Protocol of the Session on September 1, 2011

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Deswegen sind die festgestellten Verstöße der HOWOGE keine Lappalien. Es kommt dabei auch gar nicht darauf an, ob es einen wirtschaftlichen Schaden gab oder nicht. Allein schon entscheidend ist, dass viele Unternehmer keine Chance hatten, einen Auftrag zu erhalten, weil das Parteibuch hier in diesem Fall oftmals in Berlin förderlich ist.

Die Rahmenbedingungen dieses Ausschusses waren schwierig. Die Arbeit ist insbesondere durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung stark behindert worden. Akten wurden rechtswidrig vernichtet. Akten, die dem Untersuchungsausschuss hätten übergeben werden müssen, wurden rechtswidrig vorher gefiltert. Akten wurden auch rechtswidrig unterschlagen. Das hat die Sitzung des Beweiserhebungsausschusses vor Ort auch ergeben. Wir können also feststellen, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung alles oder zumindest vieles getan hat, um die Arbeit des Ausschusses zu behindern. Ich hätte mir gewünscht, dass sich auch gerade die SPD-Fraktion als Abgeordnete dagegen gewandt hätte. Leider haben Sie alles verharmlost und gerechtfertigt.

[Beifall bei der FDP]

Trotz dieser Behinderungen haben wir Ergebnisse erzielt. Diese Ergebnisse können sich sehen lassen. Wir können zum einen feststellen, dass der Senat die rechtswidrige Vergabepraxis der HOWOGE gekannt und gebilligt hat. Das betrifft zunächst einmal den ehemaligen Senator

Sarrazin. Die freihändige Vergabe war ganz in seinem Sinn. Er billigte diese Praxis, weil er meinte, es würde mit wirtschaftlichen Vorteilen einhergehen, mit wirtschaftlichen Vorteilen für die Gesellschaft. Und ihm lag halt allein die Wirtschaftlichkeit der Gesellschaften am Herz. Auf Rechtsmaßstäbe hat er da weniger Wert gelegt. So hat Senator Sarrazin ganz nach dem Motto gehandelt: Der Zweck heiligt die Mittel. Dieses Motto kann aber in einem Rechtsstaat und in einer Konstellation, in der ein Senator letztendlich auch sicherstellen muss, dass in den Wohnungsbaugesellschafen eine Rechtmäßigkeit eingehalten wird, kein Motto sein, welches wir gutheißen können.

[Beifall bei der FDP]

Auch der Frau Senatorin Junge-Reyer konnte hier letztlich im Ausschuss eine Kenntnis nachgewiesen werden. Es gibt mehrere Schreiben von Frau Junge-Reyer noch als Staatssekretärin, die belegen, dass sie von den ausschreibungsfreien Vergaben der Wohnungsbaugesellschaften oberhalb der Schwellenwerte gewusst hat. Der Hinweis auf die Einhaltung des GWB in diesen Schreiben kann allein nur diese Bedeutung haben. Unterhalb der Schwellenwerte greift das GWB gar nicht. Wenn also Frau Junge-Reyer in den Schreiben darauf hinweist, das GWB müsse eingehalten werden, dann geht es gerade um die Einhaltung oberhalb der Schwellenwerte. Der Urkundsbeweis dieses Schreibens ist ein starker Beweis.

Wir können dann feststellen, Frau Junge-Reyer hat dann irgendwann beschlossen, diese Praxis zu decken und zumindest nichts mehr zu tun. Warum, das können wir nicht nachzeichnen, dazu fehlen uns die Unterlagen, aber allein schon die Feststellung, dass sie es zunächst wusste und dann unterlassen hat, dem weiter nachzugehen, ist schon ein grober Pflichtwidrigkeitsverstoß.

[Beifall bei der FDP]

Auch der Senat wusste, dass die Vergaben an den Abgeordneten Hillenberg erfolgten. Es ist nicht glaubhaft, dass Frau Junge-Reyer und Herr Sarrazin überhaupt nicht wissen oder wussten, was Herr Hillenberg so macht und womit er sein Geld verdient.

[Ralf Hillenberg (fraktionslos): Sarrazin wusste es!]

Herr Sarrazin hat das Thema Baukostencontrolling sogar auf Intervention von Herrn Hillenberg direkt auf die Tagesordnung eines Gesellschaftergesprächs gesetzt.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Das ist gar nicht wahr!]

Da sieht man ja, wie dicht die Verbindungen waren: Abgeordneter, Senator, Wohnungsbaugesellschaft.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Quatsch!]

Frau Junge-Reyer sagt, von diesem Schreiben des Herrn Hillenberg weiß sie nichts. – Das kann glauben oder nicht, aber ich möchte hier nur eine Bemerkung des Abgeordneten Arndt einführen, die in der letzten Woche im Bauausschuss getätigt hat. Da hat er gesagt – das kann man sich einfach anhören oder im Protokoll nachlesen –, dass gerade Herr Hillenberg Frau Junge-Reyer dauernd

wegen des Baukostencontrollings genervt hat. Insofern kann auch Frau Junge-Reyer nicht sagen, sie hätte gar nicht gewusst, womit Herr Hillenberg sein Geld verdient.

[Beifall bei der FDP]

Das dritte Ergebnis, das wir feststellen können, ist das Steuerungsversagen des Senats und das Kontrollversagen des Aufsichtsrats. Zuständigkeiten zwischen Abteilungen, gerade in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, sind überhaupt nicht geklärt. Das Aufsichtsratspersonal hatte keinen ständigen Informationsrückfluss in die Leitungsebene der Senatsverwaltung gegeben. Bei der HOWOGE können wir feststellen: Alle wussten es, die Mitarbeiter die Geschäftsführer, nur der Aufsichtsrat wusste nichts. Das ist nicht unsere Vorstellung von Kontrolle in einem Aufsichtsrat.

[Beifall bei der FDP]

Welche Schlüsse sind daraus zu ziehen? – Lassen Sie es mich kurz zusammenfassen. Wir fordern klare Vorgaben zur Ausschreibungspflicht für alle landeseigenen Gesellschaften, die dem GWB unterliegen,

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

klare und einheitliche Regelungen für die Vergabe von Aufträgen unterhalb der Schwellenwerte. Wir fordern die Kontrolle der Einhaltung der Vergabevorgaben ober- und unterhalb der Schwellenwerte. Es muss sichergestellt werden, dass die HOAI eingehalten wird.

Herr Dr. Kluckert! Ihre Redezeit ist beendet.

Letzter Satz: Wir brauchen faire und transparente Ausschreibungen und Vergaben bei allen öffentlichen Aufträgen im Wettbewerb. Wir brauchen die Ausschreibung von öffentlichen Aufträgen im Wettbewerb mit klarer Darstellung der ausschlaggebenden Kriterien für die Auftragserteilung. Deswegen bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Dr. Kluckert! – Jetzt hat der fraktionslose Kollege Hillenberg das Wort. – Bitte sehr!

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht wird es einige von Ihnen verwundern, und obwohl ich es natürlich wusste, wie das Ergebnis der Regierungskoalition am Ende aussehen würde, habe ich mich als einer der Betroffenen sehr über die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses gefreut. Erstens weil ich damit als Zeuge die Möglichkeit hatte,

meine Sicht der Dinge vorzutragen, und zweitens, weil es mir heute die Möglichkeit gibt, auch öffentlich zu den gegen mich gemachten Vorwürfen Stellung zu nehmen.

Als vor anderthalb Jahren die sogenannte HOWOGEAffäre in der Presse ihren Lauf nahm, verstand ich die Welt nicht mehr: gegen mich, der nie ein Geheimnis aus seinen beruflichen Tätigkeiten gemacht hat, der seine Projekte und Auftraggeber lückenlos im Internet veröffentlichte – Herr Otto! Nur weil Sie sagen, Sie wussten nicht, für wen, lesen Sie einmal nach! –, der sich unter Ausnutzung seiner SPD-Zugehörigkeit und als Mitglied im Bauausschuss in korrupter Art und Weise Aufträge und damit finanzielle Vorteile beschafft zu haben schien.

Zunächst einmal möchte ich dazu Folgendes feststellen: Die HOWOGE ist ein erfolgreiches landeseigenes Unternehmen, und das in Bezug auf Schuldenabbau, Jahresgewinn, niedrige Betriebskosten, weil sie alle ihre Bestände energetisch saniert haben, beispielgebend nach meiner Auffassung. Es erfüllt mich mit Stolz, dass nicht nur mein, sondern auch das Engagement meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu diesem Erfolg beigetragen hat. Unter Korruption verstehe ich etwas anderes.

Bleibt das Thema der freihändigen Vergabe von Planungsleistungen. Die Aussagen vom ehemaligen und aus meiner Sicht erfolgreichen Finanzsenator Dr. Sarrazin in Bezug auf die freihändige Vergabe von Planungsleistungen auch an mich sind hinreichend bekannt. Wenn man dann noch mehrfach auf meine Nachfragen hin bei der HOWOGE bestätigt bekommt, das steht in unserer Geschäftsordnung, mach dir mal keine Sorgen, das ist bei uns immer so, das weißt du doch – versetzen Sie sich mal in meine Lage als Unternehmer und als Abgeordneter! Wie sollte ich darauf kommen, dass das nicht in Ordnung ist?

[Zuruf von Michael Dietmann (CDU) – Zuruf von der CDU: Geld stinkt nicht!]

