Sebastian Kluckert

Sitzungen

16/1 16/2 16/4 16/5 16/6 16/8 16/10 16/11 16/12 16/13 16/14 16/15 16/17 16/18 16/19 16/20 16/24 16/28 16/29 16/34 16/38 16/39 16/43 16/44 16/45 16/48 16/50 16/51 16/52 16/53 16/55 16/56 16/57 16/58 16/59 16/61 16/68 16/69 16/70 16/71 16/73 16/74 16/75 16/76 16/77 16/78 16/79 16/81 16/82 16/83 16/85 16/86

Letzte Beiträge

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Fragen:
1. Trifft es zu, dass nach den erheblichen Protesten der Anwohner, der Bediensteten und der bürgerlichen Opposition die Erweiterung der Jugendarrestanstalt und die Umzugspläne, den Drogenvollzug der Jugendstrafanstalt nach Lichtenrade zu verlegen, durch den Senat infrage gestellt worden sind und nach der Wahl diese Umzugspläne ergebnisoffen neu diskutiert werden sollen?
2. In welcher Höhe und für welche Maßnahmen hat der Senat Mittel für die Erweiterung der Jugendarrestanstalt und für den Umzug der Drogenfachabteilung der Jugendstrafanstalt im Haushaltsentwurf 2012/13 eingestellt?
Ja, vielen Dank! – Frau Senatorin! Sie hatten ja in den Diskussionen zugesichert, dass die Anwohner in Zukunft besser einbezogen werden sollen. Deshalb meine Nachfrage: In welcher Weise sind denn die Anwohner jetzt nachträglich noch einbezogen worden, und in welcher Weise stehen Sie mit den Anwohnern in Kontakt, um über eventuelle Änderungen in Ihren Plänen und auch hinsichtlich der Sicherheitskonzeption mit ihnen zu diskutieren?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich am Anfang auch zunächst einmal bei dem Vorsitzenden für die Leitung des Untersuchungsausschusses bedanken. Es war so, wie man es von bürgerlichen Politikern immer erwarten kann, gut vorbereitet und fundiert. Vielen Dank für diese gute Leitung des Ausschusses!
Ich möchte mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschussbüros bedanken. Ohne diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wäre unsere Arbeit nicht so erfolgreich gewesen. Vielen Dank für die geleistete Arbeit! Vielen Dank auch für die Erstellung des Berichts des Vorsitzenden, den Sie dann zwar verändert haben, der aber eine großartige Leistung auch angesichts der Zeit war.
Der Ausschuss war schon deshalb sehr sinnvoll, weil er einen interessanten Einblick in den politischen Verfall Berlins nach 20 Jahren SPD-Herrschaft geliefert hat. Wir haben aus den Akten ein Filzgestrüpp kennengelernt, welches einerseits die SPD als Partei und die Wohnungsbaugesellschaften als landeseigene Betriebe, vielleicht auch nur beispielsweise für landeseigenen Betriebe, andererseits auch noch Abgeordnete als Auftragnehmer und Parteimitglieder als Geschäftsführer als Koordinaten hat. Es gibt hier eine Verbindung zwischen politischem Engagement und wirtschaftlichem Vorteil. Man kann sich schon die Frage stellen, ob hier das politische Engagement möglicherweise nur Mittel zum Selbstzweck ist.
Ein weiterer Punkt, wenn wir von politischem Verfall nach 20jähriger SPD-Herrschaft sprechen, ist die Verlotterung der politischen Sitten. Wir haben Abgeordnete kennengelernt, die sich nicht mehr als Kontrolleure einer Regierung, sondern nur noch als bloße Senatsverteidiger verstehen.
Auch das ist nicht im Sinne unserer Aufgaben. Wir haben auch Abgeordnete kennengelernt, die es tatenlos hinnehmen, sogar rechtfertigen, dass Rechte des Abgeordnetenhauses, Rechte des Untersuchungsausschusses von einer Senatsverwaltung mit Füßen getreten werden. Wenn wir hier sehen, dass Akten gefiltert und Akten unterschlagen worden sind, und sich Abgeordnete hinstellen und alles verharmlosen oder sagen, es sei alles nicht so schlimm, ist das jedenfalls nicht mein Verständnis von Abgeordnetentätigkeit.
Wir müssen zunächst, wenn wir gleich zu den Ergebnissen dieses Ausschusses kommen, klarstellen, welche Bedeutung die Vergabe öffentlicher Auftrage im Wettbewerb besitzt. Die Bedeutung für eine solche Vergabe liegt in der Chancengleichheit für alle Unternehmer in dieser Stadt, aber auch für Unternehmer. Wenn es europaweit auszuschreiben geht, dann gilt sie auch europaweit. Es sollen Leistung, Qualität und Wirtschaftlichkeit darüber entscheiden, wer einen Auftrag erhält, und nicht Bekanntschaft oder das Parteibuch. Deshalb ist die Vergabe öffentlicher Aufträge im Wettbewerb so wichtig.
Sie ist auch wichtig in einem Land, welches jeden Euro zweimal umdreht, um die Wirtschaftlichkeit sicherzustellen, um sparsam zu wirtschaften. Deswegen braucht man öffentliche Vergabe im Wettbewerb.
Deswegen sind die festgestellten Verstöße der HOWOGE keine Lappalien. Es kommt dabei auch gar nicht darauf an, ob es einen wirtschaftlichen Schaden gab oder nicht. Allein schon entscheidend ist, dass viele Unternehmer keine Chance hatten, einen Auftrag zu erhalten, weil das Parteibuch hier in diesem Fall oftmals in Berlin förderlich ist.
Die Rahmenbedingungen dieses Ausschusses waren schwierig. Die Arbeit ist insbesondere durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung stark behindert worden. Akten wurden rechtswidrig vernichtet. Akten, die dem Untersuchungsausschuss hätten übergeben werden müssen, wurden rechtswidrig vorher gefiltert. Akten wurden auch rechtswidrig unterschlagen. Das hat die Sitzung des Beweiserhebungsausschusses vor Ort auch ergeben. Wir können also feststellen, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung alles oder zumindest vieles getan hat, um die Arbeit des Ausschusses zu behindern. Ich hätte mir gewünscht, dass sich auch gerade die SPD-Fraktion als Abgeordnete dagegen gewandt hätte. Leider haben Sie alles verharmlost und gerechtfertigt.
Trotz dieser Behinderungen haben wir Ergebnisse erzielt. Diese Ergebnisse können sich sehen lassen. Wir können zum einen feststellen, dass der Senat die rechtswidrige Vergabepraxis der HOWOGE gekannt und gebilligt hat. Das betrifft zunächst einmal den ehemaligen Senator
Sarrazin. Die freihändige Vergabe war ganz in seinem Sinn. Er billigte diese Praxis, weil er meinte, es würde mit wirtschaftlichen Vorteilen einhergehen, mit wirtschaftlichen Vorteilen für die Gesellschaft. Und ihm lag halt allein die Wirtschaftlichkeit der Gesellschaften am Herz. Auf Rechtsmaßstäbe hat er da weniger Wert gelegt. So hat Senator Sarrazin ganz nach dem Motto gehandelt: Der Zweck heiligt die Mittel. Dieses Motto kann aber in einem Rechtsstaat und in einer Konstellation, in der ein Senator letztendlich auch sicherstellen muss, dass in den Wohnungsbaugesellschafen eine Rechtmäßigkeit eingehalten wird, kein Motto sein, welches wir gutheißen können.
Auch der Frau Senatorin Junge-Reyer konnte hier letztlich im Ausschuss eine Kenntnis nachgewiesen werden. Es gibt mehrere Schreiben von Frau Junge-Reyer noch als Staatssekretärin, die belegen, dass sie von den ausschreibungsfreien Vergaben der Wohnungsbaugesellschaften oberhalb der Schwellenwerte gewusst hat. Der Hinweis auf die Einhaltung des GWB in diesen Schreiben kann allein nur diese Bedeutung haben. Unterhalb der Schwellenwerte greift das GWB gar nicht. Wenn also Frau Junge-Reyer in den Schreiben darauf hinweist, das GWB müsse eingehalten werden, dann geht es gerade um die Einhaltung oberhalb der Schwellenwerte. Der Urkundsbeweis dieses Schreibens ist ein starker Beweis.
Wir können dann feststellen, Frau Junge-Reyer hat dann irgendwann beschlossen, diese Praxis zu decken und zumindest nichts mehr zu tun. Warum, das können wir nicht nachzeichnen, dazu fehlen uns die Unterlagen, aber allein schon die Feststellung, dass sie es zunächst wusste und dann unterlassen hat, dem weiter nachzugehen, ist schon ein grober Pflichtwidrigkeitsverstoß.
Auch der Senat wusste, dass die Vergaben an den Abgeordneten Hillenberg erfolgten. Es ist nicht glaubhaft, dass Frau Junge-Reyer und Herr Sarrazin überhaupt nicht wissen oder wussten, was Herr Hillenberg so macht und womit er sein Geld verdient.
Herr Sarrazin hat das Thema Baukostencontrolling sogar auf Intervention von Herrn Hillenberg direkt auf die Tagesordnung eines Gesellschaftergesprächs gesetzt.
Da sieht man ja, wie dicht die Verbindungen waren: Abgeordneter, Senator, Wohnungsbaugesellschaft.
Frau Junge-Reyer sagt, von diesem Schreiben des Herrn Hillenberg weiß sie nichts. – Das kann glauben oder nicht, aber ich möchte hier nur eine Bemerkung des Abgeordneten Arndt einführen, die in der letzten Woche im Bauausschuss getätigt hat. Da hat er gesagt – das kann man sich einfach anhören oder im Protokoll nachlesen –, dass gerade Herr Hillenberg Frau Junge-Reyer dauernd
wegen des Baukostencontrollings genervt hat. Insofern kann auch Frau Junge-Reyer nicht sagen, sie hätte gar nicht gewusst, womit Herr Hillenberg sein Geld verdient.
Das dritte Ergebnis, das wir feststellen können, ist das Steuerungsversagen des Senats und das Kontrollversagen des Aufsichtsrats. Zuständigkeiten zwischen Abteilungen, gerade in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, sind überhaupt nicht geklärt. Das Aufsichtsratspersonal hatte keinen ständigen Informationsrückfluss in die Leitungsebene der Senatsverwaltung gegeben. Bei der HOWOGE können wir feststellen: Alle wussten es, die Mitarbeiter die Geschäftsführer, nur der Aufsichtsrat wusste nichts. Das ist nicht unsere Vorstellung von Kontrolle in einem Aufsichtsrat.
Welche Schlüsse sind daraus zu ziehen? – Lassen Sie es mich kurz zusammenfassen. Wir fordern klare Vorgaben zur Ausschreibungspflicht für alle landeseigenen Gesellschaften, die dem GWB unterliegen,
klare und einheitliche Regelungen für die Vergabe von Aufträgen unterhalb der Schwellenwerte. Wir fordern die Kontrolle der Einhaltung der Vergabevorgaben ober- und unterhalb der Schwellenwerte. Es muss sichergestellt werden, dass die HOAI eingehalten wird.
Letzter Satz: Wir brauchen faire und transparente Ausschreibungen und Vergaben bei allen öffentlichen Aufträgen im Wettbewerb. Wir brauchen die Ausschreibung von öffentlichen Aufträgen im Wettbewerb mit klarer Darstellung der ausschlaggebenden Kriterien für die Auftragserteilung. Deswegen bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vier Boote, die im selben See fischen, und wer am lautesten schreit, meint, das Netz am vollsten zu bekommen – das haben wir hier gerade gesehen.
Meine Damen und Herren von Rot-Rot! So geht es nicht. Sie kommen mir vor wie eine Schulklasse, die ihre Hausarbeiten nicht gemacht hat und sich in aller Bescheidenheit selbst eine Eins minus ins Notenbuch schreiben will. Das haben wir heute von Rot-Rot gesehen.
Es ist sicherlich ein berechtigtes Anliegen, im Rahmen einer Aktuellen Stunde an die Anwerbeabkommen als Wegmarke der Zuwanderung im Zuge des Wirtschaftswunders zu erinnern. Aber wo war die rot-rote Koalition denn eigentlich, als die fünfzigsten Jahrestage der zeitlich früher geschlossenen Abkommen mit Italien, Spanien und Griechenland anstanden? Kann es sein, dass die ehemaligen Italiener, Spanier und Griechen aufgrund ihrer gelungenen Integration in die deutsche Gesellschaft für Sie als eigenständige Wählerklientel nicht zu erreichen sind und deshalb diese Abkommen von Ihnen nicht gewürdigt worden sind?
Ich halte es, Herr Lederer, jedenfalls für eine groteske Idee,
Berlin gerade am Beispiel einer Gruppe, der die Integration in die deutsche Gesellschaft weitaus größere Schwierigkeiten bereitet hat als anderen, als Hauptstadt der Integration zu feiern.
Diese Inszenierung macht deutlich, dass es der rot-roten Koalition um plumpen und durchsichtigen Wählerfang in einer bestimmten Migrantengruppe geht, die Sie gerade wegen der bestehenden Integrationsprobleme überhaupt nur mit abstammungsgeschichtlicher Folklore und sozialpolitischen Versprechungen ansprechen können.
Deutschland ist ein weltoffenes und tolerantes Land. Wir haben das im Lauf unserer Geschichte mehrfach bewiesen, unter anderem auch mit dem Anwerbeabkommen mit der Türkei vor 50 Jahren. Aus vielen Ländern haben Menschen in Deutschland eine neue Heimat gefunden. Deutschland, insbesondere dessen preußischer Teil, kann auf viele Beispiele gelungener Integration zurückblicken. Ich erinnere nur an die Hugenotten aus Frankreich, die Ende des 17. Jahrhunderts in Preußen Zuflucht fanden. Ein Viertel der Berliner Bevölkerung war zu dieser Zeit hugenottisch. Berlin ist schon deshalb – und seit dieser Zeit! – die Hauptstadt der Integration. Eine rot-rote Koalition oder grüne Moralapostel waren für diesen Titel überhaupt nicht notwendig und erforderlich.
Im 18. Jahrhundert kamen viele holländische Handwerker nach Preußen, die mit ihrem Wissen und ihrem Können an der Entwicklung des verarmten Preußen maßgeblich beteiligt waren. Als Neuköllner möchte ich auch an die Böhmen erinnern, die sich im 18. Jahrhundert in Rixdorf und anderenorts in Preußen niederließen. Es waren polnische Zuwanderer ins Ruhrgebiet, die einen erheblichen Anteil an der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts hatten. Im Zusammenhang mit Zuwanderung und Integration müssen wir auch die Millionen von Flüchtlingen erwähnen, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus ihrer angestammten Heimat vertrieben wurden und in West- und Mitteldeutschland eine neue Heimat fanden. Nicht zu
vergessen sind auch die damals noch Gastarbeiter genannten Zuwanderer, die am deutschen Wirtschaftswunder mitarbeiteten.
Sie alle hatten es in der ersten Generation nicht leicht, so wie jeder, der in ein anderes Land kommt und auswandert es zunächst nicht leicht hat. Fremde Kultur, fremde Sprache, Vorbehalte der Einheimischen machen den Einstieg schwer. Aber es nicht leicht zu haben, wenn man in eine neue Heimat aufbricht, ist übrigens kein Phänomen der deutschen Gesellschaft. Es ergeht in der ersten Generation fast jedem Einwanderer in der Welt so. Die Straße zum Erfolg in einem anderen Land ist steinig. Sie war für die Ruhrpolen in Deutschland genauso steinig wie für die deutschen Einwanderer in Amerika. Als Zuwanderer auf Vorbehalte der Einheimischen zu stoßen, ist übrigens keine Frage der Staatsangehörigkeit. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die deutschen Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg. Auch sie sind nicht deshalb, weil sie Deutsche waren, überall mit offenen Armen empfangen worden.
Trotz aller Schwierigkeiten sind alle diese Zuwanderergruppen, ob Hugenotten, Böhmen, Ruhrpolen, Heimatvertriebene oder auch die meisten Gastarbeiter in ihrer neuen Heimat mit Leib und Seele angekommen.
Sie sind hier angekommen – nicht weil man ihnen kostenlose Sprach- und Integrationskurse angeboten hat, sondern weil sie von allein, durch Eigenverantwortung und Eigeninitiative und aus Verantwortung für ihre Kinder Teil der neuen Gesellschaft werden wollten. Sie sind in der neuen Gesellschaft angekommen – nicht weil sie darauf gewartet haben, dass sich die Einheimischen ihnen und ihren Gepflogenheiten anpassen, sondern weil sie sich in die neue Gesellschaft einfügen wollten. Sie haben sich in Deutschland integriert – nicht weil der Staat seinen Bürgern eine Willkommenskultur verordnet hat oder ein großes soziales Netz mit Integrationslotsen und Stadtteilmüttern aufgespannt hat, sondern weil sie sich durch Arbeit und Fleiß die Anerkennung der Einheimischen erarbeitet und verdient haben.
Sie sehen daran: Integration, das Ankommen in der deutschen Gesellschaft, ist zunächst einmal eine Leistung des Einzelnen und nicht in erster Linie ein Ergebnis staatlicher Politik. Die Integration von integrationsbereiten Menschen vollzieht sich auf dem Boden der seit Jahrhunderten praktizierten Toleranz unseres Volkes trotz aller Anfangsschwierigkeiten im Großen und Ganzen von allein. Eigenverantwortung ist der Schlüssel für gelingende Integration!
Vor 50 Jahren benötigte die deutsche Wirtschaft die Hände der Gastarbeiter. In der Zukunft wird die deutsche Wirtschaft Köpfe brauchen, die den Fachkräftemangel ausgleichen. Wir Liberale wollen mit den besten Köpfen aus aller Welt das deutsche Wirtschaftswunder sichern
und fortsetzen. Es geht für die Zukunft darum, qualifizierte Arbeitskräfte nach Deutschland zu locken, um unsere Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen.
Wir stehen als Berliner FDP für eine interessengesteuerte Zuwanderung.
Das Anwerbeabkommen mit der Türkei ist ein Paradebeispiel für eine bedarfs- und interessengesteuerte Zuwanderung.
Erst als die interessengesteuerte Zuwanderung in eine ungesteuerte Zuwanderung umschwang, entstanden die Probleme, Herr Brauer! – Wer mit seiner Qualifikation, seinen Fähigkeiten und seinen Fertigkeiten mithelfen kann, den Wohlstand in diesem Land zu sichern und auszubauen, der ist uns willkommen.
