Denn eines fehlt uns immer noch in der Berliner Politik, daran krankt alles: nicht an dem Erkenntnisproblem, sondern am Umsetzungsproblem. Vor allem fehlt uns ein Ziel bzw. ein Leitbild für Berlin, genau zu beschreiben, wohin wir wollen. Da können Sie sagen, das sei Ihr Job als Regierungsfraktionen, als die den Senat tragenden Fraktionen, das für richtig zu halten, was der Senat sagt. – Das könnte ich sogar noch hinnehmen. Aber der Senat sagt ja gar nicht, wohin er will!
Der letzte Punkt, den ich in meinen letzten, schon überzogenen Sekunden nicht unerwähnt lassen möchte, weil es mich auch von Seiten der Kollegin SeidelKalmutzki gefreut hat: Endlich hat man in diesem Hause offensichtlich begriffen, dass Sarrazins verwegene Theorie, wir könnten auf Einnahmen verzichten, weil sie Teufelszeug seien, Gott sei Dank zukünftig, so hoffe ich jedenfalls, für unsere Haushaltsberatungen keinen Bestand mehr haben wird. Auch das ist klar, so sehr ich Herrn Sarrazin schätze und ihm alles Gute und einen guten Genesungsverlauf wünsche, das ist der größte Schwachpunkt
in Sarrazins Haushaltspolitik: Wir brauchen eine strikte Ausgabenpolitik, aber vor allem brauchen wir, dass in dieser Stadt Geld verdient wird, dass wir Geld einnehmen. Denn nur dann haben wir Gelegenheit, unsere Zukunft wirklich zu gestalten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich darf noch einmal an den Ausgangspunkt erinnern. Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht: Diese Enquetekommission war kein Vorschlag der PDS und kein Vorschlag der Koalition,
Er weiß es nicht einmal! Das haben wir versucht, in der Enquetekommission herauszuarbeiten und an die Spitze zu stellen.
Es gibt eine Systematik in der Arbeit der Enquetekommission. Zunächst gibt es die Frage, was für die Stadt wichtig ist und wo unsere Zukunftspotentiale liegen. Wenn das, was für uns richtig und wichtig ist, erkannt ist, müssen wir dem auch in unserem Haushalt genügend Ressourcen zuordnen. Diese zuzuordnen, bedeutet auch, in Schwerpunkten wie Wissenschaft, Forschung oder Kultur nicht weiter zu kürzen und gegebenenfalls Effizienzgewinne, die man durch Managementverbesserungen dort erzielt, dort auch zu belassen. Die PDS ist jedoch nicht in der Lage, sich zu einer solchen Erkenntnis durchzuringen. Sie sagen ja, noch nicht einmal das wollen wir in dieser Enquetekommission klarstellen, noch nicht einmal dazu wollen wir eine klare Position beziehen. Nein, vielleicht muss man da auch noch ein bisschen herumkürzen. – Damit werden wir nicht weiterkommen.
Auch dafür brauchen wir ein Ziel: Wir sagen in der Enquetekommission, wir wollen bürgerschaftliches Engagement freisetzen. – Auch das halte ich für richtig – eine Bürgergesellschaft, eine Zivilgesellschaft, die den Staat von vielen Aufgaben entlastet, die er nicht mehr wahrnehmen kann, weil das Geld fehlt. Aber dann muss dieses Bürgertum auch wissen, wohin die Reise geht.
Man muss sich doch einer Sache verschreiben können! Solange man das nicht weiß, werden Sie niemanden hinter dem Ofen hervorlocken.
Dann gehört dazu auch noch ein bisschen Technik, und das ist schwer, in den fünf Minuten zu erklären, die leider schon vorbei sind. Dazu gehört auch das Untersetzen – das ist Aufgabe des Senats – in einem strikten Sanierungskonzept. Sie behaupten immer noch, das, was Sie vorgelegt haben, sei ein Sanierungskonzept. Mal im Ernst: Daran glaubt noch nicht einmal mehr Herr Sarrazin. Die Zahlen, die Sie aufgeschrieben haben, sind nett und lustig, aber sie werden weder das Verfassungsgericht überzeugen, noch überzeugen sie überhaupt jemanden, der sich mit den Zahlen auseinander gesetzt hat. Das ist Wunschdenken, aber kein konkreter Maßnahmenplan. Auch das fehlt Ihnen. Auch da müssen Sie sich einmal bekennen.
Vielen Dank, Herr Kollege Zimmer! – Es folgt die Fraktion der PDS. Herr Liebich hat das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Zimmer! Dafür, dass jetzt die Welt erfahren hat, dass Berlin Geld braucht, hätten wir uns die vielen Sitzungen sparen können.
