Protocol of the Session on September 13, 2018

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Vielen Dank! – Die FDP-Fraktion hat den Antrag gestellt, dass die zuständige Senatorin bitte bei der Debatte anwesend sein möge. Ich bitte, dafür Sorge zu tragen, dass sie kommt.

[Stefan Evers (CDU): Ich glaube zwar nicht, dass sie was dazulernt, aber man kann ja mal darauf hinwirken!]

So lange unterbreche ich die Debatte.

[Stefan Evers (CDU): Sie fährt da mal hin!]

Frau Senatorin Lompscher ist nun anwesend.

[Oliver Friederici (CDU): Ausgeruht?]

Damit können wir die Debatte fortsetzen. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Abgeordnete Frau Billig das Wort. – Bitte schön!

(Harald Laatsch)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Jetzt habe ich so lange auf diese Rede gewartet und hatte schon Angst, ich halte sie doch nicht mehr, denn die Hertzallee und die City-West liegen nicht nur zusammen im Zentrum von Berlin, seit Jahren oder eigentlich Jahrzehnten liegen sie auch im Zentrum des stadtentwicklungspolitischen Interesses. Hier gibt es das Regionalmanagement von Bezirksamt und Senat. Da sind die Unis dabei. Es gibt das Programm „Aktive Zentren“. Es gibt diverse AGs, wo auch Anwohnerinnen und Anwohner und Gewerbe sich beteiligen. Das ist auch das, was hier in der City-West besonders gut ist, dass seit Jahren die Stadtgesellschaft mitdiskutiert und eben auch Verantwortung übernimmt.

Es gab ja dieses Jahr schon diverse Treffen und Sitzungen, teilweise im zweiwöchigen Rhythmus. Die Standortkonferenz, ganz prominent, wurde gerade schon erwähnt. Da war die Senatsverwaltung dabei. Da waren Architektinnen und Architekten, Eigentümerinnen und Eigentümer, die Stadtgesellschaft und viele von uns da. Auch die Kolleginnen und Kollegen der FDP wurden gesichtet, wie Sie gerade schon gesehen haben. Hier wurde dann die Richtung auch vorgegeben. Hier kamen die Betroffenen zu Wort und haben der Senatsverwaltung mitgegeben, was sie hier in der City-West, eben auch in der Hertzallee-Nord noch brauchen. Sie versuchen jetzt hier auf einen Zug aufzuspringen, der schon lange mit Höchstgeschwindigkeit an Ihnen vorbeigerauscht ist, denn das ist alles schon in Arbeit.

Es ist auch völlig unstrittig, dass in der City-West ein lebendiges Stadtquartier entsteht, besonders die Hertzallee-Nord, dass da das TU-Gelände für die Stadtgesellschaft geöffnet wird. Es kann aber eben nicht nur um das Areal der Uni gehen, sondern es muss um den gesamten Bereich Hertzallee gehen. Der muss intelligent und integriert entwickelt werden. Das heißt, ich finde diesen Antrag in dieser Hinsicht auch einfach zu einseitig, sich auf einen kleinen Aspekt zu beschränken, wo Potenziale in der gesamten City-West sind, auf die wir alle achten müssen.

Ja, natürlich sind wir für flächensparendes Bauen und eine gewisse urbane Dichte. Wir haben das in den letzten Monaten hier schon intensiv diskutiert. Natürlich ist eine Nutzungsmischung an der Hertzallee bereits vorgesehen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schmidt?

Nein, danke! – Studentisches Wohnen liegt für eine Uni tatsächlich auf der Hand. Das ist auf diesem TU-Gelände,

so wie ich gehört habe, gerade in Planung und wird realisiert, sofern es noch unterzubringen ist. Was ich auf gar keinen Fall möchte, ist an dieser Stelle eine Frankfurter Bankencity, denn das passt nicht ins Zentrum von Berlin.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Die Möglichkeiten, nah am Wohnort zu arbeiten, Büros und kleinteiliges Gewerbe neben den Wohnungen, das ist in Städten heutzutage völlig normal und nötig. Das gehört eben auch zur Berliner Mischung. Das ist es, was wir alle so schätzen. Niemand hat die Absicht, in der City-West etwas anderes zu errichten.

Sie stellen hier ganz vage Forderungen – Dialog beginnen, Leitlinien anwenden, Instrumente prüfen. Sie haben da die Realität völlig verpasst. Das wird alles bereits gemacht.

[Zuruf von der CDU: Und nichts passiert!]

