Protokoll der Sitzung vom 09.12.2004

[Ratzmann (Grüne): Alle 14 Tage!]

um die Lernerfolge der Abgeordneten Hämmerling bei der Durchdringung des verkehrspolitischen Themas zu diskutieren. Wir halten das nicht für angebracht. Aber immerhin, Frau Hämmerling – das muss ich Ihnen zugestehen –, waren Sie nun doch einmal auf einer Veranstaltung, bei der es um den europäischen Rechtsrahmen ging. Offensichtlich haben Sie dabei auch etwas von München gelernt – nur haben Sie es leider falsch verstanden. Aber immerhin wissen Sie jetzt, dass der EU-Rahmen eben keinen Wettbewerb im Sinne von Ausschreibungszwang vorgibt, sondern dass es nach europäischem Recht eine Direktvergabe gibt. Da haben Sie schon mal etwas gelernt, und dazu gratuliere ich Ihnen herzlich.

[Zuruf der Frau Abg. Hämmerling (Grüne)]

Alles andere, was Sie hier sagen, liebe Kollegin von den Grünen, geht zum großen Teil in Richtung bewusste Verdummung der Öffentlichkeit, bewusste Täuschung

Der bestimmt die Preise, der bestimmt bis zum Letzten übrigens auch die Gehälter der Leute, die bezahlt werden, und er bestimmt dann auch noch die Farbe der Haltestellen sowie die Anzahl der Treppen, die zu steigen sind. Das ist der Behördenverkehr, den Sie uns vorschlagen, und das nennen Sie dann Bestellprinzip.

Sie kommen gar nicht darum herum! – Sie verfolgen ein Prinzip, das auch schon in anderen Wirtschaftsbereichen nicht gerade zu Erfolgen geführt hat. Sie zerschlagen funktionierende Strukturen, rufen hinterher nach einer Regulierungsbehörde und stellen dann verblüfft fest, dass Sie leider keine Instrumente mehr dafür haben, um auf das, was übrig bleibt, noch Einfluss zu nehmen. Das, Frau Hämmerling, wollen wir nicht!

über das Konzept, das Sie eigentlich betreiben, denn Ihr eigentliches Konzept ist der Plan B. Sie wollen die BVG zerschlagen, Sie wollen die BVG in einen Zustand versetzten, wo sie keinerlei unternehmerische Kreativität mehr entwickeln kann, und Sie wollen die Kosten, die dadurch für das Land entstehen, nicht einmal ansatzweise benennen. Stattdessen erzählen Sie etwas vom Sozialticket für 20 €, von der Verbesserung der Rahmenbedingungen für den ÖPNV und von der Sicherung der Daseinsvorsorge, aber alles widerspricht dem, was Sie tatsächlich in Bezug auf die BVG vorschlagen, und das ist die Zerschlagung.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Die FDP geht auch auf eine Zerschlagung der BVG, und da treffen Sie sich. Ich habe schon letztes Mal gesagt: Da treffen sich die Partei der Besserverdienenden und die Partei der Besser-Besserverdienenden bei der Zerschlagung eines kommunalen Verkehrsunternehmens, das sich hinter seinen Leistungen nicht zu verstecken hat.

Sie reden die BVG schlecht – das ist inzwischen ein Konzept geworden –, die BVG eignet sich für Sie offenbar hervorragend als Steinbruch für mediale Schelte. Ich habe sehr viel zu kritisieren an dem, was die BVG macht.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Das ist aber nicht schön! – Ratzmann (Grüne): Das glauben wir gern!]

Es fällt mir jedoch schwer, die Kritik noch vorzutragen, nachdem Sie Ihre Rede abgeliefert haben.

Ich komme noch einmal zum Unternehmensvertrag. Sie sagen, die BVG sei ein Kostgänger des Landes, aber Sie unterschlagen, dass sich die Zuschüsse, die das Land auch aus Verpflichtung durch den Unternehmensvertrag an dieses Unternehmen zahlt – ebenso wie die Personalstärke –, um die Hälfte verringert haben. Also: Das Personal wurde abgebaut, die Zuschüsse der öffentlichen Hand wurden um die Hälfte gekürzt, die Leistung ist verbessert worden, und es sind moderne Verkehrssysteme aufgebaut worden. Die BVG ist das Verkehrsunternehmen mit der höchsten Sicherheit des Angebots und dem größten Netz in der gesamten Bundesrepublik. Es mag an manchen Stellen durchaus Kritik geben, aber die BVG ist nach wie vor eines der allerbesten Verkehrsunternehmen dieses Landes, und das reden Sie permanent schlecht. So kann man mit diesem Unternehmen nicht umgehen!

