Protocol of the Session on March 3, 2011

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[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Bremen ist viel schlechter als Berlin!]

Vielen Dank, Herr Senator Dr. Körting!

Als nächstes hat Herr Abgeordneter Dr. Behrendt die Gelegenheit für eine Frage.

Ich frage die für Stadtentwicklung zuständige Senatorin Junge-Reyer: Trifft es zu, dass, wie ein Vertreter der

visitBerlin am Montag auf der hier schon erwähnten Diskussionsveranstaltung zum schönen Thema Tourismus in dieser Stadt sagte, Ihre Verwaltung aus dem Entwurf des Tourismuskonzepts 2011 plus aus dem Haus des neben Ihnen sitzenden Kollegen Wolf alle Themenbereiche, die sich mit Entwicklung eines stadtverträglichen Tourismus, die sich mit konkreten Maßnahmen zum Erhalt der Weltoffenheit und zum Erhalt der Akzeptanz des Tourismus in den Kiezen beschäftigen, und auch die von Herrn Wolf beschriebenen Probleme in verschiedenen Bereichen herausgestrichen hat – –

Herr Dr. Behrendt! Je schneller Sie die Frage stellen, umso schneller können wir antworten. Es hätten dann auch mehr Kollegen die Möglichkeit, Fragen zu stellen.

Wenn ich schneller spreche, leidet aber die Verständlichkeit, Frau Präsidentin.

Dann stellen Sie die Frage doch etwas kürzer. Bitte sehr!

Ich kann ja noch einmal von vorn anfangen.

[Heiterkeit]

Trifft es zu, dass Ihre Verwaltung dieses Konzept geglättet hat, sodass jetzt der Eindruck, der Senat setze allein auf ein Höher, Schneller, Weiter in Sachen Tourismus, entsteht?

Frau Senatorin Junge-Reyer, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach meiner Erinnerung hat Ihnen oder einem anderen Kollegen schon vor etwa 45 Minuten der Kollege Wolf auf eine ähnliche Frage geantwortet. Ich möchte allerdings gern von Ihnen wissen, was eigentlich „stadtunverträgliche Hotels“ sind.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der FDP]

Dieser Begriff ist mir so grausam fremd, dass ich mir nicht das Geringste darunter vorstellen kann.

[Zurufe von der Linksfraktion und der FDP]

Vielen Dank, Frau Senatorin Junge-Reyer! – Es liegen uns keine weiteren Anfragen vor – auch ein Novum. Deswegen ist die Spontane Fragestunde jetzt beendet.

Wir kommen nun zu

lfd. Nr. 3:

Aktuelle Stunde

Rot-rote Bildungsreformitis hat Kinder und Eltern völlig aus den Augen verloren – Kitaplatzmangel, Betreuungsdefizite bei den Eigenbetrieben, Hortlücke für Fünft- und Sechstklässler, Beratungsdefizite und Verunsicherung bei der Anmeldung an den weiterführenden Schulen!

Antrag der FDP

Für die Beratung steht den Fraktionen eine jeweilige Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt die Fraktion der FDP. – Bitte, Frau Abgeordnete Senftleben, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute eine Aktuelle Stunde, die sich mit dem doppelten Versagen der rot-roten Bildungspolitik beschäftigt.

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Ah ja!]

Zum einen vernachlässigt Rot-Rot das Kernanliegen aller Eltern. Dabei geht es um die Frage: Wohin mit meinem Kind? – Das ist eine schlichte Frage.

[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Das ist das Kernanliegen?]

Zum anderen handelt es sich um ein strukturelles Versagen, denn es wird nicht von den Bedürfnissen der Kinder ausgegangen. Es fehlt an Plätzen und Personal.

Die Frage, wohin mit meinem Kind, zieht sich inzwischen durch die gesamte Berliner Bildungslandschaft, durch die gesamte rot-rote Bildungspolitik.

[Beifall bei der FDP]

Spätestens bei der Suche nach einem Kitaplatz stellen sich Eltern zum ersten Mal diese Frage. Rot-Rot hat alle Kitajahre beitragsfrei gestellt und klopft sich täglich dafür auf die Schulter.

Lassen Sie uns mal ein bisschen nachdenken. Ein Argument war und ist, insbesondere den Kindern aus bildungsfernen Elternhäusern die Kita schmackhaft zu machen. Und nun? – Nun melden diese Eltern ihre Kinder an und erhalten unter Umständen eine Absage, und dann bleiben die Kinder zu Hause. Glauben wir denn wirklich, dass diese Eltern ihr Kind bei zehn Kitas anmelden, dort regelmäßig anrufen und nachfragen, ob es denn mit dem Kitaplatz geklappt hat? – So sieht doch die Realität inzwischen aus, wie ich nicht nur von der Kollegin Scheeres weiß.

