Protokoll der Sitzung vom 08.06.2000

Eine enge Kooperation hält übrigens das Projekt Zukunft mit Branchennetzwerken der Medien- und Kommunikationswirtschaft wie beispielsweise dem Verein Interface Berlin. Hier haben sich mehrere Unternehmen zusammengeschlossen, aber auch eine Reihe von anderen sind zu nennen: Arbeitsgemeinschaft der Call-Center oder der SIBB, d. h. der Zusammenschluss der Berliner Software-Unternehmen.

Ein zweiter wesentlicher Punkt, wie der Berliner Senat diese Branchen unterstützt, ist die Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen. Ziel ist hier, dass wir mit den Ansätzen entweder die Vorreiterrolle anstreben oder aber zumindest unter den ersten Anwendern sind. Dazu zählt beispielsweise der digitale Bündelfunk. Wir haben am Montag im Wirtschaftsausschuss über die Frage gesprochen: Wo setzt der Senat auch seine Bestellermacht bzw. sein Bestellerinteresse für solche Lösungen ein? – Hier kann man ein Beispiel nennen: Gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Inneres streben wir an, in Berlin als erstem Bundesland den digitalen Bündelfunk bei den Sicherheits- und Ordnungskräften einzuführen. In der Folge gab es eine Reihe von Kooperationen mit dem Telekommunikationsdienstleister Dolphin und vor allem mit Motorola. Die Folge dieser Kooperation war und wird sein: Motorola hat in dieser Woche eine weitere Initiative-Ansiedlung in Berlin angekündigt – ein Produktionswerk in Borsig in Tegel. Aber auch der Ausbau des Berliner Kabelnetzes zu einem Multimedianetz wird von uns angestrebt. Die Telekom- und die Netzebene-4-Betreiber wenden über 200 Millionen DM auf, um dieses Ziel zu erreichen, und dann wird man schnelle Internetzugänge und andere Dinge – die Vernetzung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz, die Vernetzung zwischen Wohnung und Hauseigentümer – haben. Das sind besondere Applikationen, die unter Umständen auch in der Stadtentwicklung ihren Niederschlag finden. Auch hier sind wir in Berlin an vorderer Stelle, und das Abgeordnetenhaus ist im Einzelnen durch eine Vorlage darüber unterrichtet worden.

Wichtig ist auch die Modernisierung der Berliner Verwaltung durch die Einführung von interaktiven Verwaltungsverfahren. Hier haben wir in der Tat eine Nachfragemacht, und wir haben mit „Berlin.de“ eine hervorragende Plattform, die es uns erlaubt, bestimmte Applikationen anzuwenden, in Kooperation mit den Unternehmen bzw. der Wirtschaft zu entwickeln und damit auch Berlin – wenn Sie so wollen – als eine Vorzeige-Stadt zu entwickeln.

Gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Inneres und anderen Hauptverwaltungen werden zudem in verschiedenen Arbeitsgruppen die Möglichkeiten zur Nutzung der digitalen

