Und dann wissen wir ja: Ein ganz hohes Gut ist die Pressefreiheit. Ein Mindestlohn für die Zustellerinnen und Zusteller der Zeitungen würde die Pressefreiheit gefährden – das wundert mich jetzt allerdings. Wenn die Presse keinen Zugang zu den Flüchtlingen in der GerhartHauptmann-Schule hat, dann wird die Pressefreiheit gefährdet.
Deshalb, meine Damen und Herren, liebe Burgunde Grosse, sagen wir: Setzen wir uns gemeinsam dafür ein, dass es einen flächendeckenden Mindestlohn für alle gibt! Lasst uns gemeinsam den Senat auffordern, dass der Vermittlungsausschuss vom Bundestag angerufen wird, dass weiterverhandelt wird und dass es endlich in diesem Lande einen flächendeckenden existenzsichernden Mindestlohn gibt – für alle!
Und wir müssen heute diesen Antrag entscheiden. Wenn ihr ihn im Ausschuss versenken wollt, dann hat es sich erledigt. Heute ist der letzte Termin, weil nächste Woche im Bundesrat entschieden wird.
Vielen Dank, Frau Breitenbach! – Für die SPD-Fraktion hat nun Frau Abgeordnete Monteiro das Wort. – Bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Bürgerinnen und Bürger, die Sie noch nicht restlos von Politik und Politikern verdrossen sind!
Als die große Koalition ihren Gesetzesentwurf zum Mindestlohn vorlegte, gab es in ihm keine Ausnahmen.
Ich spreche vom Jahr 2012, als die große Koalition in Thüringen ihren Antrag auf einen Mindestlohngesetz in den Bundesrat einbrachte. Obwohl es sich bei den Müttern und Vätern des Gesetzes um Christdemokraten und Sozialdemokraten handelte, waren beide Mutterparteien nicht besonders erfreut über den Vorstoß. In der CDU war man sich noch uneins in der Frage, ob man überhaupt einen Mindestlohn wolle. Die SPD handelte damals nach der Devise größer, besser, weiter und brachte einen eigenen Gesetzentwurf ebenfalls ohne Ausnahmen ein. Der Bundesrat stimmte diesem Mindestlohngesetz ohne Ausnahmen am 1. März 2013 mit Mehrheit zu.
Trotzdem verhinderte die damalige schwarz-gelbe Bundestagsmehrheit die Zustimmung des Deutschen Bundestags und damit das Inkrafttreten des Gesetzes. Im Bundestagswahlkampf war die Hauptforderung der SPD die Einführung eines allgemeinen, flächendeckenden und
Die SPD wurde leider nur zweiter Sieger. Die Mehrheit des SPD-Wirs entschied sich in dieser Situation für den Tandempartner CDU mit einem Kampfgewicht von 41,5 zu 25,7 Prozent der SPD.
[Christopher Lauer (PIRATEN): Das ist eine ein bisschen komische Frage, ich kann aber gerne Auskunft geben!]
Angesichts dieses Kräfteverhältnisses und des gespaltenen Verhältnisses der CDU zum Mindestlohn war es ein ungeheurer Kraftakt und auch das Ergebnis eines Kompromisses, ein Tarifautonomiestärkungsgesetz mit dem Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro auf den Weg zu bringen.
Andrea Nahles gelang dies. Respekt! Dieses Gesetz stärkt die Tarifautonomie und bringt konkrete Verbesserungen für 3,7 Millionen Geringverdiener. Das gefällt nicht allen in diesem Land.
Deshalb begannen harte Attacken am Wegesrand – auch heute wieder, ich danke Ihnen –, Attacken von Lobbyisten, von Zeitungsverlegern, Taxiverbänden, Lieferdiensten, Gastronomen, Akteuren der Landwirtschaft, kurz gesagt, von Branchen, die zumindest teilweise auf eine Bezahlung der Arbeit unter Wert setzen und dafür den Staat, das heißt, alle Bürgerinnen und Bürger, in Haftung nehmen.
Bei der Forderung nach weiteren Übergangsregelungen konnten sich zwei Gruppen leider durchsetzen: Zeitungsverleger und Landwirte. Entgegen anderslautender Propaganda
wird die Demokratie nicht durch den Mindestlohn für Zeitungszusteller gefährdet, sondern durch Sonderkonditionen für Meinungsmacher.
zulasten der Beschäftigten in der Landwirtschaft geschlossen werden. Das ist besonders brisant, da die hier Beschäftigten zu 90 Prozent nicht bei Bundestagswahlen wahlberechtigt sind.
Sonderregelungen produzieren Widersprüche, Ausweichverhalten, Unzufriedenheit und Ungerechtigkeiten.
Sie haben nichts mit Gerechtigkeit und dem Wert der Arbeit zu tun, nichts, aber auch gar nichts. Mich ärgert deshalb jede einzelne der vereinbarten Ausnahmen. Und ich stehe nicht allein.
Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat sich am Dienstag erneut gegen Ausnahmen beim Mindestlohn ausgesprochen.
In Berlin haben wir mit dem Landesmindestlohngesetz erfolgreich bewiesen, wie eine starke SPD diese Haltung ein praktisches Handeln übersetzt.
Das Berliner Landesmindestlohngesetz gilt selbstverständlich auch für Langzeitarbeitslose und unter Achtzehnjährige, und das ist auch gut so.