Ja, ich komme gleich zum Schluss! – Wir reformieren den Berliner ÖPNV im Interesse der Steuerzahler und Nahverkehrskunden und verschleppen nicht die Reform zu Gunsten irgendwelcher Sonderinteressen.
Noch kurz ein Blick auf den S-Bahn-Vertrag. Die Folgen dieser Politik zeigen sich ganz deutlich. Da wird ein Vertrag geschlossen, und es stellt sich die Frage: Was kommt dann eigentlich ab 2007, wenn die Regionalisierungsmittel des Bundes gestrichen werden? Werden dann in Berlin die Bahnleistungen eingeschränkt? Gibt das Land mehr Geld? Oder werden die Betriebskosten gedrückt? – Das wäre wohl die beste Lösung,
wenn die Betriebskosten gedrückt würden. Das geht aber nur bei zeitnaher Ausschreibung. Wenn ich mich hingestellt hätte – das war ja eine Werbung für die BVG mit Ihrem Kännchen –, dann hätte ich mit einem modernen Bewässerungssystem vom Connex geworben. Das wollen wir.
Danke schön! – Damit kommen wir zur Wortmeldung des Senats. Frau Senatorin Junge-Reyer hat jetzt das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die eigentliche Überschrift über diese Aktuelle Stunde – wir erinnern uns dunkel – lautete ja: „Berlin mobil – die Zukunft des öffentlichen Personennahverkehrs“.
Über Nacht hat sie sich gewandelt in eine Diskussion, die sich fokussiert auf die wirtschaftliche Aufstellung der BVG.
Wir haben es nicht bei der Benennung von Zielen belassen, sondern wir haben Konzeptionen entwickelt, bei denen sich die Handlungsfelder selbstverständlich ganz wesentlich auch auf die Organisation des öffentlichen Personennahverkehrs beziehen, aber auch auf die Rahmenbedingungen, die dem öffentlichen Personennahverkehr zu geben sind.
Eine zentrale Strategie – sie ist heute bereits erwähnt worden – ist die Strategie der Verkehrssicherheit. Wir haben deshalb das Berliner Verkehrssicherheitsprogramm inzwischen so weit entwickelt, dass wir glauben, es Ihnen noch in diesem Jahr im Abgeordnetenhaus von Berlin vorstellen zu können. Wir wollen drei Felder nennen, die ich für besonders wichtig erachte. Es geht nach wie vor bei der Verkehrssicherheitspolitik um die Entschärfung von Unfallschwerpunkten; es geht gerade um die Sicherheit von Fahrradfahrern und Fußgängern; es geht auch darum dass wir uns für die Autofahrerinnen und Autofahrer – und mit ihnen gemeinsam – klar werden, was ein angemessenes und zuträgliches Tempo im Stadtverkehr an welcher Stelle sein kann.
Beim öffentlichen Personennahverkehr geht es allerdings neben der Sicherheit und Pünktlichkeit auch um die Beschleunigung als ein wesentliches Qualitätsmerkmal. Auch da – das will ich ausdrücklich sagen – ist ein erheb
Wir haben als Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit dem Nahverkehrsplan 2001/2004 bereits wesentliche Planungs- und Steuerungsinstrumente zur Verfügung gestellt. Wir haben an diesen Standards sowohl den neuen Verkehrsvertrag mit der S-Bahn ausgerichtet als auch die Prüfung der Konzeption BVG-2005-Plus. Wir werden in einem nächsten Schritt den Nahverkehrsplan neu erarbeiten. Der Nahverkehrsplan als Instrument wird die Grundlage für alle Verabredungen und Verträge im öffentlichen Personennahverkehr sein. Das vor allem, weil er sehr konkret und im Detail das niederlegt, was das Land Berlin als Besteller von öffentlichem Personennahverkehr erwartet. Dabei werden im Vergleich zum jetzigen Nahverkehrsplan vor allen Dingen Anforderungen wachsen müssen. Die Angebotsstandards sind noch systematischer zu begründen und darzustellen, und die Grundlagen für die rechtssichere Bestellung von Verkehrsleistungen sind zu fixieren. Diese rechtssichere Bestellung setzt voraus, dass auch die Verkehrsunternehmen ihren Beitrag dazu leisten. Das heißt mit anderen Worten, wir erwarten auch eine
weitere Kostensenkung bei der BVG, denn nur dann lässt sich der von der EU geforderte Nachweis einer vergleichbaren, nachvollziehbaren Kostenstruktur dokumentieren. Damit wir an dieser Stelle nicht aneinander vorbeireden, sage ich deutlich, was das heißt: selbstverständlich auch eine Reduzierung von Personalkosten und nicht nur von Sachkosten.