Wenn das die einzige Erkenntnis ist – das glauben sowieso alle von Berlin, dass wir immer nur sagen, dass wir Geld brauchen. Dafür brauchen wir die Enquetekommission meiner Ansicht nach nicht.
sondern ein Vorschlag der Opposition. – Frau Klotz, zum Thema, wer herumschreit, wenn jemand zu reden anfängt: Es war eben deutlich der Kollege Eßer. In diesem Fall war es nicht unsere Fraktion. – Der Ausgangpunkt war jedenfalls, dass die Opposition gesagt hat, dieser Senat habe kein klares, oder noch schlimmer, er habe überhaupt kein Sanierungsprogramm. Deshalb brauchten wir eine Enquetekommission. – Das heißt, man hat selbst die Erwartungen sehr hoch geschraubt und muss sich dann nicht wundern, wenn in der Zeitung steht, dass nun die Retter Berlins kämen. Es war eine Erwartungshaltung im Raum, dass diese Enquetekommission nun parteiübergreifend das Sanierungsprogramm entwirft, das dem Senat und der Koalition angeblich fehlen.
und wir werden das auch weiterhin tun. Herr Eßer, ich will mit dem Positiven beginnen. Sie können dann im zweiten Teil wieder hineinrufen, da kommt das, was ich kritisch anmerke. Im ersten Teil also erst einmal das Positive. Ich glaube, dass es gegenüber vielen anderen Ausschüssen in diesem Haus ein Vorzug ist, dass wir eine andere Diskussions- und Arbeitsweise gefunden haben: die parteiübergreifende und zum Teil mit externen Kräften geleistete Vorbereitung von Sitzungen und damit auch eine Ausgangslage, wo man nicht sofort wusste, das
Und diese, Frau Klotz und Herr Zimmer, suchen Sie vergeblich. Und die werden Sie auch nicht im strittigen Teil finden, sonst hätten Sie sie hier vortragen können. Sonst hätten Sie sagen können: Im strittigen Teil ist folgende Etatveränderung vorgeschlagen und von der Koalition abgelehnt worden. – Das hat so nicht stattgefunden. Ich werfe uns das gar nicht vor, weil – Frau Klotz, da haben Sie Recht – diese Kommission so gut wie ihre Mitglieder ist. Aber wir haben auch in dieser Kommission keinen Punkt erreicht, wo wir gesagt haben – oder nennen Sie ihn mir –, das oder jenes sollten wir in einem Nachtragshaushalt ändern. Deshalb ist ein Nachtragshaushalt wegen dieser Enquetekommission auch nicht sinnvoll. Die Sanierung des Landeshaushalts Berlin wird diese Enquetekommission nicht leisten können, das wird weiter der rotrote Senat und die rot-rote Koalition machen. Das, finde ich, ist dort auch ganz gut aufgehoben. –
kommt vom Senat, da muss die Opposition dagegenhalten oder umgekehrt. Das hat sich in sehr vielen Runden sehr positiv ausgewirkt, auch in der Debatte dort in der Enquetekommission. Ich finde schon, dass es ein Fortschritt ist, dass es uns gelungen ist, noch einmal gemeinsam festzuhalten, was die Zukunftsfelder Berlins sind, und zwar nicht nur allgemein, sondern auch sehr konkret, beispielsweise für die Felder, die wir verstärkt mit Fördermitteln ausstatten wollen. Das ist nicht immer etwas Neues, das stimmt, aber dass wir es so parteiübergreifend beschlossen haben, das liegt, glaube ich, bisher in noch keinem Dokument dieses Hauses vor.
Ich finde auch, dass es ein Fortschritt ist, dass wir uns zu den Ursachen der Krise Berlins verständigt haben und nicht dabei stehen geblieben sind – wie eben Herr Zimmer gesagt hat –, dass wir irgendwie kein Geld haben und die anderen schuld sind. Ja, wir haben gesagt, der Bund trägt eine Mitverantwortung. Aber wir haben auch gesagt, dass das Land Berlin durch seine Prioritätensetzung in der Vergangenheit selbst einen Beitrag dazu geleistet hat, dass die Politik, die ich hier einmal als größenwahnsinnig bezeichnen würde – so scharf ist das natürlich in dem Bericht nicht formuliert worden –, einen ganz dicken Beitrag dafür geleistet hat, dass Berlin in der Situation ist, in der es sich jetzt befindet. Ich finde gut, dass man sich darauf auch noch einmal parteiübergreifend verständigt hat. Das ist ein Vorzug.
