Protocol of the Session on October 18, 2018

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[Beifall bei der FDP – Beifall von Daniela Billig (GRÜNE), Nicole Ludwig (GRÜNE) und Torsten Hofer (SPD)]

Ob es in der Vergangenheit nun sinnvoll war, das Ding zu verkaufen oder nicht, ist eine müßige Diskussion. Fakt ist, es ist verkauft, es sieht da oben recht jämmerlich aus – das ist auch klar. Das liegt aber auch daran, dass offenbar mit dem geltenden Planungsrecht den jetzigen Eigentümern da oben auch nicht zu Leibe gerückt wurde. Man hätte ja sehr wohl mit einem Bebauungsplan, der den Flächennutzungsplan zum einen zwar berücksichtigt – der ja sehr viele Dinge im Augenblick auch ausschließt, das ist ganz klar, darauf hat der Kollege Efler schon hingewiesen –, zum anderen eine sportliche Nutzung trotzdem durchaus möglich machen können, indem man mit einem entsprechenden Bebauungsplan auch Wegmarken setzt. Daran hat sich dann der Eigentümer zu orientieren. Wenn er das nicht will, kann er das ja an jemand anderes weitergeben, der es umsetzen will. Es kann jedenfalls nicht die Aufgabe der öffentlichen Hand sein, hier entsprechende Sportangebote zu realisieren, die keine Ange

bote im Sinne der Gemeinnützigkeit wären – es wäre kein Schulsport, kein Vereinssport, der da oben stattfinden würde; es wäre eher Freizeitsport. Und da ist es ja nicht originär die Aufgabe der öffentlichen Hand, so etwas dort oben zu errichten; jedenfalls nicht, zum Preis von 35 Millionen Euro ein Grundstück zu kaufen, das muss man ganz klar sagen.

[Beifall bei der FDP]

Wenn ich dann im „Tagesspiegel“ noch lese, dass die CDU sich dort oben auch Schwimmen vorstellen kann – wie soll da oben Schwimmen stattfinden, will ich da eine Schwimmhalle bauen, vielleicht noch ein Spaßbad – da hätte man die AfD wieder mit im Boot –,

[Heiterkeit bei der FDP]

also man weiß ja nicht, welche Form des Schwimmens da angedacht ist. – Aber da oben nun ein Freibad oder eine Schwimmhalle zu errichten – meine Güte, wir haben schon andere Probleme in Pankow und in Mariendorf, Schwimmhallen an den Start zu kriegen. Nun auch noch den Teufelsberg mit einzubeziehen, kann, glaube ich, nicht der Ansatz sein.

Tennisspiel, im Übrigen – Kollegin Radziwill: So elitär ist Tennis gar nicht, wie Sie vielleicht glauben. In den Zwanziger- und Dreißigerjahren war Tennis einmal Volkssport in Berlin, da gab es auch sehr viele Tennisanlagen in Volksparks, im Volkspark Köpenick zum Beispiel. Also, Tennis war in dieser Stadt einmal Volkssport, und es ist keineswegs so,

[Anja Schillhaneck (GRÜNE): Okay, Seilziehen war auch mal Olympiasport!]

dass Tennis nur ein elitärer Sport ist. – Genau, ich sehe daran, dass Frau Schillhaneck auch gerne wieder Tennis spielen möchte – aber nicht auf dem Teufelsberg.

[Heiterkeit bei der FDP]

In diesem Punkt sind wir uns ja einig. Ich will gar nicht Tennis spielen, ich will nur darauf hinweisen, dass Tennis einmal durchaus nicht so elitär war.

Zum Schluss noch mal zusammengefasst: Erstens, der jetzige Zustand auf dem Teufelsberg ist unbefriedigend, keine Frage. Darauf hat die CDU auch dankenswerterweise noch mal hingewiesen. Zweitens, dort oben ist auch mehr möglich, als bisher möglich war – auch klar. Dritter Punkt: Der jetzige Investor ist wahrscheinlich eher ungeeignet, dort oben etwas zu entwickeln. Viertens, der Rückkauf kann nicht die richtige Option sein. Da muss man mit anderen Planungsinstrumenten gegensteuern, damit da oben was passiert, aber bitte nicht 35 Millionen Steuergelder dafür ausgeben. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Frank Scheermesser (AfD)]

(Dr. Michael Efler)

