Protokoll der Sitzung vom 01.09.2005

neues Integrationskonzept finanzieren? – Beim Durchlesen dachte ich an manchen Stellen: Toll! – Angesichts der Haushaltsberatungen ist mir aufgefallen, dass der Integrationsbeauftragte gerade einmal über ein Budget von 6 Millionen € verfügt.

tischen Hemmnisse abbauen würde. Dies tut er aber aus ideologischen Gründen nicht.

[Beifall bei der FDP]

Viertens: Die Verhältnisse auf den Ausländerbehörden haben sich kaum verändert. In diesem Zusammenhang von „Kunden“ zu sprechen ist nun wirklich ein Hohn. [Schruoffeneger (Grüne): Wann hat Ihre Fraktion das letzte Mal einen Erhöhungsantrag gestellt?]

Ich würde die Senatorin deshalb bitten, darüber Auskunft zu erteilen, wann beziehungsweise in welchem Zeitraum sie eigentlich gedenkt, dieses Konzept umzusetzen.

Fünftens: Zu einer aktiven Integrationspolitik des Senats gehört es, Schüler aus dem Schulunterricht zu reißen und danach abzuschieben. Zur weiteren aktiven Integrationspolitik gehört es auch, dass nach einer Kleinen Anfrage der Kollegin Villbrandt immer noch Minderjährige in Abschiebungsgewahrsam genommen werden. Wann ändern Sie eigentlich etwas an diesen Zuständen? – Verstehen Sie darunter eine aktive Integrationspolitik?

Doch beim genauen Hinschauen handelt es sich nur noch um „olle Kamellen“. Neue Ideen gibt es in diesem Integrationskonzept nicht: Integration durch Bildung, Integration durch das Quartiersmanagement, Integration durch Stadtteilzentren! – Nein, was der Senat vorgelegt hat, ist kein Integrationskonzept! Das Integrationskonzept ist eine 80-seitige Zusammenfassung der Integrationspolitik, wie sie in der Vergangenheit abgelaufen ist – ideenlos und perspektivlos.

[Beifall bei der FDP – Beifall der Abg. Frau Dr. Klotz (Grüne)]

Sechstens: Die Umsetzung des Zuwanderungsrechts verläuft analog zur Umsetzung von Hartz IV in Berlin. Die Integrationskurse kommen nur schleppend voran. Die bürokratischen Hürden erweisen sich als großer Mangel, gerade bei der Erlernung der deutschen Sprache.

Das heißt nicht, dass alles schlecht ist, was drin steht. Aber zur Umsetzung wünsche ich Ihnen einen Hauptgewinn im Lotto. Vielleicht können Sie dann einen Teil davon umsetzen. Deshalb werbe ich in Zeiten knapper Kassen für eine weitsichtige, aber auch realistische Integrationspolitik.

Siebtens: Welche Vereine durften denn eigentlich an dem Konzept mitarbeiten? – Der in Berlin wichtige Paritätische Wohlfahrtsverband, der bislang sehr viel für die Integration getan hat, blieb außen vor. Ich hoffe nicht, dass nur die Lieblingsverbände der Sozialsenatorin an diesem Konzept mitgearbeitet haben. Um Aufklärung diesbezüglich wird gebeten.

[Frau Breitenbach (Linkspartei.PDS): Und wie?]

Dazu komme ich noch, Frau Breitenbach! Lassen Sie mich erst einmal weiter fortfahren!

Erstens: Die beste Integrationspolitik ist diejenige, die Neuzuwanderer und schon länger in Berlin lebende Migrantinnen und Migranten in die Selbstständigkeit entlässt. Das heißt im Klartext: Sie müssen die hohe Arbeitslosigkeit in diesem Zusammenhang beseitigen. Dafür brauchen Sie eine Kehrtwende in der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik. Für das Thema Auszubildende gilt dasselbe: Entbürokratisierung bei den Ausbildungsverordnungen ist das beste Rezept für junge Migrantinnen und Migranten.

Achtens: Die Sozialsenatorin der Gruppierung Linksbündnis gibt ein Integrationskonzept heraus, und ihr Spitzenkandidat redet von Fremdarbeitern und fischt im NPDMilieu nach Stimmen. Dies ist zutiefst unglaubwürdig und beschämend, zumal Ihr Vorsitzender Bisky solche Äußerungen noch verteidigt hat.

[Beifall bei der FDP]

Wie will denn der Senat ein Integrationskonzept glaubwürdig vertreten, wenn er auf der anderen Seite auf dem Rücken von Migrantinnen und Migranten Wahlkampf betreibt? [Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

[Liebich (Linkspartei.PDS): Das macht doch keiner!]

Zweitens: Der Senat sollte sofort mit der Bundesregierung Kontakt aufnehmen, um über eine Reform der Berufsanerkennung nachzudenken. Weil viele Zuwanderer aus Staaten kommen, die eine hohe Selbstständigkeits- und Dienstleistungskultur entwickelt haben, würde Berlin davon profitieren.

Liebe SPD, wie lange macht ihr das in Berlin eigentlich noch mit?

[Unruhe – [Liebich (Linkspartei.PDS): Darf ich an Möllemann erinnern?]

Drittens: Der Erfolg der Integration liegt im Erlernen der deutschen Sprache. Das Zuwanderungsrecht bietet Migrantinnen und Migranten die Möglichkeit, in Integrationskursen die deutsche Sprache zu erlernen. Das wird also gefördert. Andererseits müssen auch die Sanktionsmechanismen in Berlin strikt angewandt werden, wenn Menschen sich weigern, an den Integrationskursen teilzunehmen.

Ich könnte, wie gesagt, diese Liste noch unendlich fortsetzen.

Lehmann

Wir alle wissen um die schwierige Aufgabe einer erfolgreichen Integrationspolitik. Wir alle wissen, dass dabei Jahre versäumt worden sind, und niemand hat vergessen, Herr Wansner, dass hier über Jahrzehnte die CDU an verantwortlicher Stelle so genannte Integrationspolitik betrieben hat, der es allerdings an Realitätssinn mangelte. Integrationspolitik – das wissen wir alle – braucht einen langen Atem, und sie funktioniert nur, wenn die gesamte Gesellschaft daran mitwirkt.

[Zuruf von der FDP: Richtig!]

Es muss dafür gesorgt werden, dass in den Volkshochschulen ausreichend Plätze für Deutschkurse zur Verfügung stehen. Dabei dürfen Neuzuwanderer und schon länger hier lebende Migrantinnen und Migranten aber nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Viertens: Einführung der Startklasse auch für Migrantinnen und Migranten! – Wesentliche Merkmale sind Verbindlichkeit, frühzeitiges Fördern und Fordern – nämlich ab fünf Jahren –, gezieltes Einsetzen von unterstützenden Maßnahmen zur Behebung von Sprachdefiziten und eine klare Zielsetzung als Fundament, um die ersten Schuljahre erfolgreich meistern zu können.

Das Integrationskonzept soll zur Versachlichung der Diskussion beitragen. So ganz gelungen ist uns das bisher leider noch nicht. Es ist gleichzeitig Bilanz und Ausblick – Ausblick auf das, was künftig intensiviert werden muss. Das Leitmotiv der Integrationspolitik dieses Senats lautet: Vielfalt fördern, Zusammenhalt stärken! – Damit grenzen wir uns klar und bewusst von konservativen Vorstellungen zur Integration ab, die nämlich Integration mit Assimilation verwechseln.

[Beifall bei der FDP – Dr. Lindner (FDP): Richtig!]

Dies alles, meine Damen und Herren und sehr geehrte Frau Breitenbach, sind handfeste Maßnahmen zur besseren Integration, und sie kosten auch nicht viel. Meine These lautet daher: Wer erfolgreich Integration betreiben will, muss die Strukturen verändern.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Die Vielfalt Berlins ist eine Chance und kein Defizit. Berlin ist eine von Einwanderung geprägte Stadt, und das nehmen wir als Herausforderung zum Wohle unserer Stadt. Uns ist klar: Wer die multikulturelle Vielfalt als Potential entfalten will, der muss Rahmenbedingungen schaffen, die den Zusammenhalt stärken. Vielfalt fördern, Zusammenhalt stärken! – Diese beiden Seiten moderner Integrationspolitik nimmt der Senat ernst. Wir fördern Internationalität und Wettbewerb, die uns aus der Vielfalt erwachsen, und wir setzen uns dafür ein, Ausgrenzung zu verhindern und ein gleichberechtigtes Miteinander zu gewährleisten.

[Dr. Lindner (FDP): Richtig!]

Leider werden wir dies wohl erst im Herbst 2006 in Angriff nehmen können. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Jetzt hat sich der Senat zu Wort gemeldet. Das Wort hat Frau Senatorin KnakeWerner. – Bitte sehr!

[Dr. Lindner (FDP): Die gehört auch in die Selbstständigkeit entlassen! – Heiterkeit bei der FDP] [Beifall bei der Linkspartei.PDS]

In beiden Bereichen haben wir in den letzten Jahren neue Akzente gesetzt, weil wir uns im Klaren sind, dass die Gestaltung von Zuwanderung und Integration eine der wichtigsten Zukunftsfragen unserer Stadt ist.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass das Integrationskonzept des Senats hier im Hause so engagiert und selbstverständlich auch streitbar diskutiert wird, finde allerdings, mancher Beitrag hätte etwas weniger selbstgerecht ausfallen können. Was Sie sich hier teilweise von Seiten der Opposition geleistet haben, ist wirklich ein starkes Stück.

Dazu gehört, deutlich zu machen, dass Integration sowohl die Zugewanderten als auch die Aufnahmegesellschaft und ihre Institutionen fordert. Die moderne Gesellschaft ist plural. Dieser Prozess ist nicht umkehrbar. Die so entstandene Vielfalt bedeutet für eine weltoffene Metropole wie Berlin gesellschaftlichen Reichtum, den es zu nutzen gilt. [Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD]

Herr Wansner, Ihnen nur mal sozusagen in das Stammbuch: Das, was Sie hier erzählt haben, wird für den Bundestagswahlkampf nicht reichen. Da muss Ihnen schon einmal eine eigene Idee einfallen.

Im Integrationskonzept wird aber auch nachgewiesen, dass es viele Probleme gibt – viele sind hier bereits genannt worden – und dass diese überwiegend sozialer und eben nicht ethnischer Natur sind. [Heiterkeit bei der Linkspartei.PDS und der SPD – Zuruf des Abg. Henkel (CDU)] [Zuruf des Abg. Czaja (CDU)]

Selbstverständlich wissen wir alle, weil wir uns schon mehrfach mit diesem Problem beschäftigt haben, dass Arbeit und soziale Sicherheit die besten Grundlage für eine erfolgreiche Integrationspolitik sind. Wir wissen aber auch, dass Menschen mit Migrationshintergrund insbesondere die Jugendlichen zu den Verlierern einer ohnehin schwierigen Beschäftigungs- und Ausbildungssituation in

Und was Bürgermeister Buschkowsky angeht, so kann ich Ihnen nur sagen, dass Ihre Frau Vogelsang den in den letzten Wochen eindeutig getoppt hat. Insofern können Sie sich getrost ein wenig zurückhalten.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD]

Frau Sen Dr. Knake-Werner

Berlin gehören. Deswegen setzt der Senat einen Schwerpunkt bei Qualifizierung und Beschäftigung, um genau diese Spirale nach unten zu stoppen, aber auch, um Rückzugstendenzen in das eigenen Milieu aufzuhalten.

Deutlich wird in dem Konzept aber auch, dass es klare Grenzziehungen geben muss, und zwar immer da, wo gegen Grundrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verstoßen wird. Zwangsverheiratung, Gewalt gegen Frauen, Diskriminierung gehören nicht zu den Grundwerten unserer Gesellschaft.

Frau Senatorin! Sie betonen immer wieder, dass es sich um ein Querschnittsthema handelt. Da stimme ich Ihnen zu. Wäre es in Anbetracht dieser Tatsache nicht wünschenswert und richtig, die Stelle des Integrationsbeauftragten bei der Senatskanzlei anzusiedeln? – Diese sollte mehr als bisher in diese Thematik eingebunden werden. Es handelt sich eben nicht nur um ein Problem im Bereich Soziales.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS]