Protocol of the Session on January 24, 2019

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Drittens: Weder der Flughafen BER Willy Brandt wird mit dem SPD-Genossen Lütke Daldrup als Chef fertig noch ist diese Linkskoalition in der Lage, die verkehrspolitischen Zukunftsprojekte zu planen, zu starten und erfolgreich zu Ende zu führen. Beispiele dafür sind: Die SBahn-Teilnetzausschreibung 2 und 3, es gibt auf absehbare Zeit keine neuen Fahrzeuge, das betrifft übrigens auch die U-Bahn. Das Verwerfliche an der Machart Ihrer komplizierten Ausschreibung ist: Tausende Menschen werden ihre Arbeit in den Werkstätten der S-Bahn verlieren, weil Sie nicht in der Lage sind, regelkonform und vor allen Dingen ergebnisorientiert eine neue S-Bahn in Berlin fahren zu lassen. Das wird zu Massenentlassungen bei der Berliner S-Bahn führen, und dafür sind Sie verantwortlich. Das können wir Ihnen schon einmal ins Stammbuch schreiben!

Geschenktes Geld des Bundes zum Weiterbau der A 100 wird abgelehnt, weil SPD, Linke und Grüne Angst vor ihren Wählern in Friedrichshain haben. Sie wollen Ihrer Kreuzberger-Friedrichshainer Wählerklientel gefallen. Da müssen Sie liefern, die Linken vor allem und die Grünen. Es ist Ihnen auch völlig egal, wie sich der Verkehr des Rests der Stadt künftig durch die Wohnstraßen vom Treptower Park bis zur Frankfurter Allee quält.

Es gibt null Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg. Außer vollmundigen Absichtserklärungen gibt es kein Park-and-ride-Konzept für die Pendlerströme von Brandenburg nach Berlin und umgekehrt. Es gibt keine neuen, zusätzlichen Parkplätze vor der Stadt oder im Übergang von Berlin nach Brandenburg. Nicht eine einzige Bus- und S-Bahnlinie ist für den Pendlerverkehr erweitert worden. Nicht eine einzige Maßnahme gibt es seit zweieinhalb Jahren dieser Koalition zu diesen Themenfeldern.

Hier ist dieses Mal nicht nur Streit, sondern Unfähigkeit das Motto dieser Koalition.

Neben dem völlig in den Sand gesetzten Eröffnungstermin des Flughafens BER – Sie glauben immer noch, der werde 2020 eröffnet; ich frage mich, von welchem Flughafen Sie reden –, schaffen Sie es noch nicht einmal, Straßenbahnlinien zu eröffnen oder ein U-BahnBauprogramm zu planen, zum Beispiel mit der U8 ins Märkische Viertel oder der U7 nach Schönefeld. Sie wollen den Flughafen Tegel stattdessen schließen. Dabei wächst und wächst der Luftverkehr in Berlin, und Sie meinen ernsthaft, am BER würde das gutgehen mit demnächst 45 Millionen Fluggästen im Jahr 2021? – In welcher Welt leben Sie eigentlich? Weshalb ist diese Koalition nicht in der Lage, das Wachstum Berlins zu erkennen, mutig zu entscheiden, über Ihren Schatten zu springen und wenigstens Tegel für ein paar Jahre offen zu lassen?

[Zuruf von der SPD: Zum Thema!]

Aber nicht einmal hier kann sich diese Koalition einigen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Ein weiteres Beispiel: Sie, die Ideologentruppe, wollen keinen zweiten zentralen Omnibusbahnhof am Ostkreuz. Dabei wäre dieser Umsteigepunkt mit Bahnhof, Fernbusverkehr und einer erweiterten A 100 ideal. Sie bekommen es stattdessen nicht einmal hin, dass die U-Bahn ab der Warschauer Brücke verlängert wird oder die Straßenbahn in absehbarer Zeit das Ostkreuz erreicht.

Dies sind dramatische Beispiele von Überforderung, Überlastung, Unfähigkeit und Streit in der Koalition. Man kümmert sich bei SPD, Linken und Grünen lieber um die eigene Wählerklientel, die innerhalb des S-Bahnringes wohnt, und bestraft die Menschen, die außerhalb wohnen und die eben nicht 2016 diese Koalition gewählt haben.