Signatur und der Gestaltung auch interaktiver Bürgerdienste, die Einbindung der Bürgerämter und des Internet „Berlin.de“ in einer Kooperation oder in einer weiteren Anwendung geprüft. Auch hier sind wir, denke ich, vorn. Die BVG hat mit dem elektronischen Ticketing – im Übrigen mit der Kooperation durch Motorola – versucht, in dem Prozess der Ansiedlung von Unternehmen und der Akquisition von Aufträgen für den Standort Berlin eine Unterstützung zu geben. Letztlich wissen wir, dass der Wachstumsprozess der Medienund Kommunikationsbranche und insbesondere für ansiedlungswillige Unternehmen nach wie vor durch gut ausgebildetes und hoch qualifiziertes Fachpersonal befördert oder eben auch behindert werden kann. Das Projekt Zukunft hat deshalb eine Qualifizierungsoffensive gestartet, bei der wir mit privaten Trägern und den Hochschulen – wir werden demnächst auch einen Runden Tisch zu der Frage des Numerus clausus in Berlin haben – die Ausbildungs- und Qualifizierungsanstrengungen deutlich angehoben haben. Im dualen Ausbildungssystem wurden beispielsweise seit 1996 11 neue Berufe geschaffen. Zusammen mit den klassischen Ausbildungsberufen im Medien- und Kommunikationssektor konnte die Ausbildungsplatzanzahl in Berlin seit 1996 um knapp 600 % erhöht werden. Allein zwischen 1998 und 1999 ergab sich eine Steigerung um 50 %. Mittlerweile wird jeder zehnte Ausbildungsplatz in Berlin in diesen digitalen Berufen geschaffen. Für die Hochschulausbildung habe ich die Zahlen kurz referiert. Wir haben einen deutlichen Schwerpunkt in diesem Bereich. Drei Universitäten, zwei Kunsthochschulen, zwei Fachhochschulen und die Berufsakademie bieten zur Zeit knapp 29 medien- und kommunikationsbezogene Studiengänge an. 12 500 Studenten und Studentinnen haben wir im Wintersemester 1999/2000 gehabt und dabei über 50 Prozent mit informatikbezogenen Fächern. Auch die Zahl der privaten Bildungsträger hat in Berlin deutlich zugenommen von ungefähr 30 vor zwei Jahren auf jetzt über 50. Aber auch der Bereich der Qualifizierung von Arbeitslosen ist, denke ich, wichtig. Hier haben wir zwei Säulen: Die eine ist das Landesarbeitsamt, das 1999 in 223 Maßnahmen knapp 5 000 Teilnehmer qualifiziert hat. Insgesamt wurden 1998 und 1999 durch ein Programm der Senatsverwaltung für Arbeit noch einmal knapp 1 300 Teilnehmer qualifiziert. Insgesamt befanden sich über 8 800 Teilnehmer in Qualifizierungsmaßnahmen. Auch das ist ein wichtiger Beitrag dafür, dass wir die Unternehmen mit qualifiziertem Personal ausstatten und damit Berlin in dem Standortwettbewerb der unterschiedlichen Angebote, die es in Deutschland gibt, an vorderer Stelle platzieren können. Ein großes Problem war für die Film- und Fernsehproduktionsunternehmen, dass sie bei 23 Bezirken und unterschiedlichen Senatsverwaltungen, bei über 100 Leitungsverwaltungen, bei der Bürokratie nicht mehr durchgesehen haben. Hier haben der Berliner Senat, nicht nur für sich genommen in der Senatskanzlei und beim Filmboard, sondern auch Berlin und Brandenburg eng zusammengearbeitet. Die Berlin- Brandenburger Filmkommission hilft schnell und unbürokratisch, die Produktionsbedingungen in Berlin und Brandenburg zu verbessern. Es gibt natürlich auch eine Reihe von finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten nicht nur in der Filmförderung. Wir haben speziell für die Informationsgesellschaft ein Programm entwickelt, das bis September 1999 für 64 Vorhaben Mittel in Höhe von knapp 20 Millionen DM investiert hat. Wenn man das Geld von den Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, von den Projektentwicklern dazurechnet, sind es insgesamt 40 Millionen DM, die wir eingesetzt haben. Damit haben wir bei den Unternehmen 280 Arbeitsplätze geschaffen bzw. gesichert. Einen größeren Anteil hat allerdings die GA. Auch die setzen wir übrigens stärker als alle anderen Bundesländer ein. Wir haben allein mit GA-Mitteln 367 Unternehmen geholfen, Investitionszuschüsse gegeben, und zwar in der Größenordnung von 288 Millionen DM. Das Investitionsvolumen lag insgesamt bei über 1,1 Milliarden DM. Positiv betroffen davon waren 7 300 Arbeitsplätze. Über die Unternehmensfinanzierung, über Venture Capital beispielsweise, die privaten Banken und andere Institutionen will ich weiter Nichts aussagen. Wir haben zwischenzeitlich die

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Sen Branoner

Position fünf, was die Bundesländer im Vergleich anbelangt, eingenommen. Das ist auf der positiven Seite sicherlich zu vermerken.

