Protocol of the Session on February 17, 2011

Login to download PDF

[Anja Kofbinger (Grüne): Nu ist aber genug!]

Was ist genug? Wurde diskutiert oder nicht? – Es wurde diskutiert. Hinsichtlich der Praxis der HOWOGE gibt es nichts zu beschönigen, und das hat Die Linke auch zu keinem Zeitpunkt getan. – Und: Es wurden Konsequenzen gezogen. Die Geschäftsführer der HOWOGE wurden entlassen, und Herr Hillenberg gehört heute nicht mehr der SPD-Fraktion an. Bekannt ist auch die öffentlich gemachte schriftliche Stellungnahme von Exfinanzsenator Sarrazin, in der er festhält, dass er die Vergabepraxis der HOWOGE aus wirtschaftlichen Gründen, wie er schreibt, gebilligt hat. Er hält in diesem Schreiben allerdings auch fest, dass von der Geschäftsführung der HOWOGE dargestellt wurde, dass die Planungsleistung dem festen Preisgefüge der HOAI unterliegen.

Zu diesem Schreiben wurde auf Antrag der Opposition – man merke sich das Datum – am 10. November 2010 im Hauptausschuss der Senat befragt und um Stellungnahme gebeten. Konkret nahmen Frau Junge-Reyer und Herr Nußbaum zu der Vergabepraxis der HOWOGE Stellung und legten aus ihrer Sicht Sachstände und Erkenntnisse dar. Dies geschah übrigens auch im Bauausschuss. Unterlagen und schriftliche Berichte wurden im Unterausschuss „Beteiligungen“ diskutiert. Alle sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften mussten im Beteiligungsausschuss ihre neu überarbeitete Vergabepraxis, die vom Senat veranlasst wurde, vorstellen.

Neu ist an Ihrem Einsetzungsantrag, dass Sie offensichtlich auch Mitglieder meiner Fraktion vor dem Untersuchungsausschuss befragen wollen, weil sie mit Herrn Hillenberg Gespräche geführt haben. Sie wollen die Arbeit von Fraktionsmitgliedern und Mitgliedern des Abgeordnetenhauses einer Untersuchung unterziehen, was ich als Anmaßung bewerte.

[Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Ich sage Ihnen ganz klar: Wir lassen uns nicht unter Generalverdacht stellen, als wären alle, die mit Herrn Hillenberg gesprochen haben, in Filz und Korruption verwickelt.

[Christoph Meyer (FDP): Nicht alle!]

Ich weise diesen Vorwurf im Namen meiner Fraktion entschieden zurück.

[Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Denn Herr Hillenberg hat natürlich mit mir darüber gesprochen, ob die Linksfraktion einen Antrag zur Vergabepraxis der städtischen Wohnungsbaugesellschaften unterstützen würde. Sie wissen: Dieser Antrag ist nie zustande

gekommen. Dieser Vorgang ist bekannt und wurde übrigens auch bereits in den Ausschüssen diskutiert. Frau Matuschek hatte bereits im Hauptausschuss deutlich gemacht, dass Herr Hillenberg seine Abgeordnetentätigkeit mit seiner beruflichen Tätigkeit vermischt habe, was dem Verhaltenskodex von Abgeordneten widerspreche. Das ist zu diesem Fragenkomplex aus meiner Sicht schon alles. Wobei mich allerdings interessiert – und ich stelle die Frage in Richtung CDU –: Mit wem hat Herr Hillenberg in Ihren Reihen über die Auftragsvergabe der städtischen Wohnungsgesellschaften gesprochen und um Unterstützung für sein Anliegen geworben? Diese Antwort hätte ich gern, alles andere ist bekannt. – Danke schön!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank, Herr Kollege Doering! – Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende Herr Meyer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man noch einen weiteren Grund brauchte, weswegen wir einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der HOWOGEAffäre brauchen, dann waren es die Wortbeiträge sowohl von Herrn Doering als auch von Herrn Gaebler.

[Beifall bei der FDP]

Wir haben relativ deutlich gehört – gerade auch noch mal von Herrn Doering –, dass Sie versuchen, mit Nebelkerzen, mit Nebenargumentationen von dem eigentlichen Untersuchungsauftrag abzulenken.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Das steht so drin! Soll ich es Ihnen vorlesen?]

Der eigentliche Untersuchungsauftrag – so haben wir es auch formuliert – ist, das nähere Umfeld, die näheren Gegebenheiten dieses Gesellschaftergesprächs im Juni 2006 zu beleuchten, wie es vorbereitet wurde, wie sich dort ein Abgeordneter der SPD-Fraktion im Vorfeld verhalten hat und wie sich zwei Senatsverwaltungen verhalten haben. Wir erleben hier genau das, was Herr Graf gerade formuliert hat: den Versuch, diesen Untersuchungsauftrag und diesen Untersuchungsausschuss zu torpedieren – durch formale Fragen, durch Fragen, ob man sich gegebenenfalls durch viele Zeugen etc. über den Wahltag retten kann.

Wir haben im Kern einen sehr einfachen Sachverhalt. Wir haben einen ehemaligen Senator, der behauptet, für ihn war es klar und selbstverständlich, dass das, was in der HOWOGE passierte, und zwar offensichtlich zumindest seit dem Jahr 2003, 2004 bis zum Jahr 2009, klar vergaberechtswidrig war. Es mag vielleicht wirtschaftlich am besten für die Gesellschaft gewesen sein, aber es war klar vergaberechtswidrig. Dann haben wir auf der anderen Seite eine Senatorin und eine Senatsverwaltung – zu der Frage, was genau in der Finanzverwaltung passiert ist, müsste man sicher Herrn Sarrazin auch befragen –, die

sagt, sie hat es nicht verstanden bzw. ein Fax war schwarz. So war das für sie alles nicht durchschaubar. Es ist genau jene Senatorin, jene Senatsverwaltung, die als Vergabestelle für öffentliche Bauleistungen fungiert. Ich glaube, es ist wichtig aufzuklären, ob dies in dieser Senatsverwaltung – bei Frau Junge-Reyer und den Herren, die Herr Esser eben genannt hat – bewusst passiert ist oder ob es Inkompetenz war, dass diese Senatsverwaltung nicht das mitbekommen hat, was offensichtlich der ehemalige Finanzsenator Sarrazin mitbekommen hat. Das müssen wir in diesem Untersuchungsausschuss aufklären.

Was die Vorgeschichte angeht, was die Befragung im Hauptausschuss, im Beteiligungsausschuss, im Bauausschuss angeht, da sage ich Ihnen ganz ehrlich: Wir haben uns in der Tat bemüht – auch mit einem Fragenkatalog –, im Hauptausschuss von Herrn Nußbaum Antworten zu bekommen. Wir haben einen einzelnen Ordner im Datenraum und keine richtigen Antworten aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bekommen. Dass erst im Januar versucht wurde, Herrn Sarrazin im Hauptausschuss vorzuladen – gut, das können Sie uns vorwerfen. Aber selbst wenn das bereits im Dezember – ich frage Sie wann in Dezember, mit einer Sondersitzung am 23. Dezember kurz vor Weihnachten, oder wie stellen Sie sich das vor? – gewesen wäre, hätte dies höchsten zur schnelleren Einsetzung des Untersuchungsausschusses im Januar und nicht erst im Februar geführt. Deswegen ist der Vorwurf, dass wir das bewusst tun, um in den Wahlkampf hineinzugehen, an den Haaren herbeigezogen.

Uns geht darum zu klären, ob Herr Hillenberg, aber auch die Geschäftsführer der HOWOGE – bei allen Verfehlungen, die im Plenum bei allen Fraktionen unstrittig sind – letztlich nur Bauernopfer waren, um im Frühjahr 2010 diese Affäre möglichst schnell zu beenden, um möglichst schnell Nachfragen nach der Rolle von Frau Junge-Reyer und einzelnen Beteiligten im Abgeordnetenhaus zu unterbinden. Das lassen wir nicht durchgehen. Deswegen brauchen wir diesen Untersuchungsausschuss, und deswegen hoffe ich, dass Sie – anders als in Ihren Redebeiträgen – im Rechtsausschuss nicht versuchen, diesen Einsetzungsantrag durch Formalien zu torpedieren. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Kollege Meyer! – Ich habe zwei Wünsche für Kurzinterventionen. Zunächst hat Herr Kollege Doering das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Meyer! Die CDU hat es eben schon versucht, und auch Sie haben jetzt wieder versucht, uns vorzuwerfen, wir wollten die Einrichtung und die Arbeit des Untersuchungsausschusses torpedieren und blockieren. Ich habe das mit keinem Satz gesagt. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass aus meiner

Sicht alles aufgeklärt ist. Punkt! Mehr habe ich nicht gesagt.