Daher müssen wir heute – so wie vor 50 Jahren – definieren, welche beruflichen Profile wir für unsere Wirtschaft brauchen. Für diese benötigten Fachkräfte und ihre Familien wollen wir den Zuzug erleichtern und bürokratische Hürden abbauen. Wir Liberalen möchten gerade den Einwanderern mehr Chancen bieten, die wegen individueller Entfaltungs- und Aufstiegschancen, wegen Rechtsstaatlichkeit und Freiheitlichkeit nach Deutschland kommen wollen.
Einen weiteren Zuzug in unsere Sozialsysteme wollen wir dagegen verhindern. Zu oft sind in den letzten 30 Jahren Menschen zu uns gekommen, die dieses Land vor allem deshalb schätzen, weil in Deutschland das Geld in Form von Sozialleistungen auf dem Silbertablett serviert wird.
Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass in den ersten fünf Jahren nach dem Zuzug kein Anspruch auf Sozialhilfe oder Hartz IV entsteht.
Wer nicht als Flüchtling aus humanitären Gründen zu uns kommt, muss in der Lage sein, seinen Lebensunterhalt vollständig selbst zu verdienen.
Fast jede Zuwanderergruppe hat sich nach ein oder zwei Generationen weitgehend in die deutsche Gesellschaft integriert. Gerade die gelungene Integration dieser Zuwanderergruppen macht deutlich: Die deutsche Gesellschaft und der Staat machen vielfältige Angebote für jeden Zuwanderer, der Wert darauf legt, dass er selbst und seine Kinder in dieser Gesellschaft ankommen. Integrationsdefizite beruhen daher regelmäßig nicht auf einem
Mangel an Chancen, sondern auf einer unzureichenden Wahrnehmung von Chancen.
Wir werden in den nächsten Jahren die Wahrnehmung der Chancen verstärkt abfordern müssen, um die gerade bei bestimmten Zuwanderergruppen bestehenden Integrationsdefizite endlich zu beseitigen. Das Anwerbeabkommen mit der Türkei ist deshalb heute noch kein Anlass, um Berlin als Hauptstadt der Integration zu feiern. – Danke!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Leistung und Verantwortung sind für uns Liberale Grundprinzipien der Gesellschaftsordnung, und nach diesen Prinzipien müssen wir uns letztendlich ausrichten, wenn es darum geht, eine Wirtschaftsordnung zu gestalten.
Wenn wir sagen „Leistung“, dann sind wir nicht dafür, Managergehälter zu begrenzen, ebenso, wie wir nicht dafür sind, Fußballergehälter zu begrenzen,
aber wenn wir sagen „Verantwortung“, dann gilt auch, dass jemand, der Mist baut, der einen Schaden anrichtet und das voraussehen konnte,
für diesen Mist geradezustehen und zu haften hat. Das ist ein Prinzip, das letztendlich aus dem Verantwortungsbewusstsein eines Einzelnen resultiert.
In der Vergangenheit sind in diesem Land viel zu oft Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert worden. Wenn ein kleiner Handwerksbetrieb mit zehn Mitarbeitern pleitegeht, dann kommt der Gerichtsvollzieher, die zehn Mitarbeiter werden zur Arbeitsagentur geschickt und müssen Arbeitslosengeld beantragen. Wenn aber in diesem Land ein Großunternehmen von der Pleite bedroht ist, dann kommt der Bundeskanzler höchstpersönlich, Stichwort Philipp Holzmann – man kann es hier ruhig bringen: Gerhard Schröder. Er kommt natürlich nicht allein, sondern mit Presse, Funk und Fernsehen, macht eine große Feier und reicht die 4,3 Milliarden DM – damals noch – aus, die letztendlich für den Steuerzahler verloren waren.
Auch hier kann man sich fragen – Hochrisikogeschäfte zur persönlichen Profilierung –: Wo haben Sie denn da jemals beantragt, dass die entsprechend Handelnden in die Haftung genommen werden? Das haben Sie nicht getan. Sie haben nur Ihre speziellen Gruppen, auf die Sie das zuschneiden.
Ein weiteres Beispiel – die Beispiele aus der Landespolitik hat der Kollege Rissmann schon genannt – aus der Bundespolitik – ganz aktuell: der Euro-Rettungsschirm. Wir von CDU und FDP, von der christlich-gelben Koalition, sind die Einzigen auf Bundesebene, die sich darüber unterhalten, wie wir die Gläubiger mit ins Boot holen und über eine Gläubigerbeteiligung sprechen, während SPD und Grüne am liebsten die Eurovisionshymne singen und das Geld ohne irgendwelche Auflagen hinterherwerfen wollten. Das war genau das, was Sie am Anfang kritisiert haben. Da ist Ihnen das nicht schnell genug gegangen, da wollten Sie den IWF gar nicht drin haben, da wollten Sie ganz schnell das Geld ausreichen. Nein, wir legen Wert darauf, dass gerade die Interessen der Steuerzahler berücksichtigt werden.
Ihr Antrag ist wieder ein Beispiel für Ihre substanzlose Symbolpolitik. Sie haben hier zwei vage Aussagen drin, die man zusammenfassen kann: Strafrecht verschärfen, Haftung erweitern. – Sie haben aber keinen einzigen konkreten inhaltlichen Vorschlag gemacht. Weder Ihre Fraktion noch der Senat waren dazu in der Lage. Der Senat ist ja dauernd in Ihren Arbeitskreisen, auch mit Fachbeamten. Der hätte Sie beraten können. Offensichtlich liegt gar keine Idee vor.
Die einzige konkrete Sache, die Sie vortragen, sind drei Prüfaufträge – gegen die habe ich gar nichts –, dass man die Dinge prüft und sich ansieht, ob man da etwas machen kann, aber – das habe ich hier schon an verschiedenen Stellen gesagt – Sie erhalten von uns keine Zustimmung für Veränderungen des Strafrechts, die wir nicht kennen, für pauschale Verschärfungen. Das ist nicht unser Weg.
Ausgangspunkt ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu § 266 StGB, der Untreue. Es wurde schon gesagt, eine sehr problematische Bestimmung, ein Gummiparagraf, eine schwammige Bestimmung, mit den Tatbestandsmerkmalen Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht und einem Vermögensschaden, der entstehen muss, und die Rechtsprechung hat sich dann geholfen, indem sie gesagt hat: Den Vermögensschaden kenne ich oftmals gar nicht, dann nehme ich die schadensgleiche Vermögensgefährdung. Dann ist das auch ein Schaden, und dann haut das hin. – Mit dieser Rechtsprechung konnten alle möglichen Verhaltensweisen als Untreue verfolgt werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung einen Beitrag zu mehr Bestimmtheit im Strafrecht geleistet. Das befürworten wir grundsätzlich. Es gilt im Strafrecht grundsätzlich das Prinzip nulla poena sine lege certa – ohne bestimmte Bestimmungen kann es keine Strafbarkeit geben.
Wenn Sie als Koalition nun vorschlagen, den einen Gummiparagrafen vielleicht durch neue Gummiparagra
fen zu ersetzen, können wir dem nicht folgen. Machen Sie konkrete Vorschläge, auch noch im Zuge der Beratung, dann sind wir vielleicht bei Ihnen. Ansonsten kann ich Ihnen versichern: Das Bundesministerium für Justiz – und da Frau Leutheusser-Schnarrenberger – verfolgt die Änderung der Rechtsprechung. Es wird auch Strafbarkeitslücken schließen. Ihre substanzlosen, peinlichen Vorschläge sind dazu jedenfalls nicht erforderlich. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die rechtliche und inhaltliche Positionierung meiner Fraktion zu diesem Antrag verweise ich insbesondere auf das Plenarprotokoll der 78. Sitzung vom 3. März 2011. Lassen Sie mich hier nur einige ergänzende Anmerkungen machen! Dieser Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen ist verfassungswidrig, und wenn Frau Bayram sagt, es gebe hierzu keine Gerichtsentscheidung, so muss ich darauf hinweisen, dass es bereits zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Einführung eines kommunalen Ausländerwahlrechts gibt, nämlich einmal bezüglich Schleswig-Holstein und einmal bezüglich Hamburg, die diese Rechtslage eindeutig bestätigt haben. Frau Bayram! Insofern können Sie auch in der amtlichen Sammlung gern nachlesen, dass das, was Sie hier beantragt haben, verfassungswidrig ist.
Die FDP stimmt verfassungswidrigen Gesetzen nicht zu. Die FDP steht zum Grundgesetz, insbesondere zu Artikel 31.
Wir stehen zum Bundesstaat, wir stehen zur Bundestreue.
Lieber Herr Lux! Wenn sich eine Fraktion hier so offen gegen unsere Verfassungsordnung stellt wie die Ihre, dann ist es wichtig – und das haben wir alle gelernt –, Gesicht zu zeigen.
Und es reicht nicht aus, nur im Parlament Gesicht zu zeigen. Wenn für politische Effekthascherei offen und unverblümt das Grundgesetz missachtet wird, dann müssen die Handelnden auch den Widerstand der Zivilgesellschaft spüren.
Stichwort: Grüne blockieren!
Deswegen ist es uns wichtig, hier zusammen mit allen anderen Fraktionen – außer den Grünen – ein gemeinsames Zeichen für Achtung und Respekt vor dem Grundgesetz zu setzen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an die Justizsenatorin, und ich beziehe mich auf den gestern von der SPD Berlin veranstalteten Lichtenrader Stadtteiltag mit Michael Müller, zu dessen Programm ein Rundgang durch die Jugendarrestanstalt gehörte. Meine Frage dazu: Hält es der Senat mit der Neutralitätspflicht des Staates für vereinbar, dass die Senatsverwaltung für Justiz eine von der SPD öffentlich beworbene Veranstaltung koordiniert und Verwaltungspersonal dafür abstellt? Insbesondere waren Sie, Frau Senatorin, Ihr Pressesprecher und auch eine stellvertretende Abteilungsleiterin vor Ort.
Ja, wobei aber die Veranstaltung in einer Gaststätte stattfand. – Frau Justizsenatorin! Kann der Senat auch anderen Parteien als der SPD zusagen, dass diese Parteien Rundgänge in Vollzugseinrichtungen oder anderen Einrichtungen des Landes Berlin unter Indienstnahme der Senatsverwaltung für Justiz und Abstellung von Justizbediensteten für interessierte Bürger anbieten können?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Dramaturgie der rot-roten Gesetzgebungstätigkeit ist bemerkenswert: Das Schlechteste zum Schluss. Dieses Gesetz ist neben dem Integrationsgesetz ziemlich das Schlechteste, was Sie hier eingebracht haben.
Der Kollege Rissmann hat darauf hingewiesen, wie die Anhörung verlaufen ist. Es sind viele Vertreter von Fachverbänden gekommen und haben eigentlich nur Kritik geäußert. Sie haben kein Lob gehört in dieser Anhörung. Wenn Sie noch in der Lage wären, ein Restgefühl für Peinlichkeit zu entwickeln, hätten Sie den Entwurf an dieser Stelle gleich zurückgezogen.
Da Sie dazu nicht in der Lage sind, ist dieser Entwurf heute hier auch gelandet.
Ich habe es schon in der ersten Lesung gesagt, dass für die FDP-Fraktion eine vernünftige Regelung sehr viel wichtiger ist als eine einheitliche Regelung mit Brandenburg. Eine vernünftige Lösung haben Sie hier nicht vorgeschlagen. Deswegen werden Sie für diesen Entwurf auch keine Zustimmung seitens der FDP-Fraktion erhalten, insbesondere weil es Ihnen oftmals gar nicht so sehr um Einheitlichkeit ging, wie Sie manchmal vorgeben. Das beweisen Sie schon dadurch, dass Sie die Einheitlichkeit immer dann selbst durchbrochen haben, wenn es Ihnen politisch opportun gewesen ist. Das zeigt, Sie haben sich dann auch eben die einheitlichen Brandenburger Regelungen ausgesucht, wenn es Ihnen politisch nützlich ist. Dazu komme ich gleich.
Es sind nur fünf Minuten. Es reicht aber, um mir drei Punkte herauszugreifen. Ich nehme den kleinsten Punkt vorweg, den Sie gerade auch selbst noch einmal ausgedehnt haben, den man aber schon einmal erwähnen sollte. Das ist die Veränderung der Eidesformel. Sie wollen nun die religiöse Beteuerung zur Ausnahme machen. Das ist jedenfalls ein Beitrag, die Gesellschaft von ihrem religiösen Fundament und von ihrer christlich-jüdischen Tradition zu entfremden. Das ist auch genau ihr Ziel. Das haben Sie gerade eben als Ihr Ziel, als Ihr kommunistisches Ziel, bestätigt, verdeutlicht und manifestiert.
Der nächste Punkt betrifft die Stellenausschreibung. Dabei sind Sie bewusst im Entwurf hinter dem Land Brandenburg zurückgeblieben, weil Ihnen das, was in Brandenburg gemacht wird, hier politisch nicht in den Kram gepasst hat. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wir wollen, dass auch Stellenausschreibungen oder Ausschreibungen vorgenommen werden, wenn es um Abordnungen geht. Wir wollen auch gerade für die Erprobungsstellen insbesondere in der Senatsverwaltung für Justiz Ausschreibungen sehen. Gerade die Verwaltungserfahrung, die Richter brauchen, um ein Vizepräsidenten- oder Präsidentenamt zu bekommen, wird oftmals nur in der Senatsverwaltung vermittelt. Da entscheiden Sie darüber, wer diese Verwaltungserfahrung bekommt und wem die Verwaltungserfahrung nicht zuteil wird. Deswegen müssen wir auch an
diesem Punkt im Sinne der gleichen Beförderungs- und Aufstiegschancen der Richter etwas verändern.
Der dritte Punkt: Zusammensetzung des Richterwahlausschusses. Sie haben die Regelung bevorzugt, dass zwei Drittel der Mitglieder von den Fraktionen dieses Hauses vorgeschlagen werden. Der Anteil von Richtern, Staatsanwälten und Rechtsanwälten, der von Fachvertretern also, wird reduziert. Sie wollen, dass zumindest im zweiten Wahlgang eine einfache Mehrheit ausreicht, um einen Personalvorschlag im Richterwahlausschuss durchgehen zu lassen. Diese aus Brandenburg übernommenen Regelungen sind kein Vorbild für Berlin. Der Brandenburger Richterwahlausschuss ist gerade kein Vorbild für Berlin, denn er ist zumindest für die Vergangenheit im Verdacht, ein Abnickgremium gewesen zu sein. Genau das ist es, was Sie hier installieren wollen: Mit dem Richterwahlausschuss wollen Sie ein Abnickgremium haben, und das wollen wir nicht!
Wenn Sie wirklich etwas zu einer einheitlichen Rechtskultur hätten unternehmen wollen, insbesondere auch die Durchlässigkeit der Justiz zwischen Berlin und Brandenburg hätten erhöhen wollen, dann hätten Sie sich die Besoldung vornehmen müssen,
und Sie hätten sehen können, welcher Unterschied bei der Besoldung mittlerweile zwischen Berlin und Brandenburg besteht. Eine länderübergreifende Beförderung, die mit R 1 auf R 2 verbunden ist, ist in der Gefahr, für manchen Richter zu einem Einkommensverlust zu führen. Das wollen wir nicht, und das ist für die Einheitlichkeit viel wichtiger als dieses Gesetz. Wir werden deshalb unsere Zustimmung verweigern. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Ich habe eine Frage an die Justizsenatorin: Wie kommt es, dass Sie vor einem Jahr im Parlament angekündigt haben, für die JVA Heidering ganz viel auszubilden, und Ihre Verwaltung nun an die Auszubildenden schreibt, sie würden auf keinen Fall übernommen? Haben Ihre damaligen Zahlen nicht gestimmt, oder konnten Sie sich bei den Personalanmeldungen beim Finanzsenator nicht durchsetzen?
Frau Senatorin! Was meinen Sie, wie sich die Auszubildenden fühlen, die von Ihnen zunächst eine Einstellungszusage erhalten haben und später ein Schreiben, dass sie nicht im Justizdienst verbleiben können? Meinen Sie, das ist ein richtiger Umgang?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion tritt dafür ein, den Zuzug in unsere Sozialsysteme zu stoppen. Der Antrag der CDU zeigt auf, dass auch auf Landesebene Schritte unternommen werden können, um dieses Ziel zu unterstützen. Das Problem ist seit einiger Zeit bekannt: Personen, die dauerhaft mittellos sind und für die finanziellen Folgen einer Vaterschaft nicht aufkommen müssen, erkennen oftmals, sicherlich gegen eine entsprechende Bezahlung, die Vaterschaft von im Ausland lebenden ausländischen Kindern an. Eine nähere Beziehung zu Frau und Kind hatten sie nicht, haben sie nicht und wollen sie auch nicht. Das Kind und die Mutter erhalten in der Folge der Anerkennung einen Aufenthaltstitel in der Bundesrepublik Deutschland und lassen sich dann ihren Lebensunterhalt vom deutschen Steuerzahler bezahlen.
Wir können wahrscheinlich nicht erreichen, dass die Scheinväter für ihre Scheinfamilie aufkommen werden, denn einem nackten Mann kann man bekanntlich nicht in die Tasche fassen. Aber wir müssen dafür sorgen, dass der Staat sich von diesen nackten Männern nicht an der Nase herumführen lässt.
Der Bund hat seine Aufgaben dafür bereits gemacht und ein behördliches Anfechtungsrecht geschaffen. Unsere Aufgabe als Land Berlin ist es, dafür zu sorgen, dass das Anfechtungsrecht auch ausgeübt wird,
wenn gesicherte Anhaltspunkte für eine Scheinvaterschaft zum Nachteil des deutschen Sozialwesens vorliegen.
Dabei erscheint es sinnvoll, Frau Bayram, eine zentrale Zuständigkeit für diese spezielle Materie zu schaffen. Diese erlaubt es, Erfahrung und Know-how zu bündeln und eine entsprechende Sachkompetenz aufzubauen.
Der CDU-Antrag ist sehr verwaltungstechnisch. Wir werden uns im Ausschuss darüber unterhalten, ob genau dieser Vorschlag eine optimale Lösung des Problems darstellt. Der Antrag geht ohne Zweifel in die richtige Richtung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für uns Liberale hat das Wahlrecht eine hohe Bedeutung. Es eignet sich nicht dafür, politische Spielchen zu treiben!
Die Grünen haben keine Probleme damit, mit dem Wahlrecht politisch zu spielen. Höhepunkt dieses destruktiven Treibens war der offenkundig verfassungswidrige Antrag zur Einführung eines allgemeinen Ausländerwahlrechts zur Bezirksverordnetenversammlung. In abgeschwächter Form ist auch dieser Antrag für die Absenkung des Wahlalters für die Wahl zum Abgeordnetenhaus ein Beispiel für Ihre weniger ergebnisorientierte, sondern vielmehr auf Effekthascherei ausgerichtete Politik.
