In der Sache will ich Ihnen nur mal anheimstellen: Sie lösen Ihr Nazi-Problem nicht, indem Sie Kollegen ausschließen, die sich vor Adolf-Hitler-Bildern fotografieren lassen.
Und über diesen deutschen Fraktionsvorsitzenden irgendeine Nähe zu Antisemitismus herzustellen, nur weil Frau Knobloch Ihren Konsorten in einem anderen Landtag die Leviten gelesen hat,
der hier ausgezeichnet wurde von der Europäischen Rabbinerkonferenz, darüber müssen Sie mal nachdenken. Das ist Ihre Dialektik, mein Lieber!
Ich will Ihnen nur kurz antworten. Das Manöver ist so durchsichtig, dass Sie sich hier vorne hinstellen und dann gleich auf den Migrationshintergrund eingehen. Herr Saleh – das haben wir gehört, und Sie können das überall im Internet sehen – hat die AfD-Wähler und die AfD mit Ratten verglichen, die in ihre Rattenlöcher zurückgehen sollen. Das haben Sie auf der Konferenz, auf Ihrer Klausurtagung zugelassen – unwidersprochen. Da war auch ein Regierender Bürgermeister dabei.
[Zuruf von der AfD: Unglaublich! – Torsten Schneider (SPD): Wir haben nicht nur zugehört, wir haben applaudiert!]
Sie müssen sich fragen lassen, wer hier die Hetzer sind, wer die Leute sind, die die Gesellschaft spalten.
Jetzt hat Herr Wolf das Wort. – Ich will noch mal anmerken, dass auch für die SPD-Fraktion gilt, dass Zwischenbemerkungen vorher angemeldet werden. – Herr Kollege Wolf!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin davon ausgegangen, dass wir heute in der Aktuellen Stunde über die Situation bei der BVG und im öffentlichen Nahverkehr reden und nicht über die Berliner Sozialdemokratie.
Die AfD hat kein anderes Thema gehabt, hat keinen relevanten, substanziellen Satz zum Thema öffentlicher Nahverkehr gesagt, weil Sie das eigentlich gar nicht interessiert, weil Sie die verkehrspolitische Welt nur durch die Windschutzscheibe ansehen, wenn man sich Ihre Anträge, die Sie nachher hier im Plenum auf der Tagesordnung haben – –
[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Ist doch lächerlich, Herr Wolf!]
Herr Friederici hat zum Anlass genommen, dass die Sozialdemokraten sich auf ihrer Klausur wieder mal schlecht benommen haben, um jetzt den öffentlichen Nahverkehr zu entdecken, hat aber auch nichts zur Lösung der Probleme gesagt, sondern er hat nur wieder ein allgemeines Genöle über die Sozialdemokratie gesagt. Dass die Sozialdemokratie sich einmal im Jahr auf einer Klausurtagung schlecht benimmt, das wissen wir doch – so what!
Deshalb gehe ich davon aus, dass die Berlinerinnen und Berliner vor allen Dingen interessiert, wie wir – und das ist die Verantwortung dieses Parlaments; dafür sind wir gewählt worden – mit der schwierigen gegenwärtigen Situation bei der BVG umgehen. Die Leute ärgern sich nämlich darüber, dass Züge und Busse verspätet ankommen, dass Züge ausfallen, dass Züge verkürzt sind, dass sie möglicherweise gar nicht einsteigen können, weil der Bus überfüllt ist. Das ist das, was die Leute ärgert, und darüber müssen wir reden: Welche Gründe gibt es, und welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um kurzfristig die Situation zu lindern und mittelfristig Abhilfe zu schaffen? Das sind die Thema, über die wir reden müssen.
