Protokoll der Sitzung vom 31.08.2006

Ein immer wieder diskutiertes Thema ist das Girokonto für jedermann. Wir unterstützen die Initiative „Girokonto für jedermann“, damit auch wirtschaftlich schwache Haushalte die Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr erhalten. Es ist bereits jetzt erkennbar, dass sich dieses Instrument bewährt hat. Ich treffe mich regelmäßig mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Schuldnerberatung, und deshalb weiß ich, dass die Umsetzung der freiwilligen Selbstverpflichtung noch immer nicht zufriedenstellend ist. Aber eine gesetzliche Regelung durch einen

Vielen Dank, Herr Kollege Lehmann! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Große Anfrage ist damit beantwortet und besprochen.

Zum CDU-Antrag Drucksache 15/3438 empfehlen die Ausschüsse – gegen die Stimmen der antragstellenden Fraktion der CDU und bei Enthaltung der Grünen – die Ablehnung. Wer dem Antrag jedoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CDUFraktion. Die Gegenprobe! – Das sind die Regierungsfraktionen und die FDP. Enthaltungen? – Die Grünen. Damit ist das abgelehnt.

Kontrahierungszwang für die Kreditinstitute ist wohl nicht geeignet, die bestehenden Probleme zu lösen. Ein gesetzlicher Anspruch auf ein Girokonto für jedermann – und jede Frau – würde Streitfälle auf die Gerichte verlagern. Zusätzliche Kosten, Zeit und Regulierungsaufwand wären weitere Nachteile einer gesetzlichen Regelung. An der freiwilligen Selbstverpflichtung der Bankenverbände sollte festgehalten werden, um Kosten, lange Verfahren und eine Überlastung von Gerichten zu vermeiden.

In Problemfällen sind verstärkt die bestehenden Schlichtungs- und Beratungsstellen der Bankenverbände einzuschalten. Voraussetzung für das Gelingen einer außergerichtlichen Streitschlichtung ist jedoch, dass die Banken offensiv auf die kostenlosen Beschwerdemöglichkeiten hinweisen. Wichtig ist, dass bei den Schlichtungsstellen alle Beschwerden von Kunden über die Ablehnung oder Kündigung von Girokonten bearbeitet werden. Sie sollten von unabhängigen Personen unmittelbar geprüft werden. Die Schlichtersprüche sind anschließend in geeigneter Form zu veröffentlichen.

Die Berliner Sparkasse – wie im Übrigen alle öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute – muss insbesondere an ihre soziale Verantwortung erinnert werden, denn gerade der öffentliche Auftrag besteht darin, allen Bürgerinnen und Bürgern die Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr zu ermöglichen. Daher ist es auch wichtig, durch vertragliche Regelungen dafür zu sorgen, dass nach einem Verkauf der Berliner Sparkasse genau dieses gewährleistet ist. Allerdings ist es schon zutiefst im Eigeninteresse des neuen Eigentümers – ob öffentlich-rechtlich oder privat –, geeignete Finanzmittel für die Unterhaltung von Schuldnerberatungsstellen bereitzustellen, um das potentielle Ausfallrisiko zu minimieren. Ich plädiere dafür, die Kreditinstitute an ihre soziale Verantwortung zu erinnern und ihnen die freiwillige Selbstverwaltung ans Herz zu legen.

Wir brauchen nicht noch mehr Gesetze. Die Liberalen setzen auf die Ausschöpfung und den Vollzug bestehender Bestimmungen. Politik, Verbände, Medien, Bildungseinrichtungen und interessierte Bürgerinnen und Bürger haben die Aufgabe, beispielsweise auf alternative, umweltfreundliche, sichere und gesunde Produkte hinzuweisen, damit Verbraucherinnen und Verbraucher eigenständig entscheiden und damit selbstverantwortlich handeln können. Wenn sich der Staat schon einmischen will, dann soll er das maßvoll, strukturiert und an den notwendigen Stellen tun, aber ohne erhobenen Zeigefinger.

[Beifall bei der FDP]

Auch von mir noch ein paar Worte in eigner Sache: Ich kandidiere wieder, aber ich kenne viele Kolleginnen und Kollegen, die nicht wieder kandidieren und 15 Jahre und länger diesem Haus angehörten. Von denen, mit denen ich in den Ausschüssen zusammengearbeitet habe, habe ich eine Menge lernen können, insbesondere über die parlamentarischen Abläufe, aber auch zu inhaltlichen Dingen. Ich bedanke mich dafür und wünsche Ihnen für

den neuen Lebensabschnitt alles Gute, Glück und Gesundheit! – Vielen Dank!

[Allgemeiner Beifall]

Wir kommen zur

lfd. Nr. 14:

Große Anfrage

Nach dem Scheitern des Senats in der Industriepolitik: Zukunftsperspektive für das verarbeitende Gewerbe in der Stadt

Große Anfrage der CDU Drs 15/4861

Das wird heute nicht mehr beraten.