Viele in diesem Haus haben gesagt, dass sie zunächst einmal die Ergebnisse der Regelungen über das Wahlrecht bei der Bezirksverordnetenversammlung nach zwei Durchgängen evaluieren wollen und sich dann erst im Stande sehen, eine Aussage zu treffen. Auch Ihnen wäre es zuzumuten gewesen, diese Bedenkzeit, die sich viele Abgeordnete nehmen wollen, erst einmal abzuwarten, anstatt hier mit einem Antrag vorzupreschen, der letztlich keinen Erfolg haben wird.
Ich verweise hinsichtlich der Gründe unserer ablehnenden Haltung zunächst auf das Plenarprotokoll der ersten Lesung vom 26. November 2009. Die Ausschussberatungen
haben keine Erkenntnisse hervorgebracht, die zu einer Änderung unseres Standpunktes geführt haben. Lassen Sie mich darüber hinaus noch weitere Anmerkungen zur Begründung ausführen.
Der Gesetzgeber steht in vielen Bereichen vor der Aufgabe, eine Altersgrenze festzulegen. Wir meinen, dass die Altersgrenze für die Wahl zum Abgeordnetenhaus mit 18 Jahren richtig gesetzt worden ist. Diese Altersgrenze passt in das Gesamtsystem unserer Rechtsordnung. Mit 18 Jahren tritt die Volljährigkeit ein. Damit wird eine Person unbeschränkt geschäftsfähig. Sie ist prozessfähig und muss grundsätzlich auch für Fehlverhalten nach Erwachsenenstrafrecht haften. Die Volljährigkeit bringt somit eine Vielzahl von Rechten mit sich, aber zugleich begründet sie auch viele private und staatsbürgerliche Pflichten. So kann ein junger Mensch beispielsweise mit 18 endlich Verträge abschließen, aber er ist auf der anderen Seite auch verpflichtet, für die finanziellen Folgen seiner Abschlüsse zu haften. Die bis dahin von der Rechtsordnung allgemein angenommene Schutzbedürftigkeit fällt weg. Die Altersgrenze 18 ist in unserer Rechtsordnung also nicht irgendeine Altersgrenze, sondern diejenige, mit der man endgültig in die Welt der verantwortliche handelnden Bürger eintritt. In dieser Bedeutung passt diese Altersgrenze auch in besonderer Weise zum Wahlrecht mit seiner ganz formal auf Gleichheit ausgerichteten Ausprägung. Das Wahlrecht wird grundsätzlich unter Gleichen gewährleistet, die gleichermaßen Verantwortung für sich und die Gesellschaft tragen. Wer aber als Minderjähriger für sich selbst und sein Handeln nur eingeschränkt Verantwortung trägt und zur Verantwortung gezogen wird, kann daher nicht uneingeschränkt für die Gesellschaft Entscheidungen treffen.
Abschließend noch einmal zu den Grünen: Ihre Argumentationsmuster sind widersprüchlich. Während Sie den Bildungsstand, die soziale Kompetenz, Reife und intellektuelle Urteilsfähigkeit von Jugendlichen hier zur Begründung von mehr staatsbürgerlichen Rechten anführen, wollen Sie von Verantwortung, Reife, soziale Kompetenz und intellektuelle Urteilsfähigkeit überhaupt nichts mehr hören, wenn es darum geht, junge Menschen auch für ihr Fehlverhalten zur Verantwortung zu ziehen. Da dürfen dann ruhig 20-jährige Totschläger und Mörder noch mit einer milden Jugendstrafe davonkommen, weil ihnen angeblich die Einsichtsfähigkeit und die sittliche Reife fehlen. Solange Ihre grünen Argumente so austauschbar sind, können Sie uns nicht überzeugen. Wir lehnen den Antrag ab. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP möchte den Rückgang der jugendlichen Straftäter dazu nutzen, um eine Fehlentscheidung des damaligen CDUSPD-Senats zu korrigieren,
nämlich wir wollen den Strafvollzug im Lichtenrader Wohngebiet beenden. Dazu bietet sich jetzt die Chance.
Es wurden mehrere Alternativen vorgestellt. Die eine Alternative ist, den Kieferngrund, also den bisherigen Untersuchungshaftbereich, als Haftplatzreserve zu benutzen, und eine weitere Alternative ist, den Kieferngrund als Jugendarrestanstalt nach einem Umbau zu benutzen. Das würde auch den 6 Millionen Euro teuren Neubau einsparen.
Und das, lieber Herr Kohlmeier, ist genau der Unterschied zwischen den CDU-Anträgen und dem FDP-Antrag, dass der FDP-Antrag für beide Alternativen offen ist, während die CDU sich auf die zweite Alternative festgelegt hat und sagt, sie möchte im Kieferngrund die Jugendarrestanstalt errichten. Insofern gibt es schon inhaltliche Differenzen. Die mögen Sie vielleicht nicht wahrgenommen haben, aber sie sind trotzdem da.
Die Ausschussberatungen waren sehr kurz. Das liegt daran, dass die SPD zu diesem Thema nicht ausführlich diskutieren wollte. Wir haben diesen Tagesordnungspunkt – das ist vollkommen richtig – sehr am Ende, kurz vor 17 Uhr, aufgerufen, allerdings mit der Maßgabe, dass die Vertreter von CDU und SPD viel Zeit hätten, um diesen Tagesordnungspunkt zu bereden. Sie, Herr Kohlmeier, sind durch die Reihen gegangen und haben darauf hingewiesen, dass Sie einen Anschlusstermin haben. Sie mussten zu einem Seminar und haben deshalb darauf gedrungen, dass wir das ganz schnell machen und abschließen. Also tun Sie jetzt hier nicht so, als ob unsererseits nicht die Bereitschaft und die Zeit bestanden hat; Sie hatten keine Zeit für dieses Thema.
In den Ausschussberatungen sind dann letztendlich seitens der Senatsverwaltung auch unsere Bedenken keinesfalls ausgeräumt worden. Es ist weiterhin zu besorgen, dass die Zustände, die wir alle vom Friedrich-OlbrichtDamm kennen, nun auch in Lichtenrade drohen. Und dagegen wenden wir uns.
Diese Gefahren sind ja bekannt. Sie resultieren zum einen aus dem szenetypischen Personenkreis, der die Gefangenengruppe dort begleitet, insbesondere Drogendealer. Es kommt am Friedrich-Olbricht-Damm immer wieder zu Drogenüberwürfen, zu Handyüberwürfen. Und deshalb liegt es nur auf der Hand, dass die zwielichtigen Gestalten, die am Friedrich-Olbricht-Damm nachts herum
schleichen, auch bald des Nachts in Lichtenrade auftauchen werden.
Und wir haben Gefahren durch die Vollzugslockerung, wie z. B. unbegleiteten Ausgang und Freigang. Dass es da Gefahren gibt, gibt die Senatsverwaltung für Justiz ja mittelbar selbst zu. Denn Sie haben mittlerweile reagiert und gesagt, dass Insassen mit Vollzugslockerungen nicht in Lichtenrade untergebracht werden, sondern Sie wollen diese Personengruppe mit Vollzugslockerungen ins Haupthaus verlegen. Das täten Sie nicht, wenn es da nicht bestimmte Gefahren gäbe.
Jetzt gucken wir uns doch mal Ihr Konzept an! Um Vollzugslockerungen zu erhalten, muss ein Sozialarbeiter den Gefangenen gut kennen. Und ein Gefangener muss zuvor Vertrauen zu diesem Sozialarbeiter aufgebaut haben. Und nun, wenn dieses Vertrauen da ist und die Kenntnisse vorhanden sind und dieser Sozialarbeiter Vollzugslockerungen befürwortet, dann soll dieser Gefangene ins Haupthaus verlegt werden. Da muss er einen neuen Therapeuten kennenlernen, einen neuen Sozialarbeiter kennenlernen. Es sind keine Kenntnisse über diesen Gefangenen da, es ist kein Vertrauen zu dem Sozialarbeiter da. Im Ergebnis würden Sie befürworten, zwei Drogenfachabteilungen zu führen, nämlich eine in Plötzensee und eine in Lichtenrade für die Gefangenen ohne Vollzugslockerungen.
Wir können schon vorwegnehmen, was das Ergebnis einer ersten Evaluierung dieses Konzepts sein wird. Sie werden schnell zu dem Ergebnis kommen, dass diese Trennung vollzugspraktisch völliger Unsinn ist.
Und das Versprechen, das Sie den Menschen in Lichtenrade gegeben haben, wird am Wahltag ablaufen und keine Geltung mehr haben. So kann man mit den Bürgerinnen und Bürgern nicht umgehen. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um unsere Wahlchancen zu vergrößern, lieber Herr Kohlmeier, geben wir mit unseren Anträgen gerade Ihnen Gelegenheit, sich hier ausreichend zu präsentieren.
Und wie Sie argumentieren, Herr Kohlmeier: Ich möchte jetzt hier mal nicht zu dem ganzen Drumherum mit Lügner und Lüge kommen. Es gab eine Sitzung im Februar, da haben wir mal auch kurz vor Schluss einen Antrag von uns vertagt, weil nämlich die Abgeordneten von verschiedenen anderen Fraktionen alle Anschlusstermine haben, wie Sie das gerade hier zugegeben haben, und keine Lust mehr, ihrer parlamentarischen Arbeit nach 17 Uhr nachzukommen.
Und weil das so ist, dass sie keine Lust haben, nach 17 Uhr ihrer parlamentarischen Arbeit nachzukommen und wir das wissen, haben wir im Februar einmal einen Antrag vertagt. Und was hat Herr Kohlmeier daraus gemacht? – Er ist durch die Lande gezogen und hat gesagt: Die FDP hatte gar kein Interesse daran, dieses Thema zu diskutieren, sonst hätten sie den Antrag nicht vertagt. – Also, wenn wir vertagen, haben wir kein Interesse an dem Thema; und wenn wir es aufrufen, obwohl Sie keine Lust haben, sich damit zu befassen, weil Sie Anschlusstermine haben, dann machen wir es auch falsch. Herr Kohlmeier! Sie müssen schon bei einer Linie bleiben, aber Sie können sich nicht immer den Sachverhalt und die Begründung so drehen, wie es Ihnen gerade passt.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Warum hält der Senat an den Plänen fest, die Jugendarrestanstalt vorübergehend in der Jugendstrafanstalt
unterzubringen, obwohl gesetzlich vorgeschrieben ist, dass Jugendarrestanstalten und Freizeitarresträume nicht in Straf- oder Untersuchungshaftanstalten, auch nicht im Verwaltungsteil dieser Anstalten, eingerichtet werden dürfen?
2. Welche Alternativen hat der Senat geprüft, wenn z. B. im Wege der einstweiligen Anordnung die Unterbringung von Arrestanten in der Jugendstrafanstalt untersagt wird und die aktuelle Jugendarrestanstalt durch die Baumaßnahmen nicht mehr genutzt werden kann?
Angesichts der engen räumlichen Verhältnisse dort in der Anstalt frage ich Sie, ob Sie nicht der Auffassung sind, dass, falls man es so umsetzen würde, wie Sie es gerade vorgetragen haben, nämlich eine Abschottung zwischen den beiden Anstalten, Sie letztendlich ein Gefängnis im Gefängnis errichten müssten, mit solch engen, hohen Mauern, durch die man nicht einmal mehr durchsehen kann, dass das wohl eigentlich gar nichts mehr mit dem lockeren Arrestvollzug im Vergleich zum Strafvollzug in der Jugendstrafanstalt zu tun hat. Sind Sie der Auffassung, dass Sie damit nicht letztendlich den Geist des Jugendarrestvollzugs vollkommen verkehren, indem Sie ein solches Gefängnis im Gefängnis errichten?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst den Antrag verfassungsrechtlich bewerten und feststellen, dass das von Ihnen vorgeschlagene Ausländerwahlrecht eindeutig verfassungswidrig ist.
Sie wissen das, und Sie nehmen das gern in Kauf, um sich die Zuneigung von Migranten- und Ausländerverbänden zu sichern.
Deshalb kann Ihr Antrag als reiner Schaufensterantrag bezeichnet werden. Trotzdem bleibt es traurig, dass Sie mit dem Wahlrecht, einem so bedeutenden Recht, politisch spielen.
Nach Artikel 20 Abs. 2 des Grundgesetzes geht die Staatsgewalt vom deutschen Volk aus. Dies ergibt sich eindeutig aus einer historischen und systematischen Auslegung des Grundgesetzes. Wenn das Grundgesetz in der Präambel damit beginnt, dass sich das deutsche Volk diese Verfassung gegeben hat, und damit endet, dass das Grundgesetz außer Kraft tritt, wenn sich das deutsche Volk eine neue Verfassung gegeben hat, dann wird deutlich, dass das Grundgesetz in Artikel 20 Abs. 2 allein das deutsche Volk meinen kann.
Frau Bayram! Diese Auslegung ist vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden. Die ausdrückliche Ausnahme zugunsten von EU-Ausländern in Artikel 28 Abs. 2 verdeutlicht, dass ein allgemeines Ausländerwahlrecht mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist.
Ja, gern!
Frau Bayram! Ich stimme mit Ihnen darin überein, dass über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen das Bundesverfassungsgericht entscheidet, aber Sie als Abgeordnete sind an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden, und Sie haben nicht das Recht, hier in diesem Hause verfassungswidrige Gesetze einzubringen.
Fast alle Ihre heute in diesem Antrag vorgebrachten Pseudo-Argumente wurden bereits damals beim Bundesverfassungsgericht vorgetragen, und Sie konnten sich nicht durchsetzen.
Frau Bayram! Die Tatsache, dass den Grünen die Entscheidungen des höchsten deutschen Gerichts bis heute nicht gefallen, führt jedoch keinesfalls dazu, dass sich an der Gesetzeslage etwas geändert hätte.
Neben dieser eindeutigen verfassungsrechtlichen Lage spricht auch politisch kaum etwas für ein Ausländerwahlrecht.
Das Wahlrecht ist das vornehmste Bürgerrecht. Wer es als Ausländer ausüben möchte, Herr Mutlu, kann sich und muss sich einbürgern lassen.
Dazu bestehen in unserem Land weitreichende und großzügige Angebote. Deshalb ist es völlig absurd, wenn die Grünen behaupten, der Ausschluss von Ausländern vom Wahlrecht stelle eine Diskriminierung dar.
Wie bedeutsam das Wahlrecht als Bürgerrecht ist, haben wir anlässlich des Deutschlandbesuchs des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan wieder einmal anschaulich sehen können. Die türkische Politik versucht, Türken in Deutschland für ihre Zwecke zu instrumentalisieren und dadurch Einfluss auf deutsche Politiker zu nehmen.
Herr Mutlu! Herr Erdogan würde sich die Hände reiben, wenn grüne Multikulti-Traumtänzer ihm die Möglichkeit
eröffnen würden, auf Wahlen in Deutschland Einfluss zu nehmen.
Herr Mutlu möchte eine Zwischenfrage stellen.
Herr Mutlu! Ich glaube, dass es Ausdruck Ihrer Politik ist, dass es viele Ausländer und auch viele Türken bisher nicht als notwendig empfunden haben, sich auf Deutschland so weit zuzubewegen, wie sie es in den letzten Jahrzehnten hätten tun können.
Deshalb weise ich Ihren Versuch zurück, die Schuld – oder das Wort „Schuld“ möchte ich gar nicht formulieren
oder die Missstände bestimmten Gruppierungen im bürgerlichen Lager zuzuweisen. Das ist völlig absurd.
Ein weit verbreiteter Irrtum ist auch die Ansicht, wer Steuern zahlt, müsse auch wählen dürfen. Steuern werden dafür bezahlt, um Straßen, Schulen, Krankenhäuser oder U-Bahnen zu finanzieren. Es ist mir nicht bekannt, dass ein Ausländer in Deutschland keine Straßen und U-Bahnen benutzen, keine Schulen besuchen und keine Krankenhäuser aufsuchen dürfte.
Dagegen steht das Wahlrecht gerade auch Personen zu, die keine Steuern zahlen. Sie dürfen wählen, weil sie Bürger sind, und nicht, weil sie Steuerzahler sind. Die Grünen sollten sich einmal überlegen, welche latente Geisteshaltung sie hierbei offenbaren, wenn sie in ihrem Antrag schreiben: Auch Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aus Drittstaaten sollten in ihrem Wohnbezirk mitbestimmen dürfen.
Für uns Liberale ist klar: Selbstverständlich auch HartzIV-Empfänger sollen in ihrem Wohnbezirk mitbestimmen dürfen.
Schließlich behaupten die Grünen in ihrem Antrag, in Bezirken mit hohem Ausländeranteil entstünden mangels Ausländerwahlrecht demokratiefreie Zonen.
Ich sage Ihnen, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Ihr Antrag würde dazu führen, dass in Bezirken mit hohem Ausländeranteil eine starke Reduzierung der demokratischen Legitimation eintreten würde.
Ja, hören sie mal zu, Herr Mutlu! Sie können gleich etwas lernen.
Demokratische Legitimation bedeutet, dass Entscheidungen der Bezirksämter auf das Staatsvolk zurückzuführen sein müssen. Gerade in den Bezirken mit hohem Ausländeranteil würde die Staatsgewalt bei Ihrem Ausländerwahlrecht nur noch sehr eingeschränkt vom deutschen Volk ausgehen. Deutsche könnten perspektivisch sogar im eigenen Land auf kommunaler Ebene in eine Minderheitenposition gedrängt werden.
Dies ist weder demokratisch, noch ist es den Bürgerinnen und Bürgern zumutbar. Wir werden Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach dem Verschweigen der Flugrouten für den Flughafen BBI plant der rot-rote Senat einen erneuten Anschlag auf die in Lichtenrade wohnenden Berlinerinnen und Berliner.
Die Lichtenrader sollen nach dem Willen der Justizsenatorin neue Nachbarn bekommen, nämlich die Insassen des Drogenhauses der Jugendstrafanstalt. Um es hier schon ganz klar zu sagen: Wir lehnen einen Drogenvollzug im Lichtenrader Wohngebiet strikt ab.
Diese Maßnahme ist unnötig, sie ist teuer und ein Schlag ins Gesicht der betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner.
Schon früher wurde den Lichtenradern ins Gesicht geschlagen. Der CDU-geführte Diepgen-Senat setzte in den 90er-Jahren einen Gefängnisbau mitten in ein reines Wohngebiet. Seitdem werden in Lichtenrade in einer Außenanstalt der Jugendstrafanstalt, dem sogenannten Untersuchungshaftbereich Kieferngrund, jugendliche Untersuchungshäftlinge untergebracht.
Ich möchte zunächst keine Zwischenfragen zulassen.
Das dürfen Sie gern, Frau Präsidentin!
Danke sehr! – Nun soll dem Ganzen noch eins draufgesetzt werden: In Lichtenrade soll zukünftig kein Untersuchungshaftvollzug mehr stattfinden. Lichtenrade soll stattdessen der Standort für den Drogenvollzug mit jugendlichen Straftätern werden. Der rot-rote Senat will die Drogenfachabteilung der Jugendstrafanstalt dort ansiedeln. Das ist für uns nicht akzeptabel.
Kurz zum Hintergrund: Die Untersuchungshäftlinge sollen von Lichtenrade nach Plötzensee in das Haupthaus der Jugendstrafanstalt verlegt werden. Im Gegenzug dafür sollen die Insassen der Drogenfachabteilung, des sogenannten Hauses 8, von Plötzensee nach Lichtenrade gebracht werden. Das Haus 8 in Plötzensee soll zukünftig leer stehen und als Haftplatzreserve dienen. Es ist doch geradezu absurd, die Drogenfachabteilung nach Lichtenrade zu verlegen, damit das Haus 8 in Plötzensee leer stehen kann.
Herr Lux darf eine Frage stellen.
Herr Lux! Ich darf feststellen: Sie haben offensichtlich nicht die intellektuelle Kapazität, meine Äußerungen richtig zu verstehen.
Deswegen ist Ihre Frage im Prinzip gegenstandslos.
Das kann ich Ihnen, lieber Herr Kohlmeier, gern sagen. Sie sind ja auch Jurist. Es gibt verschiedene Wohngebiete nach der Baunutzungsverordnung, und Sie wissen, dass nicht jedes Baugebiet ein Wohngebiet ist. Schauen Sie einfach mal in die Baunutzungsverordnung rein, da können Sie sich noch ein bisschen fortbilden!
Dass die Pläne, liebe Frau von der Aue, absurd sind, hat Ihnen auch die Anstaltsleitung der Jugendstrafanstalt bescheinigt. Auch hat die Gewerkschaft der Strafvollzugsbediensteten kein Verständnis für Ihre Pläne. Die Anstaltsleitung hat gegen den Senatsplan vorgeschlagen, lieber den Kieferngrund in Lichtenrade stillzulegen und nur noch als Haftplatzreserve zu nutzen.
Alternativ wurde vorgeschlagen, im bisherigen Untersuchungshaftbereich auch die schon in Lichtenrade gelegene benachbarte Jugendarrestanstalt unterzubringen.
All dies zeigt: Mehrere Alternativen stehen zur Auswahl, um Lichtenrade zu entlasten. Die Verlegung des Drogenvollzugs ist vollzugstechnisch nicht notwendig.
Im Vordergrund steht für uns Liberale aber die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Die Lichtenrader Kinder werden die neuen Gefangenen, die im Gegensatz zu den U-Haft-Gefangenen auch mit Vollzugslockerungen wie Freigang und Ausgang rechnen dürfen, bald unmittelbar an der Bushaltestelle treffen. Das wollen wir nicht.
Außerdem ist zu befürchten, dass die Lichtenrader auch bald Bekanntschaft schließen müssen mit dem milieutypischen Personenkreis, der diese Straftätergruppe begleitet, insbesondere mit Drogendealern, die versuchen werden, Drogen auf das Anstaltsgelände zu werfen. Das wollen wir verhindern.
Dass schon bald Drogendealer im Lichtenrader Wohngebiet auftauchen werden, hat die Senatsverwaltung für Justiz selbst der Anstaltsleitung am 10. Januar 2011 geschrieben, verbunden mit der Feststellung, dass es bislang keine nachhaltige technische Lösung zur Verhinderung derartiger Angriffe gibt. Diese Einschätzung Ihrer eigenen Verwaltung, Frau von der Aue, macht deutlich, dass Ihre Pläne keiner Bürgerin und keinem Bürger in Lichtenrade zuzumuten sind. Lassen Sie die Drogenfachabteilung am alten Standort, der nicht in einem Wohngebiet liegt. Nehmen Sie Ihre absurden Pläne zurück, und entlasten Sie den Standort Lichtenrade!
Der zeitlich nach unserem Antrag eingereichte Antrag der CDU geht in die richtige Richtung.
Die CDU spricht sich jedoch nur einseitig für eine Alternative aus, obwohl mehrere gleichwertige vorhanden sind, um den Haftvollzug in Lichtenrade zu beenden.
Aufgrund dieser einseitigen Festlegung, Frau Präsidentin, werden wir uns beim Antrag der CDU enthalten. Unser Antrag nützt dagegen mit seiner Offenheit für verschiedene Alternativen allen Bürgern vor Ort –
und deshalb bitten wir um Zustimmung.
[Beifall bei der FDP – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion):Klatscht ihr euch gegenseitig Mut zu oder was? – Minka Dott (Linksfraktion): Was schlagen Sie denn nun vor?]
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Senatorin von der Aue – weil Sie dargestellt haben, dass die alte Anstalt mit dem neuen Konzept so sicher sein soll –, ich lese Ihnen mal vor, was Ihr eigener Abteilungsleiter schreibt:
Ein bislang nicht in diesem Umfang bestehender Bedarf wird hinsichtlich zu besorgender Überwürfe ausgelöst. Es ist festzustellen, dass es bislang keine nachhaltige technische Lösung zur sicheren Verhinderung derartiger Angriffe gibt. Insbesondere ist eine Erhöhung der Zaunanlage kein Mittel, um dem wirksam entgegenzusteuern. Sofern die Lage es anbietet, können Zusatzgitter vor den Fenstern angebracht werden, um zumindest das Hineinziehen in den Haftraum zu verhindern. Im Übrigen wird der Schwerpunkt der Abwehrmaßnahmen in administrativen Maßnahmen bestehen müssen. Freistundenbereiche sind so zu platzieren, abzusichern und zu überwachen, dass Gefangene in den Möglichkeiten eingeschränkt werden, an übergeworfene Drogenpakete zu gelangen. Ebenfalls dazu gehört eine regelmäßige Begehung der Außenbereiche vor dem Betreten durch Gefangene.
Sie geben also vollkommen zu, dass die Drogenpakete dort über die Mauer geworfen werden und Sie in der Anstalt versuchen werden, das zu verhindern. Das ist keine Lösung für die Menschen in Lichtenrade.
Nein! – Der ganze Vorgang um die Verlegung des Drogenvollzugs oder der Drogenfachabteilung hat – ganz unabhängig davon, wie man im Ergebnis zu Lichtenrade steht – eine über Lichtenrade hinausgehende Dimension. Ich will damit die Frage ansprechen, ob man Bürgerinnen und Bürger im Vorfeld von Entscheidungen, die sie betreffen, einbindet oder ob man lieber den Bürgern von oben herab getroffene Entscheidungen verkündet. Ich kann nur sagen, der letztgenannte Weg, nämlich Entscheidungsverkündigung von oben, ist Ihr Weg, Frau von der Aue, nicht aber unser Weg, nicht der Weg einer liberalen Politik.
Wir hatten am vergangenen Wochenende einen erfolgreichen Volksentscheid. Dieser Volksentscheid macht erneut
deutlich, dass die Bürgerinnen und Bürger ein Interesse daran haben, in eine Entscheidungsfindung einbezogen zu werden. Dies setzt aber voraus, dass die Bürgerinnen und Bürger überhaupt darüber informiert werden, was Senatsverwaltungen und Politik vorhaben.
Die Interessen der Lichtenrader sind der Senatsverwaltung für Justiz jedenfalls egal. Ihre Interessen wurden von der Senatsverwaltung offensichtlich nicht einmal abgewogen. Zu diesem Schluss muss man kommen, wenn die Senatsverwaltung für Justiz schreibt:
Es sind keine Gründe ersichtlich, die die Fortführung des bewährten Drogenkonzepts der Jugendstrafanstalt Berlin in den Gebäuden am Standort Kieferngrund ausschließen oder auch nur abträglich erscheinen lassen.
Die Sorgen der Menschen vor Ort sind Ihnen, Frau von der Aue, als abträgliche Gründe nicht einmal ersichtlich. Das ist eine schwache und traurige Leistung.
Allerdings dürfen die Bürgerinnen und Bürger nicht den Eindruck haben – –
Allerdings dürfen die Bürgerinnen und Bürger nicht den Eindruck haben, den Abgeordneten ginge es besser und die Abgeordneten würden über wichtige Vorgänge vom Senat informiert werden. Der Rechtsausschuss wird von der Justizsenatorin über Vorgänge nur informiert, wenn es Erfolgsmeldungen zu feiern gibt. Kleine Anfragen der Abgeordneten werden von der Senatsverwaltung für Justiz gern lückenhaft oder unzutreffend beantwortet. Dieser Senat möchte mit Abgeordneten und Bürgern möglichst wenig zu tun haben. Deshalb muss Klaus Wowereit und seine Mannschaft im September abgewählt werden.
