Der Mangel an Pflegekräften wird so also verschärft, anstatt dass er behoben wird. Das muss ein Ende haben. Ich fordere die Landesregierung auf, es zu unterlassen, dem Arbeitsmarkt mit viel Steuergeld wichtige Fachkräfte zu entziehen.
Bei jeder Stelle, die mit Steuergeld geschaffen wird, muss dreimal geprüft werden, ob sie überhaupt notwendig ist. Das sind Sie den Steuerzahlern hier im Land schuldig.
Genauso korrekturbedürftig ist die „Pflege vor Ort“. Über das Programm erhalten die Kommunen Millionen an Steuergeld. Ich habe mal nachgefragt, was damit eigentlich unterstützt wird: sehr viele sinnvolle Projekte – ohne Frage –, aber auch viele, über die ich einfach nur den Kopf schütteln konnte, zum Beispiel, dass die AWO Frühstücke für über 60-Jährige organisiert. An anderer Stelle gab es viel Steuergeld für Ausflüge nach dem Vorbild einer Kaffeefahrt. Da frage ich Sie: Welchem bettlägerigen Rentner soll das bitte helfen? – Es gibt doch viel sinnvollere Ideen, mit denen man Senioren und Angehörige fördern kann: altersgerechter Sport, gesundes Kochen etc. Da frage ich Sie: Ist die Landesregierung wirklich nicht in der Lage, dieses Projekt kritisch auszuwerten?
Das Folgende wurde gerade schon angesprochen: In der letzten Sitzung des Gesundheitsausschusses der vergangenen Legislaturperiode erfolgte eine Auswertung, die sehr beschönigend war. Bei dieser Auswertung standen nicht die Pflegebedürftigen oder ihre Angehörigen im Fokus, nein, Landräte und Bürgermeister wurden gefragt, wie sie es finden, dass sie Millionen vom Land bekommen.
Es ist doch klar, dass sie das gut finden. Die Frage ist, ob der Steuerzahler das auch so sieht, wenn er für Projekte mit fragwürdigem Nutzen blechen muss.
(Zwiegespräch zwischen Abgeordneten der CDU-Fraktion und der SPD-Fraktion – Dennis Hohloch [AfD]: Pst!)
Wohl kaum, denke ich. Deswegen werbe ich für den Änderungsantrag meiner Fraktion. Der Pakt soll befristet fortgeführt werden. Die Schwachstellen sollen benannt und ausgebessert werden. Dabei müssen die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen im Vordergrund stehen. Wenn Pflegedienste vermittelt werden, soll das ausgewogen und neutral erfolgen. Das Geld muss tatsächlich für die Betroffenen eingesetzt werden und sollte nur sehr restriktiv ins Beratungswesen fließen. – Wenn Ihnen das Wohl der Brandenburger auch am Herzen liegt, dann stimmen Sie heute für unseren Änderungsantrag. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, lassen Sie mich, bevor der Redebeitrag beginnt, kurz darauf hinweisen, dass die Zwiegespräche zwischen den Fraktionen während eines Redebeitrags sehr unangenehm sind – nicht nur für das Präsidium, sondern auch für die Rednerin oder den Redner. Bei dieser
Gelegenheit weise ich noch darauf hin, dass Geräusche von Süßigkeitenverpackungen im Plenarsaal untersagt sind.
Ich habe das besonders im Blick. Auch das Verzehren dieser Süßigkeiten werde ich in dieser Legislaturperiode etwas stärker ahnden als in der vergangenen. – Herr Kutsche, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauer an den Bildschirmen und auf den Rängen! Noch einmal ein herzliches Willkommen, auch wenn es heute bereits spät geworden ist. Im Vorfeld meiner Rede möchte ich auf etwas eingehen, das mir die letzten zwei Tage etwas missfallen hat – das ist gestern schon angeklungen –: Fast alle Anträge, die Sie, liebe Opposition, gestern und heute eingebracht haben, sind Ideen der Regierungskoalition.