Welche Schwerpunkte gibt es nun innerhalb der Medienwirtschaft, und welche halten wir für besonders förderungswürdig? – Ich denke, wir beschränken uns in den nächsten Zeiten stärker auf sogenannte Branchenprojekte, das heißt auf übergreifende, integrative Projekte, bei dem Wirtschaft und Wissenschaft miteinander arbeiten. Wir haben auch in jüngster Zeit bei Unternehmensansiedlungen und Erweiterungsvorhaben Erfolge in diesem Bereich erzielt, auf Motorola habe ich hingewiesen, Dolphin Telecom habe ich benannt, oder jüngst PSI-Net, einer der führenden US-Internetprovider und -carrier, hat den Aufbau eines großen Internet-Datencenters in Berlin-Charlottenburg angekündigt. Citynetz-Carrier Colt, der hier arbeitet, hat zwischenzeitlich für Berlin, für Deutschland und unter Umständen auch für den europäischen Raum beschlossen, ein Datencenter zu entwickelt. Weiterhin zu nennen sind namhafte Citynetz-Carrier, die sich in der Zwischenzeit ansiedeln und diese Unternehmensbranchen in Berlin repräsentieren und damit auch die Wirtschaftsstruktur stärken.

Wir haben das Thema Call-Center in den vergangenen Jahren erheblich gestresst. Wir haben jetzt knapp 70 mit knapp 7 000 Beschäftigten, die Eröffnung des Call-Centers von heute oder die Ankündigung von Lufthansa, bei der wir uns gegen 15 Standorte durchgesetzt haben, zeigt, dass wir mit dieser Akquisitionsstrategie richtig gelegen haben, dort vor drei Jahren einen Schwerpunkt zu setzen und zwischenzeitlich die Unternehmen hier zu begrüßen, die vor allem auch stark im qualitativen Ausbau in Berlin tätig sind, sich engagieren und letztlich auch ein Feed-back, einen Austausch mit den Hochschulen eingehen. Wir werden als eines der Ergebnisse die sogenannte E-Business-Academy an der Hochschule der Künste im Herbst in Betrieb nehmen.

Berlin wird von dem Internetwachstum in Deutschland überdurchschnittlich partizipieren können, wenn es uns gelingt, diese Entwicklung auch weiterhin zu forcieren. Ich teile die These von Herrn Müller, dass die Politik nicht überall dabei sein soll, aber es zeigt, dass diese Branche die Nähe zur Politik weiterhin sucht. Wenn es uns gelingt, diese Entwicklung weiter zu begleiten und vielleicht sogar noch „einen Zahn“ zuzulegen, dann können wir in den nächsten Jahren bis zu 30 000 weitere Arbeitsplätze in der Berliner Medienwirtschaft erwarten. Auch das ist ein ganz wesentlicher und wichtiger Punkt.

Die Sogwirkung des Regierungsumzuges – ich habe auf die Werbewirtschaft hingewiesen –, tut ein Ihriges. Berlin tritt in einen Wettstreit mit den traditionellen Werbemetropolen Deutschlands wie Hamburg, Düsseldorf und Frankfurt ein. Wir sagen deutlich, wir sind nicht Hauptstadt der Werbung, wir sind zumindest in diesem Teil noch nicht diejenige, welche. Aber im vergangenen Jahr haben sich sieben von den 20 größten Werbeagenturen in Berlin angesiedelt. Insgesamt haben sich im vergangenen Jahr 22 neue Agenturen etabliert, und Berlins Werbebranche hat die höchsten Zuwachsraten von allen deutschen Städten. Als Beispiel seien hier verschiedene Agenturen genannt, die wir zuletzt vorgestellt haben wie DDB, aber wir werden demnächst auch die BBDO in Berlin begrüßen können.

