Protocol of the Session on March 31, 2011

Login to download PDF

angefangen mit Ihrem Stadtentwicklungsplan Verkehr, ein verkehrspolitischer Offenbarungseid, den der Senat dort bietet und der überall auf Kritik stößt, Berlin als statisches, keine Wirtschaftsentwicklung zulassendes System. Alles wird auf Stillstand ausgerichtet, sozusagen auch eine selbsterfüllende Prophezeiung. Hauptfehler der ganzen Geschichte: Der StEP Verkehr ist von Ideologie geprägt.

[Beifall bei der FDP – Zuruf von Anja Schillhaneck (Grüne)]

Da gibt es so merkwürdige Ziele, dass der Autoverkehr von Anteil 32 Prozent – das ist ja schon recht gering – auf unbedingt 25 Prozent abgesenkt werden soll. Dabei ist die Ideologie völlig unnötig.

[Claudia Hämmerling (Grüne): Genau!]

Wir haben einen rückläufigen Bestand an zugelassenen Autos in der Stadt. Warum das so ist: Folge des demografischen Wandels, natürliche Entwicklung, vielleicht Folge der Entwicklung exorbitanter Benzinpreise? Also ist das wirklich alles ein positives Zeichen? Ich habe da meine Zweifel.

[Beifall bei der FDP]

Auf keinen Fall ist es, denke ich, Anlass für die Entwicklung weiterer Verkehrsverhinderungsprogramme, so wie Sie das hier planen.

[Beifall bei der FDP]

Kommen wir mal zu den einzelnen Verkehrsträgern, kommen wir mal zum öffentlichen Personennahverkehr: Was nicht fährt, verleitet auch nicht unbedingt zum Um

steigen, Frau Senatorin! Also sorgen Sie dafür, dass der öffentliche Personennahverkehr richtig funktioniert! Sorgen Sie dafür, dass die S-Bahn ordentlich fährt, und sorgen Sie dafür, dass die BVG richtig fährt, dann steigen die Leute auch freiwillig um!

[Beifall bei der FDP]

Das Angebot ist schlecht. Es gibt keine Verlässlichkeit, es gibt keine Pünktlichkeit, es gibt keine Sauberkeit, und es gibt keine Sicherheit. Nichts ist gewährleistet. Verantwortung dafür trägt der rot-rote Senat.

[Beifall bei der FDP]

Mal ganz abgesehen von der Barrierefreiheit auf den Bahnhöfen, die ja auch nicht gewährleistet ist. Auch dafür sind Sie verantwortlich.

[Beifall bei der FDP]

Kommen wir zum Thema Fahrradverkehr: Jegliches Konzept im Fahrradverkehr fehlt. Zum Teil ist es lebensgefährlich, wie die Fahrradfahrer durch die Stadt fahren müssen. Gucken Sie sich Straßen wie die Leipziger Straße oder die Torstraße an! Das ist lebensgefährlich.

[Beifall bei der FDP – Zuruf von Andreas Otto (Grüne)]

Es gibt eben kein geschlossenes System von Fahrradrouten. Es gibt eben kein geschlossenes System separater, sicherer Fahrradstraßen. Das ist das, was Sie erstellen müssen, und das schaffen Sie nicht.

[Beifall bei der FDP]

Selbst wenn Sie betonen, Sie seien fahrradfreundlich, sind Sie es nicht. Im Gegenteil, der Fahrradverkehr wird schon fast gezielt gegen den Autoverkehr eingesetzt. Das ist wahrhaft lebensgefährlich, was da passiert.

Wirtschaftsverkehr – nächstes Thema: Keine Konzepte! Keine Handwerkerparkvignette! Wir haben sie eingefordert. Das Handwerk fordert sie auch. Nichts von dem haben Sie umgesetzt. Kein Buskonzept, keine Standorte für den Tourismus, keine Evaluation von Busspuren! Anlieferung wird für die Lkws behindert. Dauerbaustellen haben Sie. Keine Planung, was das Güterverkehrszentrum betrifft! Die Verkehr wird über die Bundesstraßen nach Berlin geleitet und permanent behindert. All dem schauen Sie zu, ohne etwas zu tun.

