Claudia Hämmerling
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Last Statements
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fliegen ist die umweltschädlichste Fortbewegungsart, und das wird von der Bundesregierung jedes Jahr steuerlich mit 12 Milliarden Euro subventioniert. Als diese Subvention
richtig, jetzt kommt’s! – durch eine Flugverkehrsabgabe gekürzt werden sollte, wollte Herr Wowereit das im Bundesrat verhindern. So sieht die wowereitsche Realpolitik aus, und das sind nicht die Büttenreden, mit denen er das heute verschleiern wollte.
Fakt ist also: Bundesregierung und Senat forcieren den Flugverkehr und schwächen damit das Bahnfahren, obwohl es auf Kurzstrecken eine wunderbare Alternative zum Fliegen ist. Der positive Nebeneffekt: Vor Bahnlärm können die Anwohner mit Schallschutzwänden gut geschützt werden. Leider hier Fehlanzeige! Energieeffiziente Fortbewegung und Klimaschutz haben bei CDU und SPD keine Chance.
Finden Sie es nicht komisch? – Bis vor einem Jahr waren wir Grünen die Einzigen, die sich um einen verträglichen Flugbetrieb gekümmert haben.
Wir haben hier an dieser Stelle über ein weitgehendes Nachtflugverbot diskutiert, über unseren Antrag, und den haben Sie alle, Die Linke, die SPD und die CDU, abgelehnt. Die Begründung: Den Flughafen bauen wir nicht aus Jux und Tollerei. Die Wirtschaftlichkeit geht vor.
Und heute ist auf einmal alles anders. 17 Tage vor der Wahl überbieten sich CDU und SPD in Sachen Lärmschutz. Nicht nur ich finde das unglaubwürdig.
Herr Henkel! – Nun ist er gar nicht da. – Der Eiertanz Ihrer CDU in Sachen Flugbetrieb ist beispiellos. Diepgen und Wissmann haben den Standort Schönefeld durchgesetzt. 16 Jahre lang ging es Ihnen ausschließlich um
Vielfliegerei, und die Leute vor Ort waren Ihnen schnuppe. Das haben wir schriftlich. Sie brauchen sich bloß das Wortprotokoll über unseren Nachtflugverbotsantrag anzusehen. Erst als die Betroffenen gegen diese absurden Flugroutenpläne auf die Straße gegangen sind, kam Ihre Kehrtwende, und dann kam die Kehrtwende zur Kehrtwende. Sie haben 2008 unseren Antrag zum Nachtflugverbot abgelehnt, 2011 einen eigenen Nachtflugverbotsantrag eingebracht und den dann auf Druck der Wirtschaft ein paar Wochen später wieder zurückgezogen. Halten Sie sich bloß gut fest, damit Ihnen bei den vielen Kehrtwendungen nicht schwindlig wird!
Seit einem Jahr ist auch bei der SPD alles anders. Die Flugrouten kamen ans Tageslicht. Wir hörten das erste Mal von unabhängigen Parallelstarts hier im Parlament, und die Bürgerinnen und Bürger vor Ort auch, und Sie, Herr Wowereit, sind als Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft und Regierender Bürgermeister ahnungslos. Sie gaben sich überrascht. Sie wollen dieses wichtige europäische Gesetz von zentraler Bedeutung für den Verlauf der Flugrouten nicht gekannt haben. Das passiert Ihnen aber öfter. Bei der S-Bahn haben Sie ja auch solche Ausfälle, haben nichts gemerkt. Sie haben nichts gemerkt bei der Teilprivatisierung der Wasserbetriebe und beim Filz der HOWOGE, beim Spreedreieck und auch beim Rechnungshof nicht. Das nehmen wir Ihnen nicht ab, Herr Wowereit! Sie regieren hier, also übernehmen Sie bitte die Verantwortung, und lösen Sie endlich die Probleme dieser Stadt!
Meine Damen und Herren von der SPD! Herr Gaebler! Wenn Sie jetzt, 17 Tage vor der Abgeordnetenhauswahl, unter dem Druck der Betroffenen einen sehr allgemeinen Antrag einbringen, dann hilft das niemandem. Ich frage Sie: Warum bringen Sie den erst heute ein, und warum werden Sie nicht konkreter? Wir machen Ihnen ein ganz konkretes Angebot mit unserem Änderungsantrag, keine pflaumenweichen Versprechungen vor der Wahl.
Lassen Sie den Änderungsantrag zu! Dann können wir auch Ihrem Antrag zustimmen. Wir möchten gern, dass Sie sich gegenüber der Deutschen Flugsicherung für Alternativrouten einsetzen, die den Überflug des Müggelsees verhindern, und dabei soll vor allem die Umsetzung der Routenalternative mit der Südumfliegung von Müggelheim, dem Müggelsee und Erkner angestrebt werden, bei der der Abdrehpunkt erst nach dem Überflug des Gebiets nördlich bzw. südlich von Gosen erfolgt. – Herr Gaebler! Sie gingen darauf ein. Das macht 24 Cent an Mehrkosten bei einem Flug von Berlin nach London aus. Worüber reden wir eigentlich?
Und wir möchten gern, dass auch die westlichen Routen noch einmal überprüft werden. Wenn Sie wissen wollen, wie, lesen Sie sich unseren Änderungsantrag noch mal durch! Wir bitten Sie: Stimmen Sie dem Änderungsantrag
zu! Dann ist Ihr Entschließungsantrag nicht nur Selbstbeweihräucherung der SPD, dann können wir ihm auch folgen.
Danke schön! – Ich frage den Senat:
1. Wie erklärt der Berliner Senat die Verzögerung beim Bau des Regierungsflughafens in Schönefeld um ein weiteres Jahr bis 2015, und welche Interimslösung ist für die Zeit dazwischen vorgesehen?
2. Was ist dran an den Gerüchten, dass es auch im Terminplan des Flughafens BBI weitere Verzögerungen geben soll?
Schönen Dank! – Es würde uns sehr freuen, wenn die Gerüchteküche jeder Grundlage entbehren würde.
Sie sprachen von einer Verzögerung des Planfeststellungsverfahrens. Haben Sie sich in diesem Zusammenhang dafür eingesetzt, dass die denkmalgeschützte Generalsvilla mit in die Hochbauten integriert wird, damit nicht so ein gestaltloser Hochbaukomplex wie an jedem Flughafen entsteht? Wenn nein, warum nicht?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mein Kollege Benedikt Lux sagte gerade zu mir: Ja, ja, Die Linke hat aus geschlossenen Systemen gelernt, ihr nicht. – Damit meinte er die Herren, die diesen Antrag gestellt haben bzw. die CDU-Fraktion, die ihn unterstützt.
Der Begriff „integriertes Sicherheitskonzept“ klingt ja toll, aber tatsächlich ist Ihr Konzept einfach nur schlecht, weil sich dahinter Zugangssperren verbergen. Damit können Sie vielleicht das Schwarzfahren eindämmen,
aber sicherer wird der öffentliche Personennahverkehr – wir für führen ja hier eine sicherheitspolitische Debatte – dadurch kaum. Durch Zugangssperren werden im Übrigen Fluchtwege eingeschränkt. Darüber haben Sie wahrscheinlich noch gar nicht nachgedacht.
Das ist ja schon bei Herrn Gaebler angeklungen: Zugangssperren sind fahrgastfeindlich, richtig fahrgastfeindlich. Waren Sie mal in Moskau oder Paris?
Sind Sie da mal Metro gefahren?
Haben Sie Kinderwagen gesehen? Haben Sie gesehen, wie sie da runterkommen? Ich denke, wenn Sie mal in Moskau waren, haben Sie beobachten können, dass jedes mal, wenn jemand mit Gepäck oder mit einem Kinderwa
gen kommt, die Zugangssperren aufgeschlossen werden müssen. Wie viele Aufschließer wollen Sie denn im Berliner Zugangssperrensystem haben, wenn sie da Fahrräder transportieren wollen, wenn die Leute in Zukunft auch im Rollstuhl unterwegs sein wollen und wenn die Leute Kinderwagen oder sperriges Gepäck befördern wollen? Es kann ja auch sein, Sie wollen, dass wir so etwas nicht mehr mit den öffentlichen Verkehrsmitteln mitnehmen dürfen, aber dann sind Sie wirklich allein, und dann sind Sie mit dieser Position ziemlich von vorgestern.
Ich finde es sehr erstaunlich, dass dieser Antrag, der die Freiheitsrechte, die Fahrgastrechte so stark einschränkt, ausgerechnet von der FDP kommt. Für Sie gilt freie Fahrt für freie Bürger nur für den Autoverkehr. Offensichtlich sind Verkehrsteilnehmer in den öffentlichen Verkehrsmitteln für Sie Bürgerinnen und Bürger zweiter Klasse. Aber ich sage Ihnen: Zugangssperren nicht mit uns!