Und Herr Otto, nur Ihre Mimik hat mich gestört, ich hätte als Zeuge, na ja, ich habe da mal – nein, ich habe konkret nachgefragt, wenn das ein Auftrag in meinem Wahlkreis ist, ihr müsst doch eine Ausschreibung machen. Mir wurde wieder bestätigt, nein, brauchen wir nicht, wir machen aber einen Neubau, und, Herr Hillenberg, für diesen Neubau machen wir einen Wettbewerb. Im Übrigen habe ich diesen Wettbewerb gewonnen, das nur mal so nebenbei.

Aus Zeitgründen kann ich nicht näher auf den Untersuchungsbericht eingehen.

[Zuruf von Oliver Friederici (CDU)]

Die Zeit drängt. Aber es gäbe viel zu erläutern. Nur eins: Angesichts so vieler Lügen und politischer Amnesie ist mir beim Lesen fast schlecht geworden. Allein die Tatsache, dass unsere Senatorin Junge-Reyer nicht einmal wusste, dass ich ein Planungsbüro besitze, wo ich mich immer gegen hohe Baukosten gewandt oder auf die Probleme der steigenden EnEV hingewiesen habe, das finde ich schon einen großen Witz.

Selbst Wolfgang Wieland, ehemaliger grüner Justizsenator, wusste, dass ich als Planer verantwortlich war für die Sanierung des größtes Niedrigenergiehauses Deutschlands in der Schulze-Boysen-Straße, woraufhin er erstaunt feststellt: Hillenberg ein Grüner, davon war nicht auszugehen. – Und recht hatte er, weil mich nämlich eines von den Grünen unterscheidet, nicht nur die Energiepolitik, sondern dass ich mir auch Sorgen darum mache, wer das alles bezahlen soll.

Das war immer ein Thema. Die Ökonomie war für mich immer ein Thema. Genau deshalb, Herr Esser und Herr Otto, habe ich mich beim Thema Baukostencontrolling eingemischt. Ich habe der SPD-Fraktion gedroht, Herr Müller, Sie werden sich erinnern, dem Haushalt nicht zuzustimmen, wenn mir nicht die Baukosten vom ICC und von der Staatsoper detailliert erläutert werden, nicht um da Aufträge zu bekommen, sondern weil mir das Thema Baukostencontrolling am Herzen lag.

Zum Schluss, und wer hätte das vor 20 Jahren gedacht, Herr Doering, Frau Michels, Frau Bluhm, möchte ich mich bei der Linksfraktion für ihr kollegiales und solidarisches Verhalten mir gegenüber bedanken. Natürlich wäre es mir lieber gewesen, so etwas von der SPD-Spitze zu erleben, zumal am Ende des Untersuchungsausschusses klar ist – das wurde auch von Herrn Kluckert hier dargestellt –, wo das eigentliche Problem lag, nämlich im Senat. Und, Herr Müller! Sie als Landes- und Fraktionsvorsitzender der Regierungsfraktion, Ihre Aufgabe ist es natürlich, den Senat zu schützen, und mich als Bauernopfer über die Klinge springen zu lassen. Dass ich das als Parteisoldat verstehe, ist das eine. Dass Sie es aber zugelassen haben – wir haben darüber gesprochen –, dass dann noch mein Büro gemobbt wird – –

Herr Kollege! Sie müssen jetzt leider zum Schluss kommen!

Ich komme zum Schluss. – Dass ich dann noch von der HOWOGE, wo ich mich insgesamt 23 Mal beworben habe, 17 Mal überhaupt keine Antwort und sechs Mal lapidar mitgeteilt bekommen habe, es gäbe Bessere, dass ich mir das nicht bieten lasse, das werden Sie wohl verstehen.

Trotz alledem gehe ich nach fast 18 Jahren ohne Wehmut aus dem Berliner Parlament. Ich habe immer versucht, vor allem als Vorsitzender des Petitionsausschusses, mich für Gerechtigkeit und damit für unsere Berlinerinnen und Berliner einzusetzen. Allen, die den Sprung ins Abgeordnetenhaus schaffen, wünsche ich eine erfolgreiche Arbeit, und wünsche mir, dass Sie beherzigen, für wen Sie Politik machen: für unsere Berlinerinnen und Berliner. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Der Bericht des 2. Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Hintergründe der Vergabepraxis der landeseigenen HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH, Verflechtungen mit politischen Parteien und Konsequenzen für das Land Berlin mit der Drucksachennummer 16/4350 ist damit besprochen.

Ich möchte mich im Namen des Hauses bei allen Beteiligten des Untersuchungsausschusses einschließlich der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung für die geleistete Arbeit herzlich bedanken!

[Beifall]

Zum Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/4365 ist die sofortige Abstimmung beantragt worden. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die FDP-Fraktion. Wer ist dagegen? – Dagegen sind die Koalitionsfraktionen und die CDUFraktion. Wer enthält sich?

[Zurufe: Die Grünen waren auch dafür!]

Das habe ich übersehen. Wir können noch einmal abstimmen.