Und last but not least: Der Autoverkehr – ständig behindert, gegängelt, abgezockt! Straßenrückbau! Was sollte eigentlich diese Straße des 17. Juni hier? – Da machen Sie nur die Parkhäfen weg, nichts anderes. Das ist Ihre Baumaßnahme 17. Juni.

[Volker Ratzmann (Grüne): Was wollen Sie denn im Reichstag? Da sind Sie doch bald nicht mehr!]

Da traut sich nicht mal der Stadtrat von Mitte hin. Dudenstraße – Stau, Lärm, Feinstaub, Umbaumaßnahmen, Rückbau zulasten der Bewohner!

[Beifall bei der FDP]

Parkraumbewirtschaftung, Ausweitung, Gebühren – ohne Knappheit der Parkflächen!

Herr von Lüdeke! Ihre Redezeit ist beendet.

Immense Preise! Das ist Ihr Verkehrskonzept. Parkplatzverordnung, Umweltzone, Lärm, Feinstaubwerte höher als vorher – alles Ideologie! Hören Sie mit diesem Unsinn auf!

Herr von Lüdeke! Kommen Sie jetzt bitte zum Schluss!

Hören Sie auf, die Autofahrer zu gängeln, und machen Sie ein ordentliches Verkehrskonzept, so wie es diese Stadt verdient hat! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD und den Grünen]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter von Lüdeke! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Gaebler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werter Herr Kollege von Lüdeke! Vielleicht sollten Sie den Stadtentwicklungsplan Verkehr einfach mal lesen, bevor Sie offensichtlich über etwas reden, wo Sie gar nicht wissen, was da drin enthalten ist. Der Stadtentwicklungsplan Verkehr ist ein Gesamtkonzept für die ganze Stadt und auch für die Region, das Mobilität für die Stadt sichern will, in einer Art und Weise, die sich auch in die Stadt und in die Lebensqualität in der Stadt einfügt. Er ist mit breiter Beteiligung entstanden, unter wissenschaftlicher Begleitung, unter Einbeziehung von Vereinen, Verbänden, vielen Bürgerinnen und Bürgern in einem ernsthaften Prozess. Ich will an der Stelle auch allen danken, die dazu beigetragen haben, dass dieser Stadtentwicklungsplan in jahrelanger Diskussion in dieser Form, in dieser Genauigkeit, auch in dieser Detailtiefe entstehen konnte.

[Beifall von Frank Jahnke (SPD), Marion Seelig (Linksfraktion) und Gernot Klemm (Linksfraktion)]

Ich glaube, Herr von Lüdeke, es wäre gut gewesen, Sie hätten an diesen Runden Tischen zum StEP Verkehr teilgenommen, dann hätten Sie vielleicht auch etwas davon mitbekommen, denn Sie reden hier tatsächlich wie der Blinde von der Farbe. Sie wissen offensichtlich nicht, was da drinsteht. Nur ein paar Stichworte: ÖPNV-Standards,

Fahrradrouten, Wirtschaftsverkehr, Verkehrssicherheit – dazu gibt es ganze Kapitel in diesem Stadtentwicklungsplan Verkehr.

[Klaus-Peter von Lüdeke (FDP): Aber wo ist es denn?]

Also, Herr von Lüdeke, lesen Sie das einfach mal durch! Vielleicht können wir uns dann nächstes Mal etwas sachkundiger darüber unterhalten.

[Sebastian Czaja (FDP): Es geht nicht ums Papier, sondern um die Mobilität!]

Lieber Herr Czaja! Wenn ich jetzt mal Ihren Antrag nehme, über dem ja so beispielhaft steht: „Mobilität ist ein Freiheitsrecht.“ – Ich weiß nicht, ob das so richtig ist. Ich glaube, dass Mobilität ein Grundrecht ist. Es leitet sich ab, dass im Grundgesetz nämlich steht: „Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit …“ – Dieser Satz geht aber noch weiter, das vergessen viele gerne: „… soweit er nicht die Rechte anderer verletzt …“ – Und im zweiten Absatz steht dann noch: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ – Daraus folgt, dass die Sachlage etwas komplizierter ist, als einfach zu sagen: Freie Fahrt für freie Bürger, und dann sehen wir mal, was dabei rauskommt.

