Protokoll der Sitzung vom 10.05.2007

Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es auf dem Wege der geschlechterparitätischen Besetzung von Aufsichtsräten erste Erfolge gibt. Laut Beteiligungsbericht 2006 beträgt die Frauenquote arbeitgeberseitig immerhin 32 Prozent. Dies ist vor allem dem ständigen Nachdruck des Parlaments und dort selbstverständlich allen frauenpolitischen Sprecherinnen der Fraktionen zu danken.

Nun müssen aber weitere Schritte folgen. Deshalb wollen wir eine Zielvereinbarung abschließen: Bis 2010 kann und muss eine geschlechterparitätische Besetzung der Aufsichtsräte in Unternehmen mit Landesbeteiligungen erfolgen. Warum das Jahr 2010? – Weil zwischen den Jahren 2007 und 2010 in den meisten dieser Unternehmen Neubesetzungen anstehen!

Nach 16 Jahren LGG muss man endlich das Ziel der Quotierung festschreiben, und da die Koalition immer wieder und vehement betont, wie sehr ihr an quotierten Aufsichtsräten gelegen ist, ist es für uns nicht nachvollziehbar, warum Sie unseren Antrag ablehnen.

[Beifall bei den Grünen]

Berlin hätte im Europäischen Jahr der Chancengleichheit bei der Besetzung von Führungspositionen mit Frauen Vorreiterin sein können, aber die Regierungskoalition missachtet weiter das Landesgleichstellungsgesetz und versäumt es auch, sich bundespolitisch mit einer Bundesratsinitiative für eine sanktionsfähige Quotierungsregelung im Aktiengesetz zu positionieren.

Aber nicht nur bei der geschlechterparitätischen Besetzung versagt der Senat, sondern auch bei der Umsetzung von § 14 LGG, wo es um die staatliche Leistungsgewährung geht. Hier wird es besonders abstrus, denn Sie distanzieren sich dabei von Ihrer eigenen Koalitionsvereinbarung, und das bereits zum zweiten Mal. Seit 2001 findet sich dort der Satz:

Für eine staatliche Leistungsgewährung nach § 14 LGG ist eine Rechtsverordnung zu erlassen.

So klar, so deutlich, so unmissverständlich! Aber bisher Fehlanzeige! Allem Anschein nach gedenkt die Koalition auch in dieser Legislaturperiode nicht, die Ausführungsvorschrift für § 14 LGG zu erlassen. Wie wäre es sonst zu erklären, dass sie unseren Antrag „Gleichstellungsverpflichtung und öffentliche Auftragsvergabe“ im Ausschuss abgelehnt hat?

§ 14 LGG gibt es seit 1991, und seit 16 Jahren gibt es dafür keine Ausführungsvorschrift. Damit nicht genug! Auf meine Kleine Anfrage antwortete mir der Senat, § 14 LGG werde mangels einer Rechtsverordnung derzeit nicht umgesetzt. Das ist unglaublich,

[Beifall bei den Grünen]

denn wer außer dem Senat könnte diese Rechtsverordnung erlassen? – Bereits im März 2004 hat Frau Weber von der Kommission Arbeit-, Gleichstellungs- und Wirtschaftsrecht des Deutschen Juristinnenbundes dem zuständigen Ausschuss erläutert, dass es völlig unproblematisch wäre, eine Rechtsverordnung zu erlassen. Deshalb frage ich Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition – z. B. Herrn Wolf –: Wo ist das Problem? – Wenn Sie meinen, Sie könnten sich das Erlassen einer Rechtsverordnung durch die Etablierung von Gender Budgeting sparen, so irren Sie sich gewaltig, denn das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun, auch wenn Sie das gleich wieder behaupten werden. Setzen Sie endlich diese Forderung aus Ihrer Koalitionsvereinbarung um, und erlassen Sie eine Rechtsverordnung für § 14 LGG!

[Beifall bei den Grünen]

Hören Sie auf, die Senatsverwaltung mit Prüfaufträgen zu beschäftigen, wie Sie dies mit dem Antrag „Wirksamkeit und Kontrolle des § 13 LGG“ schon wieder tun! Das LGG wurde von Ihnen genug geprüft. Halten Sie es ein, und setzen Sie es konsequent um!

[Beifall bei den Grünen]

Das Wort für die SPD-Fraktion hat nur Frau Bayram. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Kofbinger! Sie haben den Eindruck zu erwecken versucht, dass wir uns durch die Ablehnung Ihrer Anträge nicht in der Verantwortung fühlten, das Landesgleichstellungsgesetz umzusetzen, und dass der Senat sich nicht an das Landesgleichstellungsgesetz gebunden fühle. Das stimmt aber nicht. Dadurch, dass Sie lang und breit erörtern, wieso geltendes Recht nicht dann umgesetzt wird, wenn Sie es wollen – –

[Anja Kofbinger (Grüne): 16 Jahre! – Weitere Zurufe von den Grünen]

Man kann daraus nicht folgern, dass es keine Geltung haben soll oder an Bedeutung verliert. Deshalb möchte ich auf Ihre langen Ausführungen zu § 14 Landesgleichstellungsgesetz gar nicht weiter eingehen.

