Protokoll der Sitzung vom 31.05.2001

Das weist darauf hin, dass Sie nicht beabsichtigen, ihre Verträge zu verlängern. Wir sagen: Tun Sie das! Beschäftigungsbündnisse sind nicht etwas, das man von heute auf morgen realisieren kann. Es ist ein langfristiges Förderinstrumentarium, Frau Schöttler.

Nächster Punkt: Binden Sie Herrn Branoner mit ein, der ist ja jetzt auch wach geworden, was diese Beschäftigungsbündisse betrifft. Am Anfang hat die Wirtschaftsverwaltung diese Idee stets geblockt. Wir hören von den Servicegesellschaften, dass sich das jetzt ändert. Das finden wir positiv. Wir hören das auch von der IBB. Wenn der Bereich der Wirtschaft in diese Idee nicht eingebunden wird und wir ausschließlich bei Projekten des zweiten Arbeitsmarktes bleiben, hat das nichts mehr mit der ursprünglichen Idee der bezirklichen Beschäftigungsbündnisse zu tun. Deswegen ist es richtig, dass die Wirtschaftsverwaltung an dieser Stelle mit in das Boot genommen wird.

Und der letzte Punkt: Frau Schöttler, moderieren Sie und lenken Sie, nehmen Sie Ihre Verantwortung als Senatorin für die bezirklichen Beschäftigungsbündnisse wahr.

[Beifall bei den Grünen – Beifall der Frau Abg. Freundl (PDS)]

Vielen Dank, Frau Dr. Klotz! Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort Frau Thieme-Duske für ebenfalls maximal zehn Minuten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es geht heute um europäisches Denken und lokales Handeln. Das bedeutet für die sozialdemokratische Fraktion, die Menschen in Europa und Berlin und nicht Institutionen oder komplizierte Richtlinien in den Mittelpunkt zu rücken. Was heißt es für die Menschen, die arbeitslos sind, europäisch zu denken und lokal zu handeln? – Es geht um diese Menschen, die nicht nach der Verwirklichung ihres Rechts auf Faulheit streben, sondern teilweise lange und vergeblich nach Arbeit suchen. Man kann es in der Charta der Grundrechte der europäischen Union nachlesen. Dort heißt es in Artikel 15 unter der Überschrift Berufsfreiheit und Recht zu arbeiten: „Jede Person hat das Recht zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben.“ Im Verein mit den Leitlinien europäischer Beschäftigungspolitik ist das eine solide Grundlage für die Verpflichtung des Staates, Arbeit und damit die materielle Voraussetzung für ein menschenwürdiges Dasein für alle zu sichern. Wir in Berlin mit 270 000 Arbeitslosen wissen, dass den Arbeitslosen, Arbeitsuchenden nur geholfen ist, wenn das Recht auf Arbeit geschützt, gefördert und alles getan wird, um Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten. Dies steht übrigens so auch in der Berliner Verfassung. Dazu stehen wir Sozialdemokraten!

[Beifall bei der SPD]

Im Denken sind wir in Berlin also auf europäischer Höhe. Ich füge hier aber und gerade auch an die Kolleginnen der Opposition hinzu, dass die für Arbeit und Ausbildung im Berliner Senat seit 1991 zuständigen Senatorinnen Bergmann und Schöttler nach Kräften mit arbeitsmarktpolitischer Phantasie und politischer Gestaltungskraft das Ihre getan haben, um für möglichst viele Menschen das Recht auf Arbeit auch umzusetzen. Das ist ohne Zweifel ein Erfolg europäischen Denkens und Berliner Handelns für die Menschen in Berlin. Politik für Arbeitslose heißt für meine Fraktion auch, weiteren Kürzungen im Arbeitshaushalt mit Konsequenz von höherer Arbeitslosigkeit in Berlin nicht zuzustimmen.

[Liebich (PDS): Das hilft jetzt nicht!]

Viele Wege führen nach Rom. Auch in der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik muss es viele Wege geben, die letztlich alle das eine Ziel haben, Menschen in Arbeit zu bringen. Ein Weg sind die bezirklichen Beschäftigungsbündnisse. Seit Jahren wird schon im Bezirk Neukölln beispielhaft praktiziert, wie Bezirke aktiv werden können, um erfolgreich die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Hier ziehen alle an einem Strang. Mit gemeinsamer Finanzierung aus Brüssel unter Nutzung von Mitteln des Landesarbeitsamtes, Sozialhilfemitteln und Mitteln der Arbeitsverwaltung, aber auch – das ist besonders wichtig – privater Beteiligung, haben sich die Neuköllner Bezirkspolitiker parteiübergreifend auf den Weg gemacht, gerade in einem sozial schwierigen Quartier eine Strategie zur Stabilisierung der Region und gegen die hohe Arbeitslosigkeit zu entwickeln.

Es ist hier gelungen, viele Akteure zu versammeln. Nicht nur das Bezirksamt Neukölln, die Senatsarbeitsverwaltung, das Arbeitsamt Berlin Süd, die Servicegesellschaft GSUB, auch Wohnungsbaugesellschaften, die Volkshochschule Neukölln, die Investitionsbank Berlin, Berufsschulen und nicht zuletzt mehr als 30 Unternehmen aus Neukölln haben sich zusammengetan. Es ist gut, dieses hier einmal darzustellen, damit sich Außenstehende vorstellen können, was es eigentlich bedeutet, ein solches Beschäftigungsbündnis zu realisieren.

Frau Thieme-Duske, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Dr. Klotz?

Aber ja! Mal hören, was Sie zu fragen hat.

Damit Sie merken, dass ich zuhöre, stelle ich folgende Frage an Sie. Ich teile Ihre Einschätzung des erfolgreichen Beschäftigungspaktes Neukölln. Teilen Sie dann

auch meine Einschätzung, dass der Erfolg nur deshalb in dieser Form eingetreten ist, weil es nicht unwesentliche zusätzliche Mittel für dieses Modellprojekt aus Brüssel gegeben hat? Teilen Sie weiter meine Einschätzung, dass man doch die eine oder andere Mark investieren muss, wenn die anderen Beschäftigungsbündnisse auch so erfolgreich wie das Neuköllner werden sollen?

Aber Frau Dr. Klotz, Sie nehmen das vorweg, was ich ohnehin im weiteren Verlauf meiner Rede noch sagen wollte. Haben Sie also bitte Verständnis dafür, dass ich darauf in einer weiteren Passage automatisch eingehe!

Sozialhilfeempfänger, Jugendliche deutscher und ausländischer Herkunft, Langzeitarbeitslose, junge Existenzgründer, kleine Betriebe, die sich modernisieren wollen, profitieren von den Aktionen des Neuköllner territorialen Beschäftigungspaktes. Mit einem ganzen Netz von Aktivitäten wird Beschäftigung, Erstausbildung und Qualifizierung vermittelt, werden vor Ort kiezbezogene Dienste angeboten, wie beispielsweise eine Wäscherei für das Quartier oder das Frühstücksangebot für Neuköllner Grundschulen, wird Existenzgründung unterstützt, erfahren kleine und mittlere Unternehmen Beratung und tätige Hilfe. Neukölln ist mit dieser Initiative, darauf wurde schon hingewiesen, ein beschäftigungspolitischer Leuchtturm. Dafür gebührt den Neuköllner Akteuren Dank! Ich möchte auch an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich die beiden Protagonisten erwähnen und den Dank stellvertretend für sie aussprechen. Es handelt sich zum einen um unseren ehemaligen Kollegen Hermann Borghorst und zum anderen um den Bezirksbürgermeister von Neukölln, Bodo Manegold!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Das Konzept einer solchen gemeinsamen bezirklichen Initiative von unten ist geadelt worden. Auf Vorschlag aus der Senatsarbeitsverwaltung wurde das Modell der Bündelung bezirklicher beschäftigungspolitischer Aktivitäten zur Grundlage einer mit dem Land Brandenburg vereinbarten Beschäftigungsstrategie. Berlin-Brandenburg hat damit die Chance erhalten, sich zu einer Modellregion der europäischen Beschäftigungspolitik zu entwickeln. Das war sicher eine hohe Auszeichnung für ein Projekt, das zu Recht als – Herr Dr. Werthebach hört gerade nicht zu! Entschuldigung, auch wenn er nicht zuhört! – Bottom-up-Modell, als Modell von unten nach oben bezeichnet wird. Regionale Akteure und regionale Kenntnisse für Menschen in der Region in Beschäftigung und bessere Umfeldbedingungen umzusetzen, ist das Ziel des europäischen Modellkonzepts.

Weitere Bezirke – darauf wurde hier eingegangen – haben sich auf den Weg gemacht. Der Entwicklungsstand der Bündnisse ist unterschiedlich. Wenn ich hier Hellersdorf und Marzahn beispielhaft nenne, dann deshalb, weil in diesen Bezirken bereits ein konkreter Aktionsplan mit konkreten Vorhaben vorliegt. Beratung und Unterstützung für das Zustandekommen weiterer Bündnisse ist gefragt. Die Servicegesellschaften gleichsam als ausgelagerter Teil der Verwaltung sollen dies übernehmen. Das ist eine nicht ganz leichte Aufgabe angesichts des Problems, verschiedene Akteure mit teilweise unterschiedlichen Interessen zusammenzuführen. Es ist eben – Frau Dr. Klotz hat dies zu Recht gesagt – leichter, irgendein Projekt konkret vor Ort durchzuführen, als unterschiedliche Interessen, unterschiedliche Akteure zuzusammenzubringen. Ein weiteres Problem, darauf wurde hingewiesen – Frau Dr. Klotz, jetzt komme ich konkret zu Ihnen – besteht darin, dass im Unterschied zur besonderen finanziellen Ausstattung von Neukölln für die anderen Bezirke keine zusätzlichen Mittel für die Bezirksaktivitäten zur Verfügung stehen, was von Anfang an gesagt wurde. Bestehende Förderprogramme müssen daher richtig eingesetzt werden.

Dies erfordert allerdings genaue Kenntnisse im Weg durch den Förderdschungel. Wenn die bezirklichen Beschäftigungsbündnisse erfolgreich sein sollen, hängt dies auch von Unterstützung und von der Qualität der Beratung besonders über die Nutzung der finanziellen Ressourcen ab. Neukölln steht unter dem guten Stern der besonderen europäischen finanziellen Förderung. Damit ist eine ganz wesentliche Bedingung für den Erfolg

eines solchen Projekts gegeben. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, nicht – wie andere – zu fordern, dafür andere Landesmittel einzusetzen. Das würde die Streichung anderer Maßnahmen bedeuten. Sie kennen die Haushaltssituation im Land Berlin. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und einen Wunsch äußern, einen Wunsch, den Sie vielleicht an Frau Dr. Schreyer weitergeben können. Es ist ein Wunsch an Brüssel. Es wäre eine wichtige Unterstützung für die bezirklichen Beschäftigungsbündnisse, wenn die Modellregion der europäischen Beschäftigungspolitik nicht nur den abstrakten, sondern auch den finanziellen Segen aus Brüssel erhielte.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): 3 Jahre sind verstrichen!]

Dies würde sicherlich die Entwicklung weiterer Bündnisse beflügeln. – Danke schön!

Vielen Dank, Frau Thieme-Duske. Damit ist die Große Anfrage besprochen. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Uns liegt ein Antrag auf Überweisung an den Ausschuss für Arbeit, berufliche Bildung und Frauen federführend sowie an den Wirtschaftsausschuss und an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten und Berlin-Brandenburg vor. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Beides sehe ich nicht. Dann ist das so beschlossen.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 6, Drucksache 14/1153:

Große Anfrage der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU über Berlin und die Einführung des Euro-Bargeldes

Diese Große Anfrage ist auf Wunsch der Fraktionen vertagt. Sie wissen das inzwischen sicherlich.

Die lfd. Nrn. 8 bis 13 sind durch die Konsensliste erledigt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 13 A, Drucksachen 14/1242 bis 14/1247:

Beschlussempfehlungen des Hauptausschusses vom 30. Mai 2001 zu Vorlagen – zur Beschlussfassung – gemäß § 38 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin (Nrn. 8 bis 10 und 13 bis 15/2001 des Verzeichnisses über Vermögensgeschäfte)

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Ein Besprechungswunsch wurde uns nicht gemeldet.

Alle sechs Vermögensgeschäfte werden vom Hauptausschuss einstimmig zur Annahme empfohlen. Dennoch lasse ich über die Vermögensgeschäfte wegen einiger Stimmenthaltungen zu diesen Vermögensgeschäften abstimmen, und zwar über jeden Vorgang einzeln. Ich bitte Sie um etwas Konzentration.

Zum Vermögensgeschäft Nr. 8/2001 – Drucksache 14/1242 – hatte sich die PDS im Hauptausschuss enthalten. Wer diesem Vermögensgeschäft zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltung? – Bei Stimmenthaltung der Fraktion der PDS und einigen Stimmenthaltungen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist das so angenommen.

Wer dem Vermögensgeschäft Nr. 9/2001 – Drucksache 14/1243 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltung? – Bei Stimmenthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und einer der Fraktion der PDS angenommen.

Wer dem Vermögensgeschäft Nr. 10/2001 – Drucksache 14/1244 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltung? – Einstimmig angenommen.

(A) (C)

(B) (D)

Vizepräsident Dr. Luther

Ich rufe auf Vermögensgeschäft Nr. 13/2001 – Drucksache 14/1245. Wer ist dafür? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltung? – Bei einigen Stimmenthaltungen ist das ebenfalls so beschlossen.

Zum Vermögensgeschäft Nr. 14/2001 – Drucksache 14/1246 – hatte sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Ausschuss enthalten. Wer dem Vermögensgeschäft zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltung? – Bei Stimmenthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und zwei Enthaltungen der Fraktion der PDS so beschlossen.

Wer dem Vermögensgeschäft Nr. 15/2001 – Drucksache 14/1247 – zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltung? – Bei Stimmenthaltung der Fraktion der PDS und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist das so beschlossen.

Ich rufe nun auf

lfd. Nr. 13 B, Drucksache 14/1248:

Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung vom 23. Mai 2001 und des Hauptausschusses vom 30. Mai 2001 zum Antrag der Fraktion der PDS über Verlagerung der Zuständigkeit für die Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege, Drucksache 14/196

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Die Ausschüsse empfehlen einstimmig die Annahme des Antrags in neuer Fassung, worüber ich ohne Aussprache jetzt noch einmal abstimmen lasse. Wer der Neufassung des Antrages im Wortlaut der Beschlussempfehlung Drucksache 14/1248 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Sehe ich Gegenstimmen? – Stimmenthaltung? – Beides sehe ich nicht. Dann ist das so beschlossen.