Protokoll der Sitzung vom 09.09.2004

Ich kann mich an drei Plenardebatten in der letzten Zeit und an sehr viele Ausschussdebatten zur konkreten Situation der BVG erinnern. Wenn Sie nicht dabei gewesen sind und jetzt hier unbedingt darüber reden müssen – meinetwegen.

[Beifall bei der PDS]

Was Sie uns nach wie vor nicht verraten, ist: Wie soll Ihr Konzept aufgehen? Sie wollen mehr Verkehrsleistung. Sie wollen keine Fahrpreiserhöhung. Sie wollen das Sozialticket. Sie wollen am besten 100 % behindertengerechte Bedienung. Sie wollen Schulden abbauen. Aber wenn die BVG dann ihr Netz an den Fahrgastströmen ausrichtet, wie es im beabsichtigten „BVG 2005 plus“ geschehen ist, dann wollen Sie das auch nicht. Dann wollen Sie auch diese Möglichkeiten, die dadurch für Effizienzgewinne entstehen, nicht wahrhaben. Sie wollen dann wiederum die BVG beauflagen, das doch bitte auch nicht zu tun. Irgendwann müssen Sie einmal sagen: Wollen Sie, dass die BVG effizienter wird, indem sie ihr Angebot an dem Bedarf ausrichtet, oder wollen Sie es lassen? Aber dann sollen Sie nicht in die Welt setzen, dass Ihr Wunschprogramm Ausweitung der Verkehrsleistung so ohne weiteres machbar wäre. Sagen Sie doch mal: Was kostet nach Ihrer Meinung eigentlich die Verkehrsleistung, die die BVG jetzt anbietet, und was soll es kosten, wenn Sie die Verkehrsleistung noch ausweiten wollen?

[Zurufe von den Grünen]

Das können Sie auch zu einem Bestandteil Ihres Konzeptes machen. Dann wissen wir wenigstens, wovon wir reden.

[Frau Hämmerling (Grüne): Die Zahlen kriegen ja nicht mal Sie!]

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf der Frau Abg. Hämmerling (Grüne) – Weitere Zurufe – Unruhe]

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der PDS und der CDU]

Frau Matuschek hat jetzt das Wort und niemand anderes.

Vielen Dank, Frau Präsidentin!

[Dr. Lindner (FDP): Zwischenrufe sollten aber schon erlaubt sein!]

Es geht schon weit über die Zwischenrufe hinaus, Herr Dr. Lindner! Da verstehen wir uns schon. Es gilt für alle.

[Dr. Lindner (FDP): Wie immer, Frau Vizepräsidentin! – Gaebler (SPD): Das gilt auch für Sie, Herr Lindner!]

Die Schuldenfalle ist im Übrigen auch dadurch entstanden, dass in einem Crashkurs die Zuschüsse, die die BVG vorher als Eigenbetrieb hatte und nun über Unternehmensverträge bekommt, offenbar nicht auskömmlich waren bzw. sind und dass der innere Rationalisierungsprozess diesen Zuschusskürzungen nicht folgen konnte. Das muss auch einmal zu den Altlasten gesagt werden, die Rot-Rot von früheren Regierungen übernommen hat.

[Frau Hämmerling (Grüne): Und jetzt nach vorne!]

Das nächste Problem besteht darin, dass selbstverständlich die Einnahmenerhöhung nicht einfach durch eine schlichte Steigerung der Fahrgastzahlen erreicht worden ist. Sie ist nicht wirklich aus eigener Kraft gekommen, sondern auch nur durch zusätzliche Ersatzleistungen und eine andere Einnahmeaufteilung. Es sind also dringend weitere Tarifverhandlungen nötig. Das ist das Erste, denn bereits das Ruhen von Tarifverhandlungen kostet jeden Tag weitere Arbeitsplätze.

Herr Gaebler! Ich weiß nicht, warum man bei dem Begriff „betriebsbedingte Kündigungen“ furchtbar aufschreit, aber bei Abfindungszahlungen von 42 Monaten, die auch zu Lasten der Steuerzahler gehen, überhaupt nichts sagt und das offenbar ganz wunderbar findet.