Es ist auch kein Thema für die parteipolitische Profilierung, denn wir tragen alle unsere Verantwortung. Bei der Situation, die wir jetzt haben, wirken einerseits die schwierige Haushaltssituation in den Nullerjahren und der Konsolidierungsprozess nach. Es wirkt die Tatsache nach, dass in der letzten Legislaturperiode Fahrzeuge zu spät bestellt worden sind und dass das zu spät eingeleitet worden ist, dass erst Herr Kollatz die kontinuierliche Fahrzeugbeschaffung und das Thema Fahrzeuggesellschaft auf den Weg gebracht hat. Ich kann mich nicht erinnern, dass in der letzten Legislaturperiode vonseiten der CDU große Initiativen ergriffen worden sind, das Thema zu forcieren und voranzubringen, wenn, dann müssten Sie das heimlich gemacht haben. In der Öffentlichkeit war es nicht festzustellen. Deshalb müssen wir darüber reden.
[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Kurt Wansner (CDU): Sie sind doch in der Regierungsverantwortung, nicht in der Opposition!]
Um das gleich präventiv zu sagen: Auch die FDP kann sich keinen schlanken Fuß machen. Ich habe es mir noch einmal angesehen: In der Debatte, als es darum ging, den Verkehrsvertrag mit der BVG abzuschließen, hat Ihr damaliger Fraktionsvorsitzender gesagt, es müssen 30 Prozent der Beschäftigten bei der BVG abgebaut werden, und das Unternehmen muss privatisiert werden.
Wären wir damals Ihren Vorschlägen gefolgt, könnten wir hier nicht über schwierige Situationen, sondern müssten über ein Desaster reden.
Deshalb sage ich: Hören Sie jetzt auf mit diesem parteipolitischen Geplänkel, und lassen Sie uns darüber reden, wie die Situation ist und was getan werden muss!
Der erste Punkt ist: Wir haben das Problem, dass die Züge überaltert sind. Mittlerweile haben wir eine Werkstattquote von über 15 Prozent. Der Durchschnitt bei Verkehrsunternehmen ist 10 Prozent. Deshalb gibt es keine Fahrzeugreserve mehr, und deshalb haben wir das Problem der Ausfälle. Und deshalb ist es wichtig und zentral, dass die Vergabe für die bestellten Züge zügig vorangebracht wird, damit die Züge 2021 schrittweise eingeflottet werden können. Wir werden erst frühestens 2021 wieder in einen Normalbetrieb kommen, aber das muss jetzt in die Wege geleitet werden. Es muss jetzt möglichst rasch rechtssicher eine Entscheidung getroffen werden, damit wir die Fahrzeuge haben.
Der zweite Punkt ist, dass die Fahrzeugprobleme natürlich dadurch verschärft werden, dass Busse und Bahnen häufig im Stau stehen. Wenn die BVG mitteilt, dass die Busse mittlerweile im Vergleich zum Vorjahr eine reduzierte Geschwindigkeit von 19,1 Kilometer pro Stunde durchschnittliche Geschwindigkeit auf 17,9 Kilometer haben, ist das ein wirtschaftlicher Effekt, und es hat auch Auswirkungen darauf, wie viele Busse zur Verfügung stehen. Ein Kilometer Verlangsamung heißt 173 Fahrer mehr, und es würden 70 mehr Busse gebraucht. Deshalb muss auch bei der Fahrzeugbeschleunigung, damit diese Fahrzeuge nicht mehr im Stau stehen, dringend etwas getan werden.
Nein! Ich lasse keine Zwischenfragen zu! – Ein weiterer Punkt ist der Krankenstand bei der BVG. Wenn wir bei den Busfahrern einen Krankenstand von nahezu 13 Prozent haben, wenn wir bei der U-Bahn und bei der Straßenbahn Krankenstände von um die 10 Prozent haben, zeigt das nur, wie stressig der Job ist, dass dringend etwas getan werden muss – bei der Arbeitsorganisation, bei den Arbeitsbedingungen. Und es ist natürlich – das sage ich auch noch mal – für die Fahrerinnen und Fahrer eine hohe Belastung, in der Berliner Verkehrssituation im Stau zu stehen und dann mit unzufriedenen Fahrgästen – selbstverständlich nachvollziehbar unzufriedenen – konfrontiert zu sein. Das ist auch ein Grund für einen hohen Krankenstand. Deshalb müssen wir dringend entsprechende Maßnahmen einleiten.