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Der einzige Punkt, worin sich die Konzepte von FDP und Grünen unterscheiden – das Ziel ist das Gleiche, nämlich die Zerschlagung –, ist:

[Doering (PDS): Was, unterscheiden die sich?]

Die FDP sagt auf Grund ihrer ideologischen Einstellung folgerichtig: Alles andere, was danach kommt, wird der Markt schon regeln. – Und die Grünen sagen: Es lebe der Behördenverkehr! – denn dann gibt es keine unternehmerische Kreativität mehr, das macht nach Ihrer Definition ja alles der Besteller. Und der Besteller bestimmt dann alles.

[Zuruf der Frau Abg. Hämmerling (Grüne)]

[Zurufe der Grünen]

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Und wir wollen auch nicht, dass diese Verunsicherung über die Zukunft des Unternehmens noch weiter vorangetrieben wird, die Verunsicherung in der öffentlichen Diskussion und die Verunsicherung durch eine wiederkehrende Diskussion in diesem Parlament. Und wir wollen – da muss ich Herrn Gaebler ausdrücklich Recht geben –, dass eine ernsthafte und sachgerechte Diskussion geführt wird mit den Beschäftigten, dem Aufsichtsrat,

[Na, dann macht doch! – von den Grünen]

dem Vorstand und auch hier im Parlament. Das heißt, dass man sich sehr wohl überlegen muss, was man kommuniziert. Dann kann man auch nicht kommunizieren – auch aus einem humoristischen Verständnis heraus nicht –, dass man sich unter Umständen vorstellen könnte, die BVG zu verkaufen. Das ist nicht das Prinzip, das die rot-rote Koalition sich vorgenommen hat. Wir wollen das kommunale Verkehrsunternehmen erhalten. Und wir wollen es nicht „aufhübschen“ für einen späteren Verkauf – wie ihn offensichtlich die CDU plant; das sagten Sie am Ende Ihrer Rede, Herr Kaczmarek, dass die BVG attraktiv werden solle für private Beteiligungen. Was ist denn das anderes als der erste Schritt zu einer späteren Privatisierung? – Ich sage Ihnen, warum wir das nicht wollen: Wir wollen, dass das kommunale Verkehrsunternehmen auch die Funktion einer Daseinsvorsorge übernimmt. Das heißt, ein kommunales Verkehrsunternehmen muss besser sein als private Verkehrsunternehmen,

[Frau Hämmerling (Grüne): Ist es aber nicht!]

denn es hat Aufgaben zu erfüllen, die ein privates Verkehrsunternehmen nicht ohne weiteres erfüllen würde.

[Dr. Lindner (FDP): Jetzt wird der Strom zu kostbar für Ihre Rede!]

Weil Sie gerade die Strompreise erwähnen, Herr Lindner – was ist mit den Strompreisen? Im Vorfeld hieß es immer: Da sinken die Preise. Gleiches wird für Fahrpreise suggeriert. Ich lach’ mich kaputt! Wo sind denn die Strompreise inzwischen gelandet? Sie sind inzwischen auf einem so hohen Niveau, das vor der Zerschlagung der

Und dieses öffentliche Verkehrsunternehmen muss bei allem, was es tut, immer einen Fahrgastgewinn, eine Steigerung der Fahrgastzahlen, im Auge haben. Da haben sie

ein bisschen gelernt. Sie haben viel unternommen, haben aus dem Stand eine Informationskampagne entwickelt, die 5 Millionen € kostet. Da wird es wohl möglich sein, dass in dieser Kampagne auch einmal ein Werbeplakat entsteht, auf dem nicht nur ein technisches Gerät zu sehen ist, sondern zufriedene Fahrgäste angesprochen werden, und dass ich nicht in einem Heftchen lesen muss: „Produktebenen“, „Kontaktknoten“ – und dass kein Nummernsystem, das niemand versteht, dargestellt wird.

Das gehört zur Kundenkommunikation, das gehört zur Fahrgastgewinnung. Wir müssen die BVG in einen Zustand, übrigens auch in einen vertraglichen Zustand, bringen, wo die Fahrgastgewinne zum Maßstab des Erfolges dieses Unternehmens werden. Da haben wir eine Menge miteinander zu tun. – Vielen Dank!

