Wie geht es denn in der Sache? – Die Beratungsstelle für Opiatabhängige am Kottbusser Tor, die nach Einschätzung vieler Experten nicht in der Lage ist, eine solche Einrichtung zu leiten, wird derzeit präferiert. Wie sieht es mit der Ausstattung und dem Personal aus? – Es gibt keine Antwort von Ihnen darauf, wie Sie sich das vorstellen, sondern Sie führen denselben Krieg, den Sie der CDU und der FDP vorwerfen, sich nämlich in Grundsatzfragen zu verhaspeln. Eine Stunde und zehn Minuten lang haben Sie nichts anderes gemacht, als Grundsatzfragen zu diskutieren, aber nicht, wie Sie es dann in Wirklichkeit umsetzen. Die bestehende Arbeit leidet massiv darunter. Die Finanzierungstöpfe der Liga der Wohlfahrtsverbände wird dafür angezapft. Die 10prozentige Kürzung bei der Prävention ist das eine. Für die Folgefinanzierung ist ebenfalls nicht gesorgt. Die muss auch aus diesem Vertrag herausgenommen werden. Da machen sich viele Verbände Sorgen, wie dann die Prävention in der Stadt vernünftig funktionieren soll.
Ich will gar nicht bestreiten, dass es zwischen der gesundheits- und der innenpolitischen Sichtweise unterschiedliche Auffassungen gibt. Aber wir diskutieren gerade eine Stunde und zehn Minuten über dieses Thema, und noch nicht ein Mensch hat erzählt, wie diese Drogenkonsumräume in der Stadt aussehen sollen, wie dies organisiert wird und welche Probleme es derzeit bei der Umsetzung gibt.
[Zurufe von der SPD und der PDS – Over (PDS): Das können Sie in den entsprechenden Unterlagen nachlesen!]
All das kann man eben nicht nachlesen, Herr Kollege Over, all das haben wir nämlich noch nicht besprochen! – Zu Recht haben Herr Henkel und Herr Matz angesprochen, dass die Anwohner Sorge haben, wie diese Drogenkonsumräume aussehen werden. Der Herr Staatssekretär Schulte-Sasse, der bei der Einrichtung der Drogenkonsumräume mit seiner Reise durch Deutschland auch etwas älter geworden ist, weiß, dass die Anwohner noch nicht beteiligt sind, hat dies aber im Ausschuss versprochen und gesagt: Jeder vernünftige Gesundheitspolitiker kann eine solche Entscheidung nur dann umsetzen, wenn die Anwohner beteiligt werden. Aber das ist derzeit nicht der Fall.
Das Zweite ist, dass Sie bei der derzeitigen Ausschreibung, wenn Sie das Ziel haben, damit eine vernünftige Gesundheitsversorgung für Drogenabhängige herzustellen, dann auch sagen müssen, wie das derzeit umgesetzt wird. Die Zielsetzung in der Ausschreibung sind 10 bis 15 Stunden Wochenöffnungszeit eines Drogenkonsumraums. Wie Sie damit eine vernünftige Versorgung gewährleisten wollen, ist für mich fraglich.
Hamburg hat seinen Drogenbus bereits abgeschafft, weil das Halten von zwei Stunden an einem Ort eben zu nichts führt, weil die Drogenabhängigen keinen Terminkalender haben, wo sie einschreiben, wann sie in den Drogenkonsumraum gehen dürfen. Und so ist das bei dem Bus in Hamburg ebenfalls gewesen.
Darf ich Ihre Ausführungen so verstehen, dass Sie sich für eine weitaus größere Anzahl von Drogenräumen in Berlin aussprechen? – Denn Sie haben gerade ausgeführt, dies allein ein flächendeckendes Versorgungsnetz mit gutem Material gewährleistete.