Der erste Punkt ist – Herr Schopf hat es angesprochen –: Wir müssen die Verlässlichkeit des Fahrplans wiederherstellen. Das wird um den Preis geschehen müssen, dass auf bestimmten Linien die Takte nicht – wie wir es gerne verkehrspolitisch hätten – verkürzt, sondern erweitert werden. Aber ich sage, in der Abwägung, ob ich einen verlässlichen Fahrplan habe und der Zug wirklich zu dem Zeitpunkt ankommt, an dem es vorgesehen ist, oder ob ich keine Fahrzeugreserve habe und Züge ausfallen und sich dann die Menschen auf den Bahnsteigen drängen, ist dies richtig. Das ist eine Notmaßnahme, aber sie ist notwendig, um die Verlässlichkeit des Fahrplans wiederherzustellen.
Zweitens: Wir müssen dafür sorgen – ich habe es schon angesprochen–, dass möglichst rasch die Beschaffung der Fahrzeuge eingeleitet wird und der Zuschlag erfolgt,
Drittens: Die BVG braucht mehr Personal, und ich finde es gut, dass jetzt vorgesehen ist, in diesem Jahr insgesamt 1 100 neue Beschäftigte bei der BVG einzustellen. Das ist dringend notwendig. Ich sage an dieser Stelle: Es wird auch notwendig sein, bei Arbeitsbedingungen und Bezahlung etwas zu tun. Ich habe der Presse entnommen, dass einige überrascht waren, als sie erfahren haben, was ein Busfahrer bei der BVG verdient. Wer neu anfängt, bekommt 1 600 Euro netto. Es kann niemand sagen, dass das eine üppige Bezahlung für diesen ambitionierten und stressigen Job ist. Deshalb ist es wichtig, dass in den anstehenden Manteltarifverhandlungen von der Arbeitgeberseite die Arbeitsbedingungen und die Arbeitsorganisation auch berücksichtig werden, damit der Krankenstand abnimmt und die Arbeitszufriedenheit zunimmt und damit auch neue Beschäftigte gewonnen werden können und nicht Beschäftigte in andere Bereiche und in andere Berufe abwandern
Und wir brauchen dringend Beschleunigungsmaßnahmen – seit Jahren reden wir darüber. Das heißt, wir müssen zum einen dafür sorgen, dass die Busspuren freigeräumt sind. Wir haben die Beschlüsse, dass die BVG das Recht bekommen soll, dass die Busspuren freigeräumt werden und dass abgeschleppt wird und dass dies vonseiten der BVG eingeleitet werden kann. Es steht die entsprechende Verordnung aus. Da sage ich: Da muss die Innenverwaltung arbeiten, damit endlich diese Verordnung kommt. Das erhöht auch die Arbeitszufriedenheit der BVGMitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, wenn endlich dieses Recht gewährleistet ist, dass sie freie Bahn haben und ihre Busspur nicht mit illegal parkenden Autos zugeparkt ist und sie deshalb im Stau stehen.
Und der zweite Punkt, der zentral ist: Die Beschleunigungsmaßnahmen bei den Ampelschaltungen müssen endlich vorangebracht werden. Wenn ich höre, dass für die Umstellung von sieben Ampeln zweieinhalb Jahre gebraucht worden sind – zweieinhalb Jahre! – sage ich: Dieser Zustand ist nicht länger hinnehmbar.
Die Verkehrslenkung Berlin muss endlich den klaren Auftrag kriegen: Vorrang für den öffentlichen Personennahverkehr! Der ÖPNV muss fließen, und nicht der private PKW-Verkehr muss voranstehen!
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Der muss auch fließen! Dummes Zeug! Gucken Sie mal die Statistik an!]