Für die Beratung beider Anträge steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Frau Hämmerling, Sie haben das Wort!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das hier ist Wannseedeponiewasser, echte Wannseequelle, selbst geschöpft. Ich habe dieses Wannseewasser 25 Meter unter der Deponie selbst schöpfen müssen, weil der Senat mir verweigert hat, ein Analyselabor zu beauftragen. Sie haben keine Genehmigung bekommen, deshalb musste ich es selbst machen. Sie denken vielleicht, die Farbe sieht grauenhaft aus, wenn Sie jedoch daran riechen würden, würden Sie feststellen, dass es schlimmer stinkt, als es aussieht. Das riecht wie Chemiefabrik. Ich lese vor, was das Analyselabor ermittelt hat. Das Wasser enthält Arsen, Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer, Nickel Quecksilber, Zink, Zinol, Phenol
und weitere Chemikalien, die ich Ihnen ersparen möchte. Darüber hinaus habe ich um Analysen gebeten, ob auch Medikamentenrückstände – –
Ja, jetzt fehlt Senator Strieder! Ich bitte darum, Senator Strieder zu rufen, dann fahre ich fort. –
Frau Abgeordnete! Wir sind selbstverständlich schon dabei. Der Senator wird geholt. Es dauert vielleicht zwei Minuten, für die Zeit unterbrechen wir die Sitzung.
So, der Senator für Stadtentwicklung ist da. – Nicht trinken, Herr Senator! Ich bin jetzt doch besorgt. – Sie haben das Wort, Frau Hämmerling!
Ich war gerade dabei aufzuzählen, was alles in der von mir geschöpften Deponiequelle zu finden ist. Neben Arsen und Quecksilber – – – Haben Sie davon tatsächlich getrunken? Ich glaube, dann sollten wir jetzt einen Krankenwagen holen. –
Neben Arsen und Quecksilber habe ich beauftragt, nach Rückständen von Medikamenten, von Insektiziden, Pestiziden und Weichmachern zu suchen. Weichmacher sind enthalten, Insektizide sind gefunden worden. Die Weichmacher sind krebserregend, dass die anderen Dinge nicht gesund sind, liegt auf der Hand. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass auf der Deponie Wannsee von 1950 bis in die achtziger Jahre sämtliche Berliner Abfälle, unter anderem auch hunderttausende Kubikmeter Industrieabfälle und Sondermüll gelagert wurden, ist das kein Wunder.
Das Deponiesickerwasser kommt irgendwann im Grundwasser an und läuft dann – in 150 Jahren, wenn es gut läuft, wenn es schlechter läuft, irgendwann auch ein wenig schneller – zu den Trinkwasserbrunnen in Beelitz. Es gibt seit 1995 ein Gutachten, das sagt, dass die Deponie Wannsee zum einen von oben abgedichtet werden muss und zum anderen muss das Deponiesickerwasser
gefangen, abgeleitet und dekontaminiert werden. Seit 1995 gibt es dieses Gutachten und bis zum Jahr 2000 hat sich der Senat in Untätigkeit geübt. Jedes Jahr lief eine Million Liter von dieser giftigen Deponiebrühe ins Grundwasser, doch der Senat blieb untätig. Deshalb hat die Fraktion der Bündnisgrünen gegen die politisch und fachlich Verantwortlichen Anzeige erstattet. Seitdem ermittelt die Staatsanwaltschaft. Das Ermittlungsverfahren scheint komplizierter zu sein, weil offenbar nicht nur der Senator für Stadtentwicklung Verantwortung trägt, sondern auch noch andere davor.
Ein Skandal ist ebenfalls, dass ab 2002 der Senat unisono mit der BSR erklärt hat, dass nun saniert wird. Wenn man sich das genauer ansieht, ist das im günstigsten Fall eine Scheinsanierung. Es kommt oben eine Erdschicht auf die Deponie, also keine Abdichtung, sondern eine Abdeckung mit Erde. Die Hoffnung ist, dass, wenn diese Erdschicht begrünt ist, weniger Wasser durchströmt. Das ist auch richtig, aber 60 % des giftigen Deponiesickerwassers fließen nach wie vor in das Grundwasser. Da muss anders gearbeitet werden. Das sagen im Übrigen alle Experten vom Bundesumweltamt, das sagt die Landesarbeitsgemeinschaft Abfall, das hat die Stadt Frankfurt mit ihrer Giftmülldeponie praktiziert, wo eine ordnungsgemäße Abdichtung und eine ordnungsgemäße Abführung des Deponiewassers erfolgt ist.
Die Begründung für die Berliner Scheinsanierung ist eine juristische. Formaljuristisch ist die Deponie Wannsee eine Altlast und keine Deponie. Wenn man vor dem Ende der neunziger Jahre gehandelt hätte, als dieses Gutachten vorlag, hätte man diese Deponie noch als Deponie sanieren müssen, also eine Grundwasserdekontamination mit allem, was dazu gehört vornehmen müssen. Man hat so lange gewartet, dass wir jetzt eine andere Rechtslage haben. Obwohl die Deponie formaljuristisch eben keine Deponie ist, wird sie sich nicht daran halten, dass sie formaljuristisch keine derartigen Gifte in das Grundwasser emittieren darf. Das Gift wird durchlaufen, wenn dort nicht ordentlich saniert wird.