Ein ganz wichtiger Aspekt, den Sie angesprochen haben, ist Kriminalität und Sicherheit in diesen Vierteln. Das ist auch wirklich für die Stadtentwicklung, die Entwicklung von Quartieren wichtig. Wir wollen, dass hier eine Stadt gebaut wird, die modern ist, im Zweifelsfall auch flächensparend mit einer gewissen Dichte. Wichtig ist aber, dass die Stadt angstfreie Räume hat, dass die Menschen sich hier wohlfühlen. Ob wir eine wirklich schöne Stadt mit einem Manhattan für Arme bauen können, wenn Sie da der Meinung sind, dann haben wir tatsächlich einen Dissens.

Insgesamt kommen Sie mit diesem Antrag aber einfach viel zu spät. Der Drops ist gelutscht. Da ist Ihnen kein großer Wurf gelungen. Deswegen wird von uns keine Unterstützung gegeben. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Die Fraktion der FDP hat eine Kurzintervention angemeldet. – Herr Schmidt! Sie haben das Wort. Bitte!

[Jörg Stroedter (SPD): Wie lange wollt ihr dieses Thema noch besprechen?]

Frau Präsidentin! Frau Kollegin Billig! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich war ja jetzt der guten Hoffnung, dass wir gemeinsam mit der Koalition da was auf die Reihe kriegen, weil der Zug, den Sie geschildert haben, gerade voll vor die Wand fährt. Was Sie eben erzählt haben, dass dort alles erfüllt würde, ich weiß nicht, ob Sie jemals in Ihrem Zuständigkeitsbereich das Ergebnis des Wettbewerbs für den Bau dieser IMoS-Gebäude gesehen haben. Das sind vierstöckige Gebäude, die vollkommen ohne jede Nutzungsmischung auf fast zwei Dritteln des Geländes errichtet werden. Alles, was Sie da erzählt

haben, dass Leitlinien eingehalten würden, dass die Stadt entwickelt würde, ist doch schlicht falsch. Also warum beschäftigen Sie sich nicht mit der konkreten Planung?

Das Kernproblem, das wir angreifen, ist, dass die TU Dinge baut und dort Fakten schafft, die nachher nicht mehr korrigiert werden können. Und Sie erzählen uns jetzt, dass wir diesen Zug einfach weiterfahren lassen sollen und dann in den nächsten Jahren sehen, wie dieses Gelände verkommt, wie es nicht besiedelt wird, wie dort keine Wohnungen geschaffen werden und wie insgesamt ein stadtentwicklungspolitisches Potenzial verschenkt wird. Ich hoffe, dass Sie sich in der Koalition da noch einigen, und setze da auf Herrn Buchholz, aber was Sie eben erzählt haben, ist vollkommen an dem vorbei, was da wirklich passiert.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags – federführend – an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen und mitberatend an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 5.5:

Priorität der Fraktion der SPD

Tagesordnungspunkt 16

Entwicklung eines Bibliothekskonzepts für Berlin

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kulturelle Angelegenheiten vom 3. September 2018 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 5. September 2018 Drucksache 18/1275

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1106

Der Dringlichkeit hatten Sie bereits eingangs zugestimmt. In der Beratung beginnt die Fraktion der SPD. Es hat das Wort der Abgeordnete Herr Jahnke. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon kurz nach unserer letzten Debatte zur Zentral- und Landesbibliothek im Juni wurde die Standortfrage entschieden. Gebaut wird neben der AGB am Blücherplatz in Kreuzberg.

[Beifall von Stefan Evers (CDU)]

Die ZLB begrüßt diese Entscheidung, die auch ich für absolut nachvollziehbar halte. Am Marx-Engels-Forum, das ebenfalls als Standort im Gespräch war, hätten die notwendigen Aushubarbeiten zu unkalkulierbaren Bauverzögerungen führen können, schließlich liegt dort das Gründungsgebiet Berlins.

Im Vorfeld dieser Bauplanung gibt es einen partizipativen Prozess, der bereits im Gange ist. Unter dem Motto „Bibliothek findet Stadt – Stadt findet Bibliothek“ bietet die ZLB einen Themenraum, der aktuelle Stadtplanungs- und Bauprojekte vorstellt, bei denen sich Berliner Initiativen, Interessengruppen und einzelne Bürgerinnen und Bürger einbringen können und so an der Zukunft ihrer Stadt teilhaben. Im Themenraum finden sich Informationen zur Stadtplanung, zu den Partizipationsmöglichkeiten und zu den Bibliotheken der Zukunft. Regelmäßig finden Diskussionsveranstaltungen mit Expertinnen und Experten verschiedener Disziplinen statt. Mittels Workshops und anderer Werkstattformate sollen Berliner Bürgerinnen und Bürger, die ja zugleich im Wesentlichen die Nutzerinnen und Nutzer der Berliner Bibliotheken sind, ihre Ideen und Meinungen, ihre Anregungen und Wünsche sowie ihre ganz eigenen Projekte und Pläne einbringen können. Also geht schon in die Planung des ZLBNeubaus eine nutzerorientierte Perspektive ein.

Das soll, wie ich in meiner letzten Rede zu diesem Thema im Juni bereits ausgeführt habe, generell die Perspektive des Berliner Bibliothekskonzepts sein – Orientierung an den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer im 21. Jahrhundert und Unterstützung zeitgemäßer Medienkompetenzen. So sympathisch mir als begeistertem Leser echter Bücher aus Papier mit Rücken und Lesebändchen persönlich die Hinweise des Kollegen Juhnke in der Sitzung im Juni erschienen – Herr Juhnke freute sich zu Recht, dass das Buch nicht tot und das Lesen nicht out sind, und er wünschte sich, dass Bibliotheken als Orte des angenehmen Verweilens weiterhin tätig sein sollen –,

[Beifall von Dr. Robbin Juhnke (CDU)]

so muss man doch klar darauf hinweisen, dass das Bibliothekskonzept von R2G weit über eine eher konservative Haltung zum aktiven Mediengebrauch hinausgeht und Medienkompetenzen in ihrer ganzen Bandbreite entwickelt. Der Medienwandel – Stichwort Digitalisierung – soll nicht nur nachvollzogen werden, sondern es sollen neue Dienstleistungsangebote entwickelt werden. Die Kooperation der Berliner Bibliotheken soll optimiert, und auf der Grundlage relevanter Kennzahlen sollen Standards für die personelle, finanzielle und technische Ausstattung definiert werden. Die Kooperation mit den Universitätsbibliotheken und der Staatsbibliothek soll gestärkt werden. Wir wünschen uns auch eine Vereinheitlichung der Grundöffnungszeiten, die Bereitstellung möglichst vieler WLAN-fähiger Plätze und große Freihandbereiche. Und natürlich spielt die Sicherung der Finanzierung der Arbeitsplätze in dem avisierten Rahmenkonzept eine wichtige Rolle.

(Henner Schmidt)

Was die Schulbibliotheken angeht, habe ich bei Schulbesuchen in meinem Wahlkreis den Eindruck gewonnen, dass es hier vor allem an Aufsichtspersonal mangelt. Das wäre ein nachgerade klassischer Arbeitsplatz, der im Kontext des solidarischen Grundeinkommens angeboten werden könnte.

Im Übrigen ist auch die Bibliothek des Abgeordnetenhauses eine öffentliche Bibliothek. Bürgerinnen und Bürger können z. B. den Präsenzbestand nutzen. Für die Bibliothek des Bundestages gilt das beispielsweise nicht. Unsere Bibliothek ist allerdings nicht dem Verbund der öffentlichen Bibliotheken Berlins angegliedert, wohl aber dem kooperativen Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg. Man kann an diesem sozusagen naheliegenden Beispiel erkennen, wie wichtig die Standardisierung des Berliner Bibliothekswesens ist.

Wichtig ist außerdem: Das Berliner Bibliothekskonzept und die mit ihm verbundenen Standards sollen in partizipativer Form ermittelt werden. Befürchtungen, dass hier eventuell die Bezirksautonomie verletzt würde, sind daher gänzlich unbegründet. Vielmehr wird der Senat eine Kommission einrichten, der die Bezirke ebenso wie Bibliotheksvertreterinnen und -vertreter angehören werden. Diese Kommission wird die landesweiten Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung und die Arbeit der Berliner Bibliotheken erarbeiten.

Ein Hinweis sei mir am Schluss noch gestattet: Am kommenden Wochenende findet das erste Berliner Bibliotheksfestival statt, das das zwanzigjährige Bestehen des erfolgreichen Zusammenschlusses des VÖBB, der zwölf Berliner Bezirksbibliotheken und der Zentral- und Landesbibliothek Berlin feiert. Dabei wird es auch darum gehen, was für eine Bibliothek wir brauchen, um die Demokratie zu fördern. Wie müssen Bibliotheken gebaut und ausgestattet sein, um dieser Aufgabe gerecht zu werden? Welche programmatischen Angebote, welche Zugänge werden gebraucht? Das sind wichtige Fragen, und für die Bürgerinnen und Bürger besteht die Möglichkeit, an den Antworten teilzuhaben. Nur dann können die Berliner Bibliotheken auch Bibliotheken der Berlinerinnen und Berliner sein. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]