Protocol of the Session on December 9, 2010

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Diese Frage hat uns die Bahn bis heute nicht beantwortet. Wir können sie aber auch nicht beantworten. Diese Hilf- und Ratlosigkeit kann ich Ihnen nur zurückgeben, aber es ist doch ursächliche Aufgabe der Bahn, hier für Aufklärung zu sorgen oder des aufsichtführenden Bundesverkehrsministers.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Also: Wo ist Herr Ramsauer? Übernehmen Sie! Sorgen Sie dafür, dass die Bahn endlich bundesweit Weichenheizungen vernünftig betreiben kann und nicht nur im Erzgebirge.

[Christoph Meyer (FDP): Dass Herr Gaebler Herrn Ramsauer bemüht!]

Ja, Entschuldigung! Das ist einfach eine Zuständigkeitsfrage. Die Bahn gehört nicht uns.

[Christoph Meyer (FDP): Ja, aber Sie haben doch den Vertrag verhandelt!]

Wir würden gern als Land Berlin mit der Bahn darüber verhandeln, die S-Bahn zu übernehmen – trotz aller Probleme, die es da gibt.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Aber die S-Bahn will nicht. Herr Ramsauer will auch nicht. Insofern: Reden Sie mit Herrn Ramsauer – das ist unter anderem Ihr Minister – damit da etwas passiert! Vielleicht kommen wir dann ein bisschen weiter.

Aus unserer Sicht ist die S-Bahn unverzichtbarer Bestandteil des ÖPNV. Deshalb muss hier auch die Gewährleistung eines qualitativ hochwertigen, sicheren und störungsfreien S-Bahnbetriebs im Mittelpunkt stehen. Das muss Vorrang vor privatwirtschaftlichen Renditeerwartungen haben. Wir wollen deshalb den Einfluss des Landes auf die Daseinsvorsorge im Bereich des ÖPNV stärken. Die Übernahme der S-Bahn als ganzes habe ich schon angesprochen. Die Alternative ist die Direktvergabe an ein kommunales Unternehmen wie zum Beispiel die BVG oder eine Tochtergesellschaft. Das würde dazu führen, dass wir tatsächlich in der Verantwortung stünden, das umzusetzen, was wir im Moment nur von der S-Bahn fordern können. Ich finde es sehr gut, dass Sie, Herr Friederici, uns dabei in Zukunft unterstützen wollen, damit wir tatsächlich das umsetzen müssen, was wir wollen.

Im Moment bleibt die Forderung an Herrn Grube, seinen Worten endlich Taten folgen zu lassen. Er kommt am 10. Januar 2011 zu uns in den Verkehrsausschuss. Er wird bis dahin noch einige Hausaufgaben zu machen haben. Wir wollen einen Maßnahmenplan, was wann umgesetzt wird. Wir wollen Entschädigungen für die Fahrgäste, und ich bin der Meinung, solange die S-Bahn überhaupt nicht sagen kann, welcher Betrieb noch möglich ist und welcher nicht –,

Herr Gaebler! Sie müssen zum Schluss kommen!

Letzter Satz – sollten alle Zahlungen an das Unternehmen so lange eingestellt werden,

[Michael Schäfer (Grüne): Ihre Zeit ist abgelaufen!]

bis es wieder eine Perspektive anbieten kann. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gaebler! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Abgeordnete Hämmerling das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Sie haben mich so skeptisch angesehen. Ich weiß, dass meine Bekleidung nicht ganz der Kleiderordnung des Hauses entspricht. Aber ich bin regelmäßige Kundin der S-Bahn. Deshalb ziehe ich mich seit letztem Donnerstag wärmer an.

[Martina Michels (Linksfraktion): Ich nicht!]

Ich ziehe mich wärmer an, weil ich letzten Donnerstag für vier Stationen eine ganze Stunde gebraucht habe.

[Andreas Gram (CDU): Es fehlt das Pelzmützchen! – Zurufe von der Linksfraktion]

Machen Sie doch nicht solch einen Krach! Ich bin am Mikrofon doch lauter.

Überlegen Sie einmal, was das für Menschen bedeutet, die im Businessdress irgendwohin müssen. Die können nicht mehr S-Bahn fahren. Es ist nicht nur so, dass Leute zu spät kommen, sondern bestimmte Personengruppen können jetzt nicht mehr S-Bahn fahren.

In der Zeitung lesen wir, die S-Bahn könne es nicht. Damit steht sie nicht allein. Die Deutsche Bahn und die Bundesregierung, auch Sie, Herr Wowereit, können es auch nicht. Wir brauchen jetzt einen politischen Paukenschlag. Der Bahnkonzern verdient an dem S-Bahnunternehmen auch dann, wenn bei der S-Bahn fast nichts mehr

geht. Was ist es aber, was wir tun müssen, damit die S-Bahn wieder funktioniert? – Wir brauchen Kostentransparenz. Diese stellt der Bahnkonzern nicht freiwillig her, dafür muss der Verkehrsvertrag mit der S-Bahn gekündigt werden und statt S-Bahnverkehr nach Geheimvertrag müssen wir S-Bahnverkehr nach Auferlegung stattfinden lassen. Das bedeutet den Offenbarungseid für die S-Bahn.

[Beifall bei den Grünen]

In Berlin heißt es dann, die Deutsche Bahn kann es nicht, die S-Bahn hat ausgespielt mit diesem Bahnkonzern. Berlin lässt sich nicht länger ausbeuten und verschaukeln von diesem kranken Unternehmen. Erst dann werden wir unsere Zuschüsse nicht mehr Konzern vermauschelt sehen. Dann wird klar, wo die Gelder tatsächlich hinfließen. Herr Wowereit! Sie können Empörungsrhetorik, Sie können die S-Bahnzuschüsse kürzen, aber Sie können nicht dafür sorgen, dass die S-Bahn wieder fährt.

