Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Morbide“ und „endzeitlich“ haben Sie gesagt, Herr Dr. Lindner. Sie quälen uns heute mit zwei Debatten, die Sie zum Schwerpunkt machen, in den Mittelpunkt
stellen, nämlich zuerst das Bestattungsgesetz und jetzt diese rückwärts gewandte Nostalgiediskussion.
Herr Hahn! Wenn Sie sich einmal ein bisschen mehr über Ihre Neuköllner Wähler Gedanken machten und weniger über Ihr Wilmersdorfer Heim, dann würden wir vielleicht anders über Tempelhof reden. Insofern: Seien Sie mal an dieser Stelle ruhig!
lich um den Flughafen Tempelhof und seine Bedeutung für die Berliner Wirtschaft. Ich bitte Sie um die Redlichkeit, sich mit den vorgebrachten Argumenten und den vielen Menschen, die in dieser Frage eindeutig Position bezogen haben, auseinander zu setzen. Darüber werden wir gleich noch sprechen.
Mittlerweile sagen Sie in jedem Ihrer Beiträge im Parlament: Ihr seid alle Miesmacher. Ihr redet mir mein schönes Berlin kaputt. – Tun Sie mal was für Berlin! Das wäre wesentlich besser, als sich hier hinzusetzen und an den allgemeinen Patriotismus zu appellieren.
Zum Flughafen Tempelhof haben nicht nur die FDP und vielleicht die CDU und andere politische Opponenten in dieser Stadt Stellung bezogen. Es sind mittlerweile eine Reihe von Unternehmen, die das brauchen. Das ist Bertelsmann, die dort hin und her fliegen, es ist DaimlerChrysler, es ist die Industrie- und Handelskammer. Und, lieber Herr Regierender Bürgermeister, der von Ihrer Partei in der Enquetekommission benannte ehemalige Universal-Chef Tim Renner ist auch einer derjenigen „unpatriotischen“ Leute, die überhaupt keine Ahnung haben und fordern, dass Tempelhof als Standortfaktor offen bleibt. Damit müssen Sie sich doch einmal auseinander setzen. Der Herr Renner ist für Sie, für Ihre Partei in der Enquetekommission. Da gibt es auch Leute, die ganz vernünftig sind – auch in der SPD, das will doch überhaupt niemand abstreiten. Aber hören Sie mit dieser Unredlichkeit auf, die Aussage zum Besten zu geben, das wären alles Unpatrioten, Nichtskönner, Ahnungslose und Sonstiges. Die Entscheidung, den Flughafen Tempelhof zu schließen, ist ein großer Fehler, der kaum mehr korrigierbar ist. Deshalb setzen wir uns mit aller Ernsthaftigkeit dafür ein, dass das nicht passiert.
Wir wissen, wenn es einmal einen Single-Airport in Schönefeld gibt, dann wird man die Dinge in der Frage Verkehrsflughafen anders zu beurteilen haben – möglicherweise. Aber die Frage, dass hier nach wie vor Geschäftsflieger hereinkommen können, muss man doch als Stadt Berlin – Herr Cramer, da muss auch auf Städte wie Paris oder London schauen, die so etwas gerade wieder für ein Schweinegeld schaffen – im Auge behalten, wenn man seriös, patriotisch und geistvoll Standortpolitik zum Wohle der Berlinerinnen und Berliner und der Berliner Wirtschaft machen möchte.
Wer nun morbide und endzeitlich ist, Herr Dr. Lindner, das zeigen Sie schon durch diese Auswahl der Themenfestlegung.
Ja, Sie sind offensichtlich ein Historiker, weil Sie überhaupt nichts Zukunftsweisendes gesagt haben – jedenfalls nichts, was man ernst nehmen kann. – Ich will einmal Ihre letzte Gedankenakrobatik aufgreifen.
[Hahn (FDP):Wenn Sie sich in der Historie auskennen würden, dann könnten Sie auch einmal etwas Vorwärts- gewandtes sagen!]
Sie haben gerade den Kern des Problems angesprochen, Herr Dr. Lindner. Sie haben offensichtlich eingesehen, dass man die Verkehrsflüge an einem Standort bündeln muss. Es ist schon einmal gut, dass wir so weit übereingekommen sind und dass Sie erkennen, dass es Sinn macht, die Verkehrsflieger an einem Standort zu bündeln, und das ist wirtschaftlich.
Zweitens: Sie sagten, Tempelhof solle für die Geschäftsflieger weiterhin erhalten bleiben. Sie haben – drittens – jedoch nicht die Frage beantwortet: Wer soll das finanzieren? – Das ist die entscheidende Frage. Das finanziert dann nämlich wieder die öffentliche Hand, und damit – da muss ich meinem Kollegen Cramer Recht geben – sind wir wieder beim Grundprinzip der FDP: Gewinne privatisieren, Verluste verstaatlichen. Genau das wollen Sie an dieser Stelle auch machen.
Jetzt noch einige Worte zu den Dingen, die Sie konkret wissen möchten: Beim Projekt Schönefeld sprechen wir über Investitionen von mehr als 1,5 Milliarden € in dieser Region, die Wirtschaftskraft schaffen, die tatsächlich hier bleiben und etwas hinstellen. Wir reden über die Schaffung von mehreren Tausend Arbeitsplätzen – ich bin damit schon vorsichtig, weil ich die Zahl Hunderttausend nicht immer in den Mund nehmen soll, aber schon mehrere Tausend Arbeitsplätze wären für Berlin schön. – Und da klammern Sie sich an ein historisches Denkmal, das Sie auch noch in die UNESCO-Welterbeliste aufnehmen lassen wollen als besonderen Gag, als Argument dafür, es unbedingt für den Flugbetrieb zu erhalten. Wir brauchen
Das kann doch nicht der Umgang sein, den wir in dieser Stadt mit Unternehmen pflegen. Wenn Sie das dann prüfen und sagen: Gebt uns mal konkrete Angebote ab. Wir wollen einmal sehen, was Ihr anzubieten habt. Legt uns mal konkrete Zahlen auf den Tisch. – Und wenn dann nichts kommt, oder wenn dann Zahlen kommen, die nicht realistisch sind, dann sind wir die Letzten, die sagen: Na gut, das müssen Sie trotzdem annehmen. – Das müssten Sie zweifelsohne nicht! – Aber diesen Schritt gehen Sie gar nicht, weil Sie ihn gar nicht gehen wollen
und weil Sie überhaupt kein Interesse daran haben, den Flughafen Tempelhof weiterhin zu betreiben, sondern sich auf eine bestimmte ideologische Position festgelegt haben.
Es ist schwer, aber man sollte versuchen, diesem Thema vielleicht doch noch einmal das eine oder andere Neue abzugewinnen. Immer wieder dieselbe Leier: Wer hat denn damals den Konsensbeschluss unterschrieben? – Wunderbar! Das ist wie ein Quiz bei SAT 1, aber das wissen wir alles. Wissen Sie, was einmal 1994, 1995, 1996 alles beschlossen worden ist? Wissen Sie auch, was aus vielen Beschlüssen geworfen ist? Wissen Sie auch, dass man bestimmte Dinge korrigieren musste? Sie sind es doch gewesen, die gesagt haben: diese Stadtentwicklungsgebiete, die damals, Anfang der 90er Jahre, in die Wege geleitet worden sind, muss man einmal abwickeln, denn so geht das alles nicht mehr. Na ja, natürlich, das ist richtig, und man muss doch Politik auch weiterentwickeln. Man kann doch nicht sagen: Wir haben 1996 einmal alles beschlossen, und von A bis Z gilt nun alles. Es gelten ja bestimmte Teile dieses Konsensbeschlusses schon nicht mehr – wir alle wissen das: Die Privatisierung funktioniert nicht, und der Bahnanschluss funktioniert in dieser Form – jedenfalls in Bezug auf den Fernverkehr – auch nicht. Das alles ist bedauernswert, aber es ist so, und dann muss man den Realitäten einmal ins Auge sehen. Denn man kann sich nicht immer hinter derselben Floskel verstecken und sagen, dass Herr Diepgen das damals beschlossen hätte. Na, wunderbar! Es schadet ja nichts, selbst wenn Herr Diepgen das einmal beschlossen hat, Herr Cramer, dass Sie heute deswegen schlauer werden. Wenn Sie alle Beschlüsse von Herrn Diepgen der letzten 10 Jahre nachvollziehen wollen, dann ist das eine interessante Position, aber ich hatte das so nicht von Ihnen erwartet.
keinen Museumsflughafen in dieser Stadt, sondern wir brauchen einen Wirtschaftsmotor, und der wird in Schönefeld geschaffen. Hören Sie endlich auf, das kaputt zu reden und zu sabotieren, dann kommen wir auch alle gemeinsam weiter! – Vielen Dank!
Danke schön, Kollege Gaebler! – Für die Fraktion der CDU hat nunmehr der Kollege Kaczmarek das Wort. – Bitte schön, Herr Kaczmarek!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich könnte mir das ganz einfach machen und es so sagen, wie ich es damals dem einigen noch bekannten Verkehrssenator Strieder gesagt habe: Herr Strieder! Bevor der Flughafen Tempelhof stillgelegt wird, werden Sie als Senator stillgelegt! –
Und genauso ist es gekommen. Ich könnte auch sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition! Bevor dieser Flughafen Tempelhof stillgelegt wird, wird Ihre rot-rote Koalition vom Wähler stillgelegt. Davon bin ich überzeugt!
Wir sind in diesem Parlament auch, um Argumente auszutauschen und nicht, um uns gegenseitig besonders gedrechselte Formulierungen an den Kopf zu werfen – so dachte ich das jedenfalls.
Lieber Herr Gaebler! Ich finde es einigermaßen anmaßend, wenn Sie, andere Kollegen und der Regierende Bürgermeister sich hinstellen und sagen: Da sind zwei Luftverkehrsunternehmen, nämlich Germania – das ist nicht irgendeine Würstchenbude – und dba – das ist auch nicht irgendein Kiosk –, zwei Adressen der deutschen Luftverkehrswirtschaft. Die machen Angebote und sagen: Wir übernehmen das! – Sie haben keinen Aktenordner vorgelegt, in dem in allen Details drinsteht, welche einzelnen Projekte wann und wie umgesetzt werden sollen.
Aber sie sagen, dass sie das übernehmen wollen – sie sagen es nicht nur, sondern sie geben es schriftlich. Sie machen das in einer Form, wie man es nicht macht, wenn man nur den Effekt der Öffentlichkeit will: Sie schreiben an den Regierenden Bürgermeister und an die Flughafengesellschaft, aber sie bekommen keine Antwort. Und Sie stellen sich hier hin und sagen, das sei kaufmännisch überhaupt nicht kalkuliert. Herr Wowereit trieb es das dann noch auf die Spitze, indem er in einer der Diskussionen sagte: Na ja, wer weiß, wie lange diese Gesellschaft überhaupt noch existiert? – Also, er weiß das alles! Er weiß, wie die wirtschaftliche Situation dieser Gesellschaft ist und kann das auch alles kalkulieren. Er hat es überhaupt nicht nötig, sich mit diesen Argumenten auseinander zu setzen.