Ich möchte in dem Zusammenhang nur zu dem Punkt Wahlgetöse sagen: Bereits am 3. März letzten Jahres hat der Bauausschuss ausführlich über die Vergabepraxis bei der HOWOGE diskutiert. März letzten Jahres! Sie brauchen acht Monate, um auf die Idee zu kommen, einen Untersuchungsausschuss einzurichten. Angesichts der Nähe zum Wahlkampf kann jeder seine eigenen Schlussfolgerungen daraus ziehen.

Wenn ich darauf hingewiesen habe, dass Sie mit diesem Einsetzungsantrag meine Fraktion unter Generalverdacht stellen, und wenn ich die Frage gestellt habe, ob denn alle Mitglieder des Abgeordnetenhauses, die Gespräche mit Herrn Hillenberg oder mit Wohnungsbaugesellschaften unter dem Aspekt der Vergabepraxis geführt haben, tatsächlich im Untersuchungsausschuss befragt werden sollen, beziehe ich mich auf Ihren Punkt D, der immerhin fünf Fragenkomplexe enthält, wobei einer vorsieht, dass Sie die Vertreter und Mitglieder der Fraktion der SPD und der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus mit dem Ziel befragen wollen, welche Gespräche wir – unsere Mitglieder – mit der Verwaltung, mit Wohnungsbaugesellschaften und anderen geführt haben. Sie haben das dort hineingeschrieben, nicht ich. Wenn Sie das schon hineinschreiben, frage ich Sie direkt: Warum nicht alle Fraktionen? – Ich bin mir ziemlich sicher, dass solche Gespräche auch mit Mitgliedern der CDU-Fraktion geführt wurden. Warum stellen Sie meine Fraktion unter Generalverdacht und lassen drei andere Fraktionen aus? Diese Frage müssen Sie mir mal beantworten.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Kollege Meyer hat das Wort zur Erwiderung. – Bitte!

Ich hätte auch noch auf die Kurzintervention von Herrn Gaebler warten können. Herr Doering! Es mag sein, dass die Formulierung den Anschein erweckt, dass wir die gesamte Linksfraktion hierbei unter einen Kollektivverdacht stellen. Über die genaue Zeugenliste wird sich der Ausschuss verständigen müssen. Deswegen glaube ich – und das war genau das, was ich auch in Ihre Richtung formuliert habe –, dass bereits die Art und Weise, wie Sie mit dem Antrag, der hier zum ersten Mal debattiert wird, umgehen, ein Indiz dafür ist, was uns in der nächsten Woche im Rechtsausschuss und dann auch im Untersuchungsausschuss selbst erwartet. Damit sind wir bei der klassischen Auseinandersetzung, wie Sie es auch schon in den letzten Untersuchungsausschüssen getan haben, indem Sie nämlich versucht haben, das Minderheitenrecht Untersuchungsausschuss durch Ihre vorhandene Ausschussmehrheit zu pervertieren. Aber das werden wir nicht durchgehen lassen.

[Martina Michels (Linksfraktion): Sie kommen ja schon wieder mit einem Verdacht, bevor es überhaupt angefangen hat!]

Herr Doering! Ich weiß nicht, ob Sie sich darüber im Klaren sind, wann Herr Sarrazin seinen Brief geschrieben hat.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Am 22. September!]

Richtig! Am 22. September.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Dann sind es auch vier Monate!]

Es war nicht der 2. oder 3. März 2010, sondern es war im Anschluss im Herbst. Deshalb haben wir auch erst anschließend versucht, die Aufklärung wieder aufzunehmen, weil offensichtlich das, was davor im Bauausschuss diskutiert wurde, nicht ausreichend war. Offensichtlich war es sogar so, dass die Geschäftsführer der HOWOGE zu der Zeit, als der Bauausschuss diskutiert hat, noch nicht einmal abgelöst waren. Deswegen kommen Sie auch hier wieder mit dem Versuch, Nebelkerzen zu werfen und Verschleierung zu betreiben.

Wir haben im letzten Jahr, sowie uns der Brief von Herrn Sarrazin bekanntgegeben wurde, versucht, in den regulären parlamentarischen Ausschüssen für Aufklärung zu sorgen. Das haben Sie und vor allem die Senatoren Nußbaum und Junge-Reyer verhindert, und deswegen ist jetzt in der Konsequenz, nachdem Sie – Frau Kolat vorneweg; sie ist jetzt leider nicht hier – im Hauptausschuss die Anhörung von Herrn Sarrazin verhindert haben, der Untersuchungsausschuss der einzige Weg, um für Aufklärung zu sorgen. Wenn Sie recht haben und Sie nichts zu verbergen haben – Sie als Regierungskoalition –, dann können Sie dem Ganzen gelassen entgegensehen, denn dann werden wir das im Sommer auch gemeinsam feststellen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Dr. Florian Graf (CDU)]

Kollege Gaebler hat das Wort zu einer weiteren Kurzintervention. – Bitte!

Herr Präsident! Lieber Kollege Meyer! Man hat den Eindruck, dass Sie sich ganz verzweifelt danach sehnen, dass wir diesen Ausschuss in irgendeiner Form blockieren, damit Sie einen Grund haben, damit öffentlich Tamtam zu machen. Denn so, wie Sie das konstruieren, ist das völlig aus der Luft gegriffen. Ich habe mitnichten gesagt, dass dieser Ausschuss nicht arbeiten soll oder dass man ihn nicht zügig voranbringen soll. Sie sind es, die mit Ihrer Fragestellung und Ihren weitgehenden Formulierungen diesen Ausschuss infrage stellen. Das muss man hier mal klar festhalten.

Deshalb habe ich Sie gebeten, Ihren Einsetzungsbeschluss noch einmal kritisch durchzusehen. Herr Meyer! Wir bewegen uns hier auf gefährlichem Terrain. Wenn Sie sagen, die verfassungsmäßig garantierten Rechte von Abgeordneten, die auch bei einem Untersuchungsausschuss gelten, muss man doch nicht in Anspruch nehmen, wenn man nichts zu verbergen hat – und das haben Sie eben dezent angedeutet, ganz dezent,

[Christoph Meyer (FDP): Nein, nein!]

das konnte man aus Ihren Worten schlussfolgern, aber Sie können es ja gleich klarstellen –, so ist das ganz gefährlich. Genau da liegt die Grenze. Das, was Sie in Punkt D formuliert haben, ist ein Ausforschungsauftrag gegenüber den beiden Fraktionen Linke und SPD, der sagt: Wir gucken jetzt mal, wer da mit wem gesprochen hat, wann was wo diskutiert worden ist, welcher Auftragnehmer hat da gegebenenfalls welche Abgeordneten … Das heißt, alle Abgeordneten sollen sagen, mit wem sie über das Thema gesprochen haben. So ist es hier formuliert. Herr Meyer! Wenn Sie es nicht so gemeint haben, dann nehmen Sie es heraus!

[Martina Michels (Linksfraktion): Richtig!]

Aber so, wie es hier steht, hat es genau diese Wirkung. Sie können dann nachher im Ausschuss sagen: Ja, der Ausschuss ist so eingesetzt. Das steht doch hier drin. – Dazu kann ich Ihnen aber ganz klar sagen: Wir werden uns unsere verfassungsmäßigen Rechte nicht mit Berufung auf Ihre verfassungsmäßigen Rechte nehmen lassen. Die muss man zusammenbringen.

[Christoph Meyer (FDP): Richtig!]

Auch Mehrheitsfraktionen oder einzelne Abgeordnete in diesem Hause haben Rechte, die zu beachten sind. Die beachten Sie aber mit diesem Papier nicht, und genau das werfen wir Ihnen vor.

Wenn Sie ernsthaft die Frage klären wollen, welche Einschätzung Herr Sarrazin oder andere Senatsmitglieder haben, dann kann man hiervon drei Viertel streichen. Wir können uns dann zusammensetzen, und in vier oder fünf Sitzungen wird das alles geklärt. Herr Meyer! Aber das, was Sie hier alles drangehängt haben, wird Monate dauern, und dafür sind Sie und niemand anderes verantwortlich. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Beifall von Marion Seelig (Linksfraktion)]