Nein, ich stelle die Frage, Herr Zackenfels, wie wir mit dem wenigen Geld, das wir für die Prävention und die Versorgung von Drogenkranken in Berlin haben, vernünftig umgehen, statt das ganze Geld in Dro
Und dann muss man die Frage stellen: Wem wird denn das Geld weggenommen? – Es wird denen weggenommen, die derzeit Prävention in der Stadt betreiben, und die beklagen das auch, wie Sie wissen. Die haben das in vielen Anhörungen beklagt, und das wird auch weiterhin der Fall sein. Darüber mache ich mir Sorgen.
Dass eine Ausstiegsmöglichkeit, sprich Hilfe, in diesen Räumen stattfindet, kann beileibe keiner behaupten. Das ist nachweislich nicht der Fall, in keiner der Städte, die Sie aufgezählt haben. Die Ausstiegsmotivation findet nicht in diesen Räumen statt, sondern in diesen Räumen findet der Drogenkonsum statt. So heißen die Räume ja auch, wie Sie das zu Recht betitelt haben. Deswegen sollte man sich nicht Sand in die Augen streuen lassen, wenn man sich mit diesem Thema, jedenfalls aus gesundheitspolitischer Sicht etwas intensiver beschäftigt.
Herr Staatssekretär Schulte-Sasse, Sie sind hier eigentlich der wahre Vorkämpfer. Frau Knake-Werner musste heute nur die Rede halten. Aber ich schaue mir an, was die Drogenbeauftragte der Bundesregierung für Schwerpunkte setzt. Ich habe – vielleicht etwas zu modern – die Internetseiten aufgerufen, was bei den Grünen zur Gesundheits- und Drogenpolitik etwas schwierig ist.
Das Ziel der Drogen- und Suchtpolitik der Bundesregierung ist vor allem, den Beginn des Konsums zu verhindern und herauszuzögern, hohe riskante Konsummuster frühzeitig zu reduzieren und eine Abhängigkeit mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln von der Abstinenz bis zur medikamentengestützten Therapie zu behandeln.
Was haben Sie für ein Selbstverständnis, Herr Henkel? – Nach der Vereinigung der Bezirke Mitte, Tiergarten und Wedding zum neuen Bezirk Mitte hat die Bezirksverordnetenversammlung die Beschlusslagen aus Mitte und Tiergarten übernommen. Der Bezirksbürgermeister Zeller hat etwas ganz anderes gesagt als Sie. Das müssten Sie eigentlich wissen, Herr Henkel. Sie waren zu dieser Zeit Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung. Ich wundere mich, dass Sie dort anders als hier reden.
Zu der Begriffsverwirrung: Ich werde mich konsequent auf die Bezeichnung Gesundheitsräume beschränken. Dieses Wort charakterisiert diese Einrichtung am treffendsten. Sie werden jetzt wieder abwinken und das Wortakrobatik nennen, aber das liegt wohl eher daran, dass Sie das Thema Drogen ausschließlich unter kriminalistischen Gesichtspunkten betrachten. Wenn man das tut, muss einem natürlich die neue Sichtweise der Koalition auf die Probleme ungeheuerlich erscheinen. Ich versuche, Ihnen diese Sichtweise näher zu bringen. Mit Ihrem Weg der Tabuisierung und Kriminalisierung sind wir in den letzten 30 Jahren keinen Schritt weitergekommen.
Ich finde alles, nur nicht Drogenkonsumräume. Davon scheint sich die Bundesregierung schon lange verabschiedet zu haben, auch die Drogenbeauftragte.
Moderne Gesundheits- und Drogenpolitik ist etwas anderes als nur das ideologische Einrichten von Räumen, die am Ende nicht einmal geöffnet sind. Deswegen stelle ich mir die Frage, wozu wir heute dieses Thema eine Stunde und zehn Minuten lang so ideologisch, wie Sie es angefasst haben, debattieren mussten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich auf die Verwirrung der Namen eingehe, will ich über die verschiedenen Synonyme sprechen, die wir heute für ein und dasselbe gebraucht haben. Das lässt schon tief blicken, wer denn was damit bezwecken will. Vorher will ich auf einige Redner der ersten Runde eingehen.