Berliner Wasser ist ja teuer, deswegen nutze ich hier die Gelegenheit, kostenlos zu trinken.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu diesem Gesetzentwurf zunächst drei allgemeine Vorbemerkungen machen. Erste Vorbemerkung: Ja, es ist richtig, dass zwei Bundesländer, die gemeinsame Obergerichte unterhalten, auch ein im Großen und Ganzen gemeinsames Richtergesetz haben.
Zweite Vorbemerkung: Es bleibt aber auch richtig, dass Berlin und Brandenburg zwei verschiedene Bundesländer sind. Daher gibt es weder ein rechtliches noch ein praktisches Bedürfnis dafür, eine bis in das Einzelne gehende
inhaltliche Identität bei beiden Richtergesetzen herzustellen. Wir Berliner haben in der Justiz in einigen Bereichen Traditionen, die sich aus Berliner Sicher bewährt haben. Die Brandenburger mögen auch Traditionen haben, die sich aus ihrer Sicht dort bewährt haben. Eine Angleichung nur um des Angleichens willen wird es mit der FDP nicht geben.
Angesichts des überschaubaren Nutzens einer einheitlichen und gemeinsamen Regelung geben wir einer vernünftigen Regelung für das Land Berlin den Vorrang gegenüber einer unvernünftigen Regelung für Berlin und Brandenburg, einer unvernünftigen Einheitsregelung.
Dritte Vorbemerkung: Viel wichtiger als ein gemeinsames Richtergesetz wäre eine gemeinsame Besoldung für die Berliner und Brandenburger Richter und Staatsanwälte. Berlin ist bundesweites Schlusslicht bei der Besoldung, selbst gegenüber Brandenburg liegt Berlin deutlich zurück. Was nützt ein gemeinsames Richtergesetz, wenn die Beförderung eines Richters an einem Verwaltungsgericht in Brandenburg zum Richter am gemeinsamen Oberverwaltungsgericht in Berlin mit einer Einkommenseinbuße einhergeht, weil in Berlin im Beförderungsamt weniger als im Brandenburg im Eingangsamt gezahlt wird. Die FDP setzt sich daher dafür ein, dass wir die Angehörigen des öffentlichen Dienstes, unsere Beamten, Richter und Staatsanwälte, anständig bezahlen. Da Berlin aber nicht mehr Geld hat, können wir eine anständige Bezahlung nur durch eine Verkleinerung des öffentlichen Dienstes insgesamt finanzieren.
Dazu muss das Land Berlin endlich die Erledigung unnötiger Aufgaben einstellen und sich auf die staatlichen Kernaufgaben beschränken. Wir wollen einen kleineren, aber dafür motivierten und gut bezahlten öffentlichen Dienst in Berlin.
Ich möchte in dieser Lesung nur auf einige einzelne Punkte zu diesem Gesetzentwurf eingehen. Zunächst möchte ich einen Punkt erwähnen, der mir sehr gut gefällt. Dabei handelt es sich um die Neuregelung, dass in den Richterdienstgesetzen zukünftig anwaltliche Beisitzer mitwirken werden. Diese anwaltlichen Beisitzer können ihren Erfahrungsschatz dort bei vielfältigen Fragen mit einbringen.
Kritisch sehe ich die veränderte Zusammensetzung des Richterwahlausschusses. Dabei geht meine Kritik nicht dahin, dass im Rahmen des Vorschlagsrechts des Abgeordnetenhauses tatsächlich Abgeordnete gewählt werden sollen. Allerdings ist die Reduzierung der richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Mitglieder problematisch. Neben acht Abgeordneten würde ich mir weiterhin sieben weitere Mitglieder aus diesem Personenkreis der Richter und Staatsanwälte wünschen.
Ferner ist problematisch, dass Richter und Staatsanwälte auf der höchsten Ebene eine gemeinsame Personalvertretung haben sollen. Ich habe meine Zweifel daran, dass diese Konstellation den aufgrund ihrer Einbindung in eine Behördenstruktur, in eine Behördenorganisation resultierenden besonderen Bedürfnissen der Staatsanwälte Rechnung trägt.
Mein letzter Punkt: Was mich auf das Höchste alarmiert, ist letztendlich eine Gesamtschau der Punkte, die aus dem Brandenburger Richtergesetz übernommen wurden, und die Punkte, die Sie, Frau von der Aue, aus dem Brandenburger Richtergesetz nicht übernommen haben. Einen Richterwahlausschuss mit zwei Dritteln Abgeordneten haben Sie aus Brandenburg übernommen. Stellenausschreibungen für freie Planstellen, wie in Brandenburg üblich, haben Sie nicht übernommen. Entscheidung des Richterwahlausschusses bei Versetzungen, wie in Brandenburg üblich, haben Sie nicht übernommen. Im Ergebnis kann man feststellen, dass dieser Entwurf ein Höchstmaß administrativer Steuerung bei Personalangelegenheiten ermöglicht, und daher, Herr Dr. Felgentreu, werden wir noch sehen, ob es Ihnen wirklich darum geht, hier die Rechtskulturen anzugleichen oder nicht vielmehr eine besondere Kultur zu fördern, nämlich den sozialdemokratischen Filz. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Ratzmann! Ihre abenteuerlichen Sachverhaltsdarstellungen können Sie als Strafverteidiger in Berliner Gerichten abgeben. Das hat für Sie den Vorteil, dass dort wenig Zuschauer und meist auch wenig Zeugen für den aufzuklärenden Sachverhalt vorhanden sind. Dass Sie sich aber bei der Innenausschusssitzung, bei der so viele Menschen dabei waren, nicht entblöden, solche Sachverhaltsdarstellungen abzugeben, das ist schon mehr als peinlich, lieber Herr Ratzmann!
Dieses Flugblatt ist von Frau Bayram ausgelegt und verteilt worden,
danach ist die Vizepräsidentin aufgeschreckt nach vorne zum Ausschussvorsitzenden gelaufen, der zusammen mit der Ausschussassistentin diesen Verteilvorgang gestoppt hat. Nachdem der Ausschussvorsitzende darauf hingewiesen hatte, dass das Verteilen von Flugblättern nicht erlaubt sei – und der Verteilvorgang natürlich auf der Koalitionsseite begonnen wurde –, habe ich Frau Bayram danach gefragt, ob ich auch noch einen Flyer erhalten könnte.
Ja, lieber Herr Ratzmann, die Sache nun aber zu verdrehen, der Verteilvorgang hätte damit begonnen, dass ich nach dem Flyer gefragt hätte, dieser Schwachsinn, dieser Quatsch, Herr Ratzmann, diese Verdrehung der Tatsachen ist unter Ihrer Würde und unter Ihrem Niveau.
Sie sind viel zu schlau und zu klug, lieber Herr Ratzmann, um nicht zu wissen, dass diese Sachverhaltsdarstellung, die Sie abgegeben haben – Sie waren ja nicht dabei, deswegen transportieren Sie fremde Sachverhaltsdarstellungen – falsch sein könnte.
Ich hoffe, dass das nur dem Wahlkampfklamauk der Grünen geschuldet ist und man ansonsten mit Ihnen auch wieder fair zusammenarbeiten kann.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mieter sind in Deutschland durch ein soziales Mietrecht vor willkürlicher Kündigung geschützt. Das Zwangsvollstreckungsrecht enthält weitere Vorschriften, die in Härtefällen eine Räumung der Wohnung verhindern. Gegen Kündigung und Räumung kann man sich wehren – nämlich durch die Anrufung von Gerichten. Wenn deutsche Gerichte in mehreren Instanzen Kündigung und Räumung für zulässig erachten, dann sind diese Entscheidungen sowohl von den Betroffenen als auch vom Staat zu beachten.
Mit gerichtlichen Entscheidungen muss man nicht einverstanden sein. Man kann sie kritisieren, man kann dagegen protestieren, man kann dagegen friedlich und ohne Waffen demonstrieren, oder man kann sich dafür einsetzen, dass im Rahmen eines parlamentarischen Verfahrens, ggfs. durch ein Volksbegehren, Gesetze für die Zukunft geändert werden. Unzulässig und für uns niemals akzeptabel ist es jedoch, mit Gewalt und Erpressung einen Bürger oder den Staat dazu zu bringen, auf die Durchsetzung titulierter Ansprüche zu verzichten.
Nichts anderes als Gewaltandrohung und Erpressung enthält der von der Abgeordneten Bayram im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses verteilte Flyer „Liebig 14 – eine gewollte Eskalation“. Wer erstens einen solchen linksextremistischen Flyer unkommentiert im Innenausschuss verbreitet, zweitens danach versucht, mit abenteuerlichen Argumenten den Polizeipräsidenten und den Innensenator davon zu überzeugen, keine polizeiliche Amtshilfe für den Gerichtsvollzieher und die Eigentümer zu leisten, und drittens dann noch verlangt, dass der Polizeipräsident alle Einzelheiten des geplanten Einsatzes zur Räumung des Hauses preisgibt, setzt sich dem Verdacht aus, der parlamentarische Handlanger gewaltbereiter Extremisten zu sein.
Und wer es – wenn Passagen aus dem Flyer vorgelesen werden – auf ausdrückliche Aufforderung nicht schafft, sich im Innenausschuss von diesem eindeutig extremistischen Gedankengut zu distanzieren, der darf sich auch nicht wundern, dass die heute erklärte Distanzierung nur als wenig glaubhaftes Lippenbekenntnis gewertet wird, das der politischen Zweckmäßigkeit geschuldet ist.