Die Installation von Zugangssperren, von diesen geschlossenen Systemen, ist sehr teuer. Der Betrieb ist teuer, denn Sie müssen an jeder dieser Sperren jemanden hinstellen. An der Stelle sagen wir auch: Klar, für Sicherheitspersonal auf Bahnhöfen haben wir große Sympathien, aber nicht dafür, dass da Leute mit einem Schlüssel stehen, die die Sperren auf- und zuschließen. Wo führt das hin? Wir denken, mehr Sicherheitspersonal: ja, Zugangssperren: nein.
Ein starkes Stück ist auch, dass Sie ausgerechnet die eingesparten S-Bahnmillionen dafür verwenden wollen. Das ist ja Geld, das nicht ausgegeben wird, weil Fahrleistungen nicht erbracht werden. Nicht erbrachte Fahrleistungen wollen Sie also einsetzen, um die Beförderungsqualität für die Fahrgäste einzuschränken.
Wir sagen: Wenn wir dieses Geld irgendwie einsetzen wollen, dann im Interesse der Fahrgäste und nicht gegen Sie. Wir sagen: S-Bahnmillionen sollen ausgegeben werden, damit die Beförderungsqualität für Behinderte, für Radfahrer, für Menschen mit Kinderwagen, mit Gepäck verbessert wird und nicht, damit wir künstlich Barrieren schaffen. Wir bzw. die Senate in der Vergangenheit – und dazu gehörte auch mal ein CDU-Senat, wenn ich mich richtig erinnere – haben die öffentlichen Verkehrssysteme barrierefrei gemacht. Dafür sind zig Millionen investiert worden. Dies jetzt durch Zugangseinschränkungen zunichte zu machen, wäre wirklich absurd. Wir müssen diesen Antrag ablehnen!
Herr von Lüdeke! Darum geht es doch überhaupt nicht. Sie haben, wahrscheinlich weil Sie so selten die Berliner Verkehrsmittel benutzen, den Unterschied zwischen unserem S-Bahnsystem und dem Metrosystem in Paris, London und Moskau nicht erfasst.
Wir haben das Ziel – und wir sind ziemlich dicht dran –, einen barrierefreien ÖPNV zu schaffen. Barrierefrei heißt, dass Menschen mit Behinderungen, dass Rollstuhlfahrer, dass Menschen mit körperlichen Einschränkungen, dass
Menschen mit Gepäck und mit Kinderwagen, auch mit einem Fahrrad den Zugang haben. Den haben sie in dem Moment nicht mehr, wenn Sie diese Zugangssperren einrichten.
Und wenn in Paris, Moskau und London diese Zugangssperren gebaut werden, dann ist das kein größeres Problem, weil diese U-Bahnsystem nicht barrierefrei sind. Da kommen Sie mit einem Rollstuhl gar nicht rein. Da kommen Sie überhaupt nur an ganz ausgewählten Punkten rein. Die Gänge sind zu schmal. Da sind überall nur Rolltreppen. Das funktioniert nicht barrierefrei. Denken Sie noch einmal darüber nach, gehen Sie in sich, und lassen Sie einfach den Unsinn mit solchen Anträgen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Radverkehr hat sich in den letzten Jahren verdoppelt, aber der Platz für Radler nicht. Deshalb sind Fußgänger sauer, weil sie sich den Bürgersteig mit immer mehr Radlern teilen müssen. Radfahrer sind sauer, weil sie gezwungen sind, mit angezogener Handbremse in Schlangenlinien auf benutzungspflichtigen Radwegen herumzukurven. Und weil das Radfahren auf dem Bürgersteig so gefährlich ist, gibt es jetzt ein höchstrichterliches Urteil zur Abschaffung der Benutzungspflicht von Radwegen. Aber was macht die Berliner Verkehrslenkung? Na, was wohl? – Nichts! Wie immer! Frau Senatorin Junge-Reyer! Sie tun auch nichts. Sie sitzen das aus – genauso wie das S-Bahnchaos und die Mietsteigerungen –, und es ist höchste Zeit, dass das am 18. September aufhört.
Meine Damen und Herren von SPD und Die Linke! Sie müssen den klima- und energieeffizienten Radverkehr
konsequent fördern. Die schwachen Verkehrsteilnehmer müssen besser geschützt werden. Sie tun einfach zu wenig für Radfahrer und Fußgänger. Kamikaze-Radfahrer kommen in Berlin genauso gut voran wie rücksichtslose Autofahrer, weil sie kaum kontrolliert werden. Fahren auf der falschen Straßenseite, aber auch rücksichtsloses Falschparken auf Radspuren oder Raserei – Unfallursache Nr. 1 –, all das bleibt ohne Konsequenzen, und damit bestärken Sie die Rücksichtslosen. Das kann am Ende nicht gut gehen.
Der Verkehrsraum muss gerecht und fair aufgeteilt werden. Frau Senatorin Junge-Reyer! Warum lassen Sie zu, dass Straßen ohne eigene Radverkehrsanlagen entstehen? Warum lassen Sie zu, dass Baustellen gebaut werden, bei denen keine Rücksicht auf den Radverkehr genommen wird? – Das ist verantwortungslos, und wir haben den Spruch „Dafür sind wir nicht zuständig!“ satt.
Sie regieren, also schaffen Sie Zuständigkeiten, die funktionieren! Wenn Sie das nicht können, dann überlassen Sie das einfach anderen!
Drei Anträge von uns stehen heute zur Abstimmung. Es geht um bessere Rahmenbedingungen für den Radverkehr, um die Berücksichtigung des Radverkehrs an Baustellen und das Aufheben der Radwegebenutzungspflicht. Die Dagegen-Parteien hier im Hause haben diese Anträge abgelehnt. Warum eigentlich? Warum lehnen Sie die Anträge ab?
Die Berliner und Berlinerinnen bemängeln viele gefährliche und schikanöse Stellen im Radverkehr. Wir haben deshalb den Radverkehrspreis „Verbogene Felge“ ausgelobt, und zwar für die schlechteste Infrastruktur im Land Berlin. Die Berlinerinnen und Berliner haben sich bei der Auswahl mit mehr als 200 Zuschriften beteiligt, und beim Umweltfestival am Rande der Sternfahrt wurde dann eine Auswahl getroffen. Die Berlinerinnen und Berliner haben abgestimmt. Preisträger ist die Leipziger Straße. Acht Fahrspuren, Parkplätze, aber nicht ein einziger Quadratmeter für den Radverkehr! Frau Senatorin Junge-Reyer! Diesen Fahrradpreis – unsere „Verbogene Felge“ – haben Sie sich redlich verdient. Hier ist sie. Ich gebe sie Ihnen gleich.
Frau Senatorin! Dabei ist Ihre Radverkehrsstrategie ja gut. Sie könnte von uns sein. Aber die Praxis ist Murks. Das hat ein wenig von Politik aus der Anstalt. Für den abnehmenden und klimaschädlichen Autoverkehr bauen Sie in der Innenstadt 7 000 Parkplätze und neue Straßen, und die A 100 wollen Sie dann bauen, damit der Autoverkehr von diesen neuen Straßen und den 7 000 Parkplätzen ferngehalten wird. Für den ständig zunehmenden Radverkehr haben Sie nur dann etwas übrig, wenn er den Autoverkehr nicht behindert und keine eigenen, zusätzlichen Flächen braucht. Die Radler unter den Berlinern und Berlinerinnen
fühlen sich nach zwei Legislaturperioden Rot-Rot noch immer als Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse. Sie brauchen alltagstägliche Radanlagen und nicht nur die Fernwege Berlin-Usedom. Wir fordern Sie auf – und Sie haben die Gelegenheit zu zeigen, dass es alles nicht stimmt, was ich heute gesagt habe –: Stimmen Sie unseren Anträgen zu!
Schönen Dank, Herr Präsident! – Natürlich gilt § 1 der Straßenverkehrsordnung für alle Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer, das hatte ich schon angesprochen. Ich will aber zwei Dinge klarstellen: Die Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht bedeutet nicht, dass man dort nicht mehr fahren darf. Das kann ersetzt werden. Das blaue Schild sagt „Benutzungspflicht“. Ihr Radfahrer seid verpflichtet, auf diesem Bürgersteig, auf diesem roten oder nicht roten Handtuch zu fahren, und ihr dürft nicht auf der Straße fahren. Solange dieses Schild dort hängt, muss man auf dem Bürgersteig fahren, ist von rechts abbiegenden Lkws höchst gefährdet, deswegen gibt es dieses Gerichtsurteil. Wenn die Benutzungspflicht aufgehoben ist, heißt das nicht, dass man dort nicht mehr fahren darf. Man darf sich das dann aussuchen. Dort steht dann ein Querschild, wie wir es inzwischen auch an der Stresemannstraße, an der Baustelle des Bundesumweltministeriums, haben. Dort darf man dann fahren, für Radfahrer gilt aber natürlich noch stärker, dass sie Rücksicht auf den Fußgängerverkehr zu nehmen haben.