Wir sind inzwischen in einer Situation, in der wir sagen können, dass die neue Rollenaufteilung zwischen dem Senat auf der Bestellseite und den Verkehrsträgern auf der anderen Seite weiter definiert werden muss. Es kann auf die Dauer nach meiner Überzeugung nicht sein, dass diejenigen, die später eine Leistung erbringen sollen, vorher selbst die Grundlagen formulieren, auf welcher Basis die Bestellung erfolgen soll. Wir brauchen eine leistungsfähige Bestellorganisation, die allerdings in der Lage ist, neutral und offen zu sein, und zwar offen im Sinn von Fairness.
Darüber hinaus soll der Verkehrsverbund BerlinBrandenburg weiter entwickelt werden. Er muss in die Lage versetzt werden, seine koordinierende Tätigkeit weiter zu entwickeln. Er muss integrierend wirken und den regionalen und lokalen Verkehren im Verbundgebiet beim Controlling des S-Bahnvertrags und bei den Ausschreibungen wirksam zur Seite stehen und hat dabei auch die Aufgabe, qualitätssichernd tätig zu werden.
licher Qualitätsgewinn in den letzten Jahren erreicht worden. Bei der Wahl der Verkehrsmittel ist die Reisezeit das wesentliche Merkmal. Busse und Straßenbahnen sollen eben nicht durch langes Warten an der Ampel aufgehalten werden. Diese Reisezeitverluste machen einen großen Teil der Qualitätsverluste an der gesamten Strecke aus. Wir sehen deshalb im Senat eine entsprechende streckenbezogene Beschleunigung als eines der wesentlichen Mittel an. Was ist erreicht? – Schon bis Ende 2005 werden mit Sicherheit etwa 470 Lichtsignalanlagen der vorhandenen fast 2 000 Anlagen über eine Busvorrangschaltung verfügen. Wir sind zurzeit mit 300 Anlagen im beschleunigten Betrieb. Im Straßenbahnbereich ist das Beschleunigungsprogramm – wie Sie wissen – weitgehend abgeschlossen. Die Zahlen sind mit Sicherheit im entsprechenden Ausschuss bereits einmal dargestellt worden.
Einen ökonomischen Effekt, der dabei auch eintritt, wollen wir nicht verschweigen: Es sind inzwischen dabei Straßenbahnfahrzeuge eingespart worden, weil wir durch die Beschleunigung eine Qualitätsverbesserung erreicht haben. Wir haben im Land Berlin seit dem Jahr 2002 8,5 Millionen € für Busbeschleunigung und 3,3 Millionen € für die Straßenbahn aufgebracht. Auch deshalb können wir mit Stolz sagen, dass Berlin über ein leistungsfähiges System des öffentlichen Personennahverkehrs verfügt, das einen internationalen Vergleich nicht zu scheuen braucht. Ja, wir können stolz darauf sein!
Wir haben trotz der angespannten Haushaltslage in Berlin das finanzielle Engagement für den öffentlichen Personennahverkehr im Wesentlichen aufrecht erhalten. Wir haben für das laufende Haushaltsjahr ein Finanzvolumen von rund 800 Millionen € für BVG und S-Bahn und 90 Millionen € für die Infrastrukturmaßnahmen zur Verfügung gestellt. Und – das will ich an dieser Stelle ebenfalls sagen – diese Summe ist gleichzeitig auch als ausreichend zu bezeichnen, um den öffentlichen Personennahverkehr in Berlin sicherzustellen.