Herr Matz, das ist natürlich so in Berlin, dass manche Selbstverständlichkeiten, wenn sie denn nach Jahren der CDU-Blockade endlich kommen, uns wie große Sprünge vorkommen. Deswegen finde ich es richtig, dass wir diese Aktuelle Stunde heute durchführen, will wir damit zeigen können, dass unter dieser Koalition in Berlin endlich etwas in Bewegung gerät.
Herr Ratzmann, Ihrem Hinweis, die SPD sei endlich aufgewacht, darf ich entgegenhalten: Ich komme aus dem Bezirk Tiergarten, einem der Bezirke, wo auf Initiative der SPD-Fraktion schon in den frühen neunziger Jahren die Einführung von Drogenkonsumräumen gefordert wurde. Das zeigt, die SPD macht etwas, wenn man sie lässt, aber wir wurden in den letzten Jahren nicht gelassen.
Ich konnte das Ihrem Redebeitrag nicht entnehmen. Wann waren Sie das letzte Mal am U-Bahnhof Turmstraße, im
Kleinen Tiergarten oder am Magdeburger Platz in Tiergarten-Süd? – Sie sind offensichtlich noch nie dort gewesen, denn Sie behaupten, in Berlin gebe es keine offene Drogenszene.
[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Vereinzelter Beifall von der FDP – Dr. Steffel (CDU): Finden Sie das jetzt gut?]
Nein, denn uns geht es darum, das zu verhindern. Mit der Taktik, die Sie fahren und seit Jahrzehnten gefahren sind, kommen wir nicht weiter. Wir wollen einen anderen Weg gehen, damit wir das beseitigen.
Wenn ich von Drogenkonsumräumen spreche, ist das für Moabit nichts Neues. Es gibt dort die berühmte Berliner Ecke, an der es an allen vier Ecken einen solchen Raum gibt. Der nennt sich nur Kneipe. Insofern erscheint mir der Begriff Gesundheitsräume geeignet.
Wir betrachten den von illegalen Drogen Abhängigen in erster Linie als kranken Menschen und nicht als potentiellen Kriminellen oder als Gefahr für seine Mitmenschen. Unabhängig davon, wie dieser Mensch zum Abhängigen geworden ist, gilt es, ihm ein möglichst menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Die bisherige Praxis zwang diesen Menschen, seine Drogen möglichst im Geheimen zu konsumieren, weil seine Situation tabuisiert und kriminalisiert wurde. Wenn er nicht über eine Wohnung als Rückzugsmöglichkeit verfügte, war er gezwungen, sich auf öffentlichen Toiletten oder in Grünanlagen seine Drogen zu verabreichen.
Das Ganze erinnert mich an George Orwell, der in seinem Buch „1984“ beschrieben hat, wie man die Gemüter verdrehen kann, indem man eine neue Sprache, die „Neusprech“ einführt. Das ist die Verwirrung aller Begriffe. Sie besagt dann das Gegenteil dessen, was Sie ursprünglich meinten. Mit der „Neusprech“ will man die Leute beherrschen. Wenn Sie auf dem Weg weitergehen, werden Sie auf unseren entschiedenen Widerstand treffen.
Es war ganz praktisch, dass ich eben neben dem Kollegen Gaebler saß, denn der hat mir mitgeteilt, dass Sie zwar Neuköllner Abgeordneter sind, aber im südlichen Wilmersdorf wohnen. Ich lade Sie einmal in meinem Wahlkreis ein, in dem der U-Bahnhof Turmstraße und der Kleine Tiergarten liegen.
Nein, der hatte schon! – Die Folgen sind bekannt: Gefährdung von Kindern durch gebrauchte Spritzbestecke auf Spielplätzen, Infektionen der Drogenabhängigen durch unhygienische Bedingungen beim Konsum, Folgeentwicklungen wie HIV- und Hepatitisinfektionen.