Das Ergebnis für Berlin ist nach zweieinhalb Jahren dieser Koalition ein inzwischen miserabler, teilweise kollabierender und zusammengebrochener öffentlicher Nahverkehr. Das Ergebnis ist Unfähigkeit zu mutigen Entscheidungen für die wachsende Stadt und eine Sozialdemokratie, die die eigene Vergangenheit und durchgehende Regierungsverantwortung seit 2001 verleugnet. Berlin wird miserabel regiert, durch Streit und Untätigkeit. Wenn im Jahr 2021 wirklich erst gewählt werden sollte in Berlin,

[Torsten Schneider (SPD): Ich schlafe gleich ein!]

heißt das abschließend: Das waren in dieser Legislaturperiode fünf Jahre Streit, Untätigkeit und das Leugnen der Realität. Das waren dann fünf Jahre ideologische Grabenkämpfe und, was das Schlimmste ist, fünf verlorene Jahre für Berlin und die Menschen, die diese SPD-LinkeGrüne-Koalition mit diesem Müllerchen im Berliner Rathaus haben ertragen müssen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Steffen Zillich (LINKE): Da reißt es die Opposition von den Bänken! – Torsten Schneider (SPD): Das war eine Rede für die UNO!]

Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Schopf das Wort. – Bitte!

[Paul Fresdorf (FDP): Jetzt kommt eine Rede für die BVV!]

Sehr geehrter Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Friederici! Ich bin wirklich gern bereit, mit Ihnen über die Berliner Verkehrspolitik zu reden. Und ich bin wirklich der Letzte, der bestreitet, dass in der Vergangenheit auch in SPD-geführten Senatsverwaltungen nicht immer alles prächtig lief. Fehlerlos ist natürlich nur die CDU.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Aber wissen Sie, Sie formulieren hier einen so plumpen Titel für eine eigentlich so wichtige Aktuelle Stunde, dass man gar nicht weiß, ob man darüber lachen oder weinen soll.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Sie gerieren sich als die Gerechtesten der Gerechten, während die SPD vermeintlich nur auf Umfragewerte schielt.

[Stefan Evers (CDU): Tun Sie doch!]

Sie regen sich darüber auf, Herr Friederici, dass die Genossen den guten Ruf des Unternehmens und die gute Arbeit seiner Beschäftigten diskreditiere. Herr Friederici, wie heuchlerisch, wie scheinheilig muss man eigentlich sein? Wann und wo haben Sie, bitte schön, das Gespräch mit den Personalräten der BVG gesucht? – Ich sage es Ihnen: gar nicht. Wie häufig, Herr Friederici, hätte ich mir beim Thema Verkehr auch von Ihnen Anträge gewünscht, die die BVG und Berlin voranbringen. Bisher haben Sie nichts Substanzielles vorlegen können. Und Ihre eben gehaltene „Vollpfostenrede“ hat mich ebenso wenig beeindruckt.

[Starker Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Aber nun zum Inhaltlichen: Niemand behauptet, dass bei der BVG alles wunderbar läuft. Die Mängel, die die BVG aktuell aufweist, sind uns bekannt. Die konkrete Frage ist: Wie erhalten wir die Leistungsfähigkeit unserer BVG? – Dabei helfen uns düstere Rückschauen in die letzten Jahrzehnte herzlich wenig; auch dann nicht, lieber Kollege Friederici, wenn die CDU mit an der Regierung

beteiligt war. Die Vergangenheit lässt sich nicht mehr ändern; umso wichtiger ist die Gestaltung der Zukunft.

Hier sind wir nunmehr auf einem guten Weg. Ab Februar werden wir die Taktzeiten bei einigen U-Bahn-Linien geringfügig verlängern. Mit den eingesparten Zügen schaffen wir zum einen Zugreserven, um kurzfristige Ausfälle zu kompensieren, –

[Heiko Melzer (CDU): Und noch weniger Züge!]

zum anderen sorgt der ausgedehnte Takt für mehr Zuverlässigkeit im Fahrplan. Die BVG wird ihr Personal in diesem Jahr deutlich aufstocken. Dies bedeutet

1 100 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das ist kein Pappenstiel!

[Heiko Melzer (CDU): Wo doch jetzt schon die U-Bahnen keine Fahrer haben!]

Alle Verträge, die dort abgeschlossen werden, sind unbefristet. Wir haben die sachgrundlose Befristung abgeschafft. Unbefristete Arbeitsverträge sind eine Frage der Wertschätzung, der sozialen Absicherung und nicht zuletzt der Konkurrenzfähigkeit. Dennoch bleiben Fragen offen, deren Beantwortung wir vorantreiben werden. Ein Beispiel: Brauchen wir tatsächlich einen „BerlKönig“, der in Mitte, in Prenzlauer Berg oder in Friedrichshain teilweise parallel zur Straßenbahn fährt und für die Kannibalisierung des ÖPNV und des Taxigewerbes sorgt?