[Beifall bei der FDP]

Im Übrigen ist diese Situation auch für alleinerziehende Mütter und Väter fatal. Sie sind auf einen Kitaplatz an

gewiesen und müssen ihren Lebensunterhalt verdienen. Wer den Anspruch hat, in Berlin eine moderne Familienpolitik betreiben zu wollen, der muss diesem Anspruch auch gerecht werden.

[Beifall bei der FDP]

Ein weiteres Mal stellen sich viele Eltern in der fünften und sechsten Klasse die Frage: Wohin mit dem Kind? Da geht es um die sogenannte Hortlücke, und das, Herr Senator, muss sich schnell ändern. Hier ist der Senat jetzt in der Pflicht. Spätestens beim Wechsel in die Sekundarstufe I stellen sich die Eltern wiederum die Frage. Hier wurde zu spät und unzureichend beraten. Die Verunsicherung bei den Eltern war und ist nach wie vor stark.

Nun zum strukturellen Versagen der Regierung: Das Vordenken gehört nicht gerade zu Ihren herausragenden Eigenschaften,

[Beifall bei der FDP]

denn sonst wüssten Sie, dass in dieser Stadt erfreulicherweise mehr Kinder geboren werden, dass zukünftig auch mehr Kinder wieder zurückgestellt werden und dass mehr Eltern die verlängerten Kitazeiten nutzen. Das sind die Fakten, die wir heute bereits kennen.

Nun werden wir mal konkret: Ihre Kitabedarfsplanung ist mangelhaft. Sie mussten erst durch die Opposition aufgefordert und aufgerufen werden, um Ihre gesamtstädtische Verantwortung auch nur ansatzweise zu erkennen, Herr Senator. Sie spielen lediglich Schwarzer Peter mit den Bezirken, anstatt solide Prognosen zu erstellen. Wieder einmal: von Vordenken keine Spur!

[Beifall bei der FDP]

Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat einen kurzfristigen Bedarf von 15 000 zusätzlichen Plätzen für „nicht unwahrscheinlich“ deklariert. Herr Senator! Wo bleiben Ihre Zahlen? Wo bleibt Ihre Prognose, die die Kitabeitragsfreiheit, die Bevölkerungsentwicklung oder den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz ab 2013 berücksichtigt? Vor allem: Wie werden Kapazitäten verlässlich ausgebaut? Es ist geradezu eine Lachnummer: Die Frage der Eltern, wo es freie Kitaplätze gibt, wird nicht beantwortet und kann gar nicht beantwortet werden. Sie erfassen nämlich nur die belegten Plätze. Die Frage, wie viele Plätze noch zur Verfügung stehen, ist mit einem großen Fragezeichen versehen. Die Antwort darauf wissen Sie nicht. Das ist eine Meisterleistung der Berliner Verwaltung.

[Beifall bei der FDP – Björn Jotzo (FDP): Das war Ironie, Herr Zöllner!]

Das war Ironie, in der Tat! Ich hoffe, das haben alle verstanden, aber ich sage gern, dass es Ironie war. – Die Eltern gucken nämlich in die Röhre und stellen wiederum die Frage: Wohin mit meinem Kind? Wer durch generelle Beitragsfreiheit mehr Kinder in die Kitas holen will, muss auch Plätze zur Verfügung stellen. Es geht um Masse und um Klasse. Die rot-rote Bildungspolitik besteht lediglich

aus Absichtserklärungen, richtig umgesetzt wird nichts oder „nüscht“, wie der Berliner sagt.

Nun zu den Eigenbetrieben: Ein dauerhafter Millionenzuschussbetrieb – das wissen wir. Da ist es dann schon sehr merkwürdig, wenn der Kitaeigenbetrieb Nordost dem Senator und der Öffentlichkeit erklärt: Wir müssen sparen. Das gilt für das Personal. Noch merkwürdiger ist es, wenn dieser Kitaeigenbetrieb der verwunderten Öffentlichkeit erklärt: Die Qualität kommt trotz Einsparungen beim Personal nicht zu kurz. – Mit dieser Haltung wird das gesamte Berliner System ad absurdum geführt.

[Beifall bei der FDP]

Herr Senator! Millionenzuschüsse an die Eigenbetriebe und weniger Betreuungsqualität beim gleichen Kitagutschein, das ist eine Ohrfeige für die freien Träger.

[Beifall bei der FDP]