Sie haben den Koalitionsvertrag gelesen, das ist schön. Sie haben unsere Wahlprogramme gelesen, das ist sehr schön. Doch ich frage Sie: Haben Sie keine anderen Ideen?
Wir debattieren heute über einen zentralen Punkt der sozialen Infrastruktur unseres Landes: über den Pakt für Pflege und das Programm „Pflege vor Ort“. Es steht außer Frage, dass dieses Programm mit seinen mehr als 660 Projekten ein beeindruckendes Angebot für Pflegebedürftige, ihre Angehörigen und unsere Kommunen geschaffen hat.
Herr Kollege Kutsche, lassen Sie zwei Zwischenfragen zu – einmal des Kollegen Bretz und einmal des Kollegen Hohloch?
Doch wir als BSW-Fraktion wollen nicht nur das Bestehende loben, sondern auch fragen: Wie stellen wir sicher, dass die „Pflege vor Ort“ in Brandenburg langfristig und nachhaltig unterstützt wird? An dieser Stelle werde ich jetzt wahrscheinlich einen etwas anderen Slang einbringen als den, den die anderen Fraktionen hier heute an den Tag gelegt haben: Wie fügen wir diese Maßnahmen in eine gerechte und finanzierbare Gesamthaushaltsstrategie ein? – Die BSW-Fraktion erkennt die immense Bedeutung des Pakts für Pflege an.
Jetzt nenne ich für alle Fraktionen, die heute gesprochen haben, die aktuellen Zahlen. Angesichts von mittlerweile über 214 000 Pflegebedürftigen in Brandenburg, von denen 89 % zu Hause versorgt werden, ist klar: Ohne Programme wie „Pflege vor Ort“ wäre das Pflegewesen in unserem Land nicht tragfähig. Wir stehen hinter dem Pakt für Pflege, sehen jedoch auch die Notwendigkeit, diese Maßnahme in den Kontext einer gesamthaften Finanzplanung zu stellen.
Die vorliegende Forderung der CDU-Fraktion, das Programm sofort unbefristet zu verlängern, ist unserer Meinung nach vorschnell und greift zu kurz, Herr Bretz.
Als verantwortungsbewusste Fraktion setzen wir uns dafür ein, dass Programme wie „Pflege vor Ort“ nicht nur gut gemeint, sondern auch langfristig finanzierbar sind.
Die bevorstehende Haushaltsdebatte ist der richtige Rahmen, um die Mittel für Pflege, soziale Infrastruktur und andere essenzielle Bereiche sinnvoll zu verteilen.
Lassen Sie uns die Fortführung des Programms „Pflege vor Ort“ im Rahmen der Haushaltsdebatten diskutieren. Nur so können wir sicherstellen, dass die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen langfristig unterstützt werden, ohne andere wichtige Bereiche zu vernachlässigen.
Der Pakt für Pflege muss Teil einer übergeordneten Sozialstrategie sein, die soziale Gerechtigkeit für alle Bürgerinnen und Bürger unseres Landes garantiert. Pflege ist für uns kein Randthema, sondern ein Kernstück der sozialen Gerechtigkeit und wird uns in Zukunft noch vor größere Herausforderungen stellen. Gerade weil uns dieses Thema so wichtig ist, plädieren wir für eine umfassende, strategischere Betrachtung, und deshalb gehört es in die Haushaltsplanung, die wir jetzt angehen und hier in den nächsten Wochen sicherlich auch heiß debattieren werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir stehen hinter den Zielen des Pakts für Pflege. Allerdings stehen wir auch für eine ehrliche
und verantwortungsvolle Finanzpolitik. Dieser Antrag kommt für die langfristige Lösung der drängenden Probleme zu früh. – Vielen Dank.
(Lars Hünich [AfD]: Das heißt, wir hätten gar keine Plenar- sitzung machen müssen! – Steeven Bretz [CDU]: Nee, steht alles im Koalitionsvertrag! – Zuruf vom BSW)