Björn Jotzo

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Last Statements

Vielen Dank! – Herr Innensenator! Dann die Nachfrage: Inwieweit haben Sie dafür Sorge getragen bzw. werden Sie dafür Sorge tragen, dass auch Polizeieinheiten, die uns aus anderen Ländern in Berlin unterstützen, entsprechend bei Einsätzen eindeutig gekennzeichnet sind, wie es der Wunsch des Berliner Parlaments vorsieht?
Herr Innensenator! Meinen Sie denn nicht, dass das, so wie Sie es jetzt hier vorgetragen haben, eigentlich den gesamten Regelungszweck konterkariert und dass die Aktionen, die Sie als Berliner Senat hier eingeleitet haben, jetzt mehr wie Lippenbekenntnisse aussehen? Denn gerade die Einsätze, wo eine solche Kennzeichnung dringend erforderlich ist, hätten es doch erforderlich gemacht, dass sich der Berliner Senats bei den anderen Ländern dafür einsetzt, wenn sie Unterstützungseinheiten hier herschicken, dass man sich dann auch im Vorfeld mit den Ländern ins Benehmen setzt, dass man deren Einheiten hier selbstverständlich auch so gegenüber den Berlinerinnen und Berlinern auftreten lässt wie Berliner Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. Meinen Sie nicht, dass es nur Lippenbekenntnisse waren, die Sie uns hier mitgeteilt haben?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man sich das Sicherheitskonzept im ÖPNV dieses Senats anschaut, dann muss man den Eindruck haben, hier wird ein Drama aufgeführt, ein Drama in drei Akten. Und das Drama heißt „Des Kaisers neue Kleider“.
Nachdem die FDP-Fraktion den Ihnen hier vorliegenden Antrag zu einem umfassenden Sicherheitskonzept für den ÖPNV eingebracht hat, hat auch der Senat plötzlich – und das war der erste Akt in diesem Drama – sich auf die politische Bühne gewagt und hat uns dann ein ÖPNVSicherheitskonzept präsentiert. Dieses Sicherheitskonzept bestand aus zwei ganz wesentlichen Maßnahmen. Die erste Maßnahme, die die Koalition selbst zwei Monate zuvor im März hier noch als unnötig und überflüssig bezeichnet hat, war, 60 Beamtinnen und Beamte aus der Polizeireserve in den ÖPNV zu schicken. Und die zweite Maßnahme, die der Senat hier verkündet hat, war, die Datenspeicherung nunmehr für 48 statt 24 Stunden vorzunehmen.
Dann folgte der zweite Akt in diesem Drama, denn als plötzlich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im ÖPNV auf die ihnen zugesagten Beamtinnen und Beamten warteten, da passierte dann einige Tage, nachdem dieses Sicherheitskonzept so vollmundig angekündigt war, nichts. Warum passierte nichts? – Weil die Beamten aus der Reserve nämlich für andere Aufgaben, die Bekämpfung des Linksextremismus, gebraucht wurden. Deswegen standen sie einfach nicht mehr zur Verfügung. Was dieser Senat an zusätzlicher Sicherheit für den ÖPNV zugesagt hat, waren Phantombeamte. Und das war der zweite Akt in diesem Drama.
Und genau heute erleben wir dann den dritten Akt in diesem Drama „Des Kaisers neue Kleider“. Heute lese ich gerade in der „taz“: Die Linksfraktion hat jetzt verkündet, was sie ja auch schon mehrere Monate vorher im Plenum gesagt hatte, dass nämlich die Verlängerung der Speicherfrist für die Daten von 24 auf 48 Stunden – wie wir es schon immer gesagt hatten – eine vollkommen unnötige und überflüssige Maßnahme ist, weil 99,5 Prozent der
Fälle auch innerhalb der 24-Stunden-Frist erfasst werden können. Deshalb wird sie auch diesen Teil des Sicherheitskonzepts nicht mehr mittragen. Damit endet heute dieses Drama mit dem dritten Akt. „Des Kaisers neue Kleider“ ist am Ende angekommen, Herr Senator!
Ich denke, man kann und man sollte auch an dieser Stelle heute feststellen, von Ihrem Sicherheitskonzept, Herr Körting, ist nichts mehr übriggeblieben.
Herr Körting! Ich muss es so feststellen, wenn Sie heute so gekleidet wären, wie noch Substanz in Ihrem Sicherheitskonzept für den ÖPNV in unserer Stadt ist, Herr Körting, Sie ständen heute nackt vor diesem Haus.
Deswegen ist es umso bedauerlicher, dass Sie davon abgesehen haben, in den Ausschussberatungen, wie wir es Ihnen angeboten haben, konstruktiv die Vorschläge der FDP-Fraktion zu diesem Thema zu würdigen. Wir haben Ihnen ganz klar gesagt, was es braucht, eben keine Phantommaßnahmen, keinen Beamtenverschiebebahnhof und auch keine Pseudosicherheitsmaßnahmen durch irgendwelche Maßnahmen, die Sie selber zwei Monate vorher als unsinnig und überflüssig bezeichnet haben. Ja, in der Tat, da stehen Sie heute ganz zu Recht wie in des Kaisers neue „Kleider“ hier vor uns.
Nein, wir haben Ihnen doch den Weg vorgezeichnet.
Erstens: Sicherheitsbedarf definieren. Das wäre zunächst mal erforderlich gewesen. Zweitens: Die Maßnahmen, die man dafür braucht, und zwar vernünftige Maßnahmen, dann ergreifen. Und eine haben wir Ihnen doch vorgeschlagen, nämlich beispielsweise den Zugang zum ÖPNV neu zu überdenken. Da haben wir gesagt, das geschlossene System kann hier Vorteile bringen,
das geschlossene System, das Kriminalität und Wandalismus reduziert, das auch dazu führt, dass wir mehr Gerechtigkeit im Zugang zum ÖPNV hätten, weil nämlich Schwarzfahren zurückgedrängt wird.
Das hat in anderen Metropolen doch auch funktioniert. Warum nicht auch in Berlin? – Und das Letzte, das Sie dann hätten tun müssen, wäre, für diese sinnvollen Maßnahmen, die Sie zur Zielerreichung brauchen, dann transparent – –
Aber selbstverständlich, Herr Kollege Kohlmeier!
Herr Kollege Kohlmeier! Das kann ich Ihnen sehr schnell beantworten. Es sind zum einen natürlich die Vandalismustäter, die durch ein Zugangskontrollsystem abgeschreckt werden.
Das hat man in vielen anderen Metropolen auch durchaus messen können, denn das geschlossene System führt dazu, dass solche Täter sich eben nicht unkontrolliert gerade in den Nachtstunden auf entsprechende ÖPNVStationen begeben.
Selbstverständlich führt das einerseits dazu, dass solche Vandalismustaten abnehmen, aber zum anderen natürlich führt auch die Abgeschlossenheit des Systems dazu, dass schwere Straftaten eben von Tätern nicht mehr begangen werden, die fürchten müssen, dass sie beispielsweise beim Verlassen des geschlossenen Systems dann entsprechend wieder Sperren passieren müssen.
Das alles sind Dinge, die Straftaten verhindern und dafür sorgen, dass der ÖPNV in unserer Stadt sauberer, sicherer und auch besser wird, Herr Kohlmeier! Deswegen ist es gut, über solche Modellprojekte, die wir vorgeschlagen haben, nachzudenken.
Herr Körting! Es wird Zeit, dass Sie Ihr Schauspiel, Ihr Drama in drei Akten „Des Kaisers neue Kleider“ beenden.
Dieser Senat „hat fertig“. Er steht heute ohne Sicherheitskonzept, ohne wirksame Maßnahmen vor diesem Haus. Es ist eine Schande, dass Sie versäumt haben, die Anregungen, die die Opposition Ihnen gemacht hat, hier aufzunehmen in Ihrer Ausschussberatung. Deswegen kriegen Sie auch ganz zu Recht dafür die Quittung. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Gaebler! Ich denke, das Meiste, das Sie hier gesagt haben, kann man einfach im Raum stehen lassen. Aber eines lasse ich Ihnen nicht durchgehen, dass Sie nämlich der Einsatzreserve unterstellen, sie hätte Skat gespielt oder würde Skat spielen. Das wird dem anspruchsvollen Dienst, den die Beamtinnen und Beamten da ausüben und in den letzten Jahren ausgeübt haben, nicht gerecht.
Deswegen, Herr Gaebler, gehört das hier an dieser Stelle zurückgewiesen.
Ihren übrigen Redebeitrag lasse ich einfach so stehen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jeden Tag müssen wir in unserer Stadt Anschläge auf Autos, auf unsere S-Bahn, auf unsere öffentliche Infrastruktur, Anschläge auf private Bauprojekte und auf Unternehmerinnen und Unternehmer erleben. Uns allen und allen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern in unserer Stadt entstehen Millionenkosten durch linke Krawallrituale. Ob es nun der 1. Mai ist, ob es die Räumung von Häusern ist – jeden Tag sehen wir diese Phänomene in unserer Stadt, und dieser Senat sieht dieser Gewalt und dieser Lebensstilintoleranz, den linken Kiez-Taliban hilflos zu. Darüber müssen wir heute reden!
Denn es sind doch nichts weniger als gewaltbereite Linksextremisten, die unseren Bürgerinnen und Bürgern in unserer Stadt diktieren wollen, wie sie zu leben, wie sie zu arbeiten, welches Auto sie zu fahren haben und wie und wo sie welches Unternehmen zu führen haben. Wir sind nicht bereit, das noch einen Tag länger hinzunehmen!
Was tut der rot-rote Senat gegen diesen Zustand?
Da haben wir vieles gehört, vieles von Innensenator Körting. Markige Worte hat er gefunden. Er hat von den rotlackierten Faschisten gesprochen, die unsere Stadt angreifen.
Was ist den markigen Worten gefolgt? – Wir hatten eine schöne Präsentation durch den Berliner Verfassungsschutz. Da wurden bunte Bilder gezeigt. Da hat man gezeigt, hier gibt es rote, gelbe und orange Stellen in der Stadt. Aber was ist passiert? – Es ist nichts passiert! Deswegen bedarf es hier endlich einer Aktion. Wir erwarten von diesem Senat, dass er endlich die richtigen Schritte in die Wege leitet, um diesem Phänomen endlich wirksam beizukommen.
An dieser Stelle sei auch die Frage gestattet: Was tun denn die Grünen? – Da fallen immer wieder Dinge auf. Da fordern die Grünen beispielsweise eine Gentrifizierungspolizei, die in Zukunft Immobilieneigentümern sagt, wo sie investieren dürfen, wo sie ein Haus sanieren dürfen oder vielleicht auch, wo sie dann in Zukunft ihre Wohnungen sanieren dürfen.
Das sind die Ideen der Grünen. Sie wollen jetzt Mauern um Kreuzberg ziehen, um dort Terror – –, nicht Terroristen, sondern Touristen fernzuhalten. Das ist mal ein neuer Ansatz für eine entsprechende Entgegnung auf eine solche Politik.
Eines fällt auch auf: Wenn der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Abgeordnetenhaus zur Ächtung linksextremistischer Gewalt redet – und er hat dieses Wort der KiezTaliban auch geprägt, was wir durchaus anerkennen –, dann fällt auf, dass in der Fraktion der Grünen zu solchen Themen immer nur etwa die Hälfte der Fraktion klatscht. Ein Schelm, der Böses dabei denkt!
Deshalb müssen wir heute über dieses Thema reden, an dieser Stelle, hier und heute.