Der Berliner Film- und Fernsehmarkt etabliert sich immer mehr. Mit der Digitalisierung werden auch eine Reihe weiterer Angebote kommen wie Sparten-TV, und auch hier können wir mit Produktionsbedingungen aufwarten, die es so an anderen Stellen in Deutschland nicht gibt.

Lassen Sie mich etwas sagen zur Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg. Berlin und Brandenburg bilden eine einheitliche Medienregion. Beide Länder sind sich bewusst, dass im nationalen und internationalen Wettbewerb die Medienregion nur gemeinsam bestehen kann. Die medienpolitische Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern ist charakterisiert durch länderübergreifende Einrichtungen, zum Beispiel das Filmboard und die Medienanstalt. Darüber hinaus gibt es eine Fülle von gemeinsamen Initiativen und Einzelprojekten wie Pre-Europe und das Nipkow-Programm zur Nachwuchsförderung. Es lässt

sich feststellen, dass die Verzahnung viel weiter ist, als dass es zulässig wäre es zu reduzieren auf einen Streit darüber: Ist es nun Babelsberg oder ist es Adlershof? – Wir haben kürzlich mit Medienvertretern zusammengesessen, die deutlich gemacht haben, dass bei uns die Verzahnung deutlich besser und weiter ist als beispielsweise zwischen Hamburg und seinem Umland.

Dennoch – und hier bin ich in der Tat noch nicht mit der Aufgabenerledigung zufrieden – aufbauend auf diesen bereits gestarteten Aktivitäten, muss die gemeinsame Standortpolitik der beiden Landesregierungen verstärkt werden. Insbesondere das Außenmarketing wie zum Beispiel eine einheitliche Repräsentanz auf den wesentlichen und wichtigen überregionalen Messen muss deutlich besser werden. Keinesfalls wollen wir an der Stelle nachlassen, sondern wir haben in der Tat die Chance – die Länder Berlin und Brandenburg haben mit Herrn Schiphorst einen erfahrenen Medienmanager zu ihrem gemeinsamen Medienbeauftragten bestellt –, mit ihm dort weiterzumachen, wo wir in den vergangenen Jahren angekommen sind, und unsere Anstrengungen zu forcieren

Der Medienbeauftragte soll die Medieninteressen von Berlin und Brandenburg koordinieren. Dazu gehören ein gemeinsames Marketing, das wir gemeinsam mit ihm und den unterschiedlichen Trägern und der Wirtschaft in Berlin und Brandenburg entwickeln werden, die Kooperation bei der Ausbildung, auch hier haben wir ebenfalls sehr viel mehr Chancen, uns anzubieten, sowie auch bei der Qualifikation. Sie wissen, dass beispielsweise in dem Wettstreit bei SAP Berlin den Vorzug bekommen hat und wir uns durchgesetzt haben, selbst gegen den Standort in Potsdam, und das will etwas heißen. Aber das muss noch nicht das Ende der Anstrengungen sein, sondern hier sehe ich wirkliche Chancen für uns, Arbeitsplätze zu schaffen, aber vor allen Dingen auch, sich einen Namen zu entwickeln im Bereich Qualifizierung und Ausbildung. Der gemeinsame Medienbeauftragte wird auch eine enge Abstimmung bei der Filmfinanzierungspolitik der beiden Länder Berlin und Brandenburg vornehmen, er wird sich dort einbringen und gestalten können. Vorgesehen ist zudem, dass der Medienbeauftragte die beiden Landesinitiativen „Projekt Zukunft“, in Brandenburg heißt sie „BIS 2006“, verzahnt.