Spätestens, wenn Sie sich die Summen vor Augen halten, die jetzt verbraucht werden, um die Berliner Deponie im Brandenburger Umland zu sanieren, wird Ihnen klar, dass man mit den 13 Millionen € bei der Deponie Wannsee keine Sanierung durchführen kann, denn es sind für die drei wesentlich weniger belasteten Deponien des Landes Berlin im Brandenburger Umland Rückstellungen in einer Höhe von über 500 Millionen € gebildet worden. Wenn ich auf der einen Seite 13 Millionen € brauche, kann es nicht sein, dass ich auf der anderen Seite 500 Millionen € benötige. Da stimmt etwas nicht, da muss nachgebessert werden. Wir müssen dafür sorgen, dass die giftige Brühe nicht weiter in das Grundwasser strömt. Dazu muss das Giftwasser abgepumpt und gereinigt werden. Deshalb bitte ich Sie, diesem Antrags zuzustimmen.
Der zweite Antrag sagt, dass wir auch wissen wollen, was an Medikamentenrückständen enthalten ist. Wir wol
len auch wissen, was von dem giftigen und krebserregenden Bisphenol A drin ist, wir wollen wissen, was an Insektiziden drin ist. Deswegen bitte ich Sie, auch unserem Antrag „Dem Grundwasser auf den Grund gehen“ zuzustimmen. – Schönen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es fällt schwer, nach einer emotionalen, unsachlichen Darstellung das Thema sachlich zu behandeln. Frau Hämmerling, Ihre Giftflasche haben Sie oft vorgeführt.
Es ist höchst fahrlässig, Gifte in einer Lebensmittelflasche aufzubewahren. Es ist sogar deutlich verboten!
Frau Hämmerling, in unserem Trinkwasser sind Medikamentenrückstände. In der Kuhmilch sind Rückstände von Pestiziden.
Sie sagen das so nackt in den Raum und verlieren kein Wort über die Grenzwerte, sehr geehrte Frau Kollegin Hämmerling. Dabei gibt es immer noch Grenzwerte. Arsen war übrigens einmal ein Schönheitspflegemittel, wenn man es begrenzt verwendet. Es ist wirklich richtig billige Polemik, Frau Hämmerling. Eigentlich haben Sie die Begründungen, warum wir Ihren Anträgen nicht folgen können, mitgeliefert.
Wir reden von einer Deponie, die von 1956 bis 1982 betrieben wurde und nicht von einer Giftmülldeponie. Frau Hämmerling, entweder haben Sie das in der Erregung falsch gesagt oder bewusst gemeint. Es ist eine Deponie der alten Westberliner Abfallwirtschaft und nichts anderes. Niemand würde heute unter diesen Bedingungen eine solche Deponie genehmigen und betreiben. Da sind wir glücklicherweise weiter. Unsere Aufgabe ist es nun, dass wir heute mit diesem Deponiekörper so umgehen müssen, dass von ihm keine Risiken für die Anlieger ausgehen oder auf einem Minimum gehalten werden.
Dann haben Sie jetzt das Wort, Frau Hämmerling! – Ich weiß nicht, warum das Mikrofon von Frau Hämmerling nicht funktioniert.
Wir sind flexibel! – Herr Radebold! Ist Ihnen bekannt, dass auf der Deponie Wannsee Hunderttausende Kubikmeter Sonderabfälle und Giftmüll sowie unter anderem Perchloräthylen, das in der chemischen Reinigung verwendet wird, Altöle und alles, was in Berlin an Gift- und Industrieabfällen erzeugt wurde, gelagert ist? Würden Sie das nicht als Giftmülldeponie bezeichnen?
Nein, Frau Hämmerling. Das würde ich nicht tun. Zudem stammt die Zahlenangabe mit Hunderttausenden von Kubikmetern von Ihnen.
Die erwähnten Halogene sind übrigens leicht verdampfende Chemikalien, Frau Hämmerling. Wenn Sie diese auf eine Tasse ins Freie stellen, sind sie nach einer Stunde weg. Öle sind hingegen viel gefährlicher.
Es ist keine Giftmülldeponie, liebe Kollegen. Es ist eine Deponie, wie sie in dieser Zeit überall mangels Kenntnis und mangels Sensibilität leider betrieben worden ist. Das ist unzweifelhaft. Wir haben nach einem sehr langen Rechtsstreit mit der Sanierung angefangen, Frau Hämmerling. Neben den von Ihnen zitierten Gutachten gibt es andere Gutachten, denen wir gefolgt sind. Der Senat und die BSR haben sich zu einer qualifizierten Wasserhaushaltsschicht entschlossen, so heißt das korrekt. Es wird nicht Sand darauf gekippt. Diese Schicht hat die Aufgabe, auch in begrenztem Maß Wasser durchzulassen, weil es für die Entwicklung der Deponie erforderlich ist, dass Zersetzungsprozesse im Deponiekörper weitergehen. Das ist wissenschaftlich eindeutig belegt. Das haben wir auch oft genug erklärt und beraten, Frau Hämmerling.
Diese Zersetzungsprozesse führen auch dazu, dass sich der Deponiekörper in seiner Größe ändert. Das hätte sowieso zur Folge, dass jede Abdichtung irgendwann in sich zerstört ist. Wir haben dort ein Verfahren, das wissenschaftlich gesichert ist. Wir hoffen, dass wir damit die Risiken klein halten können. Frau Hämmerling, Sie konzedieren selbst in Ihrem Antrag, dass es ein umfangreiches Monitoring gibt, das die Verfolgung der Schadstoffe ganz genau kontrolliert. Sie haben vorhin 150 Jahre als den Zeitraum benannt, für den wir eventuell eine Gefahrenabwehr zu bewältigen haben. Sie haben sich um eine Null geirrt. Das wissen Sie. Es sind 1 500 Jahre.
Nun will ich überhaupt nicht sagen, dass dieser Zeitpunkt nicht einmal kommt. Ich glaube aber, dass das vorhandene Verfahren, das ständige Monitoring, das Verfolgen der Stoffe eine ausreichende Sicherung zum