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/GRÜNE hat die Kollegin Billig das Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Wir bekennen uns definitiv zum Teufelsberg und auch zu dem Ziel, den Ort für die Öffentlichkeit zu entwickeln. Da verweisen Sie auch ganz richtig auf den Koalitionsvertrag. Doch dann verließen Sie ihn schon bzw. hören die Gemeinsamkeiten damit schon vollständig auf. Sie tun so, als würde die Koalition sich gar nicht kümmern. Aber schon seit 2017 ist der Teufelsberg als Teil des Landschaftsschutzgebietes Grunewald ausgewiesen, und gegenwärtig wird die Eintragung als Denkmal beim Landesdenkmalamt vorbereitet. Also, wir kümmern uns jetzt schon intensiv um das Areal und um seine ganz spezifischen und besonderen Möglichkeiten. Das sind Natur und Geschichte – die sind nämlich schon da –, die brauchen wir, und die stärken wir auch.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Sie suggerieren mit dem Antrag, Sie wüssten auch schon ohne das geforderte Entwicklungskonzept, was für das Teufelsbergareal das Gute und Richtige sei. Ich beschreibe es ganz kurz so: Sport first! Sportliche Betätigung ist eigentlich auch eine gute Sache, aber wie Sie es schaffen, das so ins Negative zu verkehren, finde ich schon ziemlich bemerkenswert. Das schönste, gesündeste und überzeugendste Bewegungsangebot ist dort schon vorhanden – das ist die Natur. Wenn man hier durchradelt oder durchläuft, mit dem Ziel, dann auch noch so ein skurriles Relikt der Geschichte zu besuchen – mehr braucht es eigentlich nicht, um Berlinerinnen und Berliner, Touristinnen und Touristen anzulocken, auch wenn im Gesamtkonzept in Sachen mehr Attraktivität das Ganze nach oben natürlich noch offen ist.

Ihr Plan macht im Gegenteil das Potenzial des Ortes gründlich kaputt. Was Sie wollen, das ist Ausbeutung der Ressourcen, der Natur und unserer Stadt. Da blutet mir echt das Herz, wenn ich mir ausmale, welche Folgen Ihr Konzept hätte. Erst werden die Bäume gefällt, dann wird alles zugebaut,

[Zuruf von Georg Pazderski (AfD)]

und am Schluss stehen endlose Autokolonnen im Wald im Stau und verschandeln und verschmutzen das Landschaftsschutzgebiet.

[Stephan Standfuß (CDU): Wir kommen mit dem Fahrrad!]

Im 21. Jahrhundert brauchen wir nachhaltige, umweltverträgliche und zukunftsfähige Naherholungen. Alles andere ist ziemlich von gestern. Und wenn Sie glauben, dass jemand, der Drachen fliegt, mit dem Fahrrad dort hinfah

ren wird, dann sind Sie, glaube ich, völlig auf dem falschen Dampfer, das ist nämlich mit den Sportartikeln rein praktisch nicht möglich.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Ülker Radziwill (SPD) – Georg Pazderski (AfD): Windenergie! – Zuruf von Stefan Förster (FDP)]

Die gesamte Festlegung auf Sport und die dazugehörige Infrastruktur ist einfach schlichtweg falsch, auch wenn das Thema Sport, wie eben schon gehört, auf dem Teufelsberg keine ganz neue Sache ist. Aber warum, zum Teufel, sollen Laufen, Skaten, Rodeln, Klettern, Drachenfliegen, Mountainbiking, Tennisspielen, Schwimmen, alles zusammen genau dort ganzjährig stattfinden?

[Stefan Förster (FDP): Und zwar in einer Halle!]

Am besten in einer Halle! Und auf das Schwimmbecken kann man auch noch etwas drauflegen, das sehen wir in Prenzlauer Berg. – Das wäre überhaupt nicht im Sinne des Teufelsbergs, denn der liegt im Landschaftsschutzgebiet, und das enthält auch streng geschützte Naturschutzgebiete. Die offensichtlich sehr intensive Nutzung und die dafür nötige Infrastruktur sind mit der Schutzbedürftigkeit des Gebiets einfach nicht vereinbar. Rodeln und Tennisspielen gehen nun mal nicht auf Waldwegen und Lichtungen. Ein Strandbad im Teufelssee geht nicht in einem Naturschutzgebiet. Sie sprechen von der Schaffung einer naturnahen Sportinfrastruktur und denken an Zerstörung der Natur.

[Zuruf von Burkard Dregger (CDU)]

Dann die Idee des Rückkaufs. Sie schauen dem Theater doch schon so lange zu, schon in der letzten Wahlperiode, und nun kommen Sie mit einer Idee, die einfach nicht umsetzbar ist. Wir haben es schon ein paar Mal gehört: Es gibt im Moment einfach keine Hinweise darauf, dass das Areal zu einem akzeptablen Preis zu verkaufen ist oder in absehbarer Zeit zu verkaufen sein wird. Das Einzige, was Sie mit diesem lauten Gebrüll nach Rückkauf erreichen, ist, dass sich die Investoren die Hände reiben und hier von Ihnen ein Spekulationsobjekt künstlich hochgezüchtet wird. Aber vielleicht ist ja genau das auch Ihr Interesse, unser aller Geld in die privaten Portemonnaies und als Nebeneffekt auch noch Trend- und Abenteuersport für die Reichen statt Natur, Bewegung und Berliner Geschichte für alle. Da haben Sie uns definitiv nicht auf Ihrer Seite.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Wir haben das Ziel, den Teufelsberg gemeinsam mit den Berliner Forsten, den Naturschutzverbänden, den freien Trägern der kulturellen Arbeit als Ort der Erinnerung, Erholung und Natur für die Allgemeinheit zugänglich zu machen, behutsam für die Natur und für das Denkmal verträglich. Das ist ein krasser Widerspruch, anders als Herr Standfuß es sagte, ein ganz krasser Widerspruch zu Ihrem Antrag. Outdoorsport haben wir in Berlin schon

eine ganze Menge. Auf dem Tempelhofer Feld haben wir ein Paradies für Outdoorsport.

