Protokoll der Sitzung vom 31.08.2006

Insgesamt ist das eine sehr positive Bilanz, mit der wir uns sehr selbstbewusst dem Wahlkampf stellen.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS – Beifall der Frau Abg. Radziwill (SPD)]

Unsere Fraktionsbilanz lautet: Fortsetzung folgt. Auf unseren Plakaten steht: Der Anfang ist gemacht. – Wenn es die Zahlen am 17. September ermöglichen und es außerdem zu einer inhaltlichen Verständigung mit der Sozial

Zweitens: Werben wir bei allen Berlinerinnen und Berlinern dafür, beim Volksentscheid am 17. September mit Ja zu stimmen für mehr direkte Demokratie!

demokratie kommt, wird es eine Neuauflage von Rot-Rot in der Stadt geben.

[Zuruf der Frau Abg. Oesterheld (Grüne)]

Hierfür sind unsere wichtigsten Vorhaben: Wir wollen erstens den Einstieg in eine Gemeinschaftsschule von der 1. bis zur 10. Klasse, in der der Einzelne zählt und die besser als bisher ausgestattet ist.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS]

CDU und FDP sind dagegen, die Grünen rudern zurück, die SPD eiert herum. Wer die Gemeinschaftsschule will, muss Linkspartei.PDS wählen.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS – Zurufe: Wahlkampf!]

Zweitens wollen wir in der kommenden Legislaturperiode einen Einstieg in einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor, der Arbeitslosengeld-II-Empfängern sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ermöglicht.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Habt Ihr seit fünf Jahren „erfolgreich“ gemacht!]

Harald Wolf hat hierfür umsetzfähige Vorschläge gemacht. Die rot-grüne Hartz-IV-Koalition hat auf EinEuro-Jobs gesetzt. Schwarz-Gelb hat dabei mitgemacht. Wer will, dass Stellen statt Arbeitslosigkeit finanziert wird, der muss Linkspartei.PDS wählen.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS – Zuruf der Frau Abg. Dr. Klotz (Grüne)]

Drittens wollen wir die Sanierung der Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge fortführen. Die FDP will alles privatisieren, was nicht niet- und nagelfest ist, die Grünen schmiegen sich dabei eng an ihre Seite, die CDU hat keine Linie und der SPD-Finanzsenator hat schon jetzt Mühe, rot-rote Politik zu machen. Wer Sanierung statt Privatisierung will, der muss Linkspartei.PDS wählen.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS – Zurufe]

Ja, ja. Das war Wahlkampf. Aber es ist ausgesprochen albern, sich in der letzten Sitzung ständig vorzuwerfen, man mache Wahlkampf. Selbstverständlich ist das Wahlkampf. Wir kämpfen alle dafür, dass unsere Parteien so stark werden, wie es nur geht. Über Koalitionen wird nach der Wahl entschieden.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Wir haben hier fast fünf Jahre zusammengearbeitet. Unsere Bilanzen, unsere Vorhaben kurz vor der Wahl zeigen die Unterschiede. Doch eines verbindet uns: Wir haben Berlin gemeinsam seit 2002 bewegt. Streiten wir in den nächsten zwei Wochen heftig darüber, wie es weitergehen soll, aber in zwei Fragen stehen wir auch im Wahlkampf zusammen. Erstens sagen wir stopp zu Parteien, die sich außerhalb von Demokratie und Menschenrechten stellen. Der Aufruf aller fünf im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien zeigt eine neue Qualität im Kampf gegen Rechtsextremismus. Fallen wir

nicht dahinter zurück, machen wir in diesen Tagen deutlich, dass wir uns mit Nazis nicht abfinden.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD – Beifall des Abg. Thiel (FDP)]

Ich möchte mich bei allen Abgeordneten dieses Hauses für die Zusammenarbeit in den letzten fünf Jahren und für die Aufmerksamkeit bei dieser Rede bedanken!

[Beifall bei der Linkspartei.PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Liebich! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nunmehr der Abgeordnete Herr Ratzmann das Wort. – Bitte sehr!

[Zuruf des Abg. Eßer (Grüne)]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Stefan Liebich! Das war jetzt so eine richtige Planerfüllungsrede.

[Beifall bei den Grünen und der Linkspartei.PDS – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Ich wusste gar nicht, dass ihr diese Tradition noch habt, ich dachte, das hättet ihr längst abgelegt. Wenn man wirklich nach fünf Jahren Rot-Rot Bilanz ziehen will, dann muss man neidlos feststellen, dass der heimliche Oppositionsführer Sarrazin die richtige Bilanz bereits gestern gezogen hat. Herr Sarrazin! Nach fünf Jahren rot-roter Regierungstätigkeit die Stadt Berlin auf das Niveau von 1947 herunterzuschrauben, dass ist aller Achtung wert und eine saubere Leistung Ihrer Regierung.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Ihre Entgleisungen haben ab und zu etwas durchaus Amüsantes. In Ihrer gestrigen Beschreibung hat mich jedoch eines sehr geärgert: Dass Sie allen Ernstes diese multikulturelle Stadt abqualifiziert haben, weil hier so viele Migranten und Migrantinnen leben, das ist eine Frechheit.

[Beifall bei den Grünen]

Wir begreifen diese Vielfalt in der Stadt als Reichtum. Herr Sarrazin! Sie haben die Stadt nicht verstanden, und das ist kein „typischer Sarrazin“, wie Herr Wowereit gesagt hat, sondern dass ist typisch Rot-Rot: Legislaturperiode am Ende und Rot-Rot auch. Das wissen die Berlinerinnen und Berliner, und deshalb heißt die beliebteste Regierungskonstellation nicht Rot-Rot, sondern Rot-Grün.

