Protokoll der Sitzung vom 03.06.2004

[Liebich (PDS): Vom Vorgängersenat vorbereitet, das ist ein Witz!]

weil Sie sich den Mühen eigener Grundsatzentscheidungen nicht stellen wollen. Sie flüchten sich in eine punktuelle Einzelentscheidung, weil Sie nicht dazu in der Lage sind, Gesamtkonzepte zu erarbeiten. Sie reden über Beteiligungscontrolling, das Einzige, was dabei jedoch herauskommt, ist ein Merkblatt für Aufsichtsratmitglieder. Noch schlimmer: Sie verkaufen die GSE nicht etwa deshalb, weil Sie der Überzeugung sind, dass der Staat ein schlechter Unternehmer ist – was unbestritten ist, wenn man die verheerenden Bilanzen der öffentlichen Unternehmen betrachtet.

[Zurufe von der PDS]

Übrigens Herr Sarrazin, wo bleibt eigentlich der Beteiligungsbericht, den frühere Senate jährlich vorgelegt haben?

[Dr. Lederer (PDS): Was steht denn da drin?]

Es wäre nicht schlecht, wenn Sie dazu auch noch ein Wort sagen würden. Sie verkaufen nicht etwa deshalb, weil der Verkauf Teil eines Gesamtkonzepts der Entstaatlichung ist – was dringend nötig wäre bei einer sozialistischen Staatsquote von 70 % in Berlin –, sie verkaufen auch nicht deshalb, weil Sie einen neuen Champion der regionalen Wohnungswirtschaft etablieren wollen – was angesichts des Potentials der städtischen Wohnungsbaugesellschaften eine reale Chance wäre –, nein, nichts von all dem bewegt Sie wirklich. Die GSW ist für Sie nur der dickste Sandsack, den Sie abwerfen müssen, um den stetig sinkenden Senatsballon vorübergehend am weiteren Absturz zu hindern. Ordnungs- und Wirtschaftspolitik zählen für Sie nicht. Nur die Kasse zählt. Das ist nicht der richtige Umgang mit öffentlichem Vermögen, nicht der richtige Umgang mit Mitarbeitern und Mietern.

[Beifall bei der CDU]

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten off? H

[Doering (PDS): Die CDU als Bedenkenträger!]

Schließlich sind die Mieter der städtischen Wohnungsbaugesellschaften in der Regel nicht die Großverdiener, sondern froh, wenn sie ihren Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen bestreiten können.

[Zurufe von der PDS]

[Dr. Lederer (PDS): Deshalb Entstaatlichung!]

[Liebich (PDS): Deshalb wollten Sie sofort heute beschließen!]

Meine Damen und Herren von der PDS! Weil Sie so lautstark dazwischen rufen: Nun werden Sie von Ihren eigenen Parolen eingeholt. Beim GEHAG-Verkauf und auch bei den ersten Ansätzen des GSW-Verkaufs haben Sie Verunsicherung und Angst unter den Mietern geschürt. Privatisierung wurde verteufelt, mit der Unsicherheit der Menschen Schindluder getrieben. Nun müssen Sie erklären, warum Sie heute ganz anders handeln, als Sie damals geredet haben.

[Dr. Lederer (PDS): Wir haben halt gute Verträge gemacht. Das hätten Sie nie geschafft!]

Nun müssen Sie die Schreckgespenster von schrankenlosen Mieterhöhungen und gnadenlosen Luxussanierungen, die Sie selbst gerufen haben, wieder vertreiben.

Menschen auf diese Art Angst zu machen, war ein schäbiger Versuch, sie als politische Manipulationsmasse zu missbrauchen. Solche kurzsichtigen und kaltschnäuzigen politischen Kampagnen lehnen wir ab.

[Beifall bei der CDU]

Herr Abgeordneter, ich bitte Sie um den Schlusssatz!

Letzter Satz: Die Mieterinnen und Mieter der GSW wollen wir deshalb ermutigen, die neue Eigentümerschaft als Chance zu begreifen. Das soziale Mietrecht mit all seinen Sicherungen für den Mieter

Ich komme auf Sie zurück, Herr Lindner. – Ich möchte auf die krude Nebendebatte über das Vermögensgeschäft, das wir heute nicht beschließen, eingehen. Wenn es sich die Regierungsfraktionen angemaßt hätten, heute, acht Tage nach der Senatsentscheidung durch den Vermögens- und Hauptausschuss und das Plenum, diese Entscheidung durchzujagen, hätten Sie gerufen: Schweinsgalopp und Düpierung der Opposition.

Ich hoffe, dass Rot-Rot nicht nur eine bessere Politik macht,

Jeder Parlamentarier hat die Pflicht, die Beschlussfassung über diesen Verkauf – das ist nämlich ein bedeutender Teil des Landesvermögens – anzusehen und sich über alle Neben- und Hauptwirkungen dieses Geschäfts eine Meinung zu bilden, nicht dass Sie dann in ein paar Jahren kommen und sagen, wir haben nicht gewusst, was wir hier beschließen. Ich hoffe nur, dass Sie wissen, worüber Sie hier abstimmen.

gilt unverändert auch in der neuen GSW. Der überwiegende Teil der Berlinerinnen und Berliner wohnt heute schon bei privaten Vermietern, und das überwiegend nicht schlecht. Private haben in der Vergangenheit nicht weniger in Wohnungen und Häuser investiert als städtische Gesellschaften.

[Doering (PDS): Ach was! – Zuruf des Abg. Dr. Lederer (PDS)]

Deshalb ist es richtig, dass sich die Politik aus diesem städtischen Wohnungsbaubetrieb zurückzieht. Das wird nicht der letzte Rückzug aus einer Wohnungsbaugesellschaft sein, das kann ich Ihnen prophezeien. Die Verantwortung für die Mieterinnen und Mieter in dieser Stadt werden wir trotzdem und gerade deshalb wahrnehmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Beifall des Abg. Thiel (FDP)]

Danke schön! – Jetzt hat für die PDS-Fraktion der Abgeordnete Dr. Nelken das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute in der Aktuellen Stunde über den Verkauf der GSW debattieren, geht es nicht um das Vermögensgeschäft im engeren Sinn, sondern um die politische und soziale Bedeutung des Verkaufs eines der wichtigsten städtischen Wohnungsunternehmen.

[Abg. Dr. Lindner (FDP) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Es geht um die politischen und sozialen und haushalterischen Auswirkungen auf das Land wie auf Zehntausende Mieter der GSW, aber auch auf die kommunale Wohnungswirtschaft.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Dr. Lindner?

Er ist etwas zu früh. Ich habe noch gar nicht angefangen.

[Heiterkeit]

Vielleicht hält er es noch ein bisschen aus.

[Ritzmann (FDP): Nachher haben Sie wieder keine Zeit mehr!]

Er muss nicht seinen Vorurteilen Genüge tun. Vielleicht hört er erst einmal zu, dann werden wir darüber reden.

Bevor ich auf die Themen eingehe, die ich eben angesprochen habe, noch ein Wort zur Nebendebatte.

[Dr. Lindner (FDP): Kennen Sie das Thema der Aktuellen Stunde?]

Kenne ich!

[Dr. Lindner (FDP): Kennen Sie nicht!]

Ich kenne es!

[Dr. Lindner (FDP): Sie haben unserem Beitrag zugestimmt, nicht Ihrem!]

[Beifall bei der PDS und der SPD]

[Gelächter bei der CDU und bei der FDP – Gram (CDU): Die Hoffnung ist vergebens! – Zuruf des Abg. Eßer (Grüne)]

sondern auch parlamentarischen Umgangsformen gelernt hat und die Rechte der Opposition respektiert. Wenn Sie, Herr Lindner, oder Sie, Herr Zimmer, mit den Rechten der Opposition nichts anfangen können, dann ist das Ihr Problem, aber nicht unseres.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

[Gelächter der Abgn. Frau Dr. Klotz (Grüne) und Dr. Lindner (FDP)]

Jetzt komme ich zu einem der eigentlichen Themen, Herr Lindner,

[Dr. Lindner (FDP): Ja!]

das Erfordernis über den GWS-Verkauf hier in der Aktuellen Stunde zu reden, und zwar neben dem Thema, das Sie aufgerufen haben.