Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, den richtige Umgang mit den Vorschlägen der Hartz-Kommission hat die Evangelische Kirche gezeigt. Sie hat gesagt:
Jeder Vorschlag, der hilft, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren, muss allen politisch und wirtschaftlich Handelnden willkommen sein.
Ich denke, dem ist nichts hinzuzufügen. Deswegen sind etliche in diesem Haus, die sich an der Debatte konstruktiv beteiligt haben, aufgefordert, dies hier für Berlin zu tun.
Die CDU gehört leider nicht dazu. Denn, Herr Rzepka, welches sind die Konzepte der CDU wirklich, auch auf der Bundesebene? – Es sind Einzelkonzepte, Einzelvorschläge aus der Vergangenheit. Sie wollen beispielsweise – um einmal den Punkt Erwerbsbeteiligung der Frauen herauszugreifen – die Möglichkeit, in Teilzeit zu gehen, wieder zurückschrauben. Sie wollen statt eines flächendeckenden Ausbaus der Kinderbetreuung die Herdprämie einführen. Alles das ist rückwärtsgewandt und bringt uns hier nicht weiter.
Dann schlagen Sie Ihr Konzept 40 : 40 : 40 vor, sagen aber nicht, wie Sie das finanzieren wollen. Woher soll das Geld dafür kommen? Mein Fazit zu dem, was Sie vorgetragen haben, lautet: Die Vorschläge, die die CDU hier macht, sind nur dazu geeignet, die Staatsverschuldung weiter hochzutreiben, und nicht dazu geeignet, die Arbeitsvermittlung zu verbessern. Ich finde es sehr schade, dass Sie die Teile, die Sie am Hartz-Konzept mittragen könnten, komplett ausblenden und sich damit nicht beschäftigen.
Positiv überrascht, das muss ich sagen, bin ich von Harald Wolf, dem neuen Arbeits-, Wirtschafts- und Frauensenator,
der hier eine Linie vertreten hat, die nicht die Linie der PDS auf Bundesebene ist. Denn diese hat das endgültige Hartz-Konzept, also nicht den ersten oder zweiten Entwurf, als unfertig und unsozial bezeichnet. Das differenzierte Herangehen, das Harald Wolf hier an den Tag gelegt hat, liegt mir weitaus mehr; es ist nur leider nicht die PDS-Linie, aber das soll nun wirklich nicht mein Problem sein. Es ist mir lieber, als wenn ein Arbeits- und Wirtschaftssenator dies boykottieren würde. Die beiden zuständigen Senatsmitglieder – und das sind Frau Knake-Werner und Herr Wolf – sind auch für die schnelle Umsetzung und die konstruktive Begleitung zuständig, und da finde ich gut, dass ich mir nicht anhören muss, dass das alles „das Allerletzte“ sei und dass viel wundervollere Dinge passieren würden, wenn die PDS an der Regierung wäre und die absolute Mehrheit hätte.
Zum Thema Zeitarbeit: Auch das ist etwas, was die PDS auf der Bundesebene komplett ablehnt. Ich teile Ihre Einschätzung, Herr Wolf, dass man das wirklich unideologisch sehen sollte; der von der Hartz-Kommission vorgesehen Ausbau der Zeitarbeit ist für mich per se erst mal weder gut noch schlecht. Es kommt auf die konkreten Bedingungen an, auf die konkrete Ausgestaltung der Zeitarbeit. Wenn die Bezahlung, wenn der Kündigungsschutz stimmt und wenn auch die Arbeitnehmerschutzrechte für die in Zeitarbeit Beschäftigten gültig sind, dann ist gegen Zeitarbeit nichts einzuwenden.
