Ja, aber die Höhe dieser Kosten ist unbekannt! – Wenn wir das transparent machen, sind wir nämlich nicht mehr allein mit unserer Forderung. Dann bekommen wir Unterstützung von der Bundesnetzagentur.
Ich bin mir sicher, die wird Druck auf den DB-Konzern und DB Netz machen. Und nur so kann man DB Netz zwingen, die Preispolitik zu ändern und die Wartung zu verbessern. Ich sage Ihnen, ohne diesen einflussreichen Verbündeten – Bundesnetzagentur – werden wir uns niemals von diesem kranken Bahnsystem befreien können.
Wir nehmen nicht hin, dass die DB Netz allein im letzten Jahr 900 Millionen Euro Gewinn an den Mutterkonzern abgeführt hat, 900 Millionen, die auch hier in Berlin auf Kosten schlechter Infrastruktur, vereister Weichen, kaputter Signalanlagen erschlichen wurden. Das ist doch verrückt, dass die DB auch dann noch an uns verdient, wenn in Berlin fast gar nichts mehr geht.
Die Deutsche Bahn hat die Daseinsvorsorge auf den Kopf gestellt. Die Deutsche Bahn AG garantiert keine Mobilität mehr, aber wir garantieren ihr Profite, mit denen sie Hubs in Hongkong finanzieren kann. Damit muss Schluss sein.
Die DB Netz muss für ihre Schlampereien schadenersatzpflichtig gemacht werden. Regionale Schienennetze müssen regionalisiert werden. Die Bundesregierung kümmert sich nicht um den Bahnkonzern, also müssen wir in Berlin die Daumenschrauben anlegen,
kündigen, Verkehr auferlegen, Kostentransparenz schaffen und ein transparentes Wettbewerbsverfahren einleiten.
Genau! Das Netz wird nicht zerschlagen, keiner geht mit der Spitzhacke an das Netz. Erklären Sie nicht immer so einen Blödsinn, Herr Lederer!
Wir wollen den Paukenschlag. Schluss mit dem Biotopschutz für die kranke DB AG. Berlin muss handeln. Es hilft nicht weiter, wenn sich Berlin die S-Bahnzuschüsse spart. Auch Empörungsrhetorik hilft hier nicht.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hämmerling! – Für die Linksfraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Matuschek das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor ein paar Wochen und Monaten waren wir uns in der Klärung der Ursachen schon mal einiger. Da war fraktionsübergreifend als Ursache das Überwiegen eines Renditeinteresses gegenüber dem öffentlichen Interesse Nahverkehr benannt worden. Da kann ich nur mal sagen – und mir als Angehöriger einer sozialistischen Partei ist dieser Wortgebrauch dann auch mal zuzugestehen –, wenn das Renditeinteresse gegenüber dem öffentlichen Interesse überwiegt, dann ist das blanker, purer Kapitalismus. Das ist die Ursache.
Wir haben heute Reden von Herrn Friederici in schlechter Hollywoodmanier gehört, hier als Ankläger aufzutreten. Und dann ist es plötzlich nicht mehr das Renditeinteresse, sondern das schlichte Versagen des Senats. Dann haben wir eine Rede von Frau Hämmerling gehört. Die sagt, erst mal alles zerschlagen, und dann wird sich schon irgendwas finden. Das ist alles irgendwie nach wie vor Murks.
Was wir immer wieder konstatieren müssen, und wenn wir dann dem Übel an die Wurzel gehen wollen, ist das Agieren des Eigentümers Bund. Dem Bund gehört der DB-Konzern. Der Bund hat in seiner verschiedentlichen Zusammensetzung die Aufgabenauflagen an den DBKonzern formuliert. Die Bahnreform war so gedacht, dass dieser öffentliche Konzern privatwirtschaftlich agieren und privatwirtschaftlich aufgestellt werden soll und auch die Zerschlagung oder Zerteilung des einheitlichen Konzerns in mehrere Konzernteile, die dann möglicherweise, wie wir sehen, eben auch mal gegeneinander arbeiten, also DB Netz, DB Regio, DB Energie und was wir da noch so für Konzernteile haben, die agieren alle miteinander, aber eher gegeneinander. Wo sie nicht gegeneinander agieren, ist bei der Konzernabführung an die DBKonzernführung, die dann wiederum ihrer vom Eigentümer auferlegten Rolle gerne nachkommt, die da heißt, Global Player zu sein. Und deswegen werden aus den einzelnen Konzernbereichen Erlöse gepresst, die dann dazu dienen, eine Fluggesellschaft in den USA aufzukaufen, einen englischen Bahnkonzern Arriva für 3 Milliarden mal aufzukaufen, sich in Abenteuer in arabischen Ländern zu stürzen usw. Es war niemals vorgesehen, dass aus der Netzstruktur Erlöse generiert werden sollen. Sie werden aber inzwischen generiert, und dies für den Preis, dass die Weichen nicht von Schnee beräumt und beheizt werden und dass solche Dinge wie Stationen oder elektronische Stellwerke inzwischen anfälliger gegenüber Wetterunbilden, aber auch einfachen betrieblichen Stö
Es werden aus allen Konzernbereichen Erlöse generiert, nicht nur aus der Berliner S-Bahn – übrigens auch in Hamburg ist eine Renditevorgabe von 16,5 Prozent angesetzt. Wir haben heute – wenn Sie in „Spiegel-Online“ gucken – die Spitzenmeldung: Der Fernverkehr ist in der Bundesrepublik fast zum Erliegen gekommen. – Das sind alles Folgen eines solchen Renditedrucks, nämlich das Agieren als Global Player, als internationaler Logistikkonzern und eben nicht mehr als der Konzern, der in erster Linie für den Personenverkehr hier zuständig ist.
Welche Schlussfolgerung zieht der Bund aus dieser katastrophalen Lage, nach mehreren Jahren, Jahrzehnten nicht erfolgreicher Bahnreform? – Der Bund in seiner jetzigen Zusammensetzung – und das, Herr Friederici, ist der richtige Vorwurf gewesen – hat jetzt dem Bahnkonzern auferlegt, nicht nur die Finanzierung für neue Investitionsprojekte zu hinterfragen oder teilweise zu kürzen, sondern aus den Erlösen, die auch über die Fahrgäste eingenommen werden, jährlich 500 Millionen Euro an den Bund zur Schuldentilgung abzuführen. Das ist doch wohl ein Unding, dass nicht nur die auskömmliche Finanzierung durch den Bund nicht gesichert ist, sondern obendrein auch noch Erlöse abgeführt werden sollen. Das ist staatsmonopolistischer Kapitalismus der besonderen Art.
Die im Mainstream liegende Lösung – wie von Frau Hämmerling vorgetragen wurde – sei der Wettbewerb. Da sage ich, in Anknüpfung an meine letzte Rede: Hören Sie doch endlich auf, einen Wettbewerb in einem Wirtschaftsfeld herbeizureden, wo es keinen Wettbewerb gibt.
Es gibt keinen und sollte auch keinen Wettbewerb der kapitalistischen Art geben, weil das Eisenbahnsystem ein hochkomplexes System ist und nur als System zu betreiben ist. Da bestehen enge Abhängigkeiten verschiedener technischer Systeme, und das löst man nicht durch Vertragsregelungen mit ganz vielen unterschiedlichen Akteuren. Wir haben keinen Wettbewerb, und wir wollen ihn auch nicht. Wir wollen die öffentliche Daseinsvorsorge durchsetzen, nicht durch Vertragskündigung und vertragslosen Zustand, sondern durch Übernahme des Systems S-Bahn in kommunale Verantwortung.
Wir wollen auch die Finanzierungsverantwortung in dem Sinne durchsetzen, dass wir auf das unternehmerische Agieren eines kommunalen Verkehrsunternehmens steuernd wirken.
Das ist dann nicht mehr das Obsiegen eines kapitalistischen Renditedrucks, sondern das ist das Obsiegen der öffentlichen Daseinsvorsorge, der öffentlichen Finanzierung dieser Daseinsvorsorge und der Ausrichtung dieser Leistungen nach den volkswirtschaftlichen Kriterien, nach den tatsächlichen Kundeninteressen.
Liebe Frau Hämmerling! Wer bei diesem nachgewiesenen Marktversagen auch noch nach mehr Markt ruft, der weiß entweder nicht, was er tut, oder er will politisch den Rest der Daseinsvorsorge auch noch zerschlagen.
Politisch ist alles gesagt: Wir wollen ein kommunal agierendes Verkehrsunternehmen S-Bahn, und daran arbeiten wir. Das wäre dann auch tatsächlich die Lösung im Interesse des Landes, im Interesse der Fahrgäste und auch im Interesse der Beschäftigten.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Matuschek! – Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete von Lüdeke das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das war die Bahnwelt der Abgeordneten Matuschek von der Linkspartei.
[Uwe Doering (Linksfraktion): Ach was! – Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Ich bin auf Ihre gespannt!]
Die werden Sie jetzt gleich hören! Ich habe mir gemerkt: Das Renditeinteresse überwiegt das öffentliche Interesse.
Gegenüber übertriebenen Renditeerwartungen von staatlichen und privaten Monopolisten hilft nur eines, liebe Frau Matuschek, und das ist Wettbewerb.
[Beifall bei der FDP – Gelächter bei der Linksfraktion – Uwe Doering (Linksfraktion): Nee! Nicht wirklich!]
Die wettbewerbskapitalistische Art, die Sie nennen, die reizt mich allerdings schon: Ich würde gern in dem Zusammenhang auf die Wirtschaftsleistung der ehemaligen DDR eingehen, aber ich erspare mir einen Exkurs über die Deutsche Reichsbahn und den Erfolg, den sie zu feiern hatte.