Da kommt genau der Punkt, den ich vorhin angesprochen habe – meine Kritik an der fehlenden Kontrolle von Verfehlungen und Regelverstößen.
Radfahrer und auch Autofahrer müssen sich an die Regeln halten, und wenn Sie nicht kontrollieren, dass die Raser rasen oder dass die Radfahrer Fehler machen, dann bestärken Sie dieses Fehlverhalten.
Wir haben rückläufigen Autoverkehr in der Stadt, und das wollen wir auch. Warum, zum Teufel, wollen wir nicht einen Teil der Stellplätze von Parkplätzen in Radaufstellflächen umwidmen – wie beispielsweise am S-Bahnhof Schönhauser Allee, wo dann Leute massenhaft mit dem Rad an den Bahnhof heranfahren können?
Es gibt Parkplätze für Autos, natürlich, auf der Straße darf geparkt werden, man kann dieses Autoparken umwandeln, in dem man Fahrradbügel auf der Straße errichtet.
Genau das wollen wir mit unserem Antrag, eine vernünftige und alltagstaugliche Infrastruktur für den Radverkehr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag hat doch Unterhaltungswert.
Dass er abgelehnt wird, stand ja von Anfang an fest, aber ich war gespannt auf die Begründungen, habe mich auch vorbereitet, habe eine Rede geschrieben und quasi für mich vorweggenommen, was die Fraktionen heute wohl sagen werden.
Bei der SPD habe ich Folgendes aufgeschrieben: Die SPD wird ihn ablehnen, obwohl sie der Wirtschaft genau diese Art Nachtflugverbot versprochen hat. Sie wird herumeiern wie immer, weil jeder den Eindruck haben soll, dass für alle etwas dabei ist. – Genau das ist auch passiert.
Und Die Linke? – Bei der Linken habe ich mir aufgeschrieben: Die Linke war zwar neun Jahren Regierung auf
genau diesem SPD-Kurs. Mit Blick auf die Wahl hat sie aber auf bürgernah umgeschwenkt und wird die Einschränkung des Nachtflugverbots ebenfalls ablehnen – hat geklappt.
Unsere Entscheidung liegt auf der Hand. Wir hatten ja einen Antrag eingebracht über ein weitreichendes Nachtflugverbot, den Sie hier alle abgelehnt haben.
Wir haben dieses Nachtflugverbot auch in unserem Wahlprogramm.
Wir werden deswegen natürlich diesen Antrag heute ablehnen. Was glauben Sie denn?
Aber richtig spannend, fand ich, und deswegen war ich auch auf die Diskussion gespannt, obwohl ich keine Lust hatte, heute bis 23.15 Uhr hier zu sitzen,
weil ich wissen wollte, wie Sie sich heute hier aus der Affäre ziehen werden.
Sie hatten ja vor einer Weile unter dem Druck der Protestbewegung einen Antrag ins Parlament eingebracht über ein weitgehendes Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr.
Das war das Weitestgehende, das in diesem Parlament diskutiert und beraten wurde.
Dann haben Sie im Ausschuss mit diesem Antrag, als dann die Wirtschaft versucht hat, sag’ mal, CDU, seid ihr noch ganz klar, unter diesem Druck dann wieder die Kehrtwende gemacht und gesagt: Na gut, wir erklären den Antrag für erledigt. – Das haben wir der CDU nicht durchgehen lassen, denn erledigt war ja gar nichts. Jetzt kommt auf einmal die Begründung von Herrn Friederici mit dem Verweis auf die Krawallpartei FDP, der
erklärt hat, Sie würden diesem Antrag zustimmen – na, wunderbar, innerhalb von acht Wochen eine komplette Kehrtwendung.
Das ist schon eine Leistung, die besonders gewürdigt werden muss. Wir werden die Berlinerinnen und Berliner und auch die Wirtschaft im Wahlkampf daran erinnern, verlassen Sie sich darauf.
Zum Inhalt noch so viel: Die Standortentscheidung für den BBI wurde 1996 mit dem Konsensbeschluss getroffen. Das hat uns die Schließung der innerstädtischen Flughäfen und die Entlastung vieler Hunderttausender Menschen vom Fluglärm ermöglicht. Wir sagen: Berlin braucht einen leistungsstarken, leistungsfähigen Flughafen mit interkontinentalen Verbindungen. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Menschen am neuen Flughafen um ihren Nachtschlaf und um ihre Gesundheit gebracht werden dürfen. Das ist auch gar nicht nötig.
Andere Flughäfen zeigen, dass ein striktes Nachtflugverbot einen wirtschaftlichen Betrieb überhaupt nicht verhindert. Gucken Sie nach Zürich! Dort gibt es das.
Da ist ein Luftdrehkreuz, obwohl es dieses strikte Nachtflugverbot gibt. Lassen Sie einfach die Kirche im Dorf! Wir glauben an die Leistungsfähigkeit dieser Stadt. Wir glauben auch an die Leistungsfähigkeit dieses Flughafens ohne ein Nachtflugverbot,
mit Nachtflugverbot.
Und ich sage Ihnen noch eins abschließend: Denken Sie daran, nachhaltiges Wirtschaften muss immer im Einklang mit den natürlichen Lebensräumen, mit den natürlichen Ressourcen stattfinden und nicht im Widerspruch dazu. Wenn Sie erfolgreich wirtschaften wollen, dann müssen Sie das berücksichtigen. Denken Sie einfach zurück: Was ist von der rot-grünen Bundesregierung übriggeblieben? – Die Förderung der regenerativen Energien, das hat die Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen,
[Christoph Meyer (FDP): Hartz IV! – Uwe Doering (Linksfraktion): Bundeswehreinsätze! – Andreas Gram (CDU): Acht Millionen Arbeitslose! – Martina Michels (Linksfraktion): Hartz IV und Dosenpfand!]
das hat dafür gesorgt, dass hier die Arbeitsplätze entstanden sind und dass wir mit gutem Gefühl auf den Atomausstieg zugehen können. – Krakeelen Sie nicht so, Sie können eine Kurzintervention machen!
Wir sagen, die Beeinträchtigungen durch diesen Flughafen müssten so gering wie möglich gehalten werden. Wir werden natürlich Ihren Antrag ablehnen.
Ja, Herr Braun!
Herr Braun! Ich habe die Politik verstanden. Ich habe verstanden, dass es sich oft auszahlt, vor der Wahl große Versprechungen zu machen, auch alles zu versprechen.
Ich weiß aber, dass das eine Art von Politik ist, die die Menschen satt haben, die die Menschen nicht mehr ertragen können.
Deswegen setze ich auf Glaubwürdigkeit.
Und zu dem Afghanistan-Einsatz, Herr Braun:
Den hielt ich für falsch. Ich halte ihn auch heute noch für falsch. Man muss auch sagen – –
Man muss auch die Courage haben zu sagen, man hat sich geirrt, das war ein Fehler. Das muss man auch tun. Das muss man auch können, Herr Braun.
Aber innerhalb von acht Wochen völlig konträre Forderungen aufzustellen, das nimmt Ihnen da draußen niemand ab.
Und damit machen Sie sich auch keine Freunde in der Wirtschaft, keine Freunde unter den Gegnern des Flughafens. Damit machen Sie sich einfach nur unglaubwürdig. Vielleicht arbeiten Sie daran noch ein bisschen.
Schönen Dank, Herr Präsident!
1. Treffen Informationen zu, dass der Senat dem Bezirksbürgermeister von Köpenick mit disziplinarischen Maßnahmen gedroht hat, um ihn von einer Klage gegen den aus Bezirkssicht unzureichenden Lärmschutz bei Kitas beim Ausbau vom BBI abzuhalten?
2. Wenn ja, wie bewertet der Senat die Auffassung, dass es ein Zeichen von politischer Schwäche ist, Bürgermeister und andere politische Verantwortungsträger durch disziplinarische Maßnahmen zu disziplinieren, statt mit ihnen Einvernehmen zu erzielen?
Schönen Dank, Herr Präsident! – Das war keine Klage gegen den Senat, sondern gegen das Vorhaben. Planen Sie denn auch disziplinarische Maßnahmen gegen den Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, der bekanntermaßen gegen die A 100 Klage eingereicht hat?
Schönen Dank, Herr Präsident! – Ich frage Frau JungeReyer – sie lächelt schon –: Vor dem Hintergrund, dass die S-Bahn bis heute noch nicht einmal den Notfahrplan einhalten kann möchte ich wissen, warum Sie seit zwei Jahren Termine für eine S-Bahnentscheidung ankündigen, aber diese Entscheidung – das habe ich diese Woche zur Kenntnis genommen – in die nächste Legislaturperiode, auf die nächste Regierung verschieben.
