Protokoll der Sitzung vom 10.05.2001

Herr Cramer, Sie selber halten immer viel auf die Unabhängigkeit der Verkehrsunternehmen und die Einhaltung der entsprechenden Regeln. Sie wissen, dass das ein schwieriger Aushandlungsprozess ist. Ich hoffe, dass die Auswertung des Modellversuchs uns dabei Hilfestellung leistet. Insofern lassen Sie uns diese abwarten und Ende des Jahres dann in Verhandlungen gehen, damit wir im nächsten Jahr eine solche Karte tatsächlich einführen können.

Ein Wort noch zu der Frage Ermäßigungstarife. Frau Matuschek, die Berlin-Card für 69 DM im Jahr, mit der man anschließend das ganze Jahr über Ermäßigungsfahrscheine erwerben kann, so abzutun, als ob der Hinweis darauf für Arbeitslosenhilfeempfänger und Arbeitslose eine Zumutung wäre, ist nicht sachgerecht. 6 DM müssen pro Monat gezahlt werden, um einen ganzen Monat Ermäßigungsfahrscheine erwerben zu können. Das ist ein Angebot, das alle Bevölkerungsgruppen anspricht und das sich auch Arbeitslose und Arbeitslosenhilfeempfänger leisten können. Dass dieses durchgesetzt worden ist, halte ich für einen großen Erfolg gerade in Richtung sozialverträglicherer Tarife in dieser Stadt!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Frau Matuschek (PDS): Dann hätten Sie die Fahrpreise senken sollen!]

Das gilt zusammen mit den Ermäßigungen, die wir für Schüler, Geschwisterkarte und Familien erreicht haben. Bitte weisen Sie doch auch einmal auf das hin, was dieser Senat und diese Regierungskoalition in den schwierigen Verhandlungen erreicht haben. Kritisieren Sie nicht, es würde alles nicht ausreichen und müsse noch besser werden. Das Bessere ist bekanntlich der Feind des Guten, aber wir sollten auch das anerkennen, was wir haben und schrittweise an einem Ausbau arbeiten. Das werden wir tun. Ihr Antrag ist dabei nicht hilfreich. Deswegen werden wir ihn in der von uns geänderten Fassung annehmen!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Gaebler! – Der Ausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen die Stimmen der Fraktion der Grünen bei Stimmenthaltung der Fraktion der PDS die Annahme des Antrags in der neuen Fassung. Wer dem Antrag in der Fassung der Beschlussempfehlung Drucksache 14/1183 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen! – Das sind die Regierungsfraktionen mit der Mehrheit. Die Gegenprobe! – Keine Gegenstimme. Enthaltungen? – Bei Enthaltungen der Opposition ist der Antrag in dieser Fassung angenommen.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 16 C, Drucksache 14/1188:

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, Soziales und Migration vom 3. Mai 2001 zum Antrag der Fraktion der PDS über Der Veranstaltung „Senioren debattieren im Parlament“ Wirkung verleihen, Drucksache 14/1044

Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen.

Der Ausschuss empfiehlt einstimmig die Annahme des Antrags in neuer Fassung. Ich lasse abstimmen. Wer dem Antrag in der Fassung der Beschlussempfehlung Drucksache 11/1188 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Das war erwartungsgemäß einstimmig. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 16 D, Drucksache 14/1195:

Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 9. Mai 2001 zur Vorlage – zur Beschlussfassung – gemäß § 38 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin (Nr. 1/2001 des Verzeichnisses über Vermögensgeschäfte)

Wird der Dringlichkeit widersprochen? Das ist nicht der Fall.

Über das einstimmig beschlossene Grundstücksgeschäft lasse ich jetzt abstimmen. Wer dem Grundstücksgeschäft Nr. 1/ 2001 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 16 E, Drucksache 14/1197:

Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Wirtschaft, Betriebe und Technologie und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses zum Antrag der Fraktion der PDS über BSR als öffentliches Unternehmen erhalten – unter Ausschluss des Parlaments?, Drucksache 14/551

Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen.

Die Ausschüsse empfehlen einstimmig jeweils die Annahme des Antrags in neuer Fassung. Ich lasse über die Fassung des Hauptausschusses gemäß Drucksache 14/1197 abstimmen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist dies einstimmig beschlossen.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 16 F, Drucksache 14/1198:

Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Jugend, Familie, Schule und Sport vom 12. April 2001 und des Hauptausschusses vom 9. Mai 2001 zum Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der SPD über Sicherung der Ausbildung für Erzieherberufspraktikantinnen und -praktikanten, Drucksache 14/1052

Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen.

Die Ausschüsse empfehlen einstimmig, den Antrag anzunehmen, wobei der Hauptausschuss in seiner Ergänzung die Vorlage eines Berichts bis zum 30. Juni 2001 vorsieht. Wer dem Antrag Drucksache 14/1052 unter Berücksichtigung der Ergänzung des Hauptausschusses gemäß Drucksache 14/1198 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist dies einstimmig so beschlossen.

Wir kommen nun zur

lfd. Nr. 16 G, Drucksache 14/1199:

Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umweltschutz vom 4. April 2001 und des Hauptausschusses vom 9. Mai 2001 zum Antrag der Fraktion der Grünen über Attraktion für Berlin und seine Besucher: Der frühere Grenzverlauf als Mauerlehrpfad, Drucksache 14/679

Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen.

Die Fraktion der Grünen wünscht eine Beratung. Ich gehe davon aus, dass jeder Fraktion eine Redezeit von 5 Minuten zur Verfügung steht. – Auch dazu höre ich keinen Widerspruch. Herr Cramer nähert sich schon und hat das Wort für die Fraktion der Grünen. – Bitte schön!

(A) (C)

(B) (D)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In diesem Jahr jährt sich zum 40. Mal der Mauerbau und zum 12. Mal der Mauerfall. Das war für uns Anlass, den Verlauf der Grenze als Attraktion für Berlin und seine Besucher – hier mit einem Antrag – herauszustellen. Die am meisten in Berlin gestellte Frage ist nämlich die nach dem Standort der Mauer. Der Grenzverlauf verlief 160 km um West-Berlin herum. Mit ihm kann man die Bedeutung und Historie sowie die politischen Entwicklungen Berlins aufzeigen. Dazu wollten wir, dass der Grenzverlauf als Wanderweg und Fahrradroute gestaltet wird. Das ist bis auf ganz wenige Ausnahmen heute möglich. Er sollte beschildert werden und eine attraktive und aktive Werbung für den sanften Tourismus darstellen.

In unseren Vorgesprächen auch mit den Tourismusorganisationen dieser Stadt haben wir erfahren, dass auch in Berlin angekommen ist, dass der sanfte Tourismus ein Wirtschaftsfaktor ist, der Steigerungsraten von 20 % aufweist, während der normale Tourismus zurückgegangen ist. Der sanfte Tourist gibt zudem mehr Geld aus als der automobile Tourist. Das haben die Tourismusorganisationen dieser Stadt erkannt. In der Senatswirtschaftsverwaltung ist diese Erkenntnis bereits angekommen. Wir möchten dies vom Parlament her unterstützen und legen auch deshalb diesen Antrag vor.

[Beifall bei den Grünen]

Dem wollte die große Koalition nicht folgen und hat einen Änderungsantrag eingebracht, den man natürlich – wenn man ihn so liest – unterstützen könnte. Es geht um den Erhalt der Mauerreste; wer wollte das nicht? Gerade wir wollten das. Ich frage mich, warum Ihnen erst jetzt einfällt, einen solchen Antrag zu stellen, nachdem so viel zerstört worden ist. Er ist aber an dem Punkt auch nicht realitätstüchtig. Frau Merkel, Sie wollen doch nicht ernsthaft mit diesem Antrag bewirken, dass die Teltowkanalautobahn nicht gebaut wird, weil die letzten verbliebenen Mauerreste in Neukölln zerstört werden, oder dass das Gelände am Nordbahnhof nicht bebaut wird, um das lange Stück Hinterlandmauer zu schützen! Dafür würden Sie sofort unsere Zustimmung erhalten. Wir können es allerdings kaum glauben. Ich bitte dazu einmal um dezidierte Darlegung.

Vor allen Dingen – Herr Schlede, passen Sie gut auf! – gehört zum Mauerverlauf auch der Grenzturm an der Stresemannstraße. Da gab es bereits unterschiedliche Anträge unserer Fraktion, diesen Wachturm an der authentischen Stelle unter Denkmalschutz zu stellen und damit trotz der Bebauung zu retten.