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Lassen sich stattdessen die Fahrerinnen und Fahrer des „BerlKönig“ nicht vielmehr für das Unternehmen BVG begeistern?

[Sebastian Czaja (FDP): Können ihn ja mal in den Randbezirken fahren lassen!]

Wieso liegt die Durchfallerquote der BVG-Fahrschüler bei ca. 40 Prozent? Inwieweit werden denn überhaupt Trainingsmethoden evaluiert und daraus Rückschlüsse gezogen? Reichen die derzeitigen Abstellanlagen für die Fahrzeuge aus? Benötigen wir gegebenenfalls weitere Betriebshöfe? – Viele, viele weitere Fragen stellen sich.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für mich das Rückgrat eines jeden Unternehmens. Die BVG muss sich hier fragen, ob sie diese ausreichend wertschätzt – nicht nur bei der Bezahlung, sondern auch bei den Arbeitsbedingungen und beim Arbeitsumfeld. Umso wichtiger ist es, in den nun anstehenden Manteltarifverhandlungen im Interesse der Beschäftigten Spielräume auszuloten.

[Beifall bei der SPD]

Das Baumanagement muss ebenso effizienter werden. Es kann und darf nicht sein, dass wichtige Instandhaltungsmaßnahmen anderthalb Jahre hinausgeschoben und dann nicht in der Ferienzeit durchgeführt werden. Das macht die Fahrgäste zu Recht ungehalten über die BVG. Gerade mit ihnen muss besser kommuniziert werden. Wenn ich

sehe, dass ein Countdown an der U-Bahn-Station herunterzählt, bei null aber keine U-Bahn kommt, dann fühlen sich die Fahrgäste – zu Recht – veräppelt.

[Sebastian Czaja (FDP): Wie bei der Deutschen Bahn!]

Wenn einem dann erklärt wird, das sei technisch nicht anders zu realisieren, dann stellt sich mir die Frage, warum die kleinen Probleme nicht gelöst werden können. Es muss gerade bei simplen Problematiken darum gehen, klügere, effizientere und kreativere Ideen zu finden. All diese kleinen Probleme haben nichts mit den verfehlten Milliardenaufträgen zu tun. All das kann nicht der SPD angelastet werden.

Übrigens: Die Fahrplananpassungen ab Februar sind ein Vorschlag der SPD-Fraktion und des Fahrgastverbandes IGEB. Aber das nur einmal so am Rande! Es ergab sich aus den unzähligen Gesprächen, die ich – unter anderem – seit Juni vergangenen Jahres mit den Personalräten geführt habe. Damit wir die Leistungsfähigkeit der BVG aufrechterhalten und eine Krise wie 2009 mit der S-Bahn verhindern, wünsche ich mir von allen – und damit meine ich wirklich alle, Herr Friederici – mehr Verantwortung. Konkret meine ich, dass auch Sie beim bald zu verabschiedenden Doppelhaushalt sich nicht in die Büsche schlagen. In diesem Haushalt werden Sie nämlich Posten wiederfinden, die das Unternehmen BVG stärken werden.

[Heiko Melzer (CDU): Und das ist kein Luftschloss?]

Dann erwarte ich die Zustimmung Ihrer Fraktion.

Ferner bleibt festzuhalten, dass es führende SPD-Politiker wie beispielsweise der heutige Finanzsenator Matthias Kollatz waren, die in den Jahren 2015 und 2016 die schwierige Entscheidung durchgesetzt haben, bei Stadler neue Züge zu bestellen,

[Heiko Melzer (CDU): Wo stehen denn die Bahnen?]

und die ebenso die laufenden großen Tramlieferungen und Bereitstellungen neuer Busse veranlasst haben. Bis 2031 werden 443 neue Straßenbahnen und bis 2033 1 740 neue U-Bahnwagen angeschafft.

[Zuruf von der CDU: Das kriegen Sie nie hin!]

Das aktuelle Beschaffungsprogramm hat ein Volumen von ca. 3 Milliarden Euro und wurde durch die 2016 ins Leben gerufene Fahrzeugfinanzierungsgesellschaft erst ermöglicht. Wenn also neue Fahrzeuge bereitgestellt werden, kann man schwer behaupten, dies hätte nichts mit sozialdemokratischem Regierungshandeln zu tun.