sondern ich möchte ausdrücklich sagen: Hier geht es um einen Ort, an dem wir gemeinsam in der historischen Schuld stehen,
für künftige Generationen zu erhalten, was zur Erinnerung an die Verteidigung der Freiheit insbesondere durch die Westalliierten am Checkpoint Charlie geleistet wurde.
Ich freue mich, darüber mit Ihnen auch in den Ausschüssen zu diskutieren. Und ich hoffe, dass wir dazu auch mal die Gelegenheit bekommen. – Vielen Dank!
Ja, liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute tatsächlich ein sehr ambitioniertes Thema auf dem Tisch. Ich nehme an, wir haben hier auch interessante Verbindungen über die Fraktionsgrenzen hinweg. Herr Evers hat jetzt schon den Aufschlag gemacht, wie wir zu einer staatlichen Lösung für das vorliegende Problem kommen. Ich werde darauf in meiner Rede zu sprechen kommen.
Heute reden wir über ein Bauvorhaben an jenem Ort, der in der ganzen Welt stellvertretend für das geteilte Berlin und den Kalten Krieg steht. Fast schon handelt es sich um eine Marke, ein Branding. Über die Pläne des Investors Trockland müssen wir als rot-rot-grüne Landesregierung jetzt mal Tacheles reden, weil das Vorhaben der Firma, ein Hard Rock Hotel zu bauen und daneben ein Museum
zum Gedenken in den Keller zu verbannen, auch von der „New York Times“ mit Kopfschütteln kommentiert wird. So geht es nicht weiter.
Die Kommodifizierung, also die Inwertsetzung von Kulturgütern und Zeitgeschichte ist keineswegs trivial, wie wir heute in Berlin an jeder Ecke sehen. Mit jedem weiteren Betonbrocken, der als Mauerrest verkauft wird, schreibt sich unsere Stadtgeschichte tiefer in das historische Bewusstsein aller ein. Nirgends sind die Geschichten so lebendig wie in der Stadt mit einer Mauer, die Familien trennte, Leben forderte und ein Stadtleben entstehen ließ, das noch heute in seiner Unterschiedlichkeit erlebbar ist und sich faktisch in den Berliner Stein gemeißelt hat. Dit is Berlin, wa?
„Dit“ dachten sich nun auch schon mehrere Investoren. Wenn wir heute über den Checkpoint Charlie sprechen, dann reden wir über Heritage, Kulturerbe und ein Baufeld, das weltweit als Abbild des Kalten Krieges im geteilten Deutschland steht, genau dieser Grenzübergang, ein Ort übrigens, der auch stellvertretend für die unfassbar schlechte Liegenschaftspolitik der Vergangenheit steht, der verkauft und beliehen und heute in Zahlen einfach nur insolvent ist; auch ein denkwürdiges Sinnbild für das wiedervereinigte Deutschland. Große Träume und große Transaktionen hat dieser Ort rund um die Zimmerstraße bereits gesehen, und nun steht ein neues Vorhaben im Raum.
Ich bin bewusst mit dem Bezug auf einen städtebaulichen Umgang mit Denkmalorten und Kulturstätten eingestiegen, denn was wir in Berlin erleben, ist, dass jenes Investorenkonsortium namens Trockland gerade ein Stück Mauer – – Und wir reden hier über jenen Todesstreifen, der zu viele Menschenleben kostete und heute eine von Berlins Hauptattraktionen ist. Auf diesem Todesstreifen hat Trockland sich Baurecht verschafft und die Mauer beseitigt, sodass sogar David Hasselhoff erneut anreiste und seinen Schlager „Looking for Freedom“ darbot und die Proteste gegen Mauerabriss und Luxusbebauung gegenüber dem ebenfalls grässlichen Ort Mercedes-BenzArena flankierte. Das ist der Investor, der aktuell vorschlägt, ein Museum zum Gedenken an den Teil der Geschichte zu bauen, deren Artefakte er anderswo für Luxusbutzen abreißt.
Für das Museum zur Geschichte der deutsch-deutschen Teilung bietet Trockland dem Land Berlin 25 Jahre Mietgarantie, aber das Museum soll in den Keller. Mal unter uns: Das ist kein Angebot. – Während wir über dieses Investorenkonsortium, welches sogenanntes MezzanineKapital einsammelt, nicht viel mehr wissen, als dass hier etliche Geldgeber aus Steueroasen dringend nach Geldanlagen suchen, möchte ich insbesondere unseren Regierenden Bürgermeister befragen, ob dies nicht jene Immobilienanleger waren, die Sie im Sommer noch nach neuseeländischem Vorbild aus der Stadt verbannen wollten.
„Wem gehört Berlin?“, fragt der „Tagesspiegel“ gemeinsam mit dem Recherchenetzwerk „CORRECTIV“, und wir stehen mittendrin. Recherchen zum Investor finden sich fast täglich neue, und eines ist klar: Gut zuhören, bitte! Das überschuldete Grundstück liegt beim Insolvenzverwalter, und es gibt kein Baurecht. Niemand – ich betone, niemand – kann uns antreiben, diesen weltweit bekanntesten Ort deutsch-deutscher Teilungsgeschichte zu verramschen. Ja, genau, verramschen für ein Hard Rock Hotel mit Party und Saufen auf dem Todesstreifen und ein Museum im Keller.
Im Sommer machte der Enteignungsfall des Schlosses Reinhardsbrunn nach dem Denkmalgesetz in Thüringen Schlagzeilen. Die dortige Landesregierung enteignete, weil der Denkmalwert des Ortes in Gefahr geriet und damit das Kulturerbe des Landes. Ich möchte eindringlich darauf hinweisen, dass der Checkpoint Charlie als eingetragener Denkmalort mit inzwischen unter Schutz gestellten Brandwänden sehr enge Spielräume für eine städtebauliche und historisch sensible Entwicklung vorgibt. Danke übrigens an das Landesdenkmalamt und Herrn Haspel für diesen wichtigen Schritt! Hier wird darauf zu achten sein, ob dem Erbe Rechnung getragen wird. Und diese Botschaft ist wichtig: Eine Enteignung zur Sicherung des Denkmals ist machbar und steht im Raum.
Wir sind uns einig: Wir werden Verantwortung für diesen Ort übernehmen, und er wird zur Nagelprobe zum Umgang mit unserer Geschichte. Wir alle können unseren Kindern nämlich nicht erklären, warum wir ein Museum zum Gedenken an den Kalten Krieg im Keller eines Hochhauses mit 25 Jahren Duldung bzw. Mietdauer eingetauscht haben gegen diesen historischen, unbezahlbaren Ort. Letzter Satz: Oder wie meine Mutter immer zu sagen pflegt, dafür sind wir 89 nicht auf die Straße gegangen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gleich welcher Entwurf hier gewinnen oder auch nicht gewinnen wird, der künftige Besucher wird über die historische Gestaltung des Ortes getäuscht. Nur wenige Meter vom Checkpoint Charlie wurde der 18-jährige Peter Fechter in seinem Freiheitsdrang, obwohl er seinen Fluchtversuch bereits abgebrochen hatte, vom SED-Regime kaltblütig
ermordet, mehr noch kam ihm niemand zu Hilfe, als er starb, bevor seine Leiche hinter einer künstlichen Nebelwand geborgen wurde. Das Regime plante daraufhin – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –, „Verletzte schnell aus dem Grenzgebiet zu entfernen, um dem Gegner damit keine Argumente für seine Hetze zu liefern“. Ähnlichkeiten mit der Rhetorik von Politik und Staatsmedien der Gegenwart sind rein zufällig.
In den letzten Wochen haben die Erben des Regimes erfolgreich begonnen, die Erinnerung wieder zu vernebeln. Deshalb sage ich: Wehret den Anfängen!
[Beifall bei der AfD – Gunnar Lindemann (AfD): Bravo! – Hakan Taş (LINKE): Das müssen Sie gerade sagen!]
Der Sauerbruch-Hutton-Entwurf hat mit dem Ort der Teilung Berlins und dem Nadelöhr zwischen Ost und West nichts gemein, allenfalls zeigt er die Verachtung für den Ort mit der Maximierung von Flächenrenditen.
Nein, im Moment nicht – danke! – Die Aura des Ortes, wie Sie es nennen, wird mit diesem Entwurf nicht gewahrt, sondern missachtet. Das sagt auch das Architektenteam selbst, dass es nicht auf die Bedeutung des Ortes eingehe, weil dieser ja für sich spreche. – Diese Geisteshaltung spricht durchaus für sich!
Die angeführte Berliner Traufhöhe spielt an dieser Stelle keine dominierende Rolle und tritt hinter der Besonderheit des Ortes zurück. Auch die Mehrheit der anderen Entwürfe überzeugt uns nicht und ist in ihrer Beliebigkeit austauschbar. Eine Betonwüste ohne Aussagekraft brauchen wir dort nicht. Wenn überhaupt, dann präferieren wir den Entwurf Chipperfields, der mit dem Hochhaus eine Landmarke setzt und gleichzeitig eine Torbildung, die an das Nadelöhr zwischen Ost und West erinnert.
Nach Kulturform, Einheitswippe, sogenanntem Haus der Statistik müssen wir aufpassen, dass sich diese Legislaturperiode nicht zur Legislaturperiode der stadtplanerischen Schande entwickelt. Ein Name taucht bei diesen Vorgängen immer wieder auf, und er taucht auch dort auf, wo die Erinnerung mit Hubertus Knabe aus dem Weg geräumt wurde:
Es ist die Kulturstaatsministerin der CDU. Wir sollten unserer Verantwortung für diese Stadt gerecht werden und uns nicht weiter fremdsteuern lassen: Der Antrag ist abzulehnen! – Danke schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich fange gleich mit der absurdesten Forderung in dem Antrag an: Sie wollen eine Straße bauen direkt neben einer Straße. Es kann ja sein, dass in Ihrer Partei viele unverbesserliche Autofetischisten sind, aber diese Idee einer Straße neben einer Straße, finde ich dann doch ziemlich abgedreht. Vor allen Dingen ist es völlig sinnlos, wenn, wie Sie fordern, die Zimmerstraße verkehrsberuhigt wird – was ich mir im Übrigen sogar vorstellen kann – und wenn dann der Wirtschaftsverkehr zumindest zeitweise dann doch noch fährt. Wozu genau dient diese Straße dann? Was soll sie entlasten? Eine wirklich detaillierte, verständliche Begründung für diese Forderung bleiben Sie uns in Ihrem Antrag folgerichtig auch schuldig. Der Verkehr muss hier, an dieser Stelle, tatsächlich neu geordnet werden. Eine zusätzliche Straße neben einer Straße ist aber definitiv nicht die Lösung.
Das allerwichtigste Projekt, das auf diesem Gelände realisiert werden soll – das kommt bei Ihnen erst ziemlich zum Schluss und auch ziemlich zu kurz –, ist das Museum. Hier, auf dem Gelände des ehemaligen Grenzübergangs Friedrichstraße, ist tatsächlich der absolut perfekte Ort für ein Museum. Das ist nämlich mit Sicherheit der berühmteste Grenzübergang der Welt; und das wird er vielleicht auch für immer bleiben, wenn wir das jetzt nicht versemmeln.
Da ist eine Freifläche, die 30 Jahre nach dem Mauerfall noch erhalten ist. Das ist ein wahnsinniger Glücksfall der Geschichte, und das ist eine historische Chance, die wir auf gar keinen Fall verschenken dürfen.