Uns geht es darum, eine tolerante Gesellschaft für unsere Stadt zu schaffen, eine tolerante Gesellschaft, die jeder Art von Extremismus und eben auch dem Linksextremismus entschieden einen Riegel vorschiebt, und deswegen fordere ich Sie auf, dem Thema der FDP-Fraktion, dem entschiedenen Kampf gegen Linksextremismus, heute Ihre Stimme zu geben. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Auch meine Frage richtet sich an Finanzsenator Nußbaum. – Sie sehen also: Selbst wenn wir persönlich nicht anwesend sind, sind wir gut informiert über das, was Sie bei der IHK von sich geben. Ich würde gern wissen, was unter Ihrer Äußerung dort zu verstehen ist, dass Sie über Einnahmeverbesserungen nachdenken müssen, sei es durch Gebühren oder durch Preise für öffentliche Dienstleistungen. Welche Preiserhöhungen für öffentliche Dienstleistungen oder Gebührensprünge oder weitere Einnahmeverbesserungen schweben Ihnen denn vor, Herr Finanzsenator?
Vielen Dank für die Erläuterungen, Herr Finanzsenator! Dann habe ich nur noch die Nachfrage, wie Sie die Stellungnahme des Herrn Wirtschaftssenators auf Ihre Äußerungen zum Wirtschaftsstandort bewerten, wonach er gesagt hat: Es ist erstaunlich, dass der Kollege nach zwei Jahren in Berlin noch nicht registriert hat, dass das, was er fordert, schon längst Realität ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kleineidam hat in einem Punkt recht. Manchmal überkommt einen bei diesem Thema ein gewisses Déjà-vu, wenn auch in umgekehrtem Sinne. Aber ich will mit einem Zitat beginnen:
Mit einem neuen Einsatzkonzept werden Polizei und BVG künftig die Sicherheit im öffentlichen Personennahverkehr verbessern. Das bisher nur auf die U-Bahn beschränkte Einsatzkommando BVG, bei dem Polizisten und Angestellte der Berliner Verkehrsbetriebe gemeinsam auf Streife gingen, ist zum 1. Juli aufgelöst worden. Die Effizienz wird durch gezielte polizeiliche Schwerpunkteinsätze an festgestellten und bekannten Brennpunkten erhöht.
Das war die Pressemitteilung des Senats „Neues Sicherheitskonzept für den öffentlichen Personennahverkehr“ vom 22. Juli 2003. Dieses erste Sicherheitskonzept für den ÖPNV dieser Koalition, das zeigen nicht nur die Gewaltvorfälle der letzten Monate, sondern auch der heutige Kursschwenk dieses Senats, ist komplett gescheitert.
Aktuell gibt es wieder eine neue Pressemitteilung des selben Senats mit demselben Titel. Es wird offensichtlich: Jetzt droht der Wahlkampf. Was steckt also drin, was ist von dem neuen Kursschwenk zu halten? – Schauen wir es uns an. Es gibt im Wesentlichen vier neue Maßnahmen. Zunächst gibt es bis zu 60 neue Polizeibeamte für den Bereich ÖPNV, allerdings nur – das haben wir gehört –, wenn sie gerade nichts anderes zu tun haben. Dann gibt es künftig die Doppelstreife mit der BVG – Sie erinnern sich, dass ist die Doppelstreife, die 2003 aufgelöst worden ist, um Effizienz und Sicherheit zu steigern –, und es gibt einen Erfahrungsaustausch zwischen den Beteiligten, und letztlich wollen Sie die Videodaten künftig 48 statt 24 Stunden speichern. Wie ist dieses Konzept zu bewerten? – Ich will es zunächst einmal Ihnen selbst überlassen, diese Bewertung vorzunehmen. Was ist mit der Videospeicherdauer? – Dazu gibt es ein sehr schönes Zitat, das ich Ihnen nicht vorenthalten will.
Ich warne davor, jetzt mit einer falschen Hektik die Frist von 24 oder 48 Stunden zu thematisieren. Das kann man in Ruhe neu überprüfen, aber dazu würde ich gern evaluieren, wie sich das bisherige Gesetz in der Umsetzung bewährt, welche Erfolge wir mit dem bisherigen Gesetz haben und wo es gegebenenfalls Nachbesserungsbedarf gibt.
Solche Schüsse aus der Hüfte würde ich zurzeit nicht vorschlagen. … Diese 24 Stunden reichen für alle Fälle schwerster Kriminalität nach meiner festen Überzeugung aus. … Die Debatte können Sie endlos führen. Sie können sagen: Warum eigentlich 48 Stunden, warum nicht zwei Wochen?
Meine Damen und Herren, wer war das? – Das war selbstverständlich Innensenator Körting, nicht vor mehreren Jahren, nicht 2003, sondern vor zwei Monaten – genau hier im Plenum.
Und, Herr Körting, Sie hatten ja recht. Es ist erschreckend, dass Sie offensichtlich schon zwei Monate später nicht mehr die Stärke haben, als Fachmann dem Sicherheitspopulismus Ihrer Senatskollegen entgegenzutreten. Stattdessen flüchten Sie sich in Maßnahmen, die Sie selbst mangels einer Evaluation für ungeeignet halten. Ihre Sicherheitspolitik wider besseres Wissen ist ein Armutszeugnis, das Sie sich selbst ausstellen, Herr Körting. Die von Ihnen geforderte Evaluation hat die FDP übrigens vor einigen Monaten hier im Parlament selbst gefordert.
Allerdings wurde dieser Antrag von Rot-Rot abgelehnt. So viel zu Ihren Aussagen zur Videospeicherung, Herr Körting.
Aber wie sind die anderen Komponenten Ihres Konzepts zu bewerten? – Auch das haben Sie, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, schon eindrucksvoll für uns bewertet. Auch hier darf ich ein Zitat aus der Vergangenheit bemühen:
Geradezu pawlowartig wurden von der Opposition – wieder einmal – mehrere Forderungen vorgebracht: mehr und längere Videoaufzeichnungen, mehr Polizei, Polizei wieder auf die Bahnhöfe und in die Bahnen und – wieder einmal aus der Mottenkiste geholt – die Bürgerpolizei. Nicht … einmal alle vier Forderungen zusammen würden das Phänomen, um das es hier geht, beheben oder beseitigen können.
Das war Anja Hertel, die Sicherheitsexpertin der SPD, auch nicht vor mehreren Jahren, das war vor zwei Monaten – auch hier im Hause. Meine Damen und Herren und Frau Hertel! Treffender hätte ich es nicht sagen können. Ihre Bewertung Ihres eigenen Konzepts spricht Bände. So sehr ich sie als Sicherheitsexpertin schätze, so sehr muss ich auch bedauern, was Ihr Senat den Bürgerinnen und Bürgern in unserer Stadt als Sicherheitspolitik zumutet, Frau Hertel.
Seit Ihrer Rede vor zwei Monaten hat sich nichts, aber auch gar nichts geändert, weder an der Sicherheitslage noch an den Instrumenten, die der Politik zur Verfügung stehen. Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, haben sich geflüchtet in einen Sicherheitspopulismus mit Maßnahmen, die selbst Ihre eigenen Sicherheitsexperten als pawlowartigen Reflex bezeichnen – zumindest vor zwei Monaten bezeichneten. Sie mögen ja in acht Wochen viel schlauer geworden sein. Man könnte zu Ihrem Konzept auch einfach „Luftnummer“ sagen.
Und Ihre Unfähigkeit wird auch leider keinen Deut besser dadurch, dass auch die grüne Politikerin Frau Künast die Ausdehnung der Speicherdauer von Videoaufzeichnungen nicht ablehnt. Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, sitzen wie Frau Künast wider besseres Wissen dem Fetisch der CDU auf, den Berlinerinnen und Berlinern durch immer neue ungeeignete, unwirksame oder unfinanzierbare Maßnahmen Pseudosicherheit vorzugaukeln. Dass Sie das hier heute ernsthaft als Erfolg verkaufen wollen,
was Sie selbst vor zwei Monaten noch als Unsinn bezeichnet haben, spricht doch mehr für sich als alles andere. Ihre Sicherheitspolitik ist untauglich. Sie ist richtungs- und orientierungslos. Meine Damen und Herren von der Koalition! Sicherheitspolitisch haben Sie fertig!
Was brauchen wir wirklich für den öffentlichen Personennahverkehr, ebenso wie andernorts? Wir brauchen eine Sicherheitspolitik, die weniger Pseudosicherheit und mehr echte Sicherheit leistet. Wir brauchen eine Sicherheitspolitik, die Freiheit und Sicherheit miteinander in Einklang bringt, und wir brauchen eine Sicherheitspolitik, die auch den subjektiven Bedürfnissen der Bevölkerung Rechnung trägt.
Herr Körting! Bisher habe ich Sie für einen Senator gehalten, der eine liberale Sicherheitspolitik umsetzen will. Diesen Weg der liberalen Sicherheitspolitik haben Sie nun verlassen. Sie gehen mit Ihrer rot-roten Koalition gemeinsam mit der CDU und Frau Künast den Weg des Sicherheitspopulismus wider besseres Wissen. Ich kann Ihnen nur zurufen: Gehen Sie diesen Weg nur weiter! – Die FDP-Fraktion wird in diesem Hause weiter dafür stehen, eine wirksame und sinnvolle Sicherheitspolitik mit Maß für Berlin umzusetzen.
Schon vor Jahren, aber auch detailliert in den letzten Sitzungen, haben wir Ihnen ganz konkrete Vorschläge gemacht, wie Sie das Sicherheitsproblem im ÖPNV in den Griff bekommen können. Wir haben ein integriertes Sicherheitskonzept für den öffentlichen Personennahverkehr gefordert,
mit drei wesentlichen Elementen, das allererste: Gemeinsam mit der Polizei und den Verkehrsbetrieben müssen die Zielgrößen einer zukünftig erforderlichen Sicherheit erst mal definiert werden.
Allein das haben Sie schon nicht hinbekommen mit Ihrem Konzept. Echte Sicherheit muss vor Ort gewährleistet werden durch schnell verfügbares Personal in Kombination mit effektiven technischen Sicherheitsmaßnahmen. Ein Mehr allein, das zeigt Ihr Konzept sehr deutlich, hilft hier nicht. Das Wie des Einsatzes der Ressourcen ist entscheidend.
Zweitens: Sorgen Sie endlich dafür, dass die Verkehrsbetriebe in ihren Hausordnungen und auch Beförderungsbedingungen das Alkoholkonsumverbot verankern, hinreichend bekannt machen und da, wo das schon geschehen ist, in Zusammenarbeit auch mit der Polizei mal durchsetzen!
Das hat übrigens die CDU mal wieder von uns geguttenbergt.
Das Dritte: Prüfen Sie endlich die Einführung eines geschlossenen Systems, und führen Sie es als Modell auf
geeigneten Bahnhöfen ein! Damit erhalten nur solche Personen Zugang zum ÖPNV, die sich im Besitz eines gültigen Fahrausweises befinden. Und ich sage Ihnen eines: Überall, wo ein solches System im Einsatz ist, steigert es das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste, ebenso wie Kriminalität und Vandalismus gleichermaßen sinken.
Das alles wären Maßnahmen, die Sie statt Ihres Sicherheitspopulismus umsetzen könnten und müssten. Daneben ist absolut unverständlich, dass Sie es nach wie vor nicht schaffen, die Stellen im Polizeivollzug zu besetzen, die Sie selbst als notwendig definiert haben, nämlich 16 160 Beamtinnen und Beamte im Polizeivollzug. Und da müsste man sagen: Das wäre eigentlich nicht die letzte Maßnahme, die man bräuchte, sondern die erste Maßnahme, die Sie hätten umsetzen müssen in den letzten Monaten und Jahren.