[Beifall des Abg. Landowsky (CDU)]

Herr Landowsky klatscht. Dem Klatschen müssten eigentlich die Abstimmungen folgen. Der von uns eingebrachte Antrag ist aber immer wieder verwässert worden. Nun haben wir folgende Situation: Der Unterausschuss Bebauungspläne hat sich mit dem Bebauungsplan Leipziger/Potsdamer Platz befasst. In diesem Bebauungsplan wollte der Investor eine Erhöhung der Baudichte erreichen. Gleichzeitig sagte dieser aber, er hätte ein Defizit von 1,5 Millionen DM, wenn er den Wachturm berücksichten müsste; deshalb müsste der Wachturm abgerissen werden. Er beantragte also eine Änderung des Bebauungsplans.

[Zuruf des Abg. Dr. Lehmann-Brauns (CDU)]

Herr Lehmann-Brauns möchte den Bausenator hören. Dagegen habe ich nichts. Der Vorschlag ist gut. Ich unterbreche meine Rede, bis der Bausenator anwesend ist. Dann kann er dazu Stellung nehmen. Ich bitte, mir die Zeit gutzuschreiben. Herr Präsident, wir beantragen die Anwesenheit des Bausenators zu diesem Sachverhalt. Es ist entscheidend. Wir wollen den Wachturm an der Stresemannstraße erhalten. Ich bitte Sie, die Sitzung so lange zu unterbrechen, bis dieser erscheint.

Der Bausenator ist gerade gekommen. Er steht hinter mir.

[Beifall bei der CDU]

Das ist der Begrüßungsbeifall. Herr Cramer, Sie erhalten eine halbe Minute dazu.

Ich bedanke mich für die Anwesenheit. Wer hätte das gedacht? – Es geht um den Erhalt des Wachturms an der Stresemannstraße an authentischer Stelle und um den Antrag der großen Koalition über den Erhalt der Mauerreste. Das ist unmittelbar verbunden. Wir hatten im Unterausschuss Bebauungspläne – Herr Niedergesäß, Sie können sich erinnern – genau diesen Antrag der Investoren, die eine Erhöhung der Baudichte wollten, ohne den Turm berücksichtigen zu müssen. Ein guter Kompromiss wäre dabei, wenn diesem Investor gesagt würde, er könne seine Rendite erhöhen, es werde aber nur unter der Bedingung einer Änderung des Bebauungsplanes zugestimmt, dass der Wachturm gerettet wird. Diesem Ansinnen, das wir in Unterausschüssen und im Bauausschuss vertreten haben, hat die große Koalition widersprochen. Das verstehen wir nicht – vor allem, weil wir jetzt plötzlich Beifall für die Erhaltung des Wachturms bekommen. Deshalb noch einmal meine Bitte an die große Koalition: Reden Sie Klartext, denn im Unterausschuss wurde die Baureife für das Projekt beschlossen. Über die Baureife stimmt aber nicht das Abgeordnetenhaus ab.

[Dr. Arndt (SPD): Die Planreife!]

Die Planreife! Danke schön! – Aber wir stimmen ja nicht darüber ab. Jetzt wird die Planreife dem Investor mitgeteilt, und dann ist ein neuer Sachverhalt geschaffen. Wir wollen, dass dieser B-Plan so geändert wird, dass der Wachturm an authentischer Stelle erhalten wird und unter Denkmalschutz gestellt werden kann. Denn baulich steht er nicht im Weg. Er steht den Investoren lediglich aus ästhetischen Gründen im Weg. Wir meinen, bei dem Erhalt der letzten Mauerreste sollten nicht ästhetische, sondern historisch-politische Gründe den Ausschlag geben. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bitte um eine dezidierte und klare Stellungnahme der Vertreter der großen Koalition. [Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Zu einer Kurzintervention hat Kollege Gaebler das Wort – bitte schön!

Es ist vielleicht ungewöhnlich, aber das, was Sie, Herr Cramer, hier aufgeführt haben, spottet nun wirklich jeder Beschreibung. Offensichtlich geht Ihnen inzwischen der Überblick über die vielen Anträge, die Sie zu diesem Thema gestellt haben, verloren, so dass Sie gar nicht mehr wissen, über welchen Antrag Sie reden.

[Beifall bei der SPD – Beifall des Abg. Over (PDS)]