Schönen Dank! – Sie haben meine Frage nicht beantwortet, aber da die Ursachen für das Desaster, das wir jetzt haben, zum großen Teil an dem schlechten Verkehrsvertrag liegen, frage ich Sie: Wie bewerten Sie die Situation, dass sich mit jedem Zögern und jedem Verschieben der Entscheidung die Chance auf einen neuen Verkehrsvertrag und eine bessere Situation um ein Jahr verzögert, uns über das Jahr 2017 hinaus an die S-Bahn kettet und uns von den Bahnmanagern abhängig macht?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die CDU scheint ihre Mappus-Erfahrungen gezogen zu haben. Das war ein recht anspruchsvoller Beitrag für die CDU. Danke schön, Herr Friederici!
Schönen Dank für den Beifall von der FDP! – Aber Sie, Herr Meyer müssen noch üben. Sie haben eine engagierte Bildungspolitikerin, aber offenbar fruchtet das in Ihrer Fraktion nicht, denn Ihr Antrag bestätigt: Die FDP denkt heute noch immer so wie im letzten Jahrhundert. Dieses Denken hat keine Zukunft. Mit diesem Denken werden auch Sie keine Zukunft haben. Das finde ich zumindest für einzelne kluge Köpfe sehr schade, zum Beispiel für den von Herrn Schmidt.
Herr Meyer! Ihre Fraktion stellt Wirtschaftswachstum und Verkehrswachstum gleich. Das ist doch Unsinn. Wirtschaft braucht gute Verkehrsinfrastruktur. Das ist richtig, aber Sie wollen überall im Hauptverkehrsstraßennetz jederzeit Tempo 50 fahren, auch auf Schleichwegen im Nebenstraßennetz. Sie wollen die A 100 verlängern und die Tangentialverbindung Ost ausbauen. Das bedeutet mehr Beton und mehr Straßen. Sie wollen den Radverkehr in die Nebenstraßen abschieben. Das heißt, Sie lehnen Geschwindigkeitsbegrenzungen für mehr Sicherheit an Kitas und Schulen und an Unfallschwerpunkten ab. Sie halten Lärmschütz vor Krankenhäusern und an überbelasteten Hauptverkehrsstraßen für falsch.
Sie leiden an totaler Realitätsverweigerung, denn die Menschen in dieser Stadt wollen etwas ganz anderes. Des halb müssen wir Ihren Antrag ablehnen. Richtig ist: Der Wirtschaftsverkehr braucht Platz, und er muss fließen. Wer das will, muss die Straßen vom motorisierten Indi
vidualverkehr befreien. Das ist ganz einfach. Wer das will, darf aber auch nicht – wie die Regierungskoalition – neue Straßen in der Innenstadt und 7 000 Parkplätze bauen. Das ist irrational. Wer diese Parkplätze bewilligt und den Leuten anschließend erklärt, man brauche die A 100, um die Innenstadt von Autoverkehr freizuhalten, der ist auch fern der Realität.
Die Verkehrspolitik dieses Senats ist planlos, aber sie nimmt wenigstens Rücksicht auf die Sicherheitsbedürfnisse der Menschen in dieser Stadt. Das ist viel mehr, als Sie von der FDP zu bieten haben.
Meine Damen und Herren von der FDP! Sie haben ein absolut rücksichtsloses Mobilitätsbild.
Das muss Ihnen ins Stammbuch geschrieben werden. Sie verschwenden keinen Gedanken an die Lebensqualität in dieser Stadt, an die Zukunft und Sicherheit der Menschen und an die Zukunft auf dieser Erde. Das sieht man in den kleinen verkehrspolitischen Anträgen hier auf kommunalpolitischer Ebene und auf Landesebene. Das sieht man aber auch im Großen. Wenn Sie nicht ganz schnell umdenken, dann werden die Berlinerinnen und Berliner im September auch keinen Gedanken mehr an die FDP verschwenden.
Ich mache es kurz. – Herr von Lüdeke! Natürlich kann man nichts gegen intelligente Verkehrssteuerung und -lenkung sagen.
Aber warum denken Sie nicht einmal an klima- und energieschonende Verkehrspolitik? „Freie Fahrt für freie Bürger“ war in den siebziger Jahren. Sie müssen heute ein anders Bild von Mobilität entwickeln. Wenn Sie das nicht schaffen, sind Sie an der Zeit vorbei und spielen hier keine Rolle mehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag ist schon seltsam, Herr Friederici! Der CDU wird ja eigentlich Wirtschaftskompetenz nachgesagt,
es wird ihr nachgesagt! Dazu gehören eigentlich auch Verträge, und, Herr Henkel, mir ist in Erinnerung, dass in Ihrer Fraktion ein paar Juristen sitzen. Gucken sich diese Juristen solche Anträge allesamt nicht an? – Ich verstehe es nicht! Sie fordern den Senat auf, einen neuen Vertrag mit der S-Bahn abzuschließen; Sie nennen das Sa
nierungsvertrag oder Vertragsergänzung. Die inhaltlichen Forderungen, die Sie aufstellen, sind durchaus vernünftig, doch erklären Sie diesem Hause bitte, warum die S-Bahn bereit sein sollte, einen Vertrag abzuschließen, der schlechter ist als der, den sie hat. Die S-Bahn hat einen Vertrag bis 2017, der gilt, Verträge sind bindend, und warum sollte die S-Bahn nun einen schlechteren Vertrag abschließen? – Herr Friederici! Sie können gerne eine Kurzintervention machen, ich bin auf Ihre Antwort gespannt!
Man kann den Bahnmanagern alles Mögliche vorwerfen, und das tun wir auch, aber blöd sind sie bestimmt nicht. Deshalb kann weder dieser noch irgendein anderer Senat einen neuen Vertrag bewirken – freiwillig. Der Vertrag läuft bis 2017, wir erwarten, dass er länger wird laufen müssen, weil der Senat die Ausschreibung verpennt hat. Ihnen von der CDU empfehle ich, diesen Antrag möglichst nicht den Wirtschaftsunternehmen zu zeigen, die lachen sich tot, und Ihre Wahlchancen werden damit nicht steigen.
Zum letzten Absatz Ihres Antrags, da steckt der eigentliche Pferdefuß: Sie wollen, dass die Laufzeitverlängerung des Verkehrsvertrages geprüft wird. Wenn Sie das vor einem Jahr gefordert hätten, hätte ich gedacht, Sie finden die S-Bahn so toll, dass Sie sich länger an sie binden wollen, kann ja sein, dass die CDU so tickt. Wenn Sie das aber heute fordern, nachdem der Bundesgerichtshof festgestellt hat, die Direktvergabe ist ausgeschlossen, dann muss Ihnen doch klar sein, dass die S-Bahn derzeit im Besitz eines rechtswidrigen Vertrages ist. Dieser Vertrag, den das Land Berlin per Direktvergabe mit der S-Bahn abgeschlossen hat, ist rechtswidrig. Sie als Law-andOrder-Partei wollen diesen rechtswidrigen Vertrag verlängern? Wollen Sie das ernsthaft? – Ich bin auf Ihre Kurzintervention gespannt, Herr Friederici. Diesen Antrag kann man nur ablehnen.
Schönen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an Frau Senatorin Junge-Reyer: Frau Junge-Reyer! Können Sie uns sagen, inwieweit bei der Flugroutenplanung solche sensiblen Einrichtungen wie der Standort des HahnMeitner-Reaktors berücksichtigt werden?
Auch wir finden den Bahnhof Karlshorst so wichtig, dass wir heute einen Antrag zum Erhalt dieses Bahnhofs eingebracht haben. Aber wir wollen nicht nur einen Bahnhof erhalten, sondern vor allem attraktive Zugverbindungen und Züge in die östlichen Stadtteile. Aus diesem Grund haben wir etwas weiter gedacht als Sie. Wir wollen nicht nur den Regionalbahnhof Karlshorst für eine gute Bahnanbindung erhalten, sondern wir wollen, dass die Regionalbahn RB 24 im übernächsten Jahr nicht nur im Stundentakt, sondern alle 20 Minuten zwischen Hohenschönhausen, Springpfuhl, Lichtenberg, Ostkreuz, Schöneweide und BBI verkehrt. Mit dieser unschlagbar schnellen Schienenverbindung werden viele Menschen im Osten auf ihren privaten Pkw verzichten. Das macht die TVO obsolet, ist energieeffizient und klimafreundlich. Die Details diskutieren wir im Verkehrsausschuss.
Schönen Dank, Herr Präsident! Gerade darauf habe ich geachtet. Frau Senatorin war im ersten Satz, und dann habe ich auf den Knopf gedrückt.
Ja, der erste Satz war entscheidend.
Frau Senatorin! Vor dem Hintergrund des doch sehr unzuverlässigen – man muss sagen: unberechenbaren – Verhaltens der Bahnmanager frage ich Sie, wie Sie es aus heutiger Sicht bewerten, dass Sie 2004 und 2007 auf eine Ausschreibung beziehungsweise Teilausschreibung des S-Bahnnetzes verzichtet haben.
Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat das Urteil des Bundesgerichtshofs zur Direktvergabe des Bahnverkehrs bezüglich einer vom Senat erwogenen Direktvergabe des S-Bahnverkehrs?
