Protocol of the Session on September 9, 2010

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[Beifall bei den Grünen]

Zum Schluss: Eines haben die Debatten der letzten Woche in der Integrationsfrage gezeigt und auch heute hier im Haus: Wir benötigen einen anderen, einen angemessenen Ton im Umgang miteinander!

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Das ist gut!]

Der herablassende Spott von Thilo Sarrazin über die türkischen Obst- und Gemüsehändler ist in dieser Frage völlig daneben! Wie lange würde es wohl Thilo Sarrazin durchhalten, jeden Morgen um zwei Uhr in den Großmarkt an der Beusselstraße zu gehen und dort bis abends sein Obst und Gemüse zu verkaufen? – Ich würde mal schätzen: nicht mal eine Woche lang.

[Beifall bei den Grünen]

Ich finde, dass eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Integration diejenige ist, dass sich Menschen wertgeschätzt fühlen. Wir müssen endlich – nicht nur über Fußballweltmeisterschaften – gemeinsam sagen können: Wir sind „Schland“, wir sind Berlin, und dafür strengen wir uns an! – Nun wünsche ich allen Muslimen nicht nur in Berlin ein schönes Zuckerfest!

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Frau Kollegin Pop! – Zu einer Kurzintervention hat nun der Kollege Gaebler das Wort.

[Joachim Esser (Grüne): Der beantragt jetzt die Streichung aus dem Protokoll!]

Bitte, Herr Gaebler, Sie haben das Mikrofon!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Pop! Ich greife Ihre letzte Bemerkung zum angemessenen Ton und zum Umgang miteinander auf.

[Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Ich möchte Ihnen die Mitteilung des Präsidenten vorlesen, wie er am Anfang unserer Sitzung auch gesagt hat, dass am Montag vier Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen sind. SPD und Linke haben das Thema beantragt: „Integrationspolitik als zentrale Aufgabe einer zukunftsorientierten Stadtpolitik“. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat beantragt: „Start der Sekundarschule leider mangelhaft. Berlin braucht jetzt endlich eine Qualitätsoffensive für alle Schulen und Kitas. Das ist der beste Weg für Integration.“

[Zurufe von den Grünen]

Wir haben uns im Ältestenrat gewundert, dass Sie das Thema Integration nicht in den Mittelpunkt der Debatte stellen wollen,

[Joachim Esser (Grüne): Haben wir doch!]

bei dem man ja alle anderen Punkte wie Zugangsmöglichkeiten und Unterstützung, fordern und fördern und natürlich auch die Bildung hätte aufgreifen können. Das wollten Sie aber nicht, sondern Sie haben gesagt, das Thema der Koalition wollen Sie nicht, Sie wollten Ihr Thema „Start der Sekundarschule“ unter Hinweis darauf, dass es für die Integration wichtig ist.

Sie haben jetzt hier achteinhalb von zehn Minuten ausschließlich allgemein über sicherlich interessante und wichtige Gedanken zum Thema Integration geredet. Das, Frau Pop, ist eine Mogelpackung, wenn Sie uns dann vorwerfen, wir würden uns wegducken!

[Zurufe von den Grünen]

Wir haben das Thema beantragt, wir haben es erfunden, das will ich Ihnen deutlich sagen, Frau Pop!

[Beifall bei der SPD – Ach! von den Grünen – Joachim Esser (Grüne): Wo ist denn euer Thema geblieben?]

Frau Pop! Möchten Sie replizieren? – Dann haben Sie das Wort.

Ich bin mir nicht ganz sicher. ob das eine inhaltliche oder eine Geschäftsdebatte ist, die Sie hier führen wollen, Herr Gaebler. Ich habe eher das Gefühl, letzteres. Das aber gehört in den Ältestenrat und nicht hierher.

Ich habe ausreichend deutlich gemacht, dass Bildungs- und Integrationspolitik eng zusammengehören in dieser Stadt. Davor können Sie sich nicht wegducken,

[Christian Gaebler (SPD): Machen wir doch gar nicht!]

dass in der Integrationspolitik die SPD, insbesondere die Berliner SPD, ein riesiges Problem namens Thilo Sarrazin hat.

[Christian Gaebler (SPD): Wir wollen darüber reden!]