[Bravoruf und Beifall von Katalin Gennburg (LINKE) – Zuruf von Paul Fresdorf (FDP)]

Der Teufelsberg ist bereits etwas Besonderes. Da gibt es richtig viel Natur und die ehemalige Abhörstation. Diese Stärken wollen wir nutzen und keine Absurditäten bauen. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Dann hat der Kollege Evers um eine Zwischenbemerkung gebeten. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Frau Billig! Ihre Rede zum Checkpoint Charlie war mir noch einigermaßen sympathisch.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Gibt es Kopfnoten?]

Die Grundsätze, die Sie da verfolgt haben, haben Sie jetzt aber geradezu ins Gegenteil verkehrt. Es ist ja schon in anderen Reden darauf hingewiesen worden: Auch hier haben wir es mit einem ganz besonderen stadtbildprägenden und identitätsstiftenden Ort zu tun. Insofern sicherlich nicht gleichwertig, aber durchaus verwandt zum Checkpoint Charlie und auch zu der Diskussion, die wir eben geführt haben. Auch hier wollen wir vielleicht gemeinschaftlich mal festhalten: Der Verkauf der Flächen und die damaligen Nutzungsabsichten waren ein Fehler.

[Beifall von Ülker Radziwill (SPD), Dr. Michael Efler (LINKE) und Benedikt Lux (GRÜNE) – Benedikt Lux (GRÜNE): He!]

Die Frage, was sich daraus heute lernen und gestalten lässt, sollte uns gemeinsam bewegen. Ich habe in Ihrer Rede viel dazu gehört, was Sie alles nicht für möglich halten. Was aber jetzt die Perspektive des Teufelsbergs sein soll, als ein Ort, der zu einem maximalen Nutzen für die Allgemeinheit gereicht – und darum geht es uns, nicht darum, irgendwelche Taschen zu füllen –, darüber empfehle ich auch Ihnen, sich Gedanken zu machen. In den Ausschussberatungen haben wir sicherlich Zeit, uns noch ein paar mehr Gedanken zu machen, als wir sie gerade gehört haben.

Vielleicht heißt an der Stelle von Trockland lernen, auch erfolgreich sein, wenn wir darüber reden, was wir eigentlich zu erwerben gedenken. Warum reden wir nicht einmal mit dem Eigentümer der Grundschuld? – Ich glaube übrigens, die entsprechende Stadtsparkasse gehört jetzt nicht zu den finstersten Mächten am Markt. Ich will sie

auch nicht unter den Generalverdacht stellen, hier maximal mit Grundschulden zu spekulieren. Sie stehen dort einfach mal in den Büchern, und die haben keinerlei Anlass, daran etwas zu ändern. Die wird auch noch Jahrzehnte in den Büchern stehen und jede Entwicklung behindern. Ich weiß nicht, wann sich der Senat zuletzt Gedanken darüber gemacht hat, ob man nicht mal mit den Eigentümern der Grundschulden ins Gespräch darüber kommt, ob man nicht am Ende dort ansetzt, den nötigen Druck auf die Eigentümer des Teufelsbergs aufzubauen.

Lassen Sie uns doch mal kreativ sein! Von Kreativität habe ich wenig in Ihrer Rede gehört. Und noch einmal: Nachdem, was Sie vorhin zum Checkpoint Charlie vorgetragen haben, hätte ich auch hier eine andere Rede von Ihnen erwartet.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Dann hat die Kollegin Billig die Möglichkeit zur Erwiderung. – Bitte schön!

Ja, wir sind uns einig, dass der Verkauf ein Fehler gewesen ist, bei beiden Orten. Das kam jetzt in mehreren Reden bereits auf; ich habe es nicht noch einmal wiederholt, ich habe ja nur fünf Minuten. Aber, völlig klar: Wir müssen jetzt damit umgehen, wie es weitergehen soll.

Ich finde es ganz lustig, dass Sie auf den Checkpoint Charlie abheben, denn beim Checkpoint Charlie kommt es mir darauf an, die Stärken, die Potenziale des Ortes, die da schon vorhanden sind, zu heben, zu erhalten, zu bewahren. Beim Teufelsberg ist es genau dasselbe. Ansonsten, wenn ich Ihr Konzept und das, was Sie gerade gesagt haben, übertragen würde, könnten wir auch überlegen, vielleicht ein Schwimmbad auf dem Areal des Checkpoint Charlie zu bauen oder eine Rodelbahn oder ein Bungee-Jumping-Turm oder so etwas. Das wäre dasselbe, übertagen auf den Teufelsberg.