Es sind ganz viele Punkte strittig geblieben. Es ist klar, es hätte wahrscheinlich dieses Haus überrascht, wenn wir gesagt hätten, wir hätten uns in der Frage der Studiengebühren auf eine parteiübergreifende Position verständigt, oder in der Frage der Privatisierung hätten wir plötzlich die gleiche Auffassung wie Herr Lindner; dann wäre, glaube ich, irgendetwas in dieser Enquetekommission schief gegangen. Das ist nicht passiert, das war auch nicht zu erwarten.
Übrigens nicht strittig, Herr Zimmer, auch nicht mit Herrn Sarrazin, ist die Position, dass das Land Berlin Einnahmen braucht. Ich weiß, dass das eine Zitat, das Herr Sarrazin einmal hier zum Besten gegeben hat – übrigens damals schon erklärt hat –, dazu beiträgt, dass die Opposition bis heute mit einer Position durchs Land läuft, dass die Koalition keine Einnahmen möchte. Das stand nie zur Debatte. Herr Sarrazin hat darauf hingewiesen – und damit hat er natürlich Recht –, dass alles das, was wir mehr einnehmen, oder ein großer Teil dessen, sich nicht sofort auf der Habenseite niederschlägt. Das wissen auch alle. Das kann man immer wiederholen und Herrn Sarrazin unterstellen, dass er Einnahmen ablehnt, das ist natürlich nicht der Fall.
Das Aber ist trotzdem da. Frau Klotz hat es angesprochen, und ich will es daher hier noch einmal zitieren und will damit in aller Ruhe und Gelassenheit das Missverständnis ausräumen, das im Raum steht. Wenn Sie in den Einsetzungsbeschluss dieses Hauses schauen, der den
Die Enquetekommission legt dem Abgeordnetenhaus die für den nächsten Nachtragshaushaltsplan relevanten und verwertbaren Arbeitsergebnisse als Zwischenbericht mit konkreten Vorschlägen vor.
Vielen Dank, Herr Kollege Liebich! – Die Grünen folgen mit Herrn Eßer als Sprecher. – Bitte schön, er hat das Wort!
Nein, nein! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke manchmal, gerade nach der letzten Rede, es gibt wenig Gemeinsamkeiten, deswegen fange ich auch mit diesen nicht an. – Die Enquetekommission „Zukunft für Berlin“ sollte ausweislich ihres von allen Parteien getragenen Einsetzungsbeschlusses, der war ja wohl einstimmig, Herr Liebich, Vorschläge für ein wirtschafts- und finanzpolitisches Konzept formulieren, die dabei helfen können, Berlin aus der extremen Haushaltsnotlage zu führen. Dieser Einsetzungsbeschluss beinhaltet also, für mich jedenfalls, die Selbstverpflichtung aller Fraktionen, Neuland zu betreten und gemeinsame Ideen zu entwickeln, die über die existierenden Parteiprogramme, Regierungsprogramme, Koalitionsverträge und Senatsbeschlüsse hinausgehen. Das ist für mich der entscheidende Punkt. Da wird es dann zwar keine Einigung über die, wie Sie gesagt haben, Landesbeteiligungen mit Herrn Lindner in der Gänze geben. Aber die Kommission hat nur einen Sinn, wenn wir auch auf diesen Feldern versuchen, unter Mithilfe der Sachverständigen einen Schritt über unseren Schatten zu kommen und auch dort auf diesen umstrittenen Feldern gemeinsame Vorschläge zu präsentieren. Ansonsten können wir sie uns wirklich
Es ist hier auch daran erinnert worden, dass die Kommission selbst in der Frage der Sanierung auf der Ausgaben- und Einnahmenseite einen Fortschritt gegenüber dem bisherigen Erkenntnisstand gebracht hat. Jetzt frage ich mit Blick auf diese in politischer Auseinandersetzung gewachsenen Gemeinsamkeiten: Warum, Herr Liebich,
sollen wir nicht auch ein Stück mehr Gemeinsamkeit über den Verkauf von Unternehmen und Wohnungsbeständen herstellen, die das Land für seine politischen Aufgaben nicht benötigt? Soweit das der Fall ist, warum soll es eine solche Gemeinsamkeit nicht auch über eine zweite Welle der Verwaltungsreform und die Entschlackung von Vorschriften geben können? – Ich frage mich dann auch, Herr Liebich: Warum stellen Sie eigentlich das Ziel strittig, bis 2017 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, obwohl das das Mindeste ist, was die anderen Bundesländer von uns für die dazu erforderliche Entschuldungshilfe erwarten können und erwarten werden? Und warum sollen wir eigentlich nicht in der Kommission darüber diskutieren, dass wegen des Abbaus des Solidarpakts Ost Ausgabenkürzungen in Höhe von knapp 1 Milliarde € notwendig sein werden über die aktuellen Senatsbeschlüsse hinaus? Das weiß doch hier jeder. Warum wenden Sie sich, Herr Liebich, gegen den Vorschlag einer von der PDS gestellten Sachverständigen, die Finanzausstattung der Schulen, Universitäten und Kultureinrichtungen, weil sie wichtig für die Zukunft und die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt sind, von weiteren Einschnitten zu verschonen? Und warum wenden Sie sich ausgerechnet gegen den Vorschlag, die Finanzmittel für Investitionen und bauliche Unterhaltung zu verstärken, obwohl doch auch Ihnen klar sein muss, dass eine Vernachlässigung der Infrastruktur, wie wir sie derzeit betreiben, auf lange Sicht nicht durchzuhalten ist?