[Beifall bei den Grünen – Gelächter bei der SPD – Zurufe von der Linkspartei.PDS]

Werter Herr Liebich! Das ist unter anderem auch so, weil die Berlinerinnen und Berliner sehr wohl gemerkt haben, dass pflegeleichte und weichgespülte PDSler in dieser Stadt keine vernünftige Politik machen können. Das ist das Image, das Ihnen anhaftet. Deshalb glauben

Das ist ja eine schöne Idee, liebe PDS, das finden wir als Ziel auch sehr gut, aber das löst doch nicht die aktuellen Probleme, die wir in der Stadt haben. Wir haben ein akutes Qualitätsproblem in Schulen und Kitas, das müssen wir erst einmal lösen. Da bringt es doch nichts, das faule System neu zu verpacken! Es kommt auf den Inhalt an, und da hat die PDS keine Idee, wie sich das ändern soll.

Aber Berlin zwingt im Moment diejenigen, die hier ihre Ausbildung absolviert haben, die gut sind, die Stadt zu verlassen. Bieten wir ihnen doch etwas an! Versuchen wir, ihnen doch zumindest eine Perspektive in der Stadt zu bieten! Da gibt es doch Özcan Mutlus Vorschlag, 250 joblose Lehrerinnen zur Sprachförderung in den Kitas mit dem Versprechen, sie hinterher auch anzustellen, einzusetzen. Das ist ein Anfang, das hat Perspektive, und das hält die Menschen in der Stadt!

Sie, mit einer kleinteiligen Bilanzrede Ihr Image aufpolieren zu können. Dieses Image aber – das sage ich Ihnen – werden Sie nicht wieder los.

[Beifall bei den Grünen]

Sehr geehrter Herr Wowereit! Als Sie hier angetreten sind, lautete Ihr erstes Versprechen: Mentalitätswechsel. Ich habe Ihre erste Regierungserklärung noch gut im Ohr. Damals klang jedoch „Mentalitätswechsel“ noch anders als nur „Sparen“. Er sollte umfassend sein, mehr Bildung, Verwaltungsreform und weniger Bürokratie, bessere Universitäten bringen. Das sind alles richtige Ansätze. Wenn man sich jedoch heute Ihre Bilanz anguckt, muss man feststellen: Sie sind im Dickicht stecken geblieben. Die Stadt will den Mentalitätswechsel, der Senat aber ist nicht in der Lage gewesen, ihn zu schaffen.

[Beifall bei den Grünen]

Schauen Sie sich den Kulturbereich an – Herr Liebich, das hat mich übrigens sehr verwundert, dass Sie nicht einmal ein positives Wort für Ihren eigenen Kultursenator gefunden haben –, eines der Lebenselixiere der Stadt. Ihr Kultursenator ist jedoch noch nicht einmal in der Lage, das vorhandene Kulturangebot kulturvoll darzustellen, geschweige denn zu gestalten. Er schafft es noch nicht einmal, einigen abgehalfterten Stasi-Majoren Paroli zu bieten, wobei man sich fragen muss, ob er es überhaupt wollte. Er gibt eines der bedeutendsten Bilder der Stadt weg

[Zuruf des Abg. Brauer (Linkspartei.PDS)]

ich will jetzt nicht die Entscheidung an sich kritisie- ren –, aber er redet noch nicht einmal darüber, Herr Brauer. Er tut so, als gäbe es keinen Kunstsachverstand in der Stadt, mit dem dieses Thema besprochen werden könnte. Sein angebliches Meisterstück, die Opernstiftung, ist noch nicht einmal dazu geeignet, die Gesellenprüfung damit zu bestehen. Herr Flierl, Sie haben die Prüfung nicht bestanden, nehmen Sie Ihren Abschied!

[Beifall bei den Grünen]

Es gibt aber auch gute Ansätze. Herr Böger, wir waren zusammen bei der Heinrich-Böll-Stiftung. Das Lob für das Schulgesetz, für das theoretische Mehr an Autonomie für die einzelne Schule war groß. Aber unisono haben alle dort versammelten Fachleute beklagt, dass sie vor Ort nichts von den Veränderungen merken. Sie haben kein Konzept, Sie wissen nicht, wohin die Bildungspolitik gehen soll. Sie haben kein Ziel, Sie können nicht darstellen, was Sie erreichen wollen. Sie kippen den Schulen die Personalakten vor die Tür und sagen ihnen: Nun seht zu, wie ihr klarkommt! – Das, meinen Sie, ist dann mehr Autonomie für die Schulen.

[Zuruf des Abg. Brauer (Linkspartei.PDS)]

Die PDS meint, sie könnte die Bildungssituation dadurch retten, dass sie mit einem Modellversuch Schulstrukturvereinheitlichung anbietet.

[Zuruf der Frau Abg. Senftleben (FDP)]

[Beifall bei den Grünen – Doering (Linkspartei.PDS): Und Sie?]

Ja, Herr Doering, wir benötigen hier gut ausgebildete, junge Lehrerinnen und Erzieherinnen, die wir gezielt für die Probleme in der Stadt einsetzen können!

[Doering (Linkspartei.PDS): Ganz etwas Neues!]

[Beifall bei den Grünen – Brauer (Linkspartei.PDS): Ein-Euro-Job!]