Was bleibt nach alledem von Ihrer Sicherheitspolitik in dieser Legislaturperiode? – Eine offensichtlich falsche Schwerpunktsetzung, eine dauerhafte und immer noch andauernde Unterausstattung der Polizei; und jetzt am Ende vollziehen Sie auch noch wider besseres Wissen den Weg in Richtung Sicherheitspopulismus. Es ist Zeit, dass Ihr Herumlavieren ein Ende hat. Und im September ist es so weit. Dann werden die Berlinerinnen und Berliner entscheiden können, ob ihnen der Populismus wichtiger ist oder die Konzepte. Und die Konzepte haben wir, die FDP. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss zugeben, ich hatte mich auch etwas gewundert, dass der Kollege Behrendt hier in langen Worten das vorträgt, was die FDP-Fraktion in zwei Anträgen dem Haus vorgelegt hat. In der Tat, dieser Worte, Herr Behrendt, hätte es nicht bedurft, denn alles, was Sie gesagt haben, steht letztlich in unseren Anträgen. Deswegen kann ich Sie nur einladen, denen dann auch Ihre Zustimmung zu erteilen.
Worum geht es? – Herr Klemm hat es, denke ich, sehr gut ausgeführt, es geht um zwei sehr kritische Punkte in diesem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag. Das eine sind die Netzsperren, und das andere sind die entsprechenden Beschränkungen bei den Sportwettkonzessionen. Herr Zimmermann! Ich wundere mich etwas, dass Sie es nicht verstanden haben, worum es dabei geht. Wir haben einen drei Seiten langen Antrag mit der entsprechenden Begründung zu den Netzsperren eingebracht. Wir haben die rechtliche Konstruktion ganz genau aufgeschrieben, um die es geht. Es geht eben darum, dass hier eine Tür geöffnet wird. Es wird eine Tür geöffnet hin zu einer Inspektion des Inhalts des Netzverkehrs. Und das ist nichts anderes, als das Tor zu einer Kontrollinfrastruktur zu öffnen, wie sie in anderen Ländern schon vorhanden ist, aber wie wir sie sicherlich in einem freiheitlichen Land mit unserer Kommunikation nicht haben wollen.
Denn wenn der Internetanbieter jetzt in einer Angelegenheit gezwungen ist, den Inhalt von Kommunikationspaketen zu öffnen, wer gibt Ihnen dann die Garantie dafür, dass diese Infrastruktur nicht für andere Dinge vom Telekommunikationsanbieter genutzt wird, wer gibt Ihnen dann die Garantie dafür, dass das in Zukunft nicht auf andere Sachverhalte ausgeweitet wird, dass die Internetkommunikation nicht nur der Zielrichtung nach, was einige fordern, sondern auch dem Inhalt nach inspiziert wird? – Diese Garantie kann Ihnen niemand geben, Herr Zimmermann! Deswegen ist es auch falsch, in eine solche Sperrinfrastruktur überhaupt einzusteigen, und das werden wir auf keinen Fall mittragen.
Wenn man sich die Frage stellt, Herr Behrendt, was man mit dieser Regulierung, diesem Glücksspielstaatsvertrag, erreichen will, dann ist es ja in der Tat richtig, man muss sich die Frage der Zielsetzung dieser Regelung stellen. Da ist in der Vergangenheit eigentlich nur eines sicher gewesen, was die Monopolisierung in Staatshänden wirklich bewirken sollte. Ich denke, das hat mittlerweile auch jeder hier im Haus und auch außerhalb dieses Hauses verstanden: Es ging eben nicht darum, die Spielleidenschaft der
Bevölkerung in geordnete Bahnen, sondern es ging darum, das Geld der Spielerinnen und Spieler in staatliche Taschen zu lenken. Genau darum ging es bei diesen Staatsmonopolen, die wir bisher im Glücksspielstaatsvertrag gesehen haben. Und deswegen ist es auch richtig, dass Europa uns vorgegeben hat, nämlich das, was die FDP schon lange hier und in anderen Häusern fordert, dass wir endlich zu einer transparenten, vernünftigen und marktwirtschaftlichen Konzessionierung kommen. Und genau dieser vernünftigen marktwirtschaftlichen Konzessionierung steht die beabsichtigte Neuregelung in § 10a zu den Sportwetten eben entgegen. Die Höchstzahl von sieben Unternehmen, die hier überhaupt auf dem bundesdeutschen Markt zugelassen werden sollen, ist nicht nur völlig aus der Luft gegriffen, sondern sie findet auch keinerlei Grundlage in irgendwelchen sinnvoll belegbaren Überlegungen. Deswegen muss diese Klausel auch weg.
Ich will noch eines sagen: Ich freue mich sehr, dass die FDP auf Bundesebene dafür gesorgt hat, dass eben solche kruden netzpolitischen Überlegungen Geschichte sind. Wir haben durchgesetzt: löschen statt sperren. Herr Behrendt! Ich hoffe, „löschen vor sperren“ war bei Ihnen nur ein Versprecher. löschen statt sperren! Es gibt kein Sperren, sondern es wird der Versuch unternommen zu löschen, und dieser Versuch ist tatsächlich in fast 100 Prozent aller Fälle erfolgreich. Das haben wir so durchgesetzt. Das haben wir so nachgewiesen. Und es hat selbst die CDU auf Bundesebene – das gebe ich zu – verstanden, hier noch nicht überall, aber auf Bundesebene verstanden, und dafür bin ich mittlerweile sehr dankbar.
Ich denke, worüber wir uns in der Tat unterhalten müssen, ist, wie der Regierende Bürgermeister sich in die weiteren Beratungen einbringt. Ich sehe hier zumindest einen Konsens und freue mich, dass Herr Klemm da auf unserer Seite ist, dass man diesen Glücksspielstaatsvertrag so nicht unterzeichnen kann. Und ich freue mich – muss ich sagen – ganz ausdrücklich, dass Schleswig-Holstein als Land von Anfang an gesagt hat, dass solche Regelungen eben nicht in Betracht kommen. Ich kann Ihnen versichern, Herr Behrendt, rot-grüne Regierungen wird es hier nicht brauchen, weil unsere Regierung in SchleswigHolstein dafür sorgen wird, dass ein solcher Glücksspielstaatsvertrag in Deutschland nicht Realität werden wird.
Ich werde Ihnen auch sagen, zu welcher Konsequenz das führt: Notfalls wird Schleswig-Holstein allein stehen und wird auch allein Konzessionen erteilen, und diese Konzessionen werden dann Geltung im ganzen Bundesgebiet haben.
Und dann haben wir eine vernünftige, marktwirtschaftliche und auch liberale Regulierung in Deutschland.
Und darauf freue ich mich jetzt schon. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Frau Staatssekretärin! Gehen Sie denn nicht einher mit der Feststellung, dass es sich doch wohl eher bei Ihrer Auskunft hier um reine Lippenbekenntnisse handeln muss? Wir reden hier schließlich über mehr als eine Viertelmilliarde Außenstände. Nach neun Jahren Rot-Rot haben Sie nichts weiter dazu beizutragen, als dass Sie sich in der nächsten Zeit mit diesem Umstand befassen wollen und verschiedene Modelle prüfen. Meinen Sie nicht, dass das den Versäumnissen dieser Regierung in den letzten neun Jahren zuzurechnen ist?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir erleben heute sicherlich keinen Tag, der besonders gut ist für diese Stadt
oder gar besonders gut für die Bürgerinnen und Bürger Berlins. Was wir heute erleben, ist der Höhepunkt einer Bevormundungspolitik von Rot-Rot, einer Bevormundungspolitik von Rot-Rot-Grün und einer Bevormundungspolitik von Grün-Schwarz.
Wir haben oftmals unser Motto, man kann alles verbieten, verortet beim rot-roten Senat, aber heute haben wir eine Verbotsorgie hier zu gewärtigen. Und da nehmen alle dran teil bis auf uns, und das ist auch gut so.
Herr Buchholz! Sie haben ja einige Daten genannt. Es gibt durchaus erhebliche Umsätze in der Berliner Glücksspielwirtschaft. Es gibt viele Arbeitsplätze dort. Und es gibt auch viele Berlinerinnen und Berliner, die gerne auch am Feierabend oder am Wochenende oder auch zwischendurch mal Glücksspiele betreiben. Und es gibt Menschen, die das gerne tun. Und solange die nicht spielsüchtig sind, meinen wir, sollten die das auch weiter tun können. Und sie sollten es auch in Berlin weiter tun können. Was Sie sich hier leisten, meine Damen und Herren von der ganz großen Koalition inklusive CDU, ist nichts weiter als ein unglaublicher Etikettenschwindel. Was sehen wir? – In einigen Quartieren unserer Stadt gibt es tatsächlich eine sehr unerwünschte Häufung von Spielhallen. Die Schlusslichtposition Berlins, was die Dichte von Spielhallen und Geldspielgeräten im Bundesvergleich angeht, ist möglicherweise tatsächlich in Gefahr. Wir könnten vielleicht auf den vorletzten Platz, was die Spielhallendichte, Spielautomatendichte angeht, aufrücken. Und der Spielerschutz – da sind wir uns durchaus einig – ist nicht ausreichend gewährleistet. Aber gerade da bringt Ihr Antrag eben in beiden Punkten nicht wirklich Weiterführendes. Statt marktwirtschaftlicher Regulierung begehen Sie einen ordnungspolitisch geradezu irrsinnigen Kahlschlag. Und diesen Kahlschlag können wir Ihnen nicht durchgehen lassen.
Statt Baugebiete und Spielstättenstandorte zu planen und sinnvoll eine Spielstättenansiedlung zu steuern mit einem stadtweiten Spielstättenkonzept, so wie wir das gefordert haben, versuchen Sie es mit einer Abstandsregelung. Jetzt hat mich ja wirklich interessiert, Herr Buchholz, und ich wollte es auch gerne wissen, deswegen habe ich etwas früher als Sie auch die Anfrage an den Senat gerichtet, wie das in Zukunft mit der 500-Meter-Abstandsregelung aussehen soll, mit der 1000-Meter-Abstandsregelung. Wo können denn dann nach dem Willen dieser Koalition und des Senats tatsächlich Spielhallenstandorte stattfinden? Wo kann sich also ein solches Gewerbe in Berlin künftig ansiedeln?
Das Ergebnis ist so mager wie einfach: Der Senat konnte überhaupt keinerlei Auskunft darüber erteilen. Und deswegen, Herr Buchholz, bleibt festzuhalten: Rot-Rot mit der Unterstützung von Grün-Schwarz macht hier eine Gesetzgebung ins Blaue hinein. Man weiß nicht, wo man irgendwas ansiedeln möchte. Man weiß nur, man möchte irgendwas irgendwie verbieten. Und deswegen ist Ihre Gesetzgebung insoweit einfach untauglich.
Besonders untauglich ist auch der Änderungsantrag der CDU, die u. a. beantragen will, die Erteilung einer Erlaubnis muss unter Berücksichtigung einer möglichst gleichmäßigen Verteilung der Spielhallen im Stadtgebiet erfolgen. Da frage ich mich: Was soll das denn? – Wir brauchen doch keine gleichmäßige Verteilung von Spielhallen im Stadtgebiet. Spielhallen gehören nicht in
Wohngebiete. Spielhallen gehören allenfalls in Kerngebiete, dorthin, wo sie verträglich sind. Das muss man doch nicht überall in der Stadt gleichmäßig verteilen. So einen Unsinn hier lesen zu müssen, zeigt, dass Sie sich als CDU-Fraktion selber eine ordnungspolitische Bankrotterklärung ausgestellt haben.
Letztlich: Auch beim Spielerschutz – das haben wir hier schon vielfach diskutiert – bleiben eklatante Mängel bestehen. Sie haben es eben nicht geschafft, einen umfassenden technischen Spielerschutz beispielsweise durch Anschaltung eines wenigstens stadtweiten Sperrsystems, so wie die Spielbanken beispielsweise das bundesweit unterhalten, aufzunehmen, wenigstens einen technischen Spielerschutz durch eine Spielerkarte. Das wären wirksame Maßnahmen gewesen. Was Sie aufgenommen haben, eine Selbstsperrung für einzelne Spielhallen durch den Spieler selbst, die in anderen Spielhallen nicht bekannt ist, und das Unangetastetlassen jeglicher Gaststättenspielautomaten, wo jeder im Grunde genommen Spielsüchtige aus der Spielhalle rausstolpert in die nächste Gaststätte rein, dort sein Geld verspielen kann, das ist doch keine sinnvolle Spielerschutzpolitik. Auch da haben Sie versagt.