Gute Planung und Steuerung allein sind allerdings noch keine Sicherheit für ein gutes Verkehrsangebot. Voraussetzung sind starke Unternehmen, die Verkehrsleistungen effizient und zuverlässig erbringen. Mit den jüngst geschlossenen Verkehrsverträgen, die nach unserer Auffassung – und das sage ich sehr deutlich, Herr von Lüdeke, auch nach Auffassung des Bundes und der Länder, die solche Verkehrsverträge abgeschlossen haben – rechtssicher sind, haben wir solche Voraussetzungen geschaffen. Die Verträge enthalten im Übrigen umfangreiche Qualitätsstandards, und während der Laufzeit dieser Verträge werden 30 % bzw. 25 % der Gesamtleistung in den Wettbewerb geschickt.
Nun zum wichtigsten Verkehrsunternehmen in Berlin, so wie dies heute dargestellt worden ist, dem Verkehrsunternehmen, das seit nunmehr 75 Jahren den größten Teil der Verkehrsleistungen erbringt, zur BVG. Wir wollen auch in Zukunft, ab dem Jahr 2008, nicht auf die BVG als Leistungsträger des Berliner öffentlichen Personennahverkehrs verzichten. Wir wollen mit der BVG einen Verkehrsvertrag abschließen, aber das bedeutet – und das weiß auch die BVG –, dass wir noch einige Voraussetzungen von der BVG erfüllt sehen müssen. National und international ist bekannt, dass der Unternehmensvertrag mit der BVG 2007 endet. Es ist also zu erwarten, dass die zukünftige Vertragsgestaltung, vor allen Dingen die Finanzierung, unter besonderer, ja internationaler Beobachtung steht. Bereits jetzt liegen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Interessenbekundungen vor, bei denen
Aber auch dies müssen wir wissen: Wir benötigen auch nach Einschätzung der BVG die Senkung der Aufwendungen je Leistungseinheit, die gegenüber anderen Unternehmen derzeit noch zu hoch ist. Grund sind die schon erwähnten hohen Kosten, auch die hohen Personalkosten. Deshalb ist der Senat der Auffassung, dass die derzeit stattfindenden Verhandlungen – faire Verhandlun
gen, wieder aufgenommene Verhandlungen – zum Spartentarifvertrag der richtige Weg sind. Wir unterstützen ausdrücklich die Situation, in der beide Seiten, so wie das heute schon dargestellt worden ist, aus solchen Verhandlungen im Interesse des Unternehmens und im Interesse des Landes Berlin gewinnen können. Jedem muss klar sein: Die BVG muss die neuen rechtlichen Anforderungen sehr ernst nehmen. Die große Zukunft einer 75jährigen BVG werden wir nicht vor Gericht enden lassen.
Die BVG – das haben wir gestern gewürdigt – hat stürmische und wechselvolle Zeiten erlebt, die BVG und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch in der jetzigen schwierigen Situation des Unternehmens, werden die Kraft und den Mut haben müssen, bis zum Jahr 2007 die Sanierungsziele zu erreichen. Die BVG muss vor allem den Mut haben, sich selbstbewusst den Veränderungen und dem Wettbewerb zu stellen. Wir werden sie dabei unterstützen.
andere Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen wollen und sich für die Vergabe von Verkehrsleistungen interessieren. Wir erwarten also eine konsequente Entwicklung einer Marktöffnung.
Wir müssen berücksichtigen, dass die künftige Finanzierung des Berliner Nahverkehrs im strikten rechtlichen Einklang mit den EU-beihilfe- und vergaberechtlichen Vorstellungen und Vorschriften stehen muss.
Das heißt auch, dass es möglich sein kann, schrittweise geeignete Teile des Busnetzes daraufhin zu überprüfen, ob sie vergeben werden können.
Aber das ist keine Strategie, Herr Ratzmann, die allein in irgendeiner Weise eine Sicherheit böte, dadurch schon EU-beihilferechtliche Vorschriften zu erfüllen. Wir müssen uns vielmehr die politische Frage nach dem Auftrag stellen, den die BVG zukünftig haben soll. Wir brauchen ein leistungsfähiges, starkes Verkehrsunternehmen in der BVG und mit der BVG. Ich verstehe die Aufregung nicht. Die vier Kriterien, die von der EU genannt worden sind – einige sind heute schon zitiert worden –, unterliegen keiner emotionalen Betrachtung, sondern müssen der Reihe nach abgearbeitet und erfüllt werden, auch von der BVG, von allen, die zukünftig öffentlichen Personennahverkehr in Europa anbieten wollen.