Selbstverständlich muss die Personalstruktur verändert werden – um es noch einmal ganz deutlich zu sagen, Frau Hämmerling, damit auch Sie es begreifen: Das Verhältnis zwischen Indianern und Häuptlingen in der BVG muss auch angegangen werden. Das negiert keiner – auch wir nicht. – Selbstverständlich muss sich die BVG auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, und selbstverständlich muss sie die Kundenorientierung verbessern, denn die Kundenorientierung – und damit komme ich zurück zur marktorientierten Direktvergabe – wird ein solcher Benchmark sein. Sie wird zum Vergleich herangezogen werden. Wie ist die Sicherheit des Verkehrsangebots? Wie ist die Zuverlässigkeit des Verkehrsangebots? Wie zufrieden sind die Kunden mit der angebotenen Verkehrsleistung und mit den Fahrzeugen? Fühlen sie sich darin wohl? – Um diese und viele andere Fragen geht es dabei. Das sind Benchmarks, die es gibt. Anhand solcher Qualitätskriterien wird verglichen.

Einen internationalen Vergleich zu den Themen Pünktlichkeit, Sicherheit, technische Ausstattung oder Behindertengerechtigkeit braucht die BVG bereits jetzt nicht zu scheuen, und sie braucht ihn erst recht nicht zu scheuen, wenn sie nach Ablauf des jetzt gültigen Unternehmensvertrags einen neuen Verkehrsvertrag abschließen wird, der einer marktorientierten Direktvergabe entsprungen ist. – Vielen Dank!

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Das Wort hat nun Frau Abgeordnete Meister. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir machen es uns im Moment in der Diskussion sehr einfach, indem wir an alle möglichen Aussagen irgendwelche Etiketten kleben, dann die Augen nach oben drehen und sagen: „So kann es auf gar keinen Fall gehen.“ – und einfach so tun, als bestände kein Handlungsbedarf.

Sehen wir uns die BVG noch einmal genauer an! Wir haben hier ein Unternehmen mit bis jetzt aufgelaufenen Schulden in Höhe von einer Milliarde €. – Sie sind froh drum, dass die Milliarde noch nicht erreicht ist, aber sie sind kurz vor der Milliarde. Eine Milliarde € Schulden! Ich weiß nicht, ob uns wirklich klar ist, wer das später einmal im Falle eines Falles zahlen wird. Das Geld wird ja nicht vom Himmel fallen, und ich glaube auch nicht, dass Herr Gaebler es mitbringen wird oder es im Keller druckt.

Frau Matuschek! Ich glaube auch nicht, dass man sagen kann: Dieses Unternehmen hat jetzt eine Milliarde € Schulden aufgetürmt, dann waren die Zuschüsse nicht ausreichend. – Ich bezweifele, dass man diesen Zusammenhang tatsächlich herstellen kann. Wenn man sich die Zahlen aus den Sanierungskonzepten etwas näher ansieht – ohne dass ich sie im Einzelnen anführen will – und das Verhältnis der Erträge zum Personalaufwand betrachtet, Herr Gaebler, so kann man doch nicht sagen: „Na ja, Personal kürzen ist nicht alles!“ – Wenn der Personalauf

wand gegenüber den Erträgen zwei Drittel ausmacht, ist das auf jeden Fall eine ganze Menge.

[Klemm (PDS): Sie können ja die Busse ohne Fahrer fahren lassen! – Dr. Lindner (FDP): Nein, Linien einstellen!]

[Gaebler (SPD): Dazu habe ich etwas gesagt!]

Das sagen Sie einmal dem kleinen Mann auf der Straße, der mit einem halben Monatgehalt abgefunden wird.

[Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Gaebler (SPD) – Zurufe von der FDP]

Ich weiß auch nicht, ob Ihnen klar ist, was es heißt, wenn wir jetzt den Personalabbau bei der BVG nicht weiterführen. Dann sind nämlich nicht nur die 3 000 Stellen, sondern alle Stellen gefährdet. Wenn dieses Ding an die Wand fährt, dann muss das Land eine Milliarde € erbringen. Was glauben sie, woher dieses Geld kommt? – Das wird selbstverständlich auch über Arbeitsplätze gehen. Dann ist kein Geld mehr da für Kindergärtnerinnen, Erzieherinnen und andere. Dieser Zusammenhang liegt doch auf der Hand. Es geht eben nicht darum, wahlweise irgendwo zu erzählen, wer der Kälteste in diesem Land ist und wer am meisten Mitarbeiter „abschießt“.