Und es bleibt nur eines übrig – und damit komme ich zum Schluss –: Was Ihnen hierdurch gelingt, ist, tatsächlich den Betrieb von solchen Spielstätten vollkommen unwirtschaftlich zu gestalten. Sie verdrängen die Spieler und die Betreiber in die Illegalität und ins Internet. Dort werden sie auch landen.
Und das Einzige, was Sie leisten – und damit komme ich zum Schluss –: Sie werden einen ganzen Wirtschaftszweig in unserer Stadt plattmachen. Und Sie werden das legale Spiel in diesem Bereich ab 2016 tatsächlich abschaffen. Das ist Ihr Verdienst. Das ist das Einzige, was Sie heute hier mit diesem untauglichen Gesetz umsetzen werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da die Anforderung besteht, hier etwas zu Plagiatsdelikten zu sagen, kann man hier vielleicht gleich damit beginnen. Diese Polizeiliche Kriminalstatistik ist ähnlich wie ein Plagiat. Sie unterscheidet sich nämlich kaum vom Original des letzten Jahres. Deswegen erstaunt es auch umso mehr, dass Sie diese Aktuelle Stunde unter den Titel gestellt haben: Weniger Verbrechen in Berlin – Schlussfolgerungen aus der jüngsten Kriminalitätsstatistik. Diese Behauptung trifft einfach nicht zu, ebenso wenig wie Sie, Herr Zimmermann, und Sie, Frau Seelig, zu dieser jüngsten Kriminalitätsstatistik an dieser Stelle Stellung genommen haben.
Was bringt uns die PKS? – Es ist immer dieselbe Frage, die sich jedes Jahr stellt. Es sind auch immer wieder dieselben Argumente, die im Innenausschuss diskutiert werden und die auch an dieser Stelle, weil Sie das heute zur Aktuellen Stunde erkoren haben, diskutiert werden müs
sen. Sie wissen selbst, die Polizeiliche Kriminalstatistik kann immer nur ein Anhaltspunkt sein. Sie kann auch immer nur ein Bild der Hellfeldkriminalität bieten, die tatsächlich entdeckt wird. Der PKS kann nicht entnommen werden, wie sich die Kriminalität in einem bestimmten Jahreszeitraum entwickelt hat. Das wissen wir alle.
Ich komme auf Ihr Thema im Rahmen der Aktuellen Stunde zurück: Weniger Verbrechen in Berlin. Das ist dieser PKS auf keinen Fall zu entnehmen. Ich darf darauf hinweisen, dass der Rückgang von der letzten zu dieser Polizeilichen Kriminalitätsstatistik 12 000 Delikte sind. Die gliedern sich im Wesentlichen in 6 000 Delikte im Bereich der Schwarzfahrerkriminalität auf – da kann man natürlich sagen: Wenn keine S-Bahn fährt, kann man auch schwer schwarzfahren – und 6 000 Sachbeschädigungen – dazu hat Herr Lux schon Stellung genommen –. Diese 12 000 Delikte sind beileibe keine Verbrechen. Es handelt sich hier um Vergehen. Deswegen haben Sie mit Ihrer Aktuellen Stunde auch das Thema verfehlt.
Da sich jeder aus dieser Polizeilichen Kriminalitätsstatistik das heraussucht, was ihm gefällt, gestatten Sie mir auch, dasselbe zu tun. Die Aufklärungsquote sinkt seit vier Jahren jedes Jahr um 0,6 Prozent. Inzwischen sind wir bei 48,4 Prozent angekommen. Diese Quote ist seit Jahren rückläufig. Man muss festhalten, dass nicht einmal jede zweite Straftat in Berlin aufgeklärt wird.
Dazu kommt noch die Frage, was man unter Aufklärungsquote versteht. Ich verstehe darunter, dass wir uns fragen, wie viel Prozent der Taten in dieser Polizeilichen Kriminalstatistik aufgeklärt wurden. Das ist es aber nicht. Wenn Sie sich die Statistik genau anschauen, werden Sie sehen, dass es in einigen Bereichen eine Aufklärungsquote gibt, die höher als 100 Prozent ist. Es sind mehr Verbrechen aufgeklärt worden, als begangen wurden. Es ist eine statistische Unschärfe, die Sie auch durch den Berichtszeitraum erklären. Das macht die Qualität dieser Statistik sicherlich nicht besser. Auch die Loblieder, die Sie daraus für Ihren Senat generieren, werden dadurch nicht zutreffender.
Es gab einen Zuwachs bei den Tatverdächtigen insgesamt. Es gab auch – das muss auch zur Sprache gebracht werden – einen Zuwachs bei dem Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen. Das bedeutet nichts Anderes, als dass immer mehr Menschen in Berlin straffällig werden, wenngleich sie aber jetzt durchschnittlich weniger Taten begehen. Selbst wenn hier Vorwürfe kommen, müssen wir doch zur Kenntnis nehmen, dass der Anteil der Ausländerkriminalität nach wie vor erheblich hoch ist. Gerade für den Bereich der jugendlichen Intensivtäter haben wir dort eine sehr aussagekräftige Studie und wissen, dass dies genau mit dem Bildungsabschluss und der sozialen Herkunft der Personen zu tun hat.
Genau da hat Ihre Politik versagt, weil Sie versagt haben, Bildungschancen in diese Schichten zu bringen. Sie haben
dabei versagt, diese Menschen in unsere Gesellschaft mitzunehmen und Ihnen auch die Möglichkeit zu eröffnen, dabei zu sein. Deswegen haben wir heute auch mit den Problemen gerade in diesen Bevölkerungsschichten zu kämpfen. Das ist eine Folge Ihrer rot-roten Politik!
Wo haben wir Probleme: Raubüberfälle auf Spielhallen haben sich mehr als verdoppelt. Es sind 114 Fälle und ergeben damit ein Plus von 103 Prozent. Bei einer Aufklärungsquote von 35 Prozent ist die Gefahr, dort erwischt zu werden auch wahrlich nicht sehr hoch. Ebenso gestiegen sind die Raubüberfälle auf sonstige Zahlstellen und Geschäfte. Dort gibt es einen Zuwachs von 38,5 Prozent bei einer Aufklärungsquote von nur 40 Prozent. Am Schlimmsten aber sind die Menschen betroffen, die Opfer von Eigentumsdelikten werden. Kellereinbrüche haben beispielsweise einen Zuwachs von 13,2 Prozent zu verzeichnen. Bereits im letzten Jahr gab es dort einen erheblichen Zuwachs. Bei einer Aufklärungsquote von nur 3 Prozent weiß auch jeder, was er hier an Aufklärung zu erwarten hat.
Das sind natürlich Punkte, wo angesetzt werden muss. Da gibt es auch nichts schönzureden, ebenso wie beim KfzDiebstahl. Da taugt auch der immer von Ihnen beschworene 10-Jahres-Vergleich nicht. Wir haben heute ganz andere Sicherungsmechanismen als noch vor 10 Jahren. Da muss man einfach sagen, dass bei einem Gesamtschaden von über 100 Million Euro ganz klar Profis am Werk sind. Die Gefahr, erwischt zu werden, ist sehr gering. Die Aufklärungsquote liegt bei 10 Prozent. Selbstverständlich gibt es dort auch, anders, als es der Senator so gern behauptet, eine erhebliche Dunkelziffer, denn beileibe nicht alle Bürgerinnen und Bürger haben neben der Haftpflichtversicherung auch noch eine Teilkaskoversicherung, die dort einschreitet, sodass man durchaus dort mit einer relevanten Dunkelziffer rechnen muss.
Was ist aus dieser Polizeilichen Kriminalstatistik wirklich zu lesen? – Es ist sicherlich kein Loblied auf Rot-Rot zu lesen. Wir sehen, dass das Hauptproblem dort liegt, wo wir die Polizei momentan dringend brauchen, dort, wo uns Prävention vorwärts bringen kann. Prävention bedeutet nichts anderes, als der Polizei die Möglichkeit geben zu müssen, wieder stärker auf den Bürger zuzugehen, wieder stärker sichtbar zu werden, auch beispielsweise gerade bei den Eigentumsdelikten, im Bereich der Polizeilichen Kriminalprävention tätig zu werden, den Bürgerinnen und Bürgern zu signalisieren, wo Handlungsbedarf besteht und wo man selbst dafür sorgen kann, dass man weniger schnell Opfer einer Straftat wird. Genau diese Prävention wollen wir, dass die Berliner Polizei sie in der nächsten Legislaturperiode wird leisten können.
Denn entgegen Ihren salbungsvollen Zusagen haben Sie es in dieser Legislaturperiode nicht geschafft, dass die Berliner Polizei die 16 160 Stellen im Polizeivollzugsdienst bekommen hat, die sie braucht. Daneben haben Sie außerdem die Polizeiverwaltung erheblich reduziert. Das
ist durchaus vertretbar, wenn man dann sagt, wer diese Verwaltungsaufgaben durchführen soll. Momentan sieht es im Berliner Modell nicht anders aus, als dass die Polizeibeamten, die eigentlich im Vollzugsdienst draußen sein sollten, einen Großteil ihrer Arbeitszeit damit verbringen, Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen. Das ist eine falsche Schwerpunktsetzung. Auch da müssen wir uns fragen, ob das Berliner Modell in seiner jetzigen Ausformung tatsächlich der Weisheit letzter Schluss ist, oder ob wir nicht dafür sorgen müssen, dass unsere Polizeivollzugskräfte wieder stärker nach draußen kommen. Das ist der Weg, den wir gehen müssen.
Die FDP-Fraktion ist die einzige Fraktion, die sich dazu bekennt, dass wir den Personalkörper im Land Berlin auf 93 000 Vollzeitäquivalente reduzieren müssen. Wir meinen es nicht, weil wir glauben, dass das Land Berlin unbedingt weniger Beschäftigte haben muss, sondern weil wir glauben, dass die Beschäftigten, die das Land Berlin hat, auch vernünftig bezahlt werden müssen,
dass sie hoch motiviert sein müssen. Das geht nur verantwortlich, wenn man bereit ist, im Gegenzug den Personalkörper entsprechend zu reduzieren. Anders werden wir das haushalterisch auch gegenüber künftigen Generationen nicht darstellen können. Deswegen ist es auch nach wie vor richtig, dieses Ziel im Auge zu behalten, wenn wir uns der Personalentwicklung im Land Berlin widmen. Dort liegt gleichzeitig auch ihr allergrößtes Versäumnis. Sie haben es in dieser Legislaturperiode nicht geschafft, ein konsolidiertes Personalentwicklungs- und Personalkonzept vorzulegen. Das führt dazu – wenn ich mir die Fluktuationsprognose für die nächsten sechs Jahre anschaue –, dass wir im Bereich des Polizeivollzugs über 2 000 Vollzeitstellen in den nächsten sechs Jahren abgängig haben werden. Das heißt, es fehlt uns nicht nur die Manpower, sondern es fehlt uns vor allem auch die Kompetenz dieser Beamtinnen und Beamten, die höchstwahrscheinlich im Rahmen dieser sechs Jahre nicht mehr die Möglichkeit haben werden, all ihre Kenntnisse, insbesondere die kriminalistischen Kenntnisse, an ihre Nachfolger weiterzugeben.
Gleichzeitig wird im Bereich der Polizeiverwaltung ein Abbau um 25 Prozent stattfinden. Wir konnten uns vom Innensenator im Innenausschuss anhören, selbstverständlich werde das alles im Aufwuchs kompensiert werden. Aber Sie haben es ja nicht mal in den letzten neun Jahren geschafft, es durch einen adäquaten Aufwuchs zu kompensieren, wie sollen wir Ihnen dann glauben, dass Sie in der Lage sein werden, das innerhalb der nächsten Monate in die Wege zu leiten? Da sage ich ganz klar: Nein, Sie waren nicht in der Lage, den Berliner Beamtinnen und Beamten eine Perspektive zu bieten, Sie waren nicht in der Lage, ein Zukunftskonzept für den öffentlichen Dienst zu verwirklichen, und Sie sind auch nicht in der Lage, ein vernünftiges Sicherheitskonzept für diese Stadt zu entwickeln, das die nächsten zehn Jahre trägt, selbst wenn Sie
über die letzten zehn Jahre schwadronieren! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist, glaube ich, gut, dass es in diesem Hause eine Fraktion gibt, die sagt, man sollte einen Wirtschaftszweig nicht kaputt machen, wenn man nicht unbedingt muss. Das ist die FDP-Fraktion.
Schauen wir uns Ihren Gesetzentwurf an! Sie haben drei Ziele definiert. Das erste Ziel ist: weniger Spielhallen als heute. Das zweite ist: Spielsuchtprävention herstellen. Und Ihr drittes Ziel ist: städtebauliche Vertretbarkeit erreichen. Ich würde mir wünschen, dass Sie diesen Zielen mit Ihrem Gesetzentwurf tatsächlich näher gekommen wären, aber ich fürchte, das ist Ihnen allenfalls in Teilen gelungen.
Ich will zuerst auf das eingehen, was Herr Klemm gesagt hat. In der Tat, Sie haben mich erwischt, ich habe erst jetzt verstanden, dass Sie in § 1 einen Unternehmensbegriff für die Niederlassung eines Spielhallenunternehmens definiert haben. Das Unternehmen ist bei Ihnen nicht mehr ein Wirtschaftsunternehmen im Sinne des HGB, sondern die Spielhalle wird in der rot-roten Gesetzgebung zum Unternehmen. Wenn man davon ausgeht, ist die Frage, ob Sie Ihre Ziele tatsächlich erreichen können.
Weniger Spielhallen – da schlagen Sie eine 500-MeterAbstandsregelung vor. Das hat mich interessiert. Deswe
gen habe ich den Senat auch mit einer Kleinen Anfrage gefragt: Was würde das denn bedeuten, wenn wir diese 500-Meter-Abstandsregelung einführen. Wo sind denn die Standorte, wo sind die Abstände, und wo sind dann in Zukunft Möglichkeiten, Spielhallen zu errichten oder eben nicht mehr zu errichten? – Die Antwort des Senats war kurz und entwaffnend: Wir haben selbst keine Ahnung. Wir wissen nicht, wo die Standorte sind, und wo die Abstandsflächen sind, wissen wir auch nicht. Wir wissen im Grunde genommen gar nichts. – Das ist Ihre Wirtschaftspolitik. Das ist eine Gesetzgebung ins Blaue hinein, die Sie uns vorschlagen.
Und bei einer Gesetzgebung ins Blaue hinein werden wir nicht mitmachen. Wenn man so eingreift, dann muss man wenigstens wissen, was man damit tut. Und das tun Sie nicht.
Das, was Sie weiter vorschlagen, die Spielhallen zu verkleinern und weniger Automaten aufzustellen, ist aus unserer Sicht genau die falsche Richtung. Das wird dazu führen, dass die Spielhalle nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben ist. Das muss man einfach so sehen. Und das wird dazu führen, dass die Spielhallenbetreiber dann, wenn die Übergangsfrist ausgelaufen ist, in die Illegalität gehen und die Spieler ins illegale Spiel im Internet abwandern oder eben ins illegale Spiel in der Stadt. Es wird aber keinesfalls dazu führen, dass Sie tatsächlich eine zielgerichtete Regulierung umsetzen können.
Das dritte und wichtigste Problem, die Spielsuchtprävention, haben Sie überhaupt nicht gelöst. Das muss man so konstatieren. Das, was Sie hier vorschlagen, einen kleinen Sachkundenachweis des Betreibers und Ihre Abstandsflächen, trägt zur Spielsuchtprävention so gut wie gar nichts bei. Sie haben keine harten Faktoren hineingebracht, gerade das, was wir gefordert haben, nämlich eine Anschaltung an das nationale Sperrsystem. Da, wo wirklich eine effektive Sperre von Spielsüchtigen hätte erfolgen können, genau da gehen Sie nicht heran. Bei Ihnen besteht die Gefahr: Der Spielsüchtige sperrt sich möglicherweise in einem starken Moment bei einer Spielhalle, steht aber dann in Gefahr, in jede andere zu gehen, denn die Sperren, die Sie vorschlagen, gelten immer nur für eine Spielhalle. Was ist das für eine Logik? – Das ist eine Gesetzgebung an der Realität vorbei.
Dazu kommt – das wurde zu Recht angesprochen –, dass Sie das Problem der Gaststätten nicht angehen. Was nützt es mir dann, wenn Sie die restriktivsten Regelungen für Spielhallen treffen? Sie begründen die 500-MeterAbstandsregelung eben damit, dass der Spielsüchtige eben nicht sofort wieder in Versuchung geführt werden soll, aber der Spielsüchtige kommt aus der Spielhalle heraus, in die er hineinkonnte, weil er nicht registriert war, und sieht eine Gaststätte auf der gegenüberliegenden Straßenseite, geht rein und daddelt weiter. Also wenn das
Ihre Lösung in der Bekämpfung von Spielsucht ist, dann wird man da sicherlich sagen können, sind Sie gescheitert.
Das dritte ist das städtebauliche Problem. Da hatten wir Ihnen, denke ich, Vorschläge gemacht, über die man diskutieren kann. Wir hatten Ihnen den Vorschlag gemacht: Versuchen Sie einmal, in eine andere Richtung zu denken! Versuchen Sie, doch einmal zu denken, wenige Spielhallen am Ende zu haben, aber etwas größere!
Das bringt nämlich den großen Vorteil: einfach zu kontrollieren, mit einem hohen Niveau an Spielerschutz und gleichzeitig einem hohen Niveau an städtebaulicher Verträglichkeit. Das wäre der richtige Weg, den hätte man einschlagen müssen. Das, was Sie hier vorschlagen, ist leider ein untauglicher Versuch. Darüber kann auch nicht hinwegtäuschen, dass sich vier Fraktionen dahin gehend einig sind, dass man mit untauglichen Regelungen Wirtschaftszweige kaputtmachen kann.
Das geht mit der FDP nicht. Deswegen werden wir Ihren Entwurf auch ablehnen.
Ich frage den Innensenator, Herrn Dr. Körting. – Herr Dr. Körting! Inwieweit treffen Informationen zu, wonach Sie bei der Berliner Polizei angefragt haben und gebeten haben, Ihnen zur Vorbereitung etwaiger Koalitionsverhandlungen Änderungsbedürfnisse und -möglichkeiten wie auch Änderungswünsche zum ASOG mitzuteilen?
Herr Senator! Wenn das so ist, dann gehe ich sicher recht in der Annahme, dass Sie den Fraktionen und den Bürgerinnen und Bürgern sicher gern sowohl Ihr Anforderungsschreiben als auch die Ergebnisse Ihrer Anfrage – da sie offensichtlich von allgemeinem Interesse ist – zur Verfügung stellen und das Ganze auch im Innenausschuss vorstellen werden und alles nicht nur Ihrer Partei oder dem Senat vorbehalten wollen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt zeigt, wie man sich von mehreren Seiten eine Debatte sehr einfach machen kann.
Das, was die CDU-Fraktion ausgeführt hat, nämlich im Grunde genommen haben Sie, Herr Dr. Juhnke gesagt, je länger man Daten speichere, um so besser sei es, denn umso sicherer könne man darauf zugreifen. Das stimmt überein mit der Programmatik Ihrer Partei auf Bundesebene, wo Sie sagen, im Grunde sei eine möglichst weit reichende Vorratsdatenspeicherung das, was zur Genesung beitrage. Hier, lieber Herr Dr. Juhnke, werden wir als Liberale Ihnen ganz klar einen Riegel vorschieben,
denn mit dieser Datenspeicherung werden Sie genau die falschen Effekte erreichen.
Ich darf daran erinnern – ich bin erstaunt, Herr Lux, dass es erst einer Politikerin der Linksfraktion bedurfte, um das hier zu sagen –, dass bei den Ausführungen der Grünen nicht zur Sprache gekommen ist, dass diese Videodatenerfassung und auch die Videodatenspeicherung, je weiter sie greifen, einen immer umfassenderen Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung eines jeden Bürgers darstellen, der sich im öffentlichen Personennahverkehr aufhält. Da muss man einfach sagen: Das sind Personen, die anlass- und verdachtsunabhängig in ihren Rechten beeinträchtigt werden. Das ist ein Recht, das ist ein Interesse, das in einer Abwägung, was Überwachungsmaßnahmen angeht, zu berücksichtigen ist. Es ist eine Schande, dass SPD und Linke hierüber überhaupt nicht zu einer vernünftigen konsensualen Entscheidung gekommen sind. Da hören wir ein Herumlavieren von Ihnen, Herr Kohlmeier, dass man sich wirklich fragen muss, ob sie die Grundsätze des Datenschutzes völlig aus den Augen verloren haben. Ich darf hier darauf hinweisen: Einer der elementarsten Grundsätze des Datenschutzes ist und bleibt immer noch der Grundsatz der Datensparsamkeit.
Der Grundsatz der Datensparsamkeit ist nicht ohne Grund da.
Je weniger Daten erhoben, je weniger Daten gespeichert werden, umso weniger Anfälligkeit haben diese Datenbestände dann auch für einen Missbrauch.
Herr Dr. Juhnke! Ihr vorbehaltloses Gottvertrauen in die Sicherheit staatlich vorgehaltener Datenbestände – oder wie hier, nicht einmal staatlich vorgehalten, sondern bei einem Verkehrsunternehmen – kann ich nicht teilen, allein aufgrund der Datenschutzskandale, die wir bei Krankenhäusern, Melderegistern und allen möglichen anderen Einrichtungen des öffentlichen Lebens in den letzten Monaten und Jahren sehen mussten. Da muss man schon ein gehöriges Maß an Naivität beibringen, um hier im Abgeordnetenhaus eine solche Argumentation zu verfechten. Herr Dr. Juhnke, ich bin entsetzt!
Wenn man sich ernsthaft über die Frage unterhalten will, welche Fristen für diese Speicherung angemessen sind, dann ist das Mindeste, was man dafür tun muss, eine Evaluation. Das ist hier bereits mehrfach gesagt worden. Nur: Beantragt haben wir es, und zwar gleich zweimal. Einmal, als das ASOG geändert worden ist – da hat die Linke unglaublich herumlaviert, die SPD hat das Ganze hingebogen, es ist erst einmal abgesegnet worden. Die Folge war, dass Herr Dr. Körting keine Evaluation vorgenommen hat, sondern uns alle, das gesamte Haus, zum Narren gehalten hat. Das Entscheidende und das Entsetzliche dabei ist, dass die Regierungskoalition sich tatsächlich so vom Senat am Nasenring hat durch die Manege führen lassen. Das hätten Sie sich in einer solch wichtigen bürgerrechtlichen Frage nie hätten gefallen lassen dürfen. Das ist auch ein Skandal!
Das, was wir dann beim zweiten Mal gefordert haben, war, dass wenigstens jetzt der Senat eine entsprechende Evaluation durchführt, eine wissenschaftlich begleitete Evaluation, um festzustellen, wo die sinnvollen Grenzen sind. Da wurde ganz richtig gesagt: Von den 2 907 Anträgen im Jahr 2010 gab es in einer unbestimmten Anzahl von Fällen möglicherweise keine Daten mehr. 50 bis 60 Fälle nannte Frau Dr. Nikutta, der Datenschutzbeauftragte sagt in seiner Presseerklärung, ihm sei ein Fall bekannt, bei dem das tatsächlich der Fall gewesen sei. Die Frage lautet doch: Woran hat es gelegen? Hat es daran gelegen, dass tatsächlich innerhalb von 48 Stunden keine Daten mehr zur Verfügung standen, oder kamen möglicherweise die Antragsteller erst viel später? Das überhaupt erst einmal festzustellen, dafür müsste man eine Evaluation durchführen. Erst danach wäre eine Interessenabwägung zwischen den Rechten der Beeinträchtigten und dem Interesse an der Strafverfolgung überhaupt erst sinnvoll anzustellen. Deshalb ist das, was Sie von der CDUFraktion mit diesem Antrag machen, plumper interessengeleiteter Populismus – und nichts anderes.
Das, was wir brauchen, ist eine solche Evaluation und dann ein integriertes Sicherheitskonzept, –
das nicht nur die Frage der Datenspeicherung
und der Datenerhebung, sondern auch die Frage der Garantie echter Sicherheit, echter Strafverfolgung und das beinhaltet, was wir wollen, nämlich einen sicheren ÖPNV, und nicht populistische Schnellschüsse.
Herr Lux! Sie haben mit einem recht, und das ist die Frage: Wie kann man es vereinbaren – Herr Juhnke hat es so geschildert –, dass man in der U-Bahn eine Aufbewahrungsdauer von 24 Stunden hat und oben in der S-Bahn von 48 Stunden? Das ist, hat Herr Dr. Juhnke vorhin gesagt, in der Tat eine Absurdität, aber die kann man nicht auflösen, indem man ungeprüft das niedrigere Niveau an Datenschutz auch für das Land Berlin implementiert. Im Gegenteil! Eine solche Absurdität müsste Ansporn und Hinweis für uns als Landespolitiker sein, in der umgekehrten Richtung zu denken und möglicherweise zu überlegen, ob nicht das höhere Niveau an Datenschutz für den gesamten öffentlichen Personennahverkehr in Berlin implementiert werden sollte, und uns dafür wir uns auf Bundesebene einzusetzen. Das wäre das, was hier angezeigt wäre, Herr Lux.
Das Zweite ist doch in der Tat die Frage, Herr Lux, die Sie aufgeworfen haben: Was wird gesagt, und was wird hinterher getan? – Wir haben in dieser Legislaturperiode erlebt, dass seitens der Linksfraktion alles Mögliche gesagt wurde, aber in den entscheidenden Situationen hat man sich dann enthalten und der Anti-Bürgerrechtspolitik der SPD Tür und Tor geöffnet. Das ist richtig, nur, Herr Lux, wenn Sie heute kommen und uns erzählen wollen, dass die Grünen da völlig anders handeln würden, denke ich an die Zeit von Otto Schily und rot-grüne Bundestagskoalition zurück und frage: Was haben Sie da gemacht? – Da haben Sie die Sicherheitsgesetze nach dem 11. September durchgewinkt, da sind Sie einen großen Schritt im Hinblick auf die Biometrie weitergekommen und haben sogar Verfassungswidriges beschlossen wie das Luftsicherheitsgesetz. Da fehlt mir – angesichts Ihrer
Worte – der Glaube. Die Worte höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube, sowohl bei Rot-Rot als auch bei Grün.
Ich bin der Meinung, dass wir einen neuen und klaren Kurs brauchen, der angesichts dieser Fragen auch die Bürgerrechte, den Datenschutz und dessen elementare Grundsätze mit einbezieht. Deswegen ist es gut, dass wir in diesem Haus auch eine liberale Stimme haben. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich frage den Senator für Inneres. – Herr Körting! Wie beurteilen Sie insbesondere angesichts des schockierenden Gewaltvorfalls im ÖPNV Ihre Schwerpunktsetzung, die bei der Berliner Polizei dazu geführt hat, dass die präventiven Maßnahmen, die von der operativen Gruppe Jugendgewalt in Zusammenarbeit mit der Schule am Rathaus und verschiedenen Sportvereinen durchgeführt wurden, gerade aufgrund einer veränderten Schwerpunktsetzung eingestellt worden sind?
Herr Innensenator! Teilen Sie meine Auffassung, dass es ein auffälliges Auseinanderfallen zwischen Ihren Lippenbekenntnissen im Innenausschuss und auch hier im Plenum und dem gibt, was dann tatsächlich im Bereich der Prävention an Schwerpunktsetzung bei der Berliner Polizei geleistet und von Ihrem Senat entsprechend unterstützt wird?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Lux! Ich denke, an dieser Stelle kann man etwas abrüsten. Dieses Thema eignet sich nicht so sehr für die große demokratietheoretische Generalabrechnung mit der Koalition.
Ich glaube, dass weder das, was die Koalition, noch das, was die Grünen vorgelegt haben, der große Wurf ist. Deshalb muss man ehrlich sein mit dem, was man hier beiträgt.
Und da, Herr Dr. Felgentreu, muss man eins konstatieren, und dazu bin ich gerne bereit: Herr Dr. Zotl hat sich über alle Maßen verdient gemacht, indem er auf alle Fraktionen in diesem Hause zugegangen ist und gesagt hat: Wir wollen einen offenen Dialog über das führen, was wir gemeinsam bei der bezirklichen Verwaltung und der dortigen Demokratietheorie und -praxis erreichen wollen. Hier hat Dr. Zotl einen wichtigen Beitrag geleistet.
Diesen Beitrag erkennen wir an, auch wenn es uns allen – und hier müssen wir auf uns alle schauen – nicht gelungen
ist, an dieser Stelle in dieser Legislaturperiode den wirklich großen Wurf zu machen.
Ich darf jetzt auf das eingehen, worüber wir hier wirklich reden, und das sind die beiden Anträge. Zunächst der Antrag der Grünen: Er lässt sich in drei Komplexe unterteilen. Der erste betrifft die Bildung von Fraktionen und Bezirksämtern, der zweite die Aufwertung des Rates der Bezirksbürgermeister in einen Rat der Bezirksämter und der dritte die Stärkung der Bezirksverordnetenversammlungen. Beim dritten stimmen wir mit den Grünen völlig überein. Es ist wichtig, dass wir die Bezirksverordnetenversammlungen in ihrer Entscheidungskompetenz stärken, dass wir dort abschließende Zuständigkeiten ermöglichen, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern dort ermöglichen, abschließende Entscheidungen zu treffen. Der jetzige Zustand der BVVen – und da haben die Grünen recht – ist in der Tat nicht sachgerecht. Er ermöglicht auch keine Verortung der wirklichen politischen Verantwortlichkeit, aber diese muss hergestellt werden. Denn ohne politische Verantwortlichkeit lässt sich kein politisch verantwortliches Handeln feststellen, und das sehen wir zur Zeit in zu vielen Bezirken.
Dazu gehört aus der Sicht der FDP allerdings zwingend auch das politische Bezirksamt. Es nicht umzusetzen ist ein großer Fehler, den die Koalition in dieser Legislaturperiode umgesetzt hat. Es wäre ein großer Schritt hin zu mehr politischer Verantwortlichkeit gewesen, und es ist wirklich bedauerlich, dass es nicht gelungen ist, das umzusetzen. Das wird auch das sein, was überwiegt, selbst wenn man ihre anderen Anstrengungen in diesem Bezug in dieser Legislaturperiode einbezieht.
Was die Grünen noch fordern – die Aufwertung des Rats der Bezirksbürgermeister zu einem Rat der Bezirksämter –, das lehnen wir ab. Wir halten es überhaupt nicht für sachgerecht, dieses Gremium noch weiter, bis zu einer Vetofunktion, aufzuwerten. Das würde diesem Gremium eine Funktion zubilligen, die ihm aus unserer Sicht nicht zukommt. Die Bezirke haben sich um ihre bezirklichen Belange zu kümmern und dürfen sich nicht noch weiter als bisher in weitere Fragestellungen einmischen. Das muss entsprechend der verfassungsmäßigen Rolle klargestellt werden.
Das Weitere, was Sie hier vorschlagen, etwa die Bildung von Fraktionen und Bezirksämtern, halten wir auch nicht für sachgerecht. Dort die Listenaufstellung in Abhängigkeit zu bringen zur Mitgliedschaft von Fraktionen, ist aus unserer Sicht falsch. Es ist demokratietheoretisch falsch, und obwohl wir nicht über parlamentarische Körperschaften reden, wollen wir hier Mindeststandards an ein freies Mandat gewährleisten, und dazu gehört auch eine entsprechende Verbindungsfreiheit der Bezirksverordneten, die sich gruppieren können.
Die entsprechende Bildung der Bezirksämter von einer Komplettbesetzung abhängig zu machen, führt uns – vor allem dann, wenn wir auf das politische Bezirksamt verzichten – in einen Bereich, wo Stagnation herrschen kann und wir nicht in der Lage sind, funktionierende Bezirksämter aufzubauen. Deswegen lehnen wir auch das ab.
Nun komme ich zum Antrag der Koalition. Wir unterstützen Sie in dem, was Sie bei den Einwohneranträgen oder den Einwohnerfragestunden konstituieren. Sie sind nötig und sinnvoll. Auch dort, wo Sie die Bürgerbegehren und Bürgerentscheide stärken – um nämlich vom Beteiligungs- zum Zustimmungsquorum zu kommen –, finden wir das richtig. Es ist auch positiv, dass Sie den Forderungen der Angehörten und auch der FDP-Fraktion nachgekommen sind.
Leider können wir Ihrem Antrag dennoch nicht zustimmen, denn – Herr Gram hat es angesprochen – es sind Regelungen enthalten, die in keinem Fall zustimmungsfähig sind. Da ist zum einen die Offenlegung von Spenden in dem Ausmaß, in dem Sie das festlegen wollen und die entsprechenden Initiativen gegenüber Parteien benachteiligen. Das ist aus unserer Sicht nicht geboten.
Das Zweite ist, dass Sie die Versicherung an Eides statt von Vertrauenspersonen fordern. Das kriminalisiert Personen, die an direkter Demokratie teilnehmen, –
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Ich bin am Ende. – und wirkt ihr auch entgegen. Deswegen: Trotz der guten Ansätze werden wir beide Anträge ablehnen müssen. – Ich danke Ihnen!
Herr Lux! Ich kann Ihnen insoweit zustimmen, dass das, was wir von diesem Senat in dieser Legislaturperiode an vielen Stellen gehört haben – wobei ich nicht nur auf diesen Antrag rekurrieren möchte –, beschämend war. Wenn ich mich daran erinnere, was wir vom Regierenden Bürgermeister gehört haben, als es um den Flughafen Tempelhof ging, als sich die Bürgerinnen und Bürger mit viel Herzblut auch an diesem Volksentscheid beteiligt haben – da hatten wir einen Regierenden Bürgermeister, der sich hierhin gestellt und gesagt hat: Es ist mir piepegal, was die Berlinerinnen und Berliner entscheiden. Die Sache ist gegessen. Dieses Verfahren ist für mich überhaupt nicht verbindlich. Ich fühle mich an das, was dann kommen wird, nicht gebunden. – Das ist in der Tat – an dieser Stelle muss ich Ihnen recht geben, Herr Lux – eine Schande, und das wirkt jeder plebiszitären Demokratie entgegen.
Es ist wirklich bedauerlich, dass wir das hier erleben mussten. Aber ich bin sehr zuversichtlich, Herr Lux – und da muss ich Ihnen widersprechen –, dass wir die Voraussetzungen dafür haben, um in der nächsten Legislaturperiode auch in einer breiteren Mehrheit die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass wir sowohl auf Landesebene als auch auf bezirklicher Ebene bei der direkten Demokratie vorankommen. Meine Fraktion hat sich vorgenommen, dort einen wesentlichen Beitrag zu leisten.