2. Welche Strategie der Vergabe des S-Bahnverkehrs bevorzugt der Senat nach diesem Urteil, und wie bewertet er die Auffassung, dass seine Entscheidungsschwäche dem Ziel schadet, nach Ablauf des bestehenden S-Bahnvertrages wieder einen zuverlässigen S-Bahnverkehr sicherzustellen?
Schönen Dank, Herr Präsident! – Frau Senatorin! Eine der Optionen ist die Vergabe an die BVG oder eine landeseigene Gesellschaft. Sie lehnen ja einen landeseigenen Fuhrpark aus Kostengründen ab. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Wie sollte sich denn gerade die BVG, die hoch verschuldet ist, oder eine andere landeseigene Gesellschaft die Züge beschaffen? Die fallen ja nicht vom Himmel. Wie stellen Sie sich denn da eine Finanzierung vor?
Schönen Dank, Herr Präsident! – Frau Senatorin JungeReyer! Ihren Ausführungen habe ich entnommen, dass auch Sie für eine Entschädigung sind. Warum haben dann die Regierungsfraktionen bzw. Sie unseren Antrag zu Fahrgastentschädigungen vor acht Wochen noch abgelehnt?
Ich frage Frau Senatorin Junge-Reyer: Frau Junge-Reyer! Gestern war im Verkehrsausschuss des Bundestages die S-Bahn Thema. Wie bewerten Sie vor dem Hintergrund, dass gestern bekannt geworden ist, dass die S-Bahn eben nicht genug Geld einsetzt und nicht genug Personal und auch bis heute kein vernünftiges Management stattfindet, um das Chaos zu beseitigen, und vor dem Hintergrund
das ist immer noch eine Frage, das lesen Sie hinterher im Protokoll –, dass Staatssekretär Ferlemann darauf hingewiesen hat, dass ausschließlich der Senat für die Weichenstellung der S-Bahn zuständig ist, den Vorschlag, dass man sich schnellstmöglich unabhängig von dem weiteren Verhalten der Bahn machen sollte, indem man einen landeseigenen Fuhrpark schafft und dann sieht, wie es weitergeht?
Frau Senatorin! Vor dem Hintergrund, dass – das haben wir auch gestern erfahren – seit 2006 eigentlich alle wissen, dass die S-Bahn einen Verschleißkurs fährt und die Züge dort „zu Schrott“ gefahren werden, wie wollen Sie sich überhaupt jemals von so einem Bahnkurs unabhängig machen, wenn Sie sich nicht selbst mit einem landesei
genen Fuhrpark von der Abhängigkeit der Deutschen Bahn lösen?
Schönen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Prima, dass der Regierende Bürgermeister noch im Saal ist. Ich freue mich, wenn er zuhört. – Meine Damen und Herren insbesondere der Linken und der SPD! Wir fordern Sie auf: Nehmen Sie den Planfeststellungsbeschluss für die A 100 zurück!
Treiben Sie mit dem Baurecht keine wahltaktischen Spielchen! Sie wissen doch: Ob die A 100 gebaut wird, ist völlig ungewiss. Mit den Grünen wird das nichts. Die Baukosten sind im Haushaltsplan der Bundesregierung für
2011 nicht enthalten, und ohne Geld gibt es auch keinen Baubeginn. Dass die Gelder nicht im Bundeshaushalt verankert sind, ist kein Wunder. Denn mit dem A 100Eiertanz, den die Regierung hier abliefert, überzeugen Sie weder die Berlinerinnen und Berliner noch den Finanzminister Schäuble bei den Haushaltsberatungen.
Meine Damen und Herren von SPD und Linken! Es ist Verschwendung von Geld und Zeit, dass Sie den Planfeststellungsbeschluss noch in dieser Legislaturperiode fassen, obwohl gar nicht gebaut werden kann. Denn so kann die Verwaltung weitere 1,7 Millionen Euro für die Bauvorbereitung verplempern, und die Betonlobbyisten werden mit Sicherheit dafür sorgen, dass das auch so passiert. Spätestens vier Wochen nach dem Planfeststellungsbeschluss muss Klage eingereicht werden. Das heißt, Sie zwingen die Betroffenen zu klagen, ganz egal, ob gebaut wird oder nicht. Das ist ein Heidenaufwand für die Kläger, und vielleicht für nichts. Das finden nicht nur wir, sondern vor allem die Betroffenen verantwortungslos. Und das macht auch politikverdrossen. Deshalb sagen wir: Nehmen Sie diesen Beschluss zurück!
Herr Wowereit! Es ist ja ein Markenzeichen von Ihnen und Ihrer SPD, das Sie sich nicht festlegen und dass Sie es allen recht machen wollen. Um nicht anzuecken, versprechen Sie allen alles und tun am Ende gar nichts. Das ist bei der A 100 genauso wie beim S-Bahnchaos. Sie haben die Ausschreibung zwar vorbereitet, aber Sie lassen offen, ob Sie ausschreiben oder nicht. Sie wollen sich alle Sympathien sichern und schaden damit dem Nahverkehr. Herr Wowereit! Sie haben einen Amtseid auf Berlin, auf die Interessen und zum Wohl der Stadt geleistet und nicht auf die SPD. Und wenn Sie Ihre parteipolitischen Interessen über das Wohl der Stadt stellen, dann verletzen Sie Ihre Amtspflicht!
Die Berliner SPD regiert seit Jahrzehnten. Die SPD ist mitverantwortlich für die Privatisierung von neun Milliarden Euro Landeseigentum, darunter die GSW, die Wasserbetriebe. Die SPD ist mitverantwortlich für die Schuldenmisere. Und acht Monate vor der Wahl kommt der Kurswechsel: Rekommunalisierung. Und dann gibt es noch ein Bonbon fürs Volk, das kostenlose Schulessen. Ja, das Versprechen ist toll! Wählt die SPD, dann gibt es kostenloses Essen! Aber warum machen Sie das mit dem Schulessen erst jetzt? Warum haben Sie das nicht schon längst gemacht, beispielsweise 2002, da haben wir diesen Antrag gestellt? Sie hätten den ja toppen können, statt ihn abzulehnen. Unseren Segen hätten Sie gehabt.
Und jetzt komme ich zurück zur A 100. Sie können das mit dem Schulessen doch sofort machen, noch vor der Wahl. Und wir finden das so gut, dass wir Ihnen sogar einen Finanzierungsvorschlag machen: Nehmen Sie die 1,7 Millionen Euro Vorbereitungskosten für die A 100 und finanzieren Sie damit jetzt das Schulessen. Dann wissen die Berlinerinnen und Berliner, dass sie es nicht nur mit einem Wahlversprechen zu tun haben, sondern dass Sie es ernst meinen. Das macht die Kinder satt, und
das schützt auch uns vor sinnloser Geldverschwendung. Meine Damen und Herren von SPD und Linker! Machen Sie sich einmal ehrlich, machen Sie sich heute ehrlich. Stimmen Sie unserem Antrag zu!
Herr Doering! Mit dem Baurecht – da stimmen Sie mir zu – setzen Sie eine Spirale in Bewegung. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Verwaltung 1,7 Millionen Euro ausgibt, um irgendwie diesen Bau vorzubereiten – Ingenieurleistungen etc. Dies wird möglicherweise völlig sinnlos ausgegeben, nämlich dann, wenn die A 100 nicht gebaut wird. Dann sind Sie verantwortlich dafür, dass 1,7 Millionen Euro verschwendet werden. Da stimmen Sie mir doch zu, oder?
Der zweite Punkt: Sie zwingen Menschen zur Klage, die weder viel zeitliche Ressourcen noch viel Geld haben, ohne dass sicher ist, dass diese Autobahn jemals gebaut wird. Wir wissen, dass diese Entscheidung erst in der nächsten Legislaturperiode getroffen werden kann oder werden soll. Es gibt überhaupt keinen zeitlichen Druck, das jetzt noch vorzubereiten. Der einzigen Grund ist, dass man irgendwie noch 1,7 Millionen Euro ausgibt. Es kann doch nicht wahr sein, dass Ihnen die Landesmittel so egal sind, dass Sie das mitmachen und gleichzeitig erklären: Aber mit dem Bau der A 100 haben wir gar nichts zu tun, wenn er dann kommt. Wir sind unschuldig. Wir haben einen Parteitagsbeschluss.
Nein! Sie sind mitverantwortlich. Sie sitzen in dieser Koalition. Sie tragen die Entscheidung mit. Sie schaffen Baurecht.
