Letzter Punkt: Ich finde, dieses Parlament sollte auch den Beschäftigten der BVG, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die diese Stadt noch am Laufen halten, die tagtäglich unter schwierigen Bedingungen arbeiten,
Dank für ihren schwierigen und stressigen Job aussprechen – bei aller Diskussionen über die Schwierigkeiten, die bei der BVG existieren.
Sie sind am allerwenigsten schuld an dieser schwierigen Situation, und deshalb sage ich an dieser Stelle: Sie machen einen guten Job. Den sollen sie auch weitermachen, und den sollen sie auch anständig vergütet bekommen!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der begleitende Zwischenruf zum Rednerpult, ich würde ja so gerne, aber die U2 und die U3 – – Aber darauf komme ich später zurück!
[Steffen Zillich (LINKE): Bitte erläutern! – Katina Schubert (LINKE): Ich fahre jeden Tag U2 – geht prima! Herr Wolf! Ich nehme Ihnen es zum Teil ab, dass Sie tatsächlich heute für sich diese Aktuelle Stunde so inter- pretiert haben, wie sie an den Monitoren hier im Raum angezeigt wird: „Berliner Nahverkehrskrise“. – Ich glau- be aber, dass Sie sich durchaus auch mit Ihrem Koaliti- onspartner, den Grünen, über den beantragten Titel „Zu- rückbleiben bitte: Umfragetief lässt SPD am Rad drehen. Querschüsse gegen BVG und Koalitionspartner …“ ge- freut haben und Sie es für richtig hielten, dass genau die Debatte, die Sie bisher in den Medien geführt haben, nunmehr mitten im Plenarsaal stattfindet, wo es weniger um die Fragen der Verkehrskrise geht, sondern vielmehr um die Frage: Wieso ist Berlin eigentlich in einer Ge- samtkrise, und wieso haben wir eine Krise bei der BVG? [Beifall bei der FDP]
Wer sich an das letzte Jahr und damit an die letzte Plenarsitzung am 13. Dezember erinnert, der wird sich an unsere Debatte zur Verkehrssenatorin, der Personalpolitik und den Entscheidungen erinnern, die damals hier im Haus diskutiert wurden. In dieser Debatte habe ich gesagt, dass es der traurige Höhepunkt der Koalition ist, dass wir solch eine Debatte hier im Haus führen und so einen Umgang innerhalb der Koalition erleben müssen. – Da wusste ich allerdings noch nicht, wie der Auftakt der Sozialdemokratie im Jahr 2019 aussieht.
Da wusste ich noch nicht, dass Herr Müller zusammen mit Herrn Saleh die Gelegenheit einer Fraktionsklausurtagung nutzt, um einfach noch mehr Wahnsinn zu schaffen und das, was er selbst als Verkehrssenator an Scherben und Wahnsinn zu verantworten hat, einfach den Grünen vor die Füße zu kippen. Ich hätte es mir nicht vorstellen können.
Das war für mich Anlass, mir noch einmal den vom Senat im Dezember 2016 verabschiedeten Koalitionsvertrag anzuschauen. Als der Senat im Dezember 2016 angetreten ist, gab er sich das Leitmotiv „Gutes Regieren“.
Wir wollen zeigen, dass dieser Aufbruch einen Wandel zum Besseren erlaubt, auch wenn nicht alles anders werden wird. Wir wollen Brücken bauen, wo Zerrissenheit unser Gemeinwesen gefährdet. Wir wollen in die Zukunft investieren.
So steht es in Ihrem Koalitionsvertrag. – Was für die Berliner eher nach Grimms Märchen klingt, wie ich es finde, ist allerdings Ihre Präambel im Koalitionsvertrag, in der Sie sagen, dass Sie das Gemeinwesen nicht durch Zerrissenheit gefährden und in die Zukunft investieren
wollen. Bisher stehen wir nur auf den Bahnhöfen, und die Zukunft macht keinen Halt auf den Bahnhöfen, weil eben nicht genug Waggons in der letzten Legislaturperiode auch im Rahmen Ihrer Verantwortung beschafft worden sind.
Wer sich das anschaut, der muss sich doch die Frage stellen: Wenn das für Sie gutes Regieren ist, was wir derzeit in Berlin erleben, wenn das wirklich gutes Regieren im Sinne einer funktionierenden Stadt ist – was machen Sie eigentlich, wenn Sie es mit Berlin schlecht meinen?