Und da sage ich mal zu der Äußerung von Frau Seidel-Kalmutzki: Ich weiß nicht, wer da destruktiv gewesen ist. Aber ich finde schon, dass das, was der Kollege Liebich in der „taz“ zum Besten gegeben hat und hier noch einmal bestätigt, dieses Prädikat verdient. Ich habe wenig Lust auf die Kommission gehabt, hat er gesagt, und obendrein – das finde ich viel bemerkenswerter –: Dieses Gremium ändere nichts daran, dass es eine parlamentarische Mehrheit mit eigenem Programm gebe. – Ja, dann brauchen Sie nicht in eine Kommission zu gehen, die dazu da ist, diese Programmatik weiterzuentwickeln, Herr Liebich. Das ist doch der entscheidende Punkt. Dann sagen Sie: Ich will keine Nebenregierung, und meinen damit: Ich will keine Ergebnisse von dieser Kommission haben. Und genauso haben Sie sich auch führend verhalten.
Dabei könnten programmatische Vorschläge der Kommission doch auch Ihrer stadtbekannten Konzeptions- und Ideenlosigkeit auf die Sprünge helfen. Warum ich mich da so aufrege, Herr Liebich: Es hat niemand, insbesondere in der Haushaltspolitik – vielleicht haben Sie es für die Koalition getan, das weiß ich nicht –, es hat niemand in der Sprecherrunde am Ende mit der Zensurschere derartig viele Vorschläge im Zwischenbericht für strittig erklärt wie Sie.
Jetzt komme ich zu den Gemeinsamkeiten, die haben auch eine Tradition hier in diesem Haus, die gibt es aus der Vergangenheit doch auch. Wir haben z. B. eine Einigung, nicht in jedem Detail, über das erforderliche Programm zur Senkung der Personal- und Verwaltungskosten. Das hat eine längere Geschichte, mit verschiedenen Fraktionen, die daran beteiligt waren. Wir haben einen Konsens, jedenfalls wir miteinander, beim milliardenschweren Ausstieg aus der Anschlussförderung. Den haben wir vehement gefordert und werden jetzt nicht kritisieren, dass der Senat ihn vollzieht. Wir haben inzwischen allesamt einen Konsens über die Erkenntnis, dass der Weg aus der extremen Haushaltsnotlage nur mit Entschuldungshilfen des Bundes zu schaffen ist – eine Erkenntnis, mit der wir anfangs ganz allein da standen. Und ich füge, Herr Krug, weil Sie mich heute darauf ansprachen, ausdrücklich hinzu, dass sich jetzt auch beim Controlling der Landesunternehmen eine erfreuliche Übereinstimmung herausgebildet hat, von der ich sagen würde, dass sie 90 % unserer Ideen abdeckt, und dann sollten wir es so auch gemeinsam machen.
Warum das alles? – Der einzige Grund, den ich, Herr Liebich, für Ihre Haltung erkennen kann, besteht darin, dass davon nichts in der Finanzplanung des Senats steht. Aber deswegen ist es nicht unvernünftig. Und im Übrigen gilt: Die Welt bleibt nicht 2007 stehen, nur weil Ihre Finanzplanung in diesem Jahr endet. Und um Sie abschließend noch daran zu erinnern: Die Enquetekommission heißt „Zukunft für Berlin“, und die Zukunft Berlins endet nicht am nächsten Wahltermin und in der möglicherweise doch beabsichtigten Unklarheit, in der man die Bürger lassen will. Ich füge deswegen am Ende die Hoffnung hinzu, dass wir es in der zweiten Hälfte – vielleicht mit Hilfe der neutralen Sachverständigen – schaffen, Vorschläge zu machen und Gedanken – unzensiert – aufschreiben zu können, die über 2006/2007 hinausweisen; denn das ist die Aufgabe der Kommission. – Danke!
Danke, Herr Kollege Eßer! – Der Kollege Liebich wünscht eine Kurzintervention und erhält das Wort. – Bitte schön!