Ich will Ihrem Aspekt – die Zeitarbeitsfirma in Nordrhein-Westfalen mit ihrem Effekt, dass 30 % einen festen Arbeitsplatz bei den entleihenden Firmen fanden – noch einen weiteren hinzufügen, der in der Diskussion immer untergeht: Zeitarbeit kann auch eine vernünftige Form sein, Überstunden in der Bundesrepublik abzubauen. Wir haben in der Region Berlin-Brandenburg Überstunden in einer rechnerischen Größe von 100 000 Arbeitsplätzen. Wenn wir nur einen Teil davon dadurch abbauen könnten, dass Auftragsspitzen in Zukunft nicht mehr mit Überstunden, sondern mit bei Zeitarbeitsfirmen Beschäftigten bewältigt würden, dann hätte das einen Effekt für Berlin. Ich fände es sehr gut, wenn Sie als Wirtschafts- und Frauensenator, vielleicht auch gemeinsam mit dem Land Brandenburg, an diese Frage herangingen. Das hätte dann auch den eingeforderten Effekt der Umverteilung. – Ich teile allerdings auch Ihre Einschätzung, dass über die Bezahlung in den Personalserviceagenturen auf dem Niveau des Arbeitslosengeldes noch einmal geredet werden muss. Man muss auch einen Anreiz liefern, und solch ein Anreiz könnte dadurch erfolgen, dass die Bezahlung oberhalb des Arbeitslosengeldes liegt.
In Berlin werden wir noch auf die Umsetzung von zwei weiteren Punkten zu achten haben. Der erste Punkt: Das lebenslange Lernen und die Qualifizierung sind wesentlicher Bestandteil für die dauerhafte Integration in Arbeit. Das muss auch bei der Umsetzung der Hartz-Kommissionsvorschläge beachtet werden.
Der zweite Punkt: Wir werden hier in Berlin damit leben müssen, dass es trotzdem Menschen gibt, die nicht durch die bessere Arbeitsvermittlung dauerhaft in Beschäftigung zu vermitteln sind. Für diese gilt aus meiner und aus unserer Sicht nach wie vor: Beschäftigung in gesellschaftlich sinnvollen Bereichen ist nach wie vor besser als die Finanzierung von Arbeitslosigkeit. Gerade auch Berlin braucht eine öffentlich geförderte Beschäftigung. Hier erwarte ich – gerade von diesem rot-roten Senat –, dass er da nicht weiter die „Abbruchbirne“ schwingt. Der Sparvorschlag von Senator Sarrazin, die Beschäftigung von Sozialhilfempfangenden auf Null herunterzufahren, soll auf Senator Sarrazins Tabelle bleiben, aber nie in wirkliche Politik umgesetzt werden. – Danke!
Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit hat die Aktuelle Stunde ihre Erledigung gefunden.
Zum Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 15/740, empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung – federführend – an den Ausschuss für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen und mitberatend an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Migration und Verbraucherschutz. Darüber lasse ich abstimmen. Wer also dieser Überweisung seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Stimmenthaltung? – Damit haben wir diesen Antrag so überwiesen.
Zum Antrag von SPD und PDS, Drucksache 15/757, wird die Überweisung an den Ausschuss für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen vorgeschlagen. Ich lasse auch hierüber abstimmen. Wer diese Überweisung so zu tätigen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Damit haben wir auch diesen Antrag so überwiesen.
II. Lesung der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Fünftes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung der Landesbank Berlin – Girozentrale –, Drucksache 15/487, gemäß Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 11. September 2002
Die Beschlussempfehlung ist dringlich. Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.
Mit der Drucksachennummer 15/487 hatte Ihnen die ursprüngliche Vorlage – zur Beschlussfassung – vorgelegen. Nach der Beratung im Wirtschaftsausschuss am 26. August und im Hauptausschuss am 28. August sind allerdings zusätzliche Änderungen diskutiert worden. Daraufhin hatte der Hauptausschuss den Senat um eine neue Beschlussvorlage gebeten. Diese liegt Ihnen nunmehr mit der Bezeichnung „Drucksache 15/487 – neu –“ vor. Sie war auch Beratungsgrundlage im Hauptausschuss für die Ihnen vorliegende und heute auf der Tagesordnung stehende Beschlussempfehlung. Die Druckfassung dieser Vorlage liegt den Fraktionen seit heute Mittag vor.
Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der vier Artikel miteinander zu verbinden. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe also auf Artikel I und II, die Überschrift und die Einleitung im Wortlaut der Drucksache 15/487 – neu – unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlung, Drucksache 15/762. Wird eine Beratung gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Der Hauptausschuss empfiehlt einstimmig bei – Nichtteilnahme der Fraktion der FDP – die Annahme der Drucksache 15/487 – neu – unter Berücksichtigung der Änderungen gemäß bereits bekannt gegebener Beschlussempfehlung, Drucksache 15/762. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Stimmenthaltung? – Damit ist dies gegen die Stimmen der FDP mit den übrigen Stimmen so beschlossen. Damit ist das Fünfte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung der Landesbank Berlin – Girozentrale – so angenommen. Die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses vom 26. August 2002, die dem Hauptausschuss ohne Drucksachennummer zugeleitet wurde, ist damit erledigt.
I. Lesung des Antrags der Fraktion der CDU über Gesetz über das Management der Grundstücke im Eigentum Berlins (Facility-Management-Gesetz Berlin – FMG Bln)
Ich eröffne die I. Lesung und erteile zunächst das Wort in der Reihenfolge der Fraktion der CDU, und zwar dem Abgeordneten Zimmer. – Bitte schön!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Ich bitte allerdings zunächst darum, dass der Senator für Finanzen an der Aussprache teilnimmt, da er sich auch für das FacilityManagement interessieren sollte.
Selbstverständlich! Ich teile Ihre Auffassung. – Müssen wir darüber abstimmen? – Dann bitte ich ein zuständiges Senatsmitglied, dafür zu sorgen, dass der S e n a t o r f ü r F i n a n z e n h e r b e i z i t i e r t wird. Ich unterbreche bis dahin die Sitzung.
Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat für die CDUFraktion der Abgeordnete Zimmer. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Auf ein Neues! – Hallo, Herr Sarrazin! Vielleicht sollten Sie neben Facility-Management auch einmal über Time-Management-Systeme nachdenken. Vielleicht hilft das in dem Zusammenhang auch.
Facility-Management ist im Land Berlin offensichtlich eine Geschichte ohne Ende. Ich kann mich gut erinnern, dass wir uns schon diverse Male mit dieser Thematik beschäftigt haben. Einmal hat uns der Senat schon im Hauptausschuss mit einem Entwurf zum Facility-Management beglückt. Dort wurden diverse kritische Fragen gestellt, weil dieses Konzept ganz offensichtlich nicht nur von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, sondern auch, was die Konstruktion anging, diverse Schwachstellen aufwies. Und was passierte dann damit? – Es wurde, wie so viele Dinge, die eigentlich wichtig wären, um Strukturen im Land Berlin zu verändern, vertagt – und ich habe den unbestimmten Verdacht, auf den St. Nimmerleinstag. Man könnte meinen, das sei alles nicht so schlimm. Aber es werden Millionen Euro für leer stehende Dienstgebäude bezahlt. Grundstücke und Gebäude, die für Fachzwecke eigentlich nicht mehr benötigt werden, stehen leer, binden Kapital, für das teure Zinsen bezahlt werden müssen, Grundstücke in besten Lagen werden immer noch unwirtschaftlich, zum Beispiel als Parkplätze genutzt. Da nützt es nichts, dass man sie dem Liegenschaftsfonds gibt, wenn dieser sie nicht veräußert, dann hat das für den Landeshaushalt keine positiven Auswirkungen. Man könnte gut und gern als Beispiel die Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport – ehemalig Beuthstraße, dann das Büro- und Dienstgebäude Storkower Straße und Am Karlsbad, seit Ende 1998 leer stehend – als trauriges Beispiel dafür nennen, wie man im Land Berlin mit Geld umgeht. Deshalb haben wir als Opposition gesagt: Wenn der Senat nicht in der Lage ist, einen Gesetzentwurf vorzulegen, werden wir versuchen, ihn mit einer Diskussionsgrundlage, nämlich einem eigenen Facility-ManagementGesetz auf die Sprünge zu helfen. Das ist zwar – gelinde gesagt – ein etwas erstaunliches Verfahren, finde zumindest ich, denn die großen Strukturveränderer sitzen eigentlich hier auf der Regierungsbank. Aber offensichtlich ist außer Spesen nichts gewesen.