[Beifall bei den Grünen]

Auch wenn Sie das nicht sagen, Ihre Botschaft an die S-Bahn ist doch: Der Vertrag verlängert sich nach 2017 automatisch. – Das wissen alle, die sich mit dem Thema befassen. Sie haben Übernahmephantasien, Sie träumen von einem landeseigenen S-Bahnunternehmen und von der BVG-Übernahme. Und dabei hat die mit ihrem eigenen Laden mehr als genug zu tun.

[Zuruf von Wolfgang Brauer (Linksfraktion)]

Ich wiederhole das nicht, was eben gesagt worden ist.

[Beifall bei den Grünen]

Warum müssen denn die Fahrgäste jetzt darunter leiden, dass Sie weder BVG noch S-Bahn im Griff haben? – Ganz einfach, weil Sie andere Prioritäten setzen. Ihre Prioritäten liegen nicht beim öffentlichen Personennahverkehr, die liegen beim Straßenausbau und bei der A 100.

[Zuruf von Oliver Friederici (CDU)]

Um den Öffentlichen haben Sie sich nicht gekümmert. Und deswegen sind die Probleme immer weiter eskaliert. Herr Wowereit! Die Bahnmanager sind doch nicht blöd.

[Beifall bei den Grünen]

Die sind vielleicht profitgierig, aber blöd sind sie nicht. Die wissen doch, dass Sie bis heute kein S-Bahnkonzept haben. Die S-Bahnmanager werden die S-Bahn weiter ausplündern, weil Sie keine Alternative dazu entwickeln. Das merkt zwar kaum jemand, aber Sie regieren immer noch. Sagen Sie uns, wie sieht denn Ihr S-Bahnkonzept tatsächlich aus, und wie wollen Sie dieses Konzept finanzieren? Und weil Sie immer einen Dreh finden, über uns Grüne und über unsere Spitzenkandidatin herzuziehen,

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Das macht ihr doch selber!]

sage ich Ihnen: Es ist billig, sich über die Opposition zu echauffieren, wenn man selber völlig inhaltsleer ist und kein Konzept hat.

[Beifall bei den Grünen – Zurufe von der Linksfraktion]

Herr Wowereit! Wie begründen Sie eigentlich heute, dass Sie vor zwei Wochen unseren Antrag zur Fahrgastentschädigung hier abgelehnt haben? Wir wollten, dass die Fahrgäste entschädigt werden, wenn die S-Bahn so schlecht ist, dass das Land Berlin seine Zuschüsse einbehält. Warum wollten Sie das nicht, und was haben Sie den Fahrgästen jetzt anzubieten? Die S-Bahngewerkschaft und der VBB-Chef warnen seit fünf Jahren vor dem Sparkurs der S-Bahn. Sie wollten das nicht hören. Vor zwei Jahren hatten wir das erste große Winterchaos bei der S-Bahn.

[Zuruf von Wolfgang Brauer (Linksfraktion)]

Da war SPD-Minister Tiefensee noch im Amt, und er war für die Bahn zuständig. Was haben Sie gemacht, Herr Wowereit? – Gar nichts! Im Sommer 2009 hat das Eisenbahnbundesamt erstmalig zwei Drittel der S-Bahnflotte stillgelegt. Ein einmaliger Vorgang in der deutschen Bahngeschichte. Was haben Sie gemacht, Herr Wowereit? – Urlaub! Herr Wowereit! Sie erwarten doch nicht im Ernst, dass Bundesverkehrsminister Ramsauer mehr Druck macht als Tiefensee. So blauäugig sind Sie doch nicht wirklich. Hilfe von der Bundesregierung wird es nicht geben. Bahnchef Grube pfeift doch schon lange auf Chefgespräche mit Ihnen. Das ist doch allen klar. Die Idee, der Bahn gar kein Geld zu geben, das klingt ja gut, aber helfen wird das nicht, denn die Bahn wird sich vor Gericht natürlich am Ende das holen, was ihr zusteht, und mehr bekommt sie ja ohnehin nicht. Nein! Wir können uns nur ganz alleine helfen, und das müssen wir ganz schnell tun.

[Zuruf von Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion)]

Wir sagen Ihnen auch, wie man den unkontrollierbaren Bahnkonzern wieder einfangen kann. Wir sind uns doch einig, die Deutsche Bahn AG und ihre Tochterunternehmen – ja, Herr Lederer – haben sich disqualifiziert. Sie haben sämtliches Vertrauen verspielt.

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Berlin wird seit zwei Jahren immer wieder vom Bahnkonzern verschaukelt. Die Bundesregierung ändert nichts daran. Selbst einem engagierten – ich sage das ganz bewusst – S-Bahnchef, wie das der Herr Buchner ist, dem wird nicht gelingen, unter den gegenwärtigen Bedingungen die S-Bahn wieder ordentlich fahren zu lassen.

[Zuruf von Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion)]

Aus diesem kranken Bahnsystem können wir nur ausbrechen, wenn wir den S-Bahnvertrag aufgrund der dauerhaften Schlechtleistung und Nichterfüllung kündigen. Danach muss der S-Bahnverkehr bis 2017 auferlegt werden, denn das zwingt zur Offenlegung der Preiskalkulation. Das europäische Recht fordert bei der Auferlegung diese Kostentransparenz. Dann wird auch für jeden sichtbar, dass die DB Netz Höchstpreise kassiert, auch wenn die Weichen und Brücken kaputt sind, wenn die Schienen und Weichen nicht funktionieren.

[Zurufe von der SPD und der Linksfraktion]