[Abg. Gaebler (SPD) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Das ist doch nicht die Frage, sondern es geht darum, zukunftsorientiert ein Unternehmen zu retten, und das wird, wie Herr von Lüdeke gesagt hat, nur im Wettbewerb gehen. Da braucht man nicht darum herumzureden.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gaebler?

Ich habe nur noch zwei Minuten Redezeit, und ich konnte Ihnen fast persönlich zuhören – bei Ihren ganzen Kommentaren. Das machen wir vielleicht lieber so.

Das Unternehmen wird auch nach den Kürzungen – wobei wir nicht sicher sind, ob sie überhaupt erreicht werden – immer noch über Marktniveau liegen und arbeitet damit an der untersten Grenze des Unternehmensver

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der 29 Paragraphen zu verbinden und höre dazu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die §§ 1 bis 29 – Drucksache 15/2440 –. Eine Beratung ist nicht vorgesehen, so dass wir gleich zur Abstimmung kommen können. Der Ausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen die Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung von Bündnis 90/Die Grünen die Annahme unter Berücksichtigung der Änderungen gemäß Beschlussempfehlung Drucksache 15/3113. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist dies mehrheitlich angenommen.

trages. Ich bezweifle, dass das der richtige Weg ist. Ich weiß auch nicht, wie sich eine AöR überhaupt dem Wettbewerb stellen kann, denn nur in dieser Form geht es, dass man solche riesigen Abfindungen zahlt, um die sich kein Mensch kümmert, weil das kein Mensch kontrolliert und weil das nicht den Strukturen des Wettbewerbs unterliegt.

Es ist schon mehrfach gesagt worden – und selbst Frau Matuschek sagte es –, dass sich die BVG um ihre Kernkompetenzen kümmern muss. Das sehen wir auch so. Schade ist nur, dass sie es nicht tut. Sie versucht weiterhin sich auszudehnen. Das ist auch ganz logisch: Wenn ich mein Personal nicht abbauen will, möchte oder kann, muss ich sehen, dass ich möglichst viel Aufgaben an Land ziehe. Das sind Dinge, die wir z. B. vom LISUM kennen. Da klappt es auch ganz hervorragend.

Herr Jahnke erwähnte noch einmal die BT GmbH. Auch da ist die Überführung von Personal für den Sanierungsbedarf der BVG nicht schon ausreichend. Ob es der richtige Weg ist, sozusagen mit zwei unterschiedlichen Tarifen im gleichen Haus zu arbeiten, bezweifle ich. Ich weiß nicht, warum Sie gerade das gut finden können. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.

Zum Antrag der FDP Drucksache 15/2875 – Stichworte: Sondertarife für BVG-Angehörige – empfiehlt der Ausschuss mehrheitlich gegen CDU und FDP bei Enthaltung der Grünen die Annahme in neuer Fassung. Wer so gemäß Beschlussempfehlung Drucksache 15/3094 beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke! Das sind die Regierungsfraktionen. Die Gegenprobe! – CDU und FDP! – Enthaltungen? – Grüne! Dann ist das bei Enthaltung der Grünen so angenommen – in der Fassung der Regierungsfraktionen.

Zum Antrag der CDU Drucksache 15/2250 – Stichworte: Runder Tisch BVG – empfiehlt der Ausschuss mehrheitlich gegen die Antragsteller und wiederum bei Enthaltung der Grünen die Ablehnung. Wer dem Antrag jedoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Das ist die Fraktion der CDU. Gegenprobe! – Regierungsfraktionen und FDP! – Enthaltungen? – Grüne! Dann ist das mehrheitlich so abgelehnt – bei Enthaltung der Grünen.

Zur Überweisung des FDP-Antrags Drucksache 15/3123 an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr sowie an den Hauptausschuss höre ich keinen Widerspruch.

Ich rufe nun auf

lfd. Nr. 3:

II. Lesung

Gesetz zur Erhaltung und Pflege des Waldes (Landeswaldgesetz – LWaldG)

Beschlussempfehlung StadtUm Drs 15/3113 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/2440

Wir kommen zu

lfd. Nr. 4: