Protocol of the Session on January 27, 2011

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[Beifall bei der FDP]

Schauen wir uns einmal die Zahlen an! Ich hatte hier im Haus schon gesagt, es ist nicht so, dass wir eine Spielhallen- und Geldspielgerätsschwemme in Berlin hätten, sondern die Zahlen, die wir momentan erreichen, sind bei Weitem nicht der Höchststand, den wir im Land Berlin hatten. Ich habe mir einmal angeschaut – weil ich ein marktwirtschaftlich denkender Mensch bin –, wie jemand auf die Idee kommen kann, in einem völlig übersättigten Markt noch zusätzliche Spielhallen zu eröffnen. Da habe ich geschaut, wo Berlin im Vergleich steht: Sind wir ganz oben, sind wir im obersten Viertel? Ich habe gesehen, Berlin ist tatsächlich, was die Dichte der Geldspielgeräte bezogen auf unsere Einwohner angeht, das absolute Schlusslicht im Bundesvergleich.

[Daniel Buchholz (SPD): Ich lade Sie mal nach Spandau ein, dann können Sie sich das ansehen!]

Genauer gesagt, sind in Rheinland-Pfalz viermal so viel Geldspielgeräte pro Einwohner wie in Berlin vorhanden, meine Damen und Herren von der SPD. Möglicherweise wäre dringender Bedarf, dort einmal anzusetzen.

[Beifall bei der FDP – Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Das Problem, das wir hier haben, ist sehr punktuell. Sie haben es selbst angesprochen. An einigen Stellen unserer Stadt haben wir aufgrund eines mangelhaften Baurechts und mangelnder Aktivität von Baubehörden eine Häufung von Spielhallenbetrieben. Das ist aus städtebaupolitischen Gründen nicht akzeptabel. Es bedarf hier einer Abhilfe.

[Beifall bei der FDP]

Diese Abhilfe muss geschaffen werden, indem wir uns darüber Gedanken machen, wie eine zukunftsfähige Spielhallenstruktur in Berlin aussehen kann. Auch dazu kann man sich die Vorschläge der SPD-Fraktion anschauen. Es wird vorgeschlagen, die Spielhallenstruktur weiter zu zersplittern und die Spielhallen in ihrer Größe zu beschränken. Ich kann Ihnen nur sagen: Es wird so nicht funktionieren. Erstens werden Ihre Vorschläge jetzt sofort

keinerlei Linderung bringen, keinerlei Verbesserung. Das ist das Eine.

Das Zweite ist, dass das dazu führen wird, dass sich Spielhallen betriebswirtschaftlich überhaupt nicht mehr rechnen können. Jetzt können Sie sagen, das ist genau das, was wir wollen. Ich kann Ihnen nur sagen: Es handelt sich hier um einen Wirtschaftszweig, der auch berechtigte wirtschaftliche Interessen hat. Es gibt 50 Prozent aller erwachsenen Deutschen, die gerne und gelegentlich, auch durchaus regelmäßig spielen.

Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Wenn man das betrachtet, was ich eingangs gesagt habe, dass wir nämlich eine außerordentlich geringe Dichte von Spielhallen haben, dass wir uns darüber unterhalten müssen, wie wir die städtebaulichen Fragen gleichzeitig mit denen des Jugend- und Spielerschutzes vereinen können. Da gibt es nur eine Möglichkeit, Herr Buchholz, die geht genau in die andere Richtung als das, was Sie hier beantragen. Wir müssen dafür sorgen, dass wir weniger Spielhallenstandorte in Berlin haben, und zwar geplant mit einem vernünftigen planerischen Konzept, auch bezirksübergreifend. Diese wenigen Spielhallen müssen dann gegebenenfalls auch größer sein als die, die wir heute nach Ihren Vorstellungen zulassen wollen. Genauer gesagt müsste es dazu führen, dass wir zu ähnlichen Ideen kommen, wie sie das Schweizer Modell bietet, dass man nämlich eine sehr geringe Anzahl von Spielstätten hat, aber diese dann auch ausstattet mit modernsten Anforderungen an Spielerschutz, an Jugendschutz, Präventionskonzepten ähnlich denen, wie wir sie heute in den Spielbanken haben. Erst dann werden wir nämlich dazu kommen, dass diese auch tatsächlich auch die Anforderungen erfüllen, die Sie sich vorstellen.

[Beifall bei der FDP]

Man muss leider sagen – da hat Herr Buchholz unrecht und Herr Behrendt recht –, dass das, was Sie hier mit Ihren drei Anträgen vorschlagen, wirklich in Teilen gut gemeint ist. Deswegen werden wir uns auch bei der Abstimmung über Ihren ersten Antrag enthalten, wo es um die BauNVO und um die Spielverordnung geht. Das ist eine Frage, über die man mit Berechtigung diskutieren kann.

[Zuruf von Jörg Stroedter (SPD)]

Ihr zweiter Antrag ist wirtschaftlich einfach unmöglich, weil er die betriebswirtschaftliche Betätigung erdrosseln und dazu führen wird, dass nur noch illegale Spielhallen aktiv sind und die Menschen ins Internet und illegale Spiel verdrängt werden.

Ihr dritter Antrag, Ihr Präventionskonzept, Herr Buchholz, ist einfach weich wie Butter. Wir brauchen einen echten Spielerschutz durch Eingangskontrollen dort, wo er gebraucht wird, nämlich an jeder Spielstätte, und einen Präventions- und Suchtbeauftragten dort vor Ort, der Spielsucht erkennt, dann eingreift und die Spieler auch sperrt. Die Selbstsperrung muss ermöglicht werden. Das sind alles Maßnahmen, die wir brauchen. Die Maßnah

men, die Sie vorgeschlagen haben, brauchen wir nicht. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Kollege Jotzo! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Der Vorabüberweisung hatten Sie bereits zugestimmt. Der Ältestenrat empfiehlt die zusätzliche Überweisung der drei Anträge an den Hauptausschuss. – Widerspruch dazu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.2:

Dringlicher Entschließungsantrag

Der Staat darf sich nicht erpressen lassen – Aufruf und Unterstützung zur Gewalt gefährden den Rechtsstaat und sind zu missbilligen!

Antrag der CDU der FDP Drs 16/3809

Das ist die Priorität der Fraktion der CDU.

Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der CDU in Person des schon erschienen Herrn Juhnke. Er hat das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! In Berlin steht wieder einmal die Räumung eines besetzten Hauses an. Im Vorfeld dazu kamen aus der linken Szene markige Worte. Da heißt es unter anderem: Wir appellieren schon lange nicht mehr, wir drohen. – Man wird auch nicht im Unklaren gelassen, womit hier gedroht wird, nämlich mit weiterer Solidarisierung über die Stadt hinaus, verbunden mit massiven Ausschreitungen.

Für die CDU-Fraktion stelle ich eindeutig klar: Erstens dürfen wir uns als Staat nicht erpressen lassen. Zweitens steht der Rechtsstaat nicht zur Disposition Einzelner. Drittens ist der Senat aufgefordert, mit allen Mitteln der Entstehung rechtsfreier Räume entgegenzuwirken.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Gegenstand des konkreten Streitfalls ist ein Altbaumietshaus in Friedrichshain. Dieses Mietshaus wurde von einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft an einen privaten Investor verkauft. Dieser will die Immobilie nun nutzen und hat einen Titel erwirkt, der durch den Gerichtsvollzieher vollstreckbar ist. Nach meiner Kenntnis ist das auch in zweiter Instanz und damit rechtskräftig. Der Gerichtsvollzieher hat wegen der erwarteten Widerstände bei der Zwangsräumung um Amtshilfe bei der Polizei ersucht. Diese muss ihm von der Polizei gewährt werden, und diese wird ihm auch von der Polizei gewährt werden.

Alles in allem ist es ein rechtsstaatlich klarer Vorgang, wie er sich täglich in dieser Stadt ereignet, von dem Amtshilfeersuchen mal abgesehen. Wir appellieren daher an alle Besetzer, ihren Widerstand aufzugeben

[Beifall bei der CDU und der FDP]

und sich nicht noch weiter in strafbare Handlungen zu verstricken oder gar zur Randale aufzurufen. Eine freiwillige und friedliche Räumung ist für alle Beteiligten die klügste Lösung.

Genauso eindeutig, wie die Rechtslage in diesem Fall ist, sollte es für eine gesetzgebende Körperschaft, also auch für dieses Parlament, selbstverständlich sein, eine eindeutige Position zu vertreten, die auf der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland fußt. Aus diesem Grunde habe ich keinerlei Verständnis für die von den Grünen in der letzten Sitzung des Innenausschusses geäußerten Zweifel am Vorgehen der Polizei und des Staates insgesamt in der Frage der Hausbesetzung.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Dabei, liebe Frau Bayram, ist es gar nicht mein Thema, ob Sie dieses Flugblatt nun im eigenen oder im fremden Namen verteilt oder weitergeleitet haben.

[Benedikt Lux (Grüne): Sie haben es doch auch weitergeleitet!]

Ich hätte Ihnen auch in dem letzten Fall etwas mehr Fingerspitzengefühl zugetraut.

[Zuruf von Benedikt Lux (Grüne)]

Lassen Sie mich doch mal ausreden! – Ich will jetzt gar nicht auf das Flugblatt zu sprechen kommen. Was mich erschüttet hat, waren die Äußerungen von allen drei Vertretern der Grünen in der Ausschusssitzung,

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von Benedikt Lux (Grüne)]

die unisono den Staat massiv für sein geplantes Vorgehen angegangen sind. Sie haben zunächst eine unparlamentarische Pöbelstimmung zu erzeugen versucht – wie gerade auch. Sie haben dann mit allen Möglichkeiten versucht, den Polizeipräsidenten dazu zu bringen, einsatztaktische Details preiszugeben, und Sie haben insgesamt versucht, sich bei den vermutlich reichlich im Saal vertretenen Sympathisanten der Hausbesetzer anzubiedern. Eine markante Äußerung waren dann noch die pathetischen Worte von Herrn Behrendt, die Grünen setzten sich seit 30 Jahren für alternative Wohnprojekte in Berlin ein. Was soll denn das heißen, alternative Wohnprojekte? – Das ist doch weiter nichts als Ihr Euphemismus für besetzte Häuser,

[Beifall bei der CDU und der FDP]

für Häuser, die widerrechtlich genutzt, dabei aber selten in ihrer Substanz verbessert werden, und vor allem, für die keine Miete bezahlt wird. Das ist an sich nichts anderes als Diebstahl, und dafür setzen sich die Grünen im Jahr 2010 immer noch ein.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Natürlich kann jeder in dieser Stadt nach seiner Fasson selig werden, das hat der Alte Fritz schon gewusst. Er kann auch in der Frage des Wohnens machen, was er will. Er kann zusammenleben, mit wem und wie er will, und was er dort macht, ist mir egal. Berlin ist tolerant und wird es trotz Frau Künasts Vision eines Ökolifestyleregimes auch bleiben.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Aber er sollte dabei eine Sache beachten: Er muss es mit eigenen Mitteln auf eigenem Grund und Boden tun oder diesen rechtmäßig dafür anmieten.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Aber offensichtlich ist der Topos des linksautonomen Hausbesetzers in Ihrer DNA so stark verwurzelt, dass Sie sich davon nicht so richtig trennen können.