Die lfdn. Nrn. 15 bis 17 stehen auf unserer Konsensliste.

Damit sind wir bei der

lfd. Nr. 18:

Bericht

Bericht des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zum 31. Dezember 2004

Drs 15/3821

hierzu:

Vorlage – zur Kenntnisnahme – und Beschlussempfehlung

Stellungnahme des Senats für das Jahr 2004

Drs 15/3997

Beschlussempfehlung InnSichO Drs 15/5335

Das Wort zu einem mündlichen Bericht erhält die Vorsitzende des Unterausschusses Datenschutz und Informationsfreiheit des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung. Ich bitte Frau Seelig ans Rednerpult. – Bitte schön!

Frau Seelig, Berichterstatterin: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu Beginn ein Satz in eigener Sache: Ich halte es für nicht hilfreich, dass in der heißen Wahlkampfphase noch eine Plenarwoche stattfindet. Vielleicht können wir beim nächsten Mal vorarbeiten. Deshalb bin ich der CDU-Fraktion ausgesprochen dankbar, dass sie ihren Redebedarf zu diesem Punkt zurückgezogen hat,

Vielen Dank, Frau Seelig! – Das Wort erhält nun der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Herr Dr. Dix, den ich herzlich begrüße. – Bitte, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beraten heute über den Jahresbericht des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit für das Jahr 2004. Er ist noch von meinem Vorgänger, Herrn Prof. Dr. Garstka, vorgelegt worden, der dieses Amt 15 Jahre lang außerordentlich erfolgreich ausgeübt hat. Er hat sich um den Datenschutz und die Informationsfreiheit in diesem Land große Verdienste erworben.

Der Unterausschuss für Datenschutz und Informationsfreiheit hat den Bericht in dem bewährten Verfahren erörtert. Dies geschah in einer konstruktiven und sachlichen Atmosphäre. Darauf wies Frau Seelig schon hin. Dafür danke ich allen Mitgliedern des Unterausschusses auch im Namen meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich würde es begrüßen, wenn der für Inneres zuständige Ausschuss auch in der kommenden Legislaturperiode einen Unterausschuss für diese Fragen einsetzen würde. Das Parlament der Bundeshauptstadt ist damit in der Vergangenheit sehr gut gefahren. Der Unterausschuss hat bundesweit Maßstäbe gesetzt.

nicht etwa, weil Datenschutz unpolitisch wäre – das Gegenteil ist der Fall –, aber ich glaube, wir würden unsere eigene Arbeit entwerten, wenn diese kurze Bilanz zu einem Schlagabtausch geraten würde. Ich kenne keinen Ausschuss, in dem es so sehr um die Sache ging und dem Datenschutz gegenüber den Verwaltungen und dem Senat so parteiübergreifend Geltung verschafft wurde.

Unsere Beschlussempfehlung, über die wir heute abstimmen, ist wie immer einstimmig und greift durchaus heikle Themen im Sicherheitsbereich, beispielsweise die DNA-Reihenuntersuchungen, auf. Unsere Beschlussempfehlung ist kurz, weil wir viele Probleme bereits gelöst haben. Ich erinnere an unseren Dauerbrenner Meldegesetz, das jetzt nicht zu aller Zufriedenheit das Melderechtsrahmengesetz des Bundes umsetzt. Wir haben auch das Informationsfreiheitsgesetz nicht in allen Punkten verteidigen können, aber doch in einigen wesentlichen. Behörden neigen immer dazu, das Interesse an ihrer Arbeit als Störung zu empfinden, obwohl sich inzwischen auch da vieles verändert hat, vieles, was vor ein paar Jahren noch Unverständnis und großen Widerstand ausgelöst hat, ist selbstverständlich geworden. Wir sollten uns gemeinsam bewusst sein, dass die Herausforderung, dem Datenschutz in Zeiten terroristischer Bedrohung zu seinem Recht zu verhelfen, größer wird.

Für diese spannende Arbeit wünsche ich den künftigen Mitgliedern eines Ausschusses für Datenschutz und Informationsfreiheit viel Erfolg. Ich gehe davon aus und werde mich auch dafür einsetzen, dass wir wieder einen Unterausschuss haben werden. Die notwendige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit zu wahren, halte ich für seine wichtigste Aufgabe.

Ich bedanke mich zum Ende der Legislaturperiode ausdrücklich beim Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, Herrn Dr. Dix, und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die gute Zusammenarbeit.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS, der SPD, der CDU und den Grünen]

Ebenso danke ich Herrn Baer für die verlässliche und vertrauensvolle Ausschussassistenz.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS, der SPD, – der CDU und den Grünen]

Auch bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, bedanke ich mich für die konstruktive und unorthodoxe Zusammenarbeit. Sie waren auch in Auseinandersetzungen faire Partner für unser gemeinsames Anliegen. Wenn ich jetzt einen Kollegen namentlich hervorhebe, dann deshalb, weil er künftig leider nicht mehr unser parlamentarischer Mitstreiter sein wird, aber hoffentlich der Sache treu bleibt. Lieber Herr Ritzmann, Sie waren für mich immer im besten Sinn ein freier Demokrat. – Vielen Dank!