Er wird – und davon können Sie ausgehen – nicht nur mit den beiden Landesregierungen, sondern auch mit den bestehenden Organisationen und Netzwerken in Berlin eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten können. Von allen ist die Bereitschaft dazu erklärt. Herr Schiphorst hat sie auf- und angenommen. Und ich bin guten Mutes, dass wir mit ihm, mit seiner Unterstützung hier deutlich unsere Position, national wie international, verstärken können.

Sie fragen in den Fragen 7 und 8 nach den branchenspezifischen Zuordnungen. Ich glaube, das würde die Zeit jetzt wirklich sprengen, aufzulisten, wie viel unterschiedliche Unternehmen und Sparten das sind. Dazu gehört das Druckgewerbe als eine Sparte der Medienberufe und den Medienunternehmen. Es sind insgesamt 22 mit 150 Untergruppen. Sie ersehen daraus, dass es eine wirkliche Verbreiterung dieser Basis gegeben hat in den vergangenen Jahren. Wir sind, was die Herstellung von Medienund Kommunikationstechnik, die Telekommunikation und Datendienstleister, Werbung, Radio, Fernsehen, Medien, Filmwirtschaft, Verlage und Druckereien anbelangt – mit all diesen Sparten – in der Struktur in Berlin und in Berlin-Brandenburg vertreten. Deswegen werden wir auch niemanden ausgrenzen, sondern das, was wir als System hier haben als ein vernetztes System nehmen und weiter ausbauen.

Zur Frage 9, bei welchen Firmen, Zentralen und relevanten Produktionsstätten wir künftig Entwicklungsmöglichkeiten sehen: Ich habe darauf hingewiesen, es ist die Software- und Datenverarbeitungsbranche. Sie ist in deutlichem Wachstum. Bis Ende 2000 werden weitere Erträge und Umsätze erwartet. In den vergangenen zwei Wochen haben PSI, Gildas, Teles, AVMLufthansa, Condat und Disos ihre Zahlen vorgelegt für das Jahr 2000 und ihre Erwartungen noch einmal deutlich übertroffen. Das sind die Unternehmen, die hier sind. Aber genauso wichtig ist, dass sich z. B. Pixelpark für den Standort Berlin erklärt hat,

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und nur von Tiergarten zur Oberbaumcity geht. Indem sie dorthin gehen, machen sie deutlich, dass sie nicht mehr mit dem gleichen Unternehmen dort ankommen werden, sondern in der Zwischenzeit weitere Unternehmen hierher holen und ansiedeln und damit einen weiteren Standort im Ostteil der Stadt herrichten. Das ist für Berlin eine unendliche Chance, wenn es uns gelingt, dieses zu stabilisieren, dann haben wir allemal etwas davon.

Wir haben also in Berlin eine Reihe von Standortvorteilen, die wir auch in der Akquisition nutzen. Dabei beziehen wir uns nicht nur auf Eigenakquisition, sondern vor allen Dingen auf Unternehmen, die sich ihrerseits teilen und am neuen Markt zwischenzeitlich gute Finanzierungsmöglichkeiten bekommen. Wenn Sie EM TV ansehen, die eine unglaubliche Performance hinlegen und nur darauf hinweisen, dass sie ihren Umsatz mal eben auf 1,5 Milliarden DM erhöhen wollen, zeigt das, die Branche lebt weiterhin. Berlin lebt davon. Und wir haben, indem wir uns auf diesen Medienstandort Berlin und Berlin-Brandenburg konzentriert haben, auch mit unserem Instrumentarium, auch in dem Zusammenwirken von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik gut daran getan, diese Strategie vor einigen Jahren entwickelt zu haben. Heute ernten wir das, was wir vor einigen Jahren gesät haben. Insofern bewahrheitet sich der Satz, dass in Berlin Produktion und neue Medien ihren Standort haben. In dem Sinne können wir auch in der Wirtschaftspolitik die Akzente setzen. Diskette und Bulette sind kein Widerspruch, sondern ergänzen sich in der Tat. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Herr Senator Branoner! Für die Besprechung der Großen Anfrage haben die Fraktionen jetzt jeweils 10 Minuten Zeit. Es beginnt die Fraktion der SPD mit Herrn Dr. Borghorst!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass sich das Abgeordnetenhaus von Berlin mit der Zukunft der Medienwirtschaft in Berlin befasst, weil ich glaube, dass es auch wichtig ist, dass in die Medienwirtschaft hinein, und an alle, die nach Berlin kommen oder kommen wollen, das Signal geht, dass die Politik für diese Fragen ein hohes Interesse hat. Der Stand der Entwicklung ist sicherlich so, dass – wie der Wirtschaftssenator schon deutlich gemacht hat – die Medien-, Informations- und Kommunikationswirtschaft zu den stärksten Wachstumsbranchen in der Stadt gehört und wir alles daran setzen müssen, diese Chancen, die sich daraus ergeben, auch zu nutzen. Sie haben bereits auf die Arbeitsplatzzahlen hingewiesen, die will ich nicht wiederholen. Aber was sicherlich sehr wichtig ist – und das möchte ich unterstreichen –, dass in dem Bereich auch sehr viele Ausbildungsplätze neu eingerichtet wurden. Gerade für die jungen Menschen in unserer Stadt ist es von außerordentlicher Bedeutung, dass qualifizierte interessante Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden.

Wir leben ohne Zweifel weiterhin in einem deutlichen Strukturwandel. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass die alte Industriestadt Berlin nicht mehr existiert, sondern das, was noch an Industrie da ist in der Größenordnung von etwa 100 000 Arbeitsplätzen in der Stadt, sich modernisieren muss. Gerade die Informations- und Kommunikationstechniken haben dabei eine wichtige Aufgabe, diese Industrie in Berlin, die wir dringend brauchen für die wirtschaftliche Entwicklung, wettbewerbsfähig zu machen im nationalen und internationalen Vergleich.

Insgesamt werden wir dann sicherlich eher in Richtung einer Wissens-, Informations- und Dienstleistungsstadt gehen. Es wird auf die Stadt und unserer Volkswirtschaft insgesamt eine doch wesentliche Strukturveränderung zukommen, denn Internet, Intranet und E-Commerce werden bestimmte Branchen revolutionieren. Es wird ein neues Verständnis von Arbeit da sein. Es wird auch eine neue Beschäftigungsform entstehen. Es wird erhebliche Veränderungen im Handel geben, bei den Banken, bei den Finanzdienstleistungen, im Tourismus, im Einkauf, Vertrieb und in der Logistik. Dies wird sich, nach meiner Meinung, in den nächsten fünf bis zehn Jahren deutlich verändern. Dabei gibt

es Risiken. Das muss man schon so sagen. Es wird auch Arbeitsplatzabbau geben in einigen Branchen, das ist gar keine Frage. Diese Entwicklungen muss man vergegenwärtigen. Doch es kommt darauf an, neben den Risiken vor allen Dingen auch die Chancen für diese Stadt deutlich zu machen. Wir von der Politik müssen alles daran setzen, dass diese Stadt damit fit wird für das neue Jahrhundert.

Wir sollten sicher auch das, was für Chancen da sind, nicht überschätzen, aber ich denke mir, einige Aspekte sind schon gesagt worden, es gibt deutliche Fortschritte und positive Ansätze, die wir unterstützen sollten. Ich möchte zwei, drei nennen. – Was mich beeindruckt hat bei Werbe- und PR-Agenturen, das allein im Jahr 1999 sieben der 20 größten deutschen Werbe- und Kommunikationsagenturen eine Filiale in Berlin eingerichtet und eröffnet haben. Dies ist ein positives Zeichen für unsere Stadt, auch für die Rahmenbedingungen in unserer Stadt. Ich will gerne aufgreifen, was Herr Müller schon gesagt hat, manchmal ist es nicht auf Grund der Vorgaben oder der Arbeit der Politik, sondern weil die Stadt die Rahmenbedingungen gibt. Aber ich denke, dass wir auch von der Politik her auch einen Beitrag dazu leisten können.

[Beifall der Frau Abg. Merkel (SPD)]

Multimediaunternehmen: Es gibt 450 Multimediaagenturen mit ca. 8 000 Mitarbeitern. Es gibt in dem Bereich ernsthafte Beteiligte – weil hier gerade ein etwas süffisantes Lächeln kommt von der PDS –,

[Heiterkeit und Zurufe von den Abgn. Frau Dr. Lötzsch (PDS), Krüger (PDS) und Liebich (PDS)]

ernsthafte Beteiligte, die sagen, dass die Stadt Berlin in der Multimediabranche bereits eine führende Stellung einnehme. Darüber sollten wir uns freuen, meine Damen und Herren, denn es ist wichtig für diese Stadt, dass hier etwas geschieht.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Berlin beginnt – das, was wir eben schon gehört haben – dort ein medienwirtschaftliches Profil zu gewinnen. Es kommt, wie gesagt, darauf an, dass wir die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Dies erfordert, wenn wir Qualität von den Unternehmen erwarten, auch Qualität von der Politik.

Es ist auch gar kein Zweifel, was die Rahmenbedingungen angeht, dass es Berlin hilft, dass die Bundesregierung, dass das Parlament, der Bundesrat in der Stadt sind, internationale Presse, Fernsehen, Rundfunk. Nicht nur ARD und ZDF, sondern auch viele ausländische Medien sind in der Stadt, Verbände, Unternehmen. All dieses trägt mit dazu bei, dass eine Atmosphäre einer guten Zusammenarbeit und auch einer Internationalität entsteht.

Ich will an der Stelle noch einmal deutlich die Verantwortung der Politik betonen. Wenn wir uns gerade in der Medienwirtschaft international wettbewerbsfähig entwickeln wollen, dann gehört dazu, dass der Flughafen Berlin-Brandenburg International schnell geplant und gebaut wird, denn er ist eine wichtige Voraussetzung für internationale Flugverbindungen. Dazu gehört auch, dass – –

[Beifall bei der SPD und der CDU – Liebich (PDS): Das ist das Wichtigste! Und der Transrapid erst! – Krüger (PDS): Die U 5!]

Ach, Transrapid, da kann man lange streiten. Ich persönlich bin der Meinung, es hätte dieser Stadt und dem Wirtschafts- und Technologiestandort Berlin gut getan, wenn der Transrapid von Berlin aus gefahren wäre. Das kann ich Ihnen nur sagen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall bei der CDU – Eßer (Grüne): Aber nach Moskau, nicht nach Schönefeld!]

Ich persönlich bedauere das außerordentlich. Viele Menschen, die in dem Bereich Medienwirtschaft, Technologie arbeiten, würden sich darüber freuen, wenn wir den Transrapid in der Stadt hätten. Aber die Entscheidung ist so gefallen, wie sie gefallen ist.

Existenzgründungen finden in diesem Bereich zahlreich statt. Es ist schon gesagt worden, dass die Struktur eher aus kleinen und mittleren Betrieben besteht. Im Wirtschaftsausschuss hat ein Manager des Beteiligungsfonds gesagt, dass etwa 80 Prozent der Businesspläne der Existenzgründer unausgereift sind. Das ist ein Punkt, an dem wir mit Beratung, Information, Coatching und Managementsupport helfen können. Hierbei hat die Berliner Politik und die Investitionsförderbank eine wichtige Aufgabe. [Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Besonders wichtig für Berlin und für die, die hierher kommen, ist das große vorhandene Kreativpotential. Es ist größer, als es sich so mancher hier im Haus vorstellen kann.

[Liebich (PDS): Sie vielleicht!]

Davon könnten wir noch manches über Kreativität, Professionalität und Managementfähigkeit lernen.