Sie sorgen dafür, dass die Leute jetzt zum Richter laufen müssen, dass sie Zeit und Geld ans Bein binden müssen, und Sie sorgen dafür, dass 1,7 Millionen Euro verplempert werden. Es ist ziemlich bigott zu sagen: Damit habe ich nichts zu tun. – Das wird man Ihnen am Ende, am 18. September, nicht abnehmen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit zwei Jahren hat uns das S-Bahnchaos fest im Griff, und es wird wohl zu einer unendlichen Geschichte werden. Bahnchef Grube sagte uns am Montag, Ex-S-Bahnmanager, Flugschnee und Hersteller seien schuld, nicht etwa sein Renditestreben und das Management. Wir wissen alle, dass uns die Bahnmanager seit zwei Jahren verschaukeln. Seit 2005 warnt der VBB-Chef, Herr Franz, ebenso erfolglos wie der Betriebsrat vor dem rigiden Sparkurs der Deutschen Bahn. Sie, Herr Wowereit, haben schon 2007 mit dem Verzicht auf eine Ausschreibung – obwohl Sie einen schlechten Vertrag gemacht hatten – dafür gesorgt, dass die S-Bahn ihre Monopolstellung weiter ausnutzen kann. Sie schützen die S-Bahn noch immer, obwohl Sie damit den Fahrgästen und dem Standort Berlin einen Riesenschaden zufügen. Das macht uns fassungslos.
Sehen wir uns diesen Scherbenhaufen einmal an! Die Bahnmanager haben in der Hauptwerkstatt 75 Prozent der Stellen – von 800 auf 200 – abgebaut. Von 26 Meistern blieben nur drei. Jedes Kind weiß: Bis dahin war die Flotte intakt. Aber wenn Fahrzeuge auf Dauer auf Verschleiß gefahren werden, dann wird jedes Fahrzeug kaputtgehen,
völlig unabhängig von Herstellermängeln. Seit zwei Jahren wissen es selbst Laien: Die S-Bahn braucht dringend Personal, Werkstattkapazitäten und Züge. Trotzdem haben die Manager viel zu wenig Leute eingestellt, die Werkstatteröffnung über ein Jahr verschleppt und nicht einen einzigen neuen Zug bestellt.
2003 gab es in unserem Bahnnetz 8 300 Signalstörungen – jetzt sind es 13 800. Sie wissen es: Wenn ein Signal nicht von Rot auf Grün schaltet, dann steht der Zug, dann fährt die S-Bahn nicht mehr. Das ist nun einmal so.
Es ist eine Unverschämtheit, dass es bis heute keine Aussagen zum Regress, nicht einmal zur Entschädigung gibt, die Sie, Herr Wowereit, vor acht Wochen in diesem Hause im Übrigen abgelehnt haben. Da hat die Regierungskoalition unseren Antrag zur Entschädigungsforderung abgelehnt. Das gehört auch zur Wahrheit!
Dass die Bahn einmal so und einmal so agiert und bis heute nicht sagt, wann sie entschädigt, macht eines klar: Die nehmen Sie nicht ernst, Herr Wowereit. Sie können Sie nicht ernst nehmen. Die Bahnmanager planen bis heute keinen Kurswechsel. Sie haben unsere gute, leistungsstarke und umweltfreundliche S-Bahn kaputtgemacht und in Schutt und Asche gelegt. Das Einzige, was Ihnen einfällt, Herr Wowereit, sind Schnapsideen zu einem S-Bahnersatzverkehr mit Bussen und zu einer Übernahme durch die BVG. Damit liefern Sie unsere Stadt diesem kranken Bahnunternehmen weiter aus, und zwar über das Ende des gültigen Verkehrsvertrags 2017 hinaus. Begreifen Sie das doch endlich!
Wir sehen nur einen plausiblen Grund, warum S-Bahn und CDU auf Kuschelkurs mit der Deutschen Bahn bleiben – die CDU will den Vertrag ja sogar verlängern und die Vertragseinhaltung erzwingen –, aber wenn ich das ehrlich bewerte, Herr Präsident, dann bekomme ich einen Platzverweis. Also sage ich es einmal vorsichtig: Die Hellsten sind Sie nicht, meine Damen und Herren von der CDU und der SPD. Der Grund für Ihren Kuschelkurs ist der Klüngel zwischen CDU und SPD und der Deutschen Bahn AG. Einerseits baut der Konzern Personalstellen ab, andererseits bietet er eine Jobmaschine für Ex-Politiker aus CDU und SPD. Erinnern wir uns: Die Tinte der Unterschrift von Bayerns CSU-Minister unter dem Bahnvertrag war noch nicht trocken, da wechselte er schon in die Konzernspitze. Genauso war es beim SPD-Verkehrsminister in Brandenburg, ähnlich bei dem ex-verkehrspolitischen Sprecher der CDU oder dem Ex-Bürgermeister aus Bremen.
Herr Präsident! Ich habe ein Problem hier.
O.k., ich mache es einfach lauter! – Die Deutsche Bahn AG hält lukrative Jobs für große und kleine Lichter von CDU und SPD bereit, die sich konzernfreundlich verhalten. So funktioniert auch seit Jahrzehnten Landespolitik in der SPD, und als letztes Beispiel bringe ich den Rechnungshofpräsidenten: Sie nutzen dieses Instrument zu Ihrem Zweck und nicht zum Nutzen der Stadt.
Herr Wowereit, wir wollen von Ihnen heute wissen: Sie regieren – was haben Sie nach zwei Jahren S-Bahnchaos den Berlinerinnen und Berlinern zu sagen? Wie sieht Ihre S-Bahnstrategie aus?
Warum lösen Sie sich nicht aus der Abhängigkeit von diesem Bahnunternehmen? Warum halten Sie an der Bahn fest, obwohl kein einziges europäisches Bahnunternehmen so schlecht ist wie die S-Bahn, obwohl die S-Bahn seit zwei Jahren gegen ihren Vertrag verstößt und obwohl alle Prognosen, Versprechen und Informationen der Manager falsch und unehrlich waren?
Ein ehemaliger Bahnmanager hat gestern die Vorgänge im DB-Konzern als Wirtschaftskrimi beschrieben. Warum wollen Sie, Herr Wowereit, sich an diesem Krimi beteiligen? Sagen Sie den Bürgerinnen und Bürgern, was Ihr Konzept ist, und lösen Sie sich aus dieser Abhängigkeit!
Frau Präsidentin! Sie haben mich so skeptisch angesehen. Ich weiß, dass meine Bekleidung nicht ganz der Kleiderordnung des Hauses entspricht. Aber ich bin regelmäßige Kundin der S-Bahn. Deshalb ziehe ich mich seit letztem Donnerstag wärmer an.
Ich ziehe mich wärmer an, weil ich letzten Donnerstag für vier Stationen eine ganze Stunde gebraucht habe.
Machen Sie doch nicht solch einen Krach! Ich bin am Mikrofon doch lauter.
Überlegen Sie einmal, was das für Menschen bedeutet, die im Businessdress irgendwohin müssen. Die können nicht mehr S-Bahn fahren. Es ist nicht nur so, dass Leute zu spät kommen, sondern bestimmte Personengruppen können jetzt nicht mehr S-Bahn fahren.
In der Zeitung lesen wir, die S-Bahn könne es nicht. Damit steht sie nicht allein. Die Deutsche Bahn und die Bundesregierung, auch Sie, Herr Wowereit, können es auch nicht. Wir brauchen jetzt einen politischen Paukenschlag. Der Bahnkonzern verdient an dem S-Bahnunternehmen auch dann, wenn bei der S-Bahn fast nichts mehr
geht. Was ist es aber, was wir tun müssen, damit die S-Bahn wieder funktioniert? – Wir brauchen Kostentransparenz. Diese stellt der Bahnkonzern nicht freiwillig her, dafür muss der Verkehrsvertrag mit der S-Bahn gekündigt werden und statt S-Bahnverkehr nach Geheimvertrag müssen wir S-Bahnverkehr nach Auferlegung stattfinden lassen. Das bedeutet den Offenbarungseid für die S-Bahn.
In Berlin heißt es dann, die Deutsche Bahn kann es nicht, die S-Bahn hat ausgespielt mit diesem Bahnkonzern. Berlin lässt sich nicht länger ausbeuten und verschaukeln von diesem kranken Unternehmen. Erst dann werden wir unsere Zuschüsse nicht mehr Konzern vermauschelt sehen. Dann wird klar, wo die Gelder tatsächlich hinfließen. Herr Wowereit! Sie können Empörungsrhetorik, Sie können die S-Bahnzuschüsse kürzen, aber Sie können nicht dafür sorgen, dass die S-Bahn wieder fährt.
Auch wenn Sie das nicht sagen, Ihre Botschaft an die S-Bahn ist doch: Der Vertrag verlängert sich nach 2017 automatisch. – Das wissen alle, die sich mit dem Thema befassen. Sie haben Übernahmephantasien, Sie träumen von einem landeseigenen S-Bahnunternehmen und von der BVG-Übernahme. Und dabei hat die mit ihrem eigenen Laden mehr als genug zu tun.
Ich wiederhole das nicht, was eben gesagt worden ist.
Warum müssen denn die Fahrgäste jetzt darunter leiden, dass Sie weder BVG noch S-Bahn im Griff haben? – Ganz einfach, weil Sie andere Prioritäten setzen. Ihre Prioritäten liegen nicht beim öffentlichen Personennahverkehr, die liegen beim Straßenausbau und bei der A 100.
Um den Öffentlichen haben Sie sich nicht gekümmert. Und deswegen sind die Probleme immer weiter eskaliert. Herr Wowereit! Die Bahnmanager sind doch nicht blöd.
Die sind vielleicht profitgierig, aber blöd sind sie nicht. Die wissen doch, dass Sie bis heute kein S-Bahnkonzept haben. Die S-Bahnmanager werden die S-Bahn weiter ausplündern, weil Sie keine Alternative dazu entwickeln. Das merkt zwar kaum jemand, aber Sie regieren immer noch. Sagen Sie uns, wie sieht denn Ihr S-Bahnkonzept tatsächlich aus, und wie wollen Sie dieses Konzept finanzieren? Und weil Sie immer einen Dreh finden, über uns Grüne und über unsere Spitzenkandidatin herzuziehen,
sage ich Ihnen: Es ist billig, sich über die Opposition zu echauffieren, wenn man selber völlig inhaltsleer ist und kein Konzept hat.
Herr Wowereit! Wie begründen Sie eigentlich heute, dass Sie vor zwei Wochen unseren Antrag zur Fahrgastentschädigung hier abgelehnt haben? Wir wollten, dass die Fahrgäste entschädigt werden, wenn die S-Bahn so schlecht ist, dass das Land Berlin seine Zuschüsse einbehält. Warum wollten Sie das nicht, und was haben Sie den Fahrgästen jetzt anzubieten? Die S-Bahngewerkschaft und der VBB-Chef warnen seit fünf Jahren vor dem Sparkurs der S-Bahn. Sie wollten das nicht hören. Vor zwei Jahren hatten wir das erste große Winterchaos bei der S-Bahn.
Da war SPD-Minister Tiefensee noch im Amt, und er war für die Bahn zuständig. Was haben Sie gemacht, Herr Wowereit? – Gar nichts! Im Sommer 2009 hat das Eisenbahnbundesamt erstmalig zwei Drittel der S-Bahnflotte stillgelegt. Ein einmaliger Vorgang in der deutschen Bahngeschichte. Was haben Sie gemacht, Herr Wowereit? – Urlaub! Herr Wowereit! Sie erwarten doch nicht im Ernst, dass Bundesverkehrsminister Ramsauer mehr Druck macht als Tiefensee. So blauäugig sind Sie doch nicht wirklich. Hilfe von der Bundesregierung wird es nicht geben. Bahnchef Grube pfeift doch schon lange auf Chefgespräche mit Ihnen. Das ist doch allen klar. Die Idee, der Bahn gar kein Geld zu geben, das klingt ja gut, aber helfen wird das nicht, denn die Bahn wird sich vor Gericht natürlich am Ende das holen, was ihr zusteht, und mehr bekommt sie ja ohnehin nicht. Nein! Wir können uns nur ganz alleine helfen, und das müssen wir ganz schnell tun.
Wir sagen Ihnen auch, wie man den unkontrollierbaren Bahnkonzern wieder einfangen kann. Wir sind uns doch einig, die Deutsche Bahn AG und ihre Tochterunternehmen – ja, Herr Lederer – haben sich disqualifiziert. Sie haben sämtliches Vertrauen verspielt.
Berlin wird seit zwei Jahren immer wieder vom Bahnkonzern verschaukelt. Die Bundesregierung ändert nichts daran. Selbst einem engagierten – ich sage das ganz bewusst – S-Bahnchef, wie das der Herr Buchner ist, dem wird nicht gelingen, unter den gegenwärtigen Bedingungen die S-Bahn wieder ordentlich fahren zu lassen.
Aus diesem kranken Bahnsystem können wir nur ausbrechen, wenn wir den S-Bahnvertrag aufgrund der dauerhaften Schlechtleistung und Nichterfüllung kündigen. Danach muss der S-Bahnverkehr bis 2017 auferlegt werden, denn das zwingt zur Offenlegung der Preiskalkulation. Das europäische Recht fordert bei der Auferlegung diese Kostentransparenz. Dann wird auch für jeden sichtbar, dass die DB Netz Höchstpreise kassiert, auch wenn die Weichen und Brücken kaputt sind, wenn die Schienen und Weichen nicht funktionieren.
Ja, aber die Höhe dieser Kosten ist unbekannt! – Wenn wir das transparent machen, sind wir nämlich nicht mehr allein mit unserer Forderung. Dann bekommen wir Unterstützung von der Bundesnetzagentur.
Ich bin mir sicher, die wird Druck auf den DB-Konzern und DB Netz machen. Und nur so kann man DB Netz zwingen, die Preispolitik zu ändern und die Wartung zu verbessern. Ich sage Ihnen, ohne diesen einflussreichen Verbündeten – Bundesnetzagentur – werden wir uns niemals von diesem kranken Bahnsystem befreien können.
Wir nehmen nicht hin, dass die DB Netz allein im letzten Jahr 900 Millionen Euro Gewinn an den Mutterkonzern abgeführt hat, 900 Millionen, die auch hier in Berlin auf Kosten schlechter Infrastruktur, vereister Weichen, kaputter Signalanlagen erschlichen wurden. Das ist doch verrückt, dass die DB auch dann noch an uns verdient, wenn in Berlin fast gar nichts mehr geht.
Die Deutsche Bahn hat die Daseinsvorsorge auf den Kopf gestellt. Die Deutsche Bahn AG garantiert keine Mobilität mehr, aber wir garantieren ihr Profite, mit denen sie Hubs in Hongkong finanzieren kann. Damit muss Schluss sein.
Die DB Netz muss für ihre Schlampereien schadenersatzpflichtig gemacht werden. Regionale Schienennetze müssen regionalisiert werden. Die Bundesregierung kümmert sich nicht um den Bahnkonzern, also müssen wir in Berlin die Daumenschrauben anlegen,
kündigen, Verkehr auferlegen, Kostentransparenz schaffen und ein transparentes Wettbewerbsverfahren einleiten.
Genau! Das Netz wird nicht zerschlagen, keiner geht mit der Spitzhacke an das Netz. Erklären Sie nicht immer so einen Blödsinn, Herr Lederer!
Wir wollen den Paukenschlag. Schluss mit dem Biotopschutz für die kranke DB AG. Berlin muss handeln. Es hilft nicht weiter, wenn sich Berlin die S-Bahnzuschüsse spart. Auch Empörungsrhetorik hilft hier nicht.
Die Fahrgäste brauchen in Berlin eine zuverlässige S-Bahn.
Frau Präsidentin! Die Regierung hat die S-Bahn an die Wand gefahren. Sie haben bis heute nicht erklärt, was Ihr Konzept für die Zukunft ist und wie Sie es finanzieren wollen. Es tut mir leid.
Und dann nur zu sagen, das, was wir sagen, sei falsch, ist einfach billig.
Die Auferlegung ist der Paukenschlag. Die Bahn ist unfähig, ist die Botschaft, die dann kommt. Das rüttelt doch auf. Natürlich wird sich die S-Bahn in Zukunft anstrengen. Sie will wieder ins Geschäft. Natürlich schafft die Auferlegung Kostentransparenz und Unterstützung durch die Bundesnetzagentur.
Zu Frau Matuschek sage ich noch eines: Dort, wo die Länder den kontrollierten Wettbewerb gut gemacht haben, wo sie ihn gut organisiert haben, gibt es kein S-Bahnchaos wie in Berlin. Dort fahren jetzt mehr Züge als früher. Dort haben die Fahrgastzahlen zugenommen; die Fahrgäste sind zufriedener. Dort gibt es auch keine Dumpinglöhne. Vor allem hat dort niemand irgendetwas zerschlagen. Das ist pure, plumpe und dümmliche Ideologie.
Eine Bitte habe ich noch. Ich sehe dort oben auf der Tribüne Vertreterinnen und Vertreter des S-Bahnbetriebsrates und Herrn Kaempfer. Bitte richten Sie aus, dass wir hier tiefes Mitgefühl mit Herrn Buchner haben. Wir wissen, dass er unter diesen Bedingungen und ohne dass der Senat hier Druck aufbaut, nicht in der Lage sein wird, diesen Karren aus dem Dreck zu ziehen.
Ich habe gar nicht mitbekommen, dass Sie eine Kurzintervention vorgetragen haben. Auf Ihr Niveau der Pöbelei lasse ich mich nicht herunter. Das machen wir hier nicht.