[Beifall bei der Linkspartei.PDS, der SPD, – der CDU und den Grünen]

[Allgemeiner Beifall]

Die Ihnen heute vorliegenden Beschlussempfehlungen berühren so unterschiedliche Bereiche wie die frühzeitige Information des Datenschutzbeauftragten über DNAReihenuntersuchungen, die notwendige Festlegung des bezirksinternen Zugriffs auf Meldedaten, die Sicherung der unabhängigen Stellung der behördlichen Datenschutzbeauftragten und eine transparente und bundesrechtskonforme Regelung der Gebühren für den Informationszugang.

Besonders freut es mich, dass Sie in der heutigen Sitzung den landesrechtlichen Schlusspunkt unter eine fast unendlich scheinende Geschichte gesetzt haben, indem Sie die seit langem überfällige Änderung des Berliner Meldegesetzes beschlossen und dabei einige – wenn auch nicht alle – Empfehlungen aufgegriffen haben, die der Berliner Datenschutzbeauftragte seit mehr als 15 Jahren zur Stärkung der Bürgerrechte in diesem Feld gegeben hat.

Mit der Änderung des Polizeigesetzes wurden zudem die Vorgaben umgesetzt, die das Bundesverfassungsgericht zum großen Lauschangriff formuliert hat. Gleichzeitig wurde – auch das war Gegenstand im Unterausschuss – die fehlende Rechtsgrundlage für die Aufzeichnung von Notrufen geschaffen.

Allerdings bleibt auch in der kommenden Legislaturperiode noch viel zu tun. Noch immer hat der Senat sich nicht dazu bereit gefunden, die notwendige Gebührenstaffel für den Informationszugang in der Berliner Verwal

Es ist keine Beratung mehr vorgesehen. Der Rechtsausschuss empfiehlt zum Antrag der Fraktion der FDP mit der Drucksachennummer 15/4326 die Ablehnung. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die FDP und die Union. Danke schön! Die Gegenprobe! – Das sind sämtliche andere Fraktionen. Damit ist das mehrheitlich abgelehnt. Gibt es Enthaltungen? – Keine.

tung einzuführen. Seine hartnäckigen Einwände hiergegen sind nicht nachvollziehbar. Die Senatsverwaltung für Justiz beharrt auf ihrem ebenso wenig plausiblen Standpunkt, Strafgefangene könnten sich in Berlin nicht auf das Informationsfreiheitsgesetz berufen, weil das Bundesrecht dies verbiete. Sollte diese Frage nicht alsbald von den Gerichten im Sinne der gebotenen Transparenz entschieden werden, wäre es Aufgabe des Berliner Landesgesetzgebers von seiner im Zuge der Föderalismusreform neu gewonnenen Kompetenz entsprechenden Gebrauch zu machen. Natürlich gibt es im Strafvollzug geheimhaltungsbedürftige Informationen. Das rechtfertigt es aber nicht, Strafgefangenen generell Informationszugangsrechte abzusprechen.

Auch in einem anderen, aktuell intensiv diskutierten Bereich sehe ich den Gesetzgeber in der Pflicht. Die fehlgeschlagenen Kofferbombenanschläge auf deutschen Bahnhöfen haben den Ruf nach flächendeckender Überwachung erneut laut werden lassen. Während auf Bundesebene über eine gemeinsame Anti-Terror-Datei von Polizei und Nachrichtendiensten diskutiert wird, sollen in Berlin alle U- und S-Bahnhöfe mit Videoaufzeichnungsgeräten zur routinemäßigen Überwachung aller Fahrgäste ausgestattet werden. Zweierlei gilt es dabei festzuhalten. So erschreckend diese Erkenntnis auch ist, weder eine Anti-Terror-Datei noch eine flächendeckende Videoüberwachung hätten diese Anschlagsversuche verhindert. Wenn aber zur verbesserten Vorsorge für die Strafverfolgung eine Infrastruktur der flächendeckenden Videoüberwachung im öffentlichen Personennahverkehr geschaffen werden soll, an deren Notwendigkeit ich selbst nach wie vor Zweifel habe, dann muss der Gesetzgeber für die entsprechenden Befugnisse der Polizei sorgen, denn Polizeiaufgaben dürfen nicht ohne Weiteres auf die Nahverkehrsunternehmen abgewälzt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss aus dem April diesen Jahres zur Rasterfahndung betont, dass der Gesetzgeber nicht daran gehindert ist, angesichts der neuartigen Gefährdungen die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit neu zu justieren. Er darf aber die Gewichte nicht grundlegend verschieben. Ich bitte Sie, auch bei Ihrer künftigen Tätigkeit darauf zu achten, dass die notwendige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit gewahrt bleibt. – Herzlichen Dank!

[Beifall]