[Ramona Pop (Grüne): Weil Sie es nicht verstanden haben!]

Dazu können wir in einer anderen Runde noch weiter reden.

Allerdings möchte ich insbesondere auf die paritätische Besetzung der Aufsichtsräte und Vorstände gemäß Landesgleichstellungsgesetz noch weiter eingehen. Sie haben selber schon richtig betont, dass wir in dem Bereich einiges auf den Weg gebracht haben und dass wir hierbei auch bundesweit führend sind. Das können selbst Sie nicht leugnen. Das müssen Sie einräumen. Hierzu gab es – und das haben Sie in Ihrer Rede ebenfalls unterschlagen – nicht nur Ihre Anträge, sondern es gab auch Anträge der Koalitionsfraktionen. Da haben wir das hineingeschrieben, was wir für wichtig erachten, und dazu zählt auch, dass wir die paritätische Besetzung der Aufsichtsräte und der Vorstände, aber auch anderer Führungspositionen als wichtig erachten und dass wir vom Senat in dieser Hinsicht geeignete Maßnahmen erwarten.

Frau Kofbinger! Sie sind ebenfalls neu im Parlament – so wie ich auch –, und man kann wohl feststellen, dass man selbstverständlich vieles hätte anders machen können. Man hätte auch schon das Landesgleichstellungsgesetz ändern können. Gesetze der anderen Bundesländer haben z. B. weitergehende Sanktionsmöglichkeiten als die, die unser Gesetz vorgibt. Darüber können wir reden. Das ist ein wichtiger Ansatz: Es geht nicht nur darum, ein neues Instrument einzuführen, sondern auch die Durchsetzung zu kontrollieren.

Wir haben uns dafür entschieden, dass wir uns zunächst vom Senat berichten lassen, welche geeigneten Maßnahmen der Senat ergreifen will. Und machen Sie sich keine Sorgen! Sie können sicher sein, dass wir an dieser Frage dran bleiben und dass wir uns gegebenenfalls, wenn der Senat nicht die Instrumente vorschlägt, die wir für richtiger und wichtiger erachten, trauen werden, das Landesgleichstellungsgesetz zu ändern und durch eine Novelle Sanktionen einzuführen, um für die Durchsetzung zu sorgen.

Dennoch muss ich immer wieder betonen – weil Sie das ein wenig unterschlagen –, dass bereits vieles auf diesem Weg gelungen ist. Der Fairness halber müsste man auch offen sagen, dass das keine Stellen sind, die täglich neu zu besetzen sind, sondern dass diese Stellen z. B. teilweise bereits qua Amt besetzt sind.

Das ist ein Prozess, der in Gang gebracht ist. Ihre Forderung, Frau Kollegin, dass Sie eine Fortschreibung bis 2010 wollen, diese sogenannte Zielvereinbarung, nimmt dem Senat die Möglichkeit, das bereits vor 2010 zu erfüllen. Weshalb sollen wir dem Senat diesen langen Zeitraum gewähren, weshalb soll er nicht gleich loslegen und das umsetzen, was geltendes Recht ist?

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Wir müssen uns auch als Abgeordnete fragen, ob manche unserer Anträge wirklich sinnvoll sind.

Damit komme ich zu Ihrem anderen Antrag, nämlich der Bundesratsinitiative zur Änderung des Aktiengesetzes, damit auf Bundesebene Aktiengesellschaften – gesetzlich

geregelt – zu 40 Prozent weiblich besetzt sein sollen. In Ihrem Anliegen unterstütze ich Sie zu 100 Prozent. Aber ich frage Sie: Weshalb so kurz gegriffen, liebe Frau Kollegin? Weshalb nur die Aktiengesellschaften? Was ist mit den Personengesellschaften? Weshalb nehmen wir nicht ein Gesamtkonzept in Angriff? – Glauben Sie mir, wir bereiten diesbezüglich etwas vor. Wir machen uns Gedanken. Ich glaube, wenn wir ein Gesamtkonzept auf den Weg bringen, werden Sie uns unterstützen.

Zum Schluss komme ich ganz kurz –

Das muss auch ganz kurz sein!

auf die Steuerung und Kontrolle des § 13 LGG. Wir haben wirklich etwas auf den Weg gebracht. Wir wollen eine Zuständigkeitsregelung, damit wir klare Vorgaben haben, um die Effizenz der bereits geltenden Regelungen überprüfen zu lassen und gegebenenfalls etwas daran zu ändern.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Das Wort für die CDU-Fraktion hat Frau Görsch. – Bitte schön, Frau Görsch!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu später Stunde ist immer wieder die Frauenpolitik Thema. Frauen in die Kommissionen, Aufsichtsräte, Beiräte, Vorstände, also in die Führungspositionen der Wirtschaft und die Einhaltung des Landesgleichstellungsgesetzes, diese Forderungen sind nicht neu. Seit Jahren stehen sie immer wieder auf der Tagesordnung. Wenn ich die Anträge auf ihre Überschriften reduziere, habe ich Ihnen nichts hinzuzufügen. Nur die Begründungen darf man nicht lesen. Wir haben in Berlin hoch qualifizierte und geeignete Frauen. Worüber müssen wir angesichts dessen eigentlich diskutieren? – Vielleicht über den Weg, wie wir diese Frauen fördern können, und nicht über die Einhaltung der Gesetze. Das Landesgleichstellungsgesetz gibt es, es muss nur umgesetzt und dessen Einhaltung kontrolliert werden. Was wir nicht brauchen, sind neue Gesetze und neue Vorschriften, neue bürokratische Strukturen und Berichte mit riesigem Verwaltungsaufwand. Wir stehen für Bürokratieabbau, und nicht für grüne und rote Träumereien in der Frauenpolitik.

[Beifall bei der CDU]

Wir sollten an einer neuen, modernen Frauenpolitik arbeiten und nicht weiterhin in diesem Haus diese Scheindebatten führen, womit den Frauen nicht geholfen wird. Weshalb, liebe Kollegen von den Grünen, arbeiten Sie nicht mit dem Mittel der positiven Sanktion? Was spricht

dagegen, anstelle der repressiven Verpflichtung eine Belohnung einzusetzen? Reicht die Fantasie in Ihren Reihen nicht aus, sich vorzustellen, dass ein Förderprogramm oder ein Zuschuss entsprechende zusätzliche Obnusanteile enthalten könnte, für dessen Erhalt sich der Antragsteller nicht per Dekret zu irgendetwas verpflichten muss, sondern stattdessen vorzeigen darf, dass er freiwillig etwas zur aktiven Einbeziehung der Frauen geleistet hat, und dafür finanziell belohnt wird? Von Sanktionen zeugen auch die Anträge von SPD- und Linksfraktion. Leider kennt auch der Antrag zur Wirksamkeit von § 13 LGG neben Absenkung des Schwellenwertes nur die Sanktion.

Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist ein Grundrecht. Ich vertraue darauf, dass die Frauen ihre Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen. Aufgabe der Politik ist es, die Eigenverantwortung der Frauen zu fördern und die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.

[Beifall bei der CDU]

Der von den Grünen vorgeschlagene grundsätzliche Quotenzwang bringt per se nicht das gewünschte Ergebnis. Niemand möchte grüne Verhältnisse als Handlungspraxis im Profitgeschäft der Unternehmen.

[Anja Schillhaneck (Grüne): Doch!]

Nicht nur mit Frauen gibt es Kohle, sondern mit Frauen gibt es mehr, das wäre ein anderer, für Grüne inzwischen offenbar ungewohnter Denkansatz. Gerade im wissenschaftlichen und technischen Bereich wäre damit aber viel zu erreichen. Gleiche Chancen in Karriere und Weiterbildung können die Voraussetzung schaffen für mehr Frauen in den Aufsichtsräten, bis hin zur Geschlechterparität bei der Besetzung von Vorstands- und Führungsebenen. Bei der Besetzung der Aufsichtsräte in landeseigenen Unternehmen sollten Sie von Rot-Rot sich vertrauensvoll an Herrn Wolf, den zuständigen Senator wenden.

[Dr. Andreas Köhler (SPD): Das machen wir!]

Vermutlich wird es noch einige Jahre dauern, bis auch bei den börsennotierten Unternehmen Frauen im Vorstand sind. Aber auch hier helfen keine Gesetze. Wie lange mussten wir auf eine Bundeskanzlerein warten? Viele der Männer müssen sich auch noch heute daran gewöhnen, dass der wichtigste Posten in der Bundesrepublik von einer Frau besetzt ist.

[Beifall bei der CDU]

Ich sage Ihnen: Diese Frau macht ihren Job gut.

[Beifall bei der CDU]

Statistisch gesehen und unumstritten haben Frauen und Mädchen bereits jetzt die bessere Schul- und Ausbildung, denn Frauen sind ehrgeizig. Sie müssen besser sein als die Männer, um wahrgenommen zu werden. Schaffen wir die Möglichkeit, Familie und Beruf in Einklang zu bringen, dann werden wir auch ohne weitere Regelung, wie zum Beispiel diese Quotenregelung, mehr Frauen in die Chefetagen bekommen. Denn auf das gut ausgebildete weibliche Potenzial kann niemand in der Politik und Wirtschaft verzichten.

Das ist ein Schlusssatz, liebe Frau Görsch.

Ja. – Wie bereits gesagt: Die Überschriften können wir voll und ganz unterstützen, die Begründung der Anträge leider nicht.