Für die BVG und für uns bedeutet dies: Die Einhaltung des EU-Rechts gibt dem Land Berlin nicht die Möglichkeit, seinen eigenen Unternehmen Exklusivrechte übertragen zu können. Das europäische Recht lässt eben keine direkten Ausgleichszahlungen an ein Verkehrsunternehmen zu. Es lässt sie allerdings unter Bedingungen zu, und zwar dann, wenn die für die Verkehrsleistung gezahlten Mittel sich an dem Maßstab der Kosten eines durchschnittlich und gut geführten Unternehmens orientieren. Das ist heute schon vielfach itiert worden. z
Ich wundere mich darüber, dass es offensichtlich den hier vorhandenen Juristen und Betriebswirten gelegentlich nicht gelingen mag, sich vorzustellen, wie man einen solchen Begriff ausfüllt. Da sind Kennzahlen zu entwickeln, da gilt es, Benchmarks anzustellen, da ist zu klären, wie im Rahmen der Leistungserbringung ein Nachweis erbracht werden kann, der sich an den Kostenstrukturen und an einzelnen, tatsächlich und deutlich nachvollziehbar zu machenden Kennzahlen orientiert, die einen Vergleich national und international ermöglichen. Ich glaube, dass dies gelingen kann und gelingen wird und dass die BVG dazu in der Lage sein wird.
[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Dr. Lindner (FDP): Ihr wollt sie vom Wettbewerb ausnehmen!]
Danke schön! – Wir treten in die zweite Rederunde ein, wobei jeder Fraktion eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung steht. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Frau Abgeordnete Hämmerling hat das Wort. – Bitte!
Schönen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Frau Matuschek! Anlass für diese Aktuelle Stunde ist nicht unsere Fraktionsklausur, sondern die drängende Zeit. Sie haben dem ja zugestimmt. Ich erinnere daran, dass wir schon mehrfach schnarchnasige Senate aus dem Dornröschenschlaf geküsst haben,
bei den Entwicklungsgebieten, bei der Bankgesellschaft Berlin und auch bei der Deponiesanierung. Wir hatten immer Recht, und es ist immer teuer geworden.
Frau Matuschek, ab 2008 – das haben Sie selbst gesagt – darf die BVG als durchschnittlich gut geführtes Unternehmen auf dem Weg der Direktvergabe die Verkehrsdienstleistungen für Berlin erbringen. Das ist richtig, und das unterstützen wir auch. Aber halten Sie ein Unternehmen, das eine Milliarde Schulden hat und ein jährliches Defizit von 300 Millionen € bei 400 Millionen € Zuschüssen einfährt, für ein durchschnittlich gut geführtes Unternehmen? – Das wird man zumindest überprüfen müssen, und das sollten wir jetzt tun. Wir sollten auch darauf aufmerksam machen, dass es diese Probleme gibt.
Herr Gaebler! Sie sagten, Sie wollten Einfluss auf die BVG, auf den öffentlichen Dienstleister nehmen. Wie nehmen Sie beispielsweise auf die AT-Verträge und die
Weil die BVG umsatzorientiert arbeiten muss, darf die Bestellung und die Planung von Verkehrsdienstleistungen nicht weiter durch die BVG erfolgen. Frau Junge-Reyer, ich finde es sehr gut, dass Sie auch in dieser Richtung denken. Bis jetzt erfüllt ja die BVG diese Aufgabe im Rahmen des BSU-2000-Konzepts. Das Metrolinienkonzept macht den Widerspruch deutlich. Metrolinien sollen mehr Fahrgäste und höhere Einnahmen bringen. Die BVG macht dieses Konzept aus wirtschaftlichen Erwägungen. Als Preis für die Metrolinien werden einige Gebiete abgehängt und Taktzeiten ausgedünnt. Die Verknüpfung zur S-Bahn ist auch nicht optimal. Für die Betroffenen, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, ist das nicht akzeptabel. Wir denken auch, dass die Planung und Bestellung unabhängig von der BVG ausgeführt werden muss, am besten unter Einbeziehung und mit dem VBB. Der kann dann nämlich mit dem Einfluss auf Planung und Bestellung die Verkehrsdienstleistungen für Berlin und Brandenburg besser koordinieren. Im Moment ist er eher ein zahnloser Tiger.