[Beifall von Frank Jahnke (SPD) und Carl Wechselberg (SPD)]

Eine Großstadt wie Berlin braucht ein leistungsfähiges Verkehrssystem, das Mobilität für alle sicherstellt. Dabei muss sich jeder Verkehrsträger so einbringen, wie es dem Gesamtsystem und den gemeinsamen Zielen für die Stadt dient. Eine Stadt mit hoher Lebensqualität – das heißt auch hohe Wohnqualität und hohe Aufenthaltsqualität auf den Straßen und Plätzen und in den Parks und Gärten. Zur Erreichung dieses Ziels ist vor allem der Umweltverbund zu stärken. Dabei steht der nicht motorisierte Verkehr im Mittelpunkt. Fahrrad- und Fußgängerverkehr sind die nachhaltigste und umweltschonendste Form der Mobilität, im Übrigen in der Regel auch die gesündeste. Beim motorisierten Verkehr ist dem ÖPNV Vorrang zu geben – im Interesse der vielen Nutzerinnen und Nutzer von S-Bahn, U-Bahn, Bus, Straßenbahn und Taxi. – Herr von Lüdeke! Hier irren Sie: Die Leute fahren Bus und Bahn. Sie fahren Taxi. Sie wollen den ÖPNV nutzen, und sie machen es auch. Sie sehen ihn offensichtlich auch nicht so schlecht, wie Sie ihn dargestellt haben. Wir haben hier einen guten ÖPNV. Die Leute bei der BVG, bei der S-Bahn und auch die Taxiunternehmen machen hier einen guten Job. Sie stellen Mobilität in dieser Stadt sicher, und das sollten wir nicht schlechtreden, sondern ihnen dafür dankbar sein.

[Björn Jotzo (FDP): Wo waren Sie die letzten drei Jahre?]

Herr Jotzo! Im Gegensatz zu Ihnen fahre ich regelmäßig mit öffentlichen Verkehrsmitteln, fahre auch Fahrrad und gehe zu Fuß in dieser Stadt. Ich habe ein etwas anderes Bild davon als Sie.

[Christoph Meyer (FDP): Wenn Sie die Augen schließen!]

Vielleicht hören Sie mir einfach mal weiter zu! Auch der individuelle Pkw trägt zur Mobilität in der Stadt bei. Nicht nur im Beruf, auch im Privatbereich ist er vielfach unverzichtbar. Wir müssen aber konstatieren, dass die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner nicht über einen Pkw verfügt, auch die Mehrheit der Haushalte nicht damit ausgestattet ist. Die Berlinerinnen und Berliner haben sich bereits mit klarer Mehrheit für Fahrrad, ÖPNV und dem Zufußgehen entschieden. Dem gilt es Rechnung zu tragen.

Vorrangschaltung für Bus und Bahn, Fahrradstreifen und -straßen, Zebrastreifen und breitere Gehwege sind keine Schikanen gegen Autofahrer, sie berücksichtigen die Interessen der Mehrheit der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer, denn diese wollen nicht mit dem eigenen Pkw unterwegs sein. Dennoch muss es für den notwendigen Wirtschafts- und Dienstleistungsverkehr schnelle und leistungsfähige Verbindungen geben. Diese werden zum Beispiel durch den Ausbau der A 100 sichergestellt, bei gleichzeitiger Verringerung des PkwVerkehrs in der Innenstadt und weitergehenden Möglichkeiten, dort Fahrrädern, Fußgängern und ÖPNV mehr Raum zur Verfügung zu stellen. Flächendeckende Tempobeschränkungen unter die übliche 50-km/h-Grenze in der ganzen Stadt sind weder notwendig noch sinnvoll. In Wohngebieten sind Tempo-30-Zonen aber die Regel und auch breit akzeptiert.

Ihr Antrag ist billiger Populismus in der Tradition „Freie Fahrt für freie Bürger!“. Diese Bürger fahren aber zunehmend Fahrrad oder Bus und Bahn und fordern jetzt dort die freie Fahrt ein.

Herr Gaebler! Ihre Redezeit ist beendet!

Insofern trägt Ihr Antrag wenig zur Lösung der Probleme bei. Er zeigt, dass Sie ein wenig von gestern sind. Wir machen die Mobilität von morgen mit dem StEP Verkehr. – Vielen Dank!