Danke schön! – Für die FDP-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete von Lüdeke! – Bitte schön, Herr von Lüdeke!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Beitrag von Frau Matuschek war sehr erhellend. Wie haben Sie so nett gesagt? Unternehmerische Kreativität soll geweckt werden. Bei 1 Milliarde € Schulden und 500 Millionen € Zuschuss pro Jahr,

kommunalen Energieunternehmen überhaupt nicht absehbar war.

[Dr. Lindner (FDP): Das liegt an der Ökosteuer, die müsst ihr abschaffen!]

Genau diese Erfahrungen gebieten ein sehr sorgfältiges Abwägen dessen, was man hier mit einer funktionierenden Nahverkehrsstruktur macht. Wir wollen diese funktionierende Nahverkehrsstruktur verbessern, aber nicht zerschlagen.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Zu dem Verbessern dieser funktionierenden Nahverkehrsstruktur gehört auch die Frage: Wie ist denn das mit integrierten Verkehrsunternehmen, wo Betrieb und Infrastruktur in einer Hand sind? – Machen Sie einmal die Rechnung auf, welche Remanenzkosten dann entstehen! Wo sollen sie bleiben, wenn Sie das trennen wollen? – Die rechnerische Trennung dieser Kosten ist längst auf dem Tisch,

[Zuruf der Frau Abg. Hämmerling (Grüne)]

Sie haben sie nur noch nicht wahrgenommen, weil Sie in Ihrem Lernprogramm noch nicht dort hingekommen sind. Aber wenn Sie das tatsächlich in unternehmerischer Trennung vollziehen wollen, dann gehen Sie in die Verkehrsunternehmen, wo das passiert ist. Da sind die Remanenzkosten enorm gestiegen. Da sind solche Sachen wie die schnelle Einführung eines Extraspiegels zur Verhinderung von Unfällen beim Rechtsabbiegen nicht so einfach durchzusetzen. Da ist auch eine exzellente Kundeninformation durch ein dynamisches Fahrgastinformationssystem nicht so einfach durchzusetzen. Da ist im Übrigen auch nicht so einfach durchzusetzen, dass ein Liniennetz nach den tatsächlichen Anforderungen der Fahrgastströme umgesetzt werden kann. Das alles brächte zusätzliche Kosten mit sich. Auch das wollen wir nicht. Wir wollen – ich sage es noch einmal – die effektiven Strukturen verbessern, nicht verschlechtern.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Kritik an dem Verkehrsunternehmen muss mir auch gestattet sein.

[Brauer (PDS): Ist auch nötig!]

Das Verkehrsunternehmen ist nach wie vor nicht selbst dazu in der Lage, genügend zu definieren, warum es ein öffentliches, ein kommunales Verkehrsunternehmen ist, weil es immer nur im Kopf hat, es möchte wie ein privates Unternehmen sein. Dieses Verkehrsunternehmen hat eine öffentliche Verantwortung, auch für die sozial Schwachen. Es hat aus einer unternehmerischen Sicht, auch einkommensschwache Bevölkerungsgruppen als Fahrgäste zu akquirieren, ein Interesse, ein Sozialticket anzubieten. Das wurde in langen Verhandlungen erreicht. Darüber können wir froh sein.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

[Zurufe von den Grünen]

[Doering (PDS): Hab’ ich eben „Zuschuss“ gehört?]

bei 30 % zu viel Mitarbeitern und diesen restlichen 70 %, die nach Auskunft von Herrn von Arnim auch noch 30 % zu viel verdienen, wollen Sie unternehmerische Kreativität wecken! Das ist eine lustige Vorstellung, die Sie von Unternehmen haben.

[Beifall bei der FDP]

Dann haben Sie gesagt, die BVG habe Aufgaben zu erfüllen, die ein privates Unternehmen nicht übernehmen würde. Welche Aufgaben sind das? Das müssen Sie mir am Rande der nächsten Fachausschusssitzung einmal erklären.

[Zuruf des Abg. Gaebler (SPD)]

Ich kenne keine. Ich kenne nur private Unternehmen, die jede Leistung erbringen, wenn sie dafür auch bezahlt werden. Sie können eigentlich nur diese Schattenleistungen meinen, für die die BVG kein Geld erhält, die sie aber trotzdem erbringen soll.