Wir haben Ihnen ein Gesetz vorgelegt, anhand dessen wir die uns wichtigen Punkte beim Facility-Management diskutieren wollen. Unser Gesetzesentwurf ist einfach umzusetzen. Er nutzt nämlich die vorhandenen Strukturen und Kompetenzzentren in der Berliner Verwaltung. Es hat keine steuerrechtlichen Implikationen, denn das ist eine der großen Schwachstellen bei Ihrer Konzeption. Ihre angeblich gemeinnützliche quasi Asset Management GmbH, die es so in dieser Form nicht gibt, ist einer der Gründe dafür, weshalb man sich überlegt hat, das Ganze noch einmal mit den Beratern zu beraten – deshalb heißen sie auch so. Es hat keine arbeitsrechtlichen Implikationen. Die Frage, ob sich der Senat nicht zu einer Leiharbeitsfirma macht, ist immer noch nicht ausgestanden und in der Tat auch höchst fragwürdig bei der von Ihnen vorgelegten Konstruktion, und es
enthält eine klare Abgrenzung privater und öffentlicher Aktivitäten. Unser Entwurf ist wettbewerbsorientiert. Er stellt sowohl einen verwaltungsinternen Wettbewerb zwischen den Leitern der Verwaltungszweige und den Serviceeinheiten her. Er enthält aber auch einen Mechanismus zur Reorganisation wirtschaftlicher Strukturen. Er stellt einen Wettbewerb zwischen verwaltungsinternen und privaten Dienstleistern her.
Nun will ich Ihnen auch sagen, weshalb das sinnvoll ist. Was wir nämlich nicht wollen, ist die Restauration des FacilityManagements in der tradierten Form. Das will niemand. Was wir wollen, ist, einen ersten Schritt zu tun. Dieser Gesetzentwurf ist in der Lage, die Weichen in die richtige Richtung zu stellen und einen Übergang zu schaffen, der es dann tatsächlich ermöglicht, nachdem man gesehen hat, was wirtschaftlich ist, die Entscheidung zu treffen. Das Problem ist aber – ich bin kein ordnungspolitischer Dogmatiker, wie ich gestern schon einmal im Hauptausschuss verkündet habe, ich habe ein großen Faible dafür, Dienstleistungen, wenn sie von Privaten billiger und besser zu erbringen sind, von Privaten erbringen zu lassen –, was Sie in Ihren Konstruktionen regelmäßig vergessen, dass ist das sogenannte Agency-Problem, mit dem ich Sie auch heute wieder beglücken möchte. Das Agency-Problem ist eigentlich ein ganz bekanntes bei Outscourcing-Vorhaben.
Herr Kollege! Darf ich kurz unterbrechen! Ich bitte dringlich, die Gespräche dorthin zu verlegen, wie sie sein sollen und dem Redner etwas mehr Aufmerksamkeit zu gönnen. – Bitte, fahren Sie fort!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Aber es ist ja so, wenn es um Konsolidierung geht, dann interessiert es nicht immer jeden. Also das Agency-Problem. Wir haben auf der einen Seite das Problem, dass Sie unvollständige Informationen über das haben, was vor Ort gemacht wird. Das haben wir immer wieder erlebt. Die Bankgesellschaft ist ein gutes Beispiel dafür, wie es eigentlich nicht funktionieren sollte, auch das ist ein Informationsproblem auf der einen Seite, das verursacht im Übrigen auch Kosten. Auf der anderen Seite haben Sie das Problem, dass Sie niemals wissen, ob nicht der Dienstleister versucht, auf Ihre Kosten seinen Gewinn zu maximieren. Das ist zwar nicht ungewöhnlich, wenn man unternehmerisches Streben unterstellt, aber es ist für den Landeshaushalt nicht wirklich förderlich. Deswegen kann man es sich nicht so einfach machen und sagen: Wir gründen eine Gesellschaft und nennen sie privat. Am Ende ist es gar keine wirkliche Privatisierung, sonder nur ein weiteres Biotop, wo man im Zweifelsfall irgendeinen abgehalfterten Staatssekretär unterbringen kann.