Wir wollen von Ihnen wissen, was Sie tun, damit die S-Bahn wieder pünktlich und zuverlässig fährt. Welches Konzept haben Sie für die S-Bahn ab 2017? Natürlich bringt die Auferlegung nicht morgen den Erfolg. Die Auferlegung macht aber deutlich, wie die Kostenstrukturen aussehen, macht deutlich, wie krank dieses System Deutsche Bahn mit seinen unterschiedlichen Konzernen ist und schafft uns Unterstützung durch die Bundesnetzagentur, die dafür sorgen wird, dass wir in Zukunft – das betrifft nicht nur das Land Berlin – nur die Trassenpreise bei dem Monopolunternehmen DB Netz bezahlen müssen, die entsprechend der bereitgestellten Leistung auch zu zahlen sind. Es sind dann keine Monopolpreise mehr zu zahlen. Genau das ist der Grund. Dafür haben Sie kein Konzept. Ich muss Ihnen sagen, dass Sie die Karre in den Dreck gefahren haben. Nun sind Sie an der Reihe – noch
regieren Sie. Sie sind dafür zuständig, uns zu sagen, wie Ihr Konzept aussieht und wie es finanziert werden soll. – Schönen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der FDPAntrag hat mich schon ein wenig überrascht, nicht der Inhalt – der geht in die richtige Richtung –, sondern in seiner Wirkung. Im Sommer war der Stadtplanungsausschuss in Nikolassee und hat dort in Sachen Lärmschutz getagt. Parteiübergreifend hatten wir dort den Bürgerinnen und Bürgern mehr Lärmschutz zugesagt. Wir hatten zugesagt, dass wir vielleicht parteiübergreifend einen Antrag stellen. Seit Wochen versuche ich, CDU und SPD zu einem gemeinsamen Antrag zu gewinnen. Wie man sieht, hat sich das hingezogen: Wir haben die letzte Sitzung im Jahr. Nun kommt dieser FDP-Antrag, und von einer Stunde zur anderen gibt es auch einen Koalitionsantrag. Ich finde es gut, – –
Es sollte ein gemeinsamer Antrag werden. Aber ich finde es gut, denn jetzt ist auf einmal Bewegung in die Sache gekommen.
Der FDP-Antrag enthält zwar nicht alle unsere Forderungen, aber immerhin: Er funktioniert zumindest als Antragsbeschleunigungsmaßnahme.
Es lässt mich ein bisschen schmunzeln: Wir haben Vorwahlkampf, und da gibt es jetzt offenbar den Wettbewerb darum, wer Lärmschutz am besten kann. Aber wenn es in Nikolassee am Ende ruhiger wird, dann ist das völlig in Ordnung.
Inhaltlich finden wir den Antrag der Koalition besser, weil er auch Tempo 60 in dem Wohnbereich in Nikolassee an der Avus fordert. Das sollte Schule machen. Das sollte auch Schule machen für städtische Wohnbereiche, die durch Autos verlärmt sind. Wichtig ist allerdings für uns, dass, wenn es wirklich unser politisches Ziel für die Zukunft ist, eine wasserdichte Begründung von der Verwaltung geliefert wird, die nicht sofort wieder weggewischt wird. Denn es ist auch sicher, dass der ADAC dagegen klagen wird. Ich denke aber, dass das möglich ist.
Wir sollten dann aber noch eins draufsetzen: Wenn wir dafür sind, dass dort Tempo 60 gefahren wird, dann sollten wir dies auch durchsetzen, indem wir an dieser Stelle feste Blitzer installieren.
Das ist die einzige Garantie, dass sich die Autofahrer an Tempo 60 halten.
Wir werden nach Lage der Dinge aber trotzdem noch einen Avus-Antrag zu dieser Baustelle einbringen müssen, weil ein wesentlicher Aspekt fehlt. Das nehmen wir Ihnen auch gar nicht übel, denn wir wissen: Integrierte Verkehrspolitik und S-Bahnpolitik liegt Ihnen nicht so sehr wie die Straßenplanung. Wir schlagen vor, dass der Beginn der Baumaßnahmen auf 2012 verschoben wird, denn ab 2012 treten die neuen Verkehrsverträge mit den Regionalbahnunternehmen in Kraft. Ab dann wird es mehr Regionalbahnen, Verkehrsleistungen zwischen Potsdam und Berlin geben. Die Überlegung ist dann nicht mehr im die: Wie können Autofahrer am besten mit dem Auto die Avus umfahren? –, sondern unsere Überlegung ist: Welche Alternative gibt es, damit möglichst viele Autofahrer auf das Auto verzichten und die parallel verlaufende Regionalbahn nutzen? Diese ist im Zweifel viel schneller.
Das haben Sie sehr gut gemacht mit dieser Ausschreibung, denn dadurch ist im Regionalverkehr mehr Verkehrsleistung möglich geworden, dadurch haben Berlin und Brandenburg zusammen ab 2012 40 Millionen Euro eingespart. Sie sehen: Ausschreibung funktioniert selbst unter Rot-Rot, auch wenn Sie es gar nicht wahrhaben wollen. Ein bisschen lokale Amnesie haben wir hier in der Regierungskoalition.
Wir glauben, wenn man es zum richtigen Zeitpunkt anbietet – die Avus-Baustelle und parallel dazu das bessere Angebot im Regionalverkehr –, ist dies vielleicht auch ein überzeugendes Argument für die Autofahrerinnen und Autofahrer, der Bahn treu zu bleiben und in Zukunft auf das Auto zu verzichten. Das wäre auch ein wunderbarer Beitrag für den Lärmschutz in Nikolassee. – Schönen Dank!
Ich frage den Senat:
1. Für welche Flugrouten wird sich der Regierende Bürgermeister als Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft konkret einsetzen, insbesondere hinsichtlich der Starts auf der nördlichen Landebahn in westlicher Richtung?
2. Wird der Regierende Bürgermeister unter dem Druck der Bürgerproteste doch noch die Forderung der Grü
nen nach einem weitgehenden Nachtflugverbot unterstützen, obwohl das vor zwei Jahren hier im Hause von allen übrigen Fraktionen abgelehnt wurde?
Schönen Dank, Herr Präsident! – Frau Senatorin JungeReyer hatte das letzte Mal gesagt, dass in einer Arbeitsgruppe bekannt war und auch diskutiert worden ist, dass diese Flugrouten um 15 Grad abknicken würden. Meine Frage ist: Wie kann es denn sein, dass es diese Erkenntnisse in der Arbeitsgruppe gab, dass sie aber in keiner
Weise in die Planfeststellung und in die Flughafenplanung einbezogen worden sind?
Schönen Dank, Herr Präsident! Ich habe eine Frage an Herrn Senator Nußbaum. – Herr Nussbaum! Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass Berlin in den nächsten 10 bis 15 Jahren über mehrere Hundert Millionen Euro mehr zur Verkehrsfinanzierung verfügen wird?
Angesichts des Umstandes, dass in dem Stadtentwicklungsplan Verkehr sehr viele Projekte enthalten sind, über die man sich gar keine finanziellen Vorstellungen gemacht hat, frage ich Sie, was Sie davon halten, sich wenigstens jetzt ehrlich zu machen und für das nächste Jahr einen Nachtragshaushalts aufzustellen, damit wir wissen, was im nächsten Jahr zu finanzieren ist.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir wollen mal bei der Wahrheit bleiben. Dieser S-Bahnvertrag ist von uns nicht unterstützt worden, Herr Gaebler! Wir haben ihn abgelehnt. – Das war für das Protokoll.
Zweitens: Dass die Landesbetriebe unter Ihrer Führung, egal, ob der großen Koalition mit der SPD oder dann von
Rot-Rot, gut aufgestellt waren, das ist auch eine Legende. Schauen Sie sich die BVG an mit 750 Millionen Euro Schulden, mit einem strukturellen Defizit von 60, 70 Millionen Euro!
Ich beschimpfe nicht die BVG, ich beschimpfe Sie,
weil Sie in den letzten neun Jahren die strategische Verantwortung über dieses Unternehmen hatten. Sie haben es in den Dreck gewirtschaftet!
Wir haben sechs Anträge eingebracht, damit das S-Bahnfahren wieder attraktiv wird. Fünf davon haben Sie abgelehnt, meine Damen und Herren von der SPD und von der Linken! Wir wissen jetzt alle ganz genau, was Sie nicht wollen, aber wir erwarten von Ihnen, dass Sie uns heute und hier sagen, was Sie wollen, und zwar nicht irgendwelche diffusen Vorstellungen, sondern ganz konkret: Was haben Sie im Jahr 2010 – es dauert ja noch ein bisschen bis zur Wahl – und im Jahr 2011 bis zum September mit der S-Bahn vor? Was wollen Sie konkret damit machen? Welches Geld nehmen Sie in die Hand? Welche Planungen haben Sie?
Die Antworten darauf möchte ich von Ihnen hören.
Immerhin sind Sie zumindest einem Vorschlag von uns gefolgt, nämlich dem Vorschlag, zuverlässige Kontrollsysteme für die technische Sicherheit zu schaffen. Die Fahrgäste dürfen sich dann also künftig zwar nicht über ausreichend viele und auch nicht über pünktliche S-Bahnen freuen, aber wenigstens dürfen sie gewiss sein, dass die S-Bahnen sicher sind.