Sie sollten Ihre Bemühungen in der Bildungs- und der Integrationspolitik verstärken, eine Schulreform auf den Weg bringen, die Akzeptanz in der Stadt findet, ein jahrgangsübergreifendes Lernen auf den Weg bringen, das ebenfalls Akzeptanz in der Stadt findet. Und versuchen Sie nicht, sich von einem dieser Themen wegzuducken, denn das wird Ihnen nichts nutzen. Deswegen kann ich nur wiederholen: Bildung ist der Schlüssel zum sozialen Aufstieg. Das gehört in die Grundschulen, das gehört in die Kitas, das gehört in die Schulpolitik. Ich glaube nicht, dass das Reden darüber, wer was in welchen Aktuellen Stunden beantragt hat, uns weiterbringt bei der Suche nach den richtigen Lösungen. Damit sollten die Sozialdemokraten aber mal anfangen.

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Frau Kollegin Pop! – Nunmehr hat Frau Kollegin Dr. Tesch für die Fraktion der SPD das Wort. – Bitte!

Danke schön, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Liebe Grüne, Frau Pop! Am Anfang habe ich gedacht, dass Ihr Antrag für die Aktuelle Stunde drei Teile umfasst, wenn man Ihnen wohlgesonnen ist.

[Gelächter bei den Grünen – Zurufe von den Grünen: Ja!]

Wenn man es nicht so gut mit Ihnen meint wie ich, dann könnte man sagen: ein Sammelsurium, zu dem jeder oder jede reden kann, was ihr oder ihm gerade einfällt. Sie aber haben im Grunde nur etwas zu Ihrem dritten Teil, der auch erst am Ende steht, gesagt, nämlich über den besten Weg zur Integration. Das aber ist ganz klar Thema verfehlt, Frau Kollegin!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zurufe von den Grünen]

Mir war auch klar, dass es nicht nur um Bildungspolitik geht – und Bildungspolitik ist der Schlüssel zur Integration.

[Özcan Mutlu (Grüne): Guten Morgen!]

Es wird eben auch eines deutlich: Unsere wichtigsten Integrationsgesetze sind diejenigen, die wir im Bereich Schule und Kita abgeschlossen haben.

[Beifall bei der SPD]

Doch nun zurück zu Ihrer Dreiteilung, denn ich sage etwas zu dem, was Sie hier aufgeschrieben haben: „Start der Sekundarschule mangelhaft.“ – Ich glaube, es wäre vermessen, bereits jetzt, zweieinhalb Wochen nach Schulbeginn, darüber urteilen zu wollen, ob der Start der Sekundarschule nun geglückt ist oder nicht.

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Mutlu?

Nein, im Augenblick nicht.

Dann fahren Sie bitte fort.

Jedenfalls ist das von der Opposition prognostizierte Chaos nicht ausgebrochen.

[Gelächter bei der CDU]

Es gibt natürlich Probleme, aber die halten sich in Grenzen. Es sind Einzelfälle, die durchaus ernst zu nehmen sind, denen nachgegangen werden muss und deren Probleme schnellstmöglich behoben werden müssen. Aber angesichts der Dimension, der Größe dieser Schulstrukturreform, die wir auf den Weg gebracht haben, fällt das erste Fazit doch total positiv aus und ist nicht mangelhaft.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

In der ersten Schulwoche führte ich frühmorgens auf Radio Eins ein Hörergespräch. Es gab keine einzige Frage zur Schulstrukturreform, sondern es wurden Einzelthemen angesprochen oder auf die Verkürzung der Schulzeit, also auf das Abitur nach zwölf Jahren, eingegangen, was wir 2004 beschlossen hatten. Um das neue Gesetz ging es gar nicht. Also der Start der Schulreform ist keineswegs mangelhaft. Im Gegenteil! Sie genießt eine große Akzeptanz in der Bevölkerung.

Ganz Berlin stimmt zu, dass wir die Hauptschulen abgeschafft haben, die ohnehin nur noch 7 Prozent der Schülerinnen und Schüler besuchen und – trotz paradiesischer Ausstattung – nicht die gewünschten Ergebnisse erzielen. Noch immer verlassen 10 Prozent aller Berliner Schülerinnen und Schüler die Schule ohne jedweden Abschluss, und bei den Jugendlichen mit Migrationshintergrund sind es sogar 15 Prozent. Das hat der soeben erschienene Bildungsbericht erneut bestätigt. Zukünftig, nach unserer Reform, wird es dieses Stigma für die Hauptschülerinnen

und Hauptschüler nicht mehr geben. Das ist doch ein guter Erfolg.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]