders als in den vergangenen Jahren: Ausgebildete Ärztinnen und Ärzte ergreifen andere Berufe, arbeiten in Teilzeit oder nehmen Auszeiten für die Kindererziehung, arbeiten lieber in der Stadt als auf dem Land und suchen sich ihre Fachrichtung gerne selber aus.