Herr Dr. Felgentreu! Ich denke, ich kann Sie in Sicherheit wiegen: Die Berlinerinnen und Berliner werden sehr genau wissen, wer in dieser Frage an ihrer Seite steht, und sie werden sich auch daran erinnern, wie der Regierende Bürgermeister und die Regierungskoalition an den wichtigen Stellen, wo es tatsächlich um direkte Demokratie ging, mit den Bürgern umgegangen sind. Ich bin mir sicher, dass diese Überlegungen an der richtigen Stelle – da stimme ich mit Herrn Lux wieder überein – dann auch die richtige Rolle spielen werden. – Vielen Dank!
Danke, Frau Präsidentin! – Herr Kohlmeier! Was Sie sich eben geleistet haben, ist wieder mal eine absolute Frechheit.
Ich darf und ich muss nach Ihrer Bemerkung klarstellen, was vorgestern Beratungsgegenstand im Datenschutzausschuss war. Es ging um die Frage, was wir uns als Land Berlin an mangelnden Datenschutzvorschriften von internationalen Organisationen, die in Berlin Großveranstaltungen durchführen, diktieren lassen oder eben nicht. Da habe ich ganz klar gesagt: Für uns als FDP stehen die Bürgerrechte unserer Bürgerinnen und Bürger immer an erster Stelle.
Wir lassen uns nicht und von niemandem, nicht von der FIFA und nicht von irgendjemand anders diktieren, wie wir in Deutschland Bürgerrechte handhaben sollen. Wenn jemand damit nicht einverstanden ist, dann muss das gelöst werden, aber mit Sicherheit nicht zum Nachteil unserer Bürgerinnen und Bürger, Herr Kohlmeier! Dazu stehen wir, und das werden wir auch immer wieder vertreten – in diesem Haus und auch in den Ausschüssen. Das lasse ich mir von Ihnen nicht vorhalten, Herr Kohlmeier! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage Herrn Finanzsenator Nußbaum: Herr Nußbaum! Sie haben eben in der Beantwortung der ersten Mündlichen Anfrage das Land Baden-Württemberg harsch dafür kritisiert, dass sie einen Energieversorger gekauft haben. Heißt das, dass der rotrote Senat sich von seinen teuren Rekommunalisierungsfantasien in den Bereichen Stadtwerke, Wasser und Verkehr verabschiedet hat, oder wie ist Ihre Antwort zu verstehen?
Wie beurteilen Sie denn, Herr Senator Nußbaum, die Pläne, die zumindest von Teilen Ihrer Regierungsfraktion und möglicherweise auch von Teilen des Senats verfochten werden, hier in Berlin zu einer Rekommunalisierung in den von mir genannten Sektoren zu kommen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Vorredner so angehört hat, dann kommt man ins
Zweifeln. Ich bin froh, dass es noch eine Fraktion gibt, die sich, bevor sie anfängt, hektisch aktiv zu werden, die Zahlenlage und die Realität anschaut. Schauen wir einmal, was wir da haben! Herr Behrendt hat eben gesagt, wir müssten den Bezirken ein Instrument an die Hand geben, um baupolitische Entscheidungen zu beeinflussen. Dieses Instrument nennt sich Bauplanungsrecht. Das Bauplanungsrecht und der Bebauungsplan, der darauf fußt, bietet den Bezirken schon seit Jahrzehnten jede Möglichkeit, nach der jeweils geltenden BauNVO Vorsehungen zu treffen.
Die Probleme, die wir heute haben, haben wir dort, wo die Bezirke von dieser Möglichkeit eben keinen Gebrauch gemacht haben, wo die Baustadträte jahrzehntelang geschlafen und nicht dafür gesorgt haben, dass veraltetes Berliner Baurecht durch neues ersetzt wurde.
Schauen wir uns einmal die Zahlen an! Ich hatte hier im Haus schon gesagt, es ist nicht so, dass wir eine Spielhallen- und Geldspielgerätsschwemme in Berlin hätten, sondern die Zahlen, die wir momentan erreichen, sind bei Weitem nicht der Höchststand, den wir im Land Berlin hatten. Ich habe mir einmal angeschaut – weil ich ein marktwirtschaftlich denkender Mensch bin –, wie jemand auf die Idee kommen kann, in einem völlig übersättigten Markt noch zusätzliche Spielhallen zu eröffnen. Da habe ich geschaut, wo Berlin im Vergleich steht: Sind wir ganz oben, sind wir im obersten Viertel? Ich habe gesehen, Berlin ist tatsächlich, was die Dichte der Geldspielgeräte bezogen auf unsere Einwohner angeht, das absolute Schlusslicht im Bundesvergleich.
Genauer gesagt, sind in Rheinland-Pfalz viermal so viel Geldspielgeräte pro Einwohner wie in Berlin vorhanden, meine Damen und Herren von der SPD. Möglicherweise wäre dringender Bedarf, dort einmal anzusetzen.
Das Problem, das wir hier haben, ist sehr punktuell. Sie haben es selbst angesprochen. An einigen Stellen unserer Stadt haben wir aufgrund eines mangelhaften Baurechts und mangelnder Aktivität von Baubehörden eine Häufung von Spielhallenbetrieben. Das ist aus städtebaupolitischen Gründen nicht akzeptabel. Es bedarf hier einer Abhilfe.
Diese Abhilfe muss geschaffen werden, indem wir uns darüber Gedanken machen, wie eine zukunftsfähige Spielhallenstruktur in Berlin aussehen kann. Auch dazu kann man sich die Vorschläge der SPD-Fraktion anschauen. Es wird vorgeschlagen, die Spielhallenstruktur weiter zu zersplittern und die Spielhallen in ihrer Größe zu beschränken. Ich kann Ihnen nur sagen: Es wird so nicht funktionieren. Erstens werden Ihre Vorschläge jetzt sofort
keinerlei Linderung bringen, keinerlei Verbesserung. Das ist das Eine.
Das Zweite ist, dass das dazu führen wird, dass sich Spielhallen betriebswirtschaftlich überhaupt nicht mehr rechnen können. Jetzt können Sie sagen, das ist genau das, was wir wollen. Ich kann Ihnen nur sagen: Es handelt sich hier um einen Wirtschaftszweig, der auch berechtigte wirtschaftliche Interessen hat. Es gibt 50 Prozent aller erwachsenen Deutschen, die gerne und gelegentlich, auch durchaus regelmäßig spielen.
Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Wenn man das betrachtet, was ich eingangs gesagt habe, dass wir nämlich eine außerordentlich geringe Dichte von Spielhallen haben, dass wir uns darüber unterhalten müssen, wie wir die städtebaulichen Fragen gleichzeitig mit denen des Jugend- und Spielerschutzes vereinen können. Da gibt es nur eine Möglichkeit, Herr Buchholz, die geht genau in die andere Richtung als das, was Sie hier beantragen. Wir müssen dafür sorgen, dass wir weniger Spielhallenstandorte in Berlin haben, und zwar geplant mit einem vernünftigen planerischen Konzept, auch bezirksübergreifend. Diese wenigen Spielhallen müssen dann gegebenenfalls auch größer sein als die, die wir heute nach Ihren Vorstellungen zulassen wollen. Genauer gesagt müsste es dazu führen, dass wir zu ähnlichen Ideen kommen, wie sie das Schweizer Modell bietet, dass man nämlich eine sehr geringe Anzahl von Spielstätten hat, aber diese dann auch ausstattet mit modernsten Anforderungen an Spielerschutz, an Jugendschutz, Präventionskonzepten ähnlich denen, wie wir sie heute in den Spielbanken haben. Erst dann werden wir nämlich dazu kommen, dass diese auch tatsächlich auch die Anforderungen erfüllen, die Sie sich vorstellen.
Man muss leider sagen – da hat Herr Buchholz unrecht und Herr Behrendt recht –, dass das, was Sie hier mit Ihren drei Anträgen vorschlagen, wirklich in Teilen gut gemeint ist. Deswegen werden wir uns auch bei der Abstimmung über Ihren ersten Antrag enthalten, wo es um die BauNVO und um die Spielverordnung geht. Das ist eine Frage, über die man mit Berechtigung diskutieren kann.
Ihr zweiter Antrag ist wirtschaftlich einfach unmöglich, weil er die betriebswirtschaftliche Betätigung erdrosseln und dazu führen wird, dass nur noch illegale Spielhallen aktiv sind und die Menschen ins Internet und illegale Spiel verdrängt werden.
Ihr dritter Antrag, Ihr Präventionskonzept, Herr Buchholz, ist einfach weich wie Butter. Wir brauchen einen echten Spielerschutz durch Eingangskontrollen dort, wo er gebraucht wird, nämlich an jeder Spielstätte, und einen Präventions- und Suchtbeauftragten dort vor Ort, der Spielsucht erkennt, dann eingreift und die Spieler auch sperrt. Die Selbstsperrung muss ermöglicht werden. Das sind alles Maßnahmen, die wir brauchen. Die Maßnah
men, die Sie vorgeschlagen haben, brauchen wir nicht. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hätte kaum gedacht, dass es die Linksfraktion ist, die heute den sachlichsten Beitrag in dieser Debatte liefert. Es ist immer wieder erstaunlich, Herr Buchholz hat es eindrucksvoll präsentiert, dass die SPD-Fraktion ihre Bildung aus der „Bild“ hat. Je größer die Schlagzeilen, in denen bestimmte Wahrheiten oder weniger Wahrheiten verkauft werden, desto besser lassen sie sich auch hier am Pult vorzeigen.
Seit mehreren Wochen hören wir Horrorszenarien. Es gibt eine vermeintliche Spielhallenflut im Land Berlin. der Untergang steht kurz bevor. Nie gekannte Mengen von Spielautomaten überfluten das Land, die öffentliche Sicherheit ist gefährdet, Jugend- und Spielerschutz liegen am Boden. Das einzige, das nach Ihrem Willen noch helfen kann, ist eine Verdoppelung der Vergnügungsteuer.
Die Anhörung im Wirtschaftsausschuss war interessant. Wir haben uns nämlich angeschaut, wie viele Spielhallenstandorte es in Berlin gibt und gab. Ich kann es Ihnen sagen: Im Jahr 2000 hatten wir 377 Standorte, und heute sind es 288. Im Jahr 2000 hatten wir 15 382 Automaten im Land Berlin, und heute sind es 10 135. Zwar ist richtig, Herr Buchholz, dass es zwischenzeitlich im Jahr 2006 durch entsprechende gesetzliche Veränderungen eine Senkung auf 7 600 Automaten gab, aber von nie gekannten Höhen und einem Niveau zu sprechen, das dringend gesetzgeberisches Handeln im Fiskalbereich notwendig macht, ist grober Unfug, meine Damen und Herren von der Koalition.
Die Anhörung im Wirtschaftsausschuss und die Diskussion im Hauptausschuss haben gezeigt, dass wir ein differenziertes Bild haben. Wir haben nicht in Gesamtberlin einen exorbitanten Anstieg zu verzeichnen, und Spielhallen schießen nicht überall wie Pilze aus dem Boden. Das geschieht nur in einigen kleinen Bereichen. Dort gibt es Häufungen von Spielhallen, die städtebaulich bedenklich
sind. Das ist gar keine Frage. Aber es gibt auch große Bereiche unserer Stadt, in denen das Ganze überhaupt keine Rolle spielt, nämlich dort, wo vernünftiges Baurecht besteht, insbesondere im Osten unserer Stadt und in Teilen des Westens, wo Baustadträte vernünftig, schnell und umsichtig agiert haben. Genau das sind die Bereiche, in denen es keine Probleme gibt.
Das Problem ist, dass in einem großen Teil des Westteils unserer Stadt das Baurecht auf dem Stand von 1958 stehen geblieben ist, weil es die Baustadträte und die entsprechenden Bezirksverordnetenversammlungen nicht geschafft haben, dort für ein vernünftiges Baurecht zu sorgen.
Es ist hinreichend deutlich geworden, was Frau Matuschek auch gestern im Hauptausschuss ausgeführt hat. Diese Fiskalpolitik hat keine Lenkungswirkung, die nennenswert im Hinblick auf Spielsuchtbekämpfung oder gar auf Jugendschutz wäre. Diese Steuererhöhung wird möglicherweise den legalen Glücksspielmarkt verkleinern. Das mag sein. Aber eine nachhaltige Wirkung im Sinne einer Schutzwirkung werden Sie dadurch nicht erzielen. Es geht Ihnen um eines: Es geht Ihnen um Steuermehraufkommen. Es geht Ihnen um Abzocke.
Den Jugend- und den Spielerschutz – das ist schon dargestellt worden – haben Sie meisterlich ausgeblendet. Von Ihrem Phantomentwurf, liebe Koalition, den nicht einmal Ihre Vertreter im Hauptausschuss gestern überzeugend darstellen konnten, fehlt jede Spur. Im Senat befindet er sich offensichtlich in der Mitzeichnung. Wir werden erleben, wann er kommt. Vor allem fehlen von Ihnen aber vernünftige Beiträge zu dieser Debatte. Ich hatte es hier schon vor zwei Wochen gesagt: Was wir brauchen, sind landesrechtliche Regelungen, die sich tatsächlich dem Spieler- und Jugendschutz widmen. Das funktioniert aber nicht durch Steuerrecht, sondern durch die Unterhaltung eines Sperrsystems, durch Beratungseinrichtungen für Spielsüchtige, durch Kontrollpflichten, durch Anforderungen an das Spielhallenpersonal und die Betreiber, durch das Verbot möglicherweise von Mehrfachkonzessionen. Es ist eben angesprochen worden, dass es natürlich Entwicklungen gibt, die problematisch sind. Das sind alles Dinge, über die wir uns unterhalten und über die wir reden müssen. Das geht doch aber nicht, indem wir uns hier hinstellen, Artikel aus der „Bild“-Zeitung hochhalten, Sodom und Gomorra seien in Berlin ausgebrochen und sagen, der Weg zur Bekämpfung sei das Steuerrecht, sei eine Verdoppelung der Vergnügungsteuer. Da machen Sie es sich zu einfach. Das schreit zu sehr nach bloßer Abzocke. Frau Matuschek hat es gestern im Hauptausschuss ganz deutlich mit Ihrem Ausspruch gemacht, man solle die Kuh nicht schlachten, die man noch melken wolle. Sie wollen melken. Wir wollen Jugend und Spieler schützen. Da muss man tatsächlich einmal sagen, dass nicht jeder Aufsuchende einer Spielhalle auch ein Spieler, ein Süchtiger oder gar ein Krimineller ist. Das gilt auch für die Betreiber. Da würde Ihnen auch von der CDU etwas Dif
ferenzierung an der einen oder anderen Stelle gut tun. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin! Was Sie hier eben ausgeführt haben, spottet teilweise jeder Beschreibung und ist auch nicht parlamentarisch, wenn ich dies anmerken darf.
Ich bedauere zwar, dass das Präsidium nicht erkannt hat, wenn Sie anderen Abgeordneten eine menschenverachtende Art und Ähnliches vorwerfen. Das gehört nicht in dieses Haus, liebe Frau Bayram, und das kritisiere ich hier auch auf das Schärfste!
Sie sind offensichtlich zu einer parlamentarischen Auseinandersetzung über ein kontroverses Thema nicht in der Lage. Das muss man den Grünen in dieser Form auch mal sagen.
Wenn Sie auch noch so frech sind und aus Zweiergesprächen mit mir falsch zitieren – es ist geradezu absurd, was Sie hier vorgetragen haben! Ich kann mich zwar erinnern, dass ich mit Ihnen zu diesem Thema gesprochen habe, aber das Einzige, was hier auszuführen ist, ist, dass wir heute gesehen haben, dass die CDU in diesem Land offensichtlich nicht mehr in der Lage ist, bestimmte Thesen zu formulieren und zu vertreten oder sich auch entsprechend zu verhalten. Und da bedarf es offensichtlich in diesem Haus einer Kraft, die Tacheles redet.
Und das gilt, werte Kollegin von den Grünen, auch für das, was Sie uns hier vorgeworfen haben. Ich muss mich wirklich wundern, denn das, was in unserem Antrag steht, ist – wie Herr Wansner es gesagt hat –, dass eine bestimmte Gesetzeslage durchgesetzt werden soll. Man könnte sagen, es wäre banal – so wie Herr Wansner es
gemacht hat –, wenn das im Land Berlin eben so passieren würde. Es ist das gute Recht meiner Fraktion, darauf hinzuweisen, dass von dieser Regierung eben kein Wert darauf gelegt wird und von Bündnis 90/Die Grünen auch nicht. Da sagen wir ganz klar: Ja, es bedarf einer rechtsstaatlichen Position, dass man hier ein Vollzugsdefizit benennt und es auch behebt.
Wenn Sie eben darauf hingewiesen haben, dass hier keine Konzepte auf den Tisch gekommen sind, dann muss ich sagen: Konzepte haben wir heute geliefert.
Die hat nicht die Koalition geliefert mit diesem Integrationsgesetz, das keines ist. Diese Konzepte stehen in unseren Anträgen. Darüber kann man sich sicherlich streiten, darüber kann man debattieren, darüber kann man diskutieren. Dafür ist dieses Parlament auch da. Und wenn Sie dazu nicht in der Lage sind, meine Damen und Herren von den Grünen, dann ist das bedauerlich, und dann sind nicht wir hier fehl am Platze, sondern möglicherweise Sie selbst. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Innensenator: Herr Innensenator! Wie beurteilen Sie den Vorschlag der Vorsitzenden des Hauptpersonalrats, Frau Benita Hanke, dass für die Kennzeichnung von Polizeibeamten rotierende Nummern verwendet werden sollten, nachdem Ihre Fraktion gemeinsam mit der Linken einen entsprechenden Antrag der FDP-Fraktion im letzten Plenum abgelehnt hat?
Herr Innensenator! Darf ich das so verstehen, dass Sie ein Wechselintervall, wie von uns vorgeschlagen, das nicht täglich wäre, sondern etwa quartalsweise oder halbjährlich, für sachgerecht und angemessen hielten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage, die die SPD-Fraktion aufgeworfen hat, ist in der Tat die richtige: Was will Terrorismus? – Terrorismus richtet sich mit Gewaltaktionen gegen unsere politische Ordnung; es ist das Ziel der Terroristen, durch solche Gewaltakte einen politischen Wandel herbeizuführen. Terrorismus verfolgt daher nicht in erster Linie eine militärische Strategie, sondern vor allem eine Kommunikationsstrategie. Der Terror dient als Druckmittel und soll in unserer freiheitlichen Gesellschaft vor allem Unsicherheit und Schrecken verbreiten. Die Terroristen wollen unser Denken besetzen, das Denken der Bürger besetzen und dadurch gewaltsam unsere Gesellschaft in ihrem freiheitlichen Kern verändern. Eine solche Veränderung in unserem Denken und vor allem auch in unserem politischen Handeln wollen und dürfen wir nie zulassen!
In der Tat ist die Frage, wie wir mit der aktuellen Bedrohungssituation umgehen, eine politische Frage. Es ist eine politische Frage, mit der man von verschiedenen Seiten unterschiedlich umgehen kann. Ich stimme mit meinem Vorredner überein, die Vorschläge, die wir teilweise aus der politischen Landschaft hören, sind nicht hilfreich. Es ist nicht hilfreich, wenn wir angesichts dieser Lage über einen Einsatz der Bundeswehr im Innern reden, wenn wir über eine vollumfängliche Einführung der Vorratsdatenspeicherung, über Handy- und Computerverbote diskutieren, wenn wir Gefährder vorübergehend einsperren wollen oder gar die Pressefreiheit einschränken wollen durch gesetzliche Regelungen oder auch Einführung einer Selbstverpflichtung der Medien, über bestimmte Erkenntnisse nicht zu berichten. All diese Hinweise sind nicht erfolgversprechend!
Auch halten wir nichts davon, diese Frage parteipolitisch zu instrumentalisieren. Wenn Herr Wiefelspütz, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, die FDP-Fraktion für ein Sicherheitsrisiko hält, weil sie sich der anlassfreien Vorratsdatenspeicherung in den Weg stellt, dann ist das aus unserer Sicht eine unzulässige Instrumentalisierung dieser Lage für ein politisches Ziel.
Diese Aktuelle Stunde ist eine gute Gelegenheit, sich darüber klar zu werden, wo wir im Kampf gegen den Terrorismus stehen. Es ist eine gute Gelegenheit, sich darüber klar zu werden, welche Leistungen unser Staat im Kampf gegen den Terror bereits vollbringt und welche Änderungen wir seit dem Jahr 2001, seit dem 11. September, in Deutschland umgesetzt haben. Da das Gedächtnis oftmals nicht weit reicht, will ich kurz in die Vergangenheit gehen: Was haben wir gesehen? – 2001 – die rot-grüne Bundesregierung setzt das Terrorismusbekämpfungsgesetz um, es gibt biometrische Merkmale in Pässen, Sicherheitsbehörden dürfen Datenbestände aus
dem Ausländerzentralregister automatisiert abrufen, die Befugnisse des BKA wurden erweitert. Verfassungsschutz und BND dürfen seitdem ohne Begrenzung auf Verdächtige bei Kreditinstituten, Luftverkehrsunternehmen, Post- und Kommunikationsdienstleistern jederzeit Daten abfragen und Auskünfte einholen, ohne Kontrolle durch die Justiz. Dort besteht lediglich parlamentarische Kontrolle.
2002 – auch Rot-Grün: Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus. Verpflichtung aller im Finanzsektor tätigen Institute zur Erstattung von Verdachtsanzeigen; Ausbau der beim BKA bestehenden Zentralstelle für Geldwäscheverdachtsanzeigen; Einbeziehung neuer Berufsgruppen – Immobilienmakler, Händler hochwertiger Güter, Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer – in den Pflichtenkreis des Geldwäschegesetzes.
2004 – das Luftsicherheitsgesetz, das Gesetz zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben. Inhalt: die „license to kill“, der Abschuss von vollbesetzten Passagierflugzeugen. Dieses Gesetz wurde dann, auch auf Initiative der FDP, vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Das zeigt, dass man mit Sicherheitsaktionismus auch über das Ziel hinaus schießen kann.
2006 – das Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz: Verlängerung der Befugnisse aus dem Terrorismusbekämpfungsgesetz; die Voraussetzungen für Auskünfte von Post-, Telekommunikations- und Teledienstunternehmen über Verbindungs- und Nutzungsdaten werden auf weitere Fälle mit Gewaltbezug erstreckt. Nachrichtendienste können Fahrzeug- und Halterdaten aus entsprechenden Registern auch automatisiert abrufen.
2006 – das gemeinsame Datengesetz, die Antiterrordatei. Die Antiterrordatei als gemeinsame Datenbank von 38 verschiedenen deutschen Ermittlungsbehörden ermöglicht Inlands- und Auslandsgeheimdiensten und Polizeibehörden einen entsprechenden Abruf solcher Daten. Dort gespeichert: Waffenbesitz, Telekommunikations-, Internetdaten, Bankverbindungen, Schließfächer, Schul- und Berufsausbildung, Arbeitsstellen, Familienstand, Religionszugehörigkeit, Verlust von Ausweispapieren, Reisebewegungen und bekannte Aufenthalte an Orten mit möglichem terroristischem Hintergrund.
2007 – das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung, die Vorratsdatenspeicherung. Manche – auch ich – haben das als einen Dammbruch im Datenschutz bezeichnet, und das Bundesverfassungsgericht hat am 2. März 2010 denen Recht gegeben, die gesagt haben: Auch an dieser Stelle hat der Gesetzgeber überzogen. Auch an dieser Stelle ist Schwarz-Rot über das hinaus geschossen, was unsere Verfassung gerade noch an freiheitsbeschränkenden Maßnahmen, was unsere Verfassung gerade noch an Eingriffen in Bürgerrechte zulässt. Auch da war es gut, dass unsere unabhängige Gerichtsbarkeit –