Dieser Senat ist leider an Missgunst, Streitereien, Querelen, Ahnungslosigkeit und Realitätsverweigerung oft nicht zu übertreffen. Es gibt überhaupt kein Politikfeld in dieser Stadt, wo Sie nicht scheitern – so der Eindruck vieler Berlinerinnen und Berliner. Die Probleme der BVG sind, wie ich eingangs sagte, ja auch keine plötzlich aufgetretenen Phänomene. Ich will daran erinnern: Jahreslanges Missmanagement, Unterfinanzierung und Ihre Ideenlosigkeit haben dazu geführt, dass die Berlinerinnen und Berliner vor verschlossenen Türen stehen oder im Augenblick gar nicht mehr in die U-Bahn hineinkommen. Das ist die Grundlage, und deshalb müssen wir heute darüber sprechen.
Herr Müller! Das Amt des Regierenden Bürgermeisters erfordert mehr, finde ich. Es erfordert Leidenschaft, ein Verantwortungsgefühl für die Belange unserer Stadt, Pragmatismus und Stil. Ich finde, dass Sie im Augenblick das personifizierte Umfragetief der Sozialdemokratie sind. Deshalb glaube ich, ist es wichtig, dass Sie zuallererst das Lenkrad wieder in die Hand nehmen und im Rahmen der Vielstimmigkeit in dieser Koalition die Verantwortung übernehmen, das Konzert dieser Vielstimmigkeit zu dirigieren. Wenn Sie sich dazu nicht in der Lage fühlen, wird das die realen Auswirkungen auf die Berlinerinnen und Berliner haben, die sie jeden Morgen, wenn sie zur Arbeit fahren, derzeit in der Stadt erleben. Das ist Ihre Verantwortung.
Nun kann man ja sagen, dass das für Sie hinnehmbar ist. Für uns ist das nicht hinnehmbar, auch nicht, dass in dieser Koalition jeder mit einer anderen Stimme spricht. Es ist schon gar nicht hinnehmbar, dass in dieser Koalition jeder sein eigenes Projekt hat. In Ihrem Koalitionsvertrag haben Sie die Verabredung getroffen, gemeinsame Leitlinien für die Stadt zu entwickeln und sich gemeinsam über diese Leitlinien auszutauschen.
Das erleben wir bei der BVG so gar nicht. Das erleben wir nicht, wenn es darum geht, den Personalnotstand bei der BVG abzustellen. Das erleben wir nicht, wenn es
darum geht, innovative Lösungen für die BVG in dieser Stadt umzusetzen, damit wir uns nicht vom Schienenersatzverkehr zur Verspätung oder Zugausfällen hangeln. All das erleben wir im Augenblick nicht.
Was erleben wir stattdessen? – Wir erleben stattdessen, dass Sie die Klausurtagung am Jahresanfang nutzen, um sich gegenseitig Vorwürfe zu machen, die den Berlinerinnen und Berliner überhaupt nichts bringen. Das ist ganz schlechter Stil, und im Ergebnis fährt keine Bahn pünktlicher. Es ist kein Bus mehr in dieser Stadt unterwegs, und am Ende des Tages findet Ihre Verkehrspolitik immer nur innerhalb des S-Bahnrings statt, anstatt einmal darüber nachzudenken, den „BerlKönig“ auch einmal in den Berliner Randbezirken einzusetzen, denn auch da gibt es Bedürfnisse.
Auch da ist die letzte Meile von größter Relevanz, und auch da wäre es gut, wenn wir diese Lücke schließen könnten.
Ich kann Sie nur auffordern, an dieser Stelle klar zu handeln und dafür zu sorgen, dass wir in Berlin die Mobilitätskrise endlich beenden und das Richtige tun, was notwendig ist, dass wir in Berlin nicht diese Streitigkeiten der Koalition weiter ertragen müssen, die dazu führen, dass die Berliner im Stau stehen, dass die BVG nicht vorankommt und dass am Ende des Tages in dieser Stadt der Stau weiterhin im Rathaus geplant wird.
Ich will daran erinnern: Es waren die Grünen, die angetreten sind und mit großer Wichtigkeit das Mobilitätsgesetz in die Debatte gebracht haben. – Was ist denn, Frau Günther, nach zwei Jahren übriggeblieben außer einem umlackierten grünen Fahrradweg in der Stadt? – Nichts ist übriggeblieben, überhaupt gar nichts!
Ich verstehe den Unmut bei den Grünen, in Ihren eigenen Reihen. Ich verstehe das. Die Erwartungen waren groß. Geliefert haben Sie nichts außer einem grünen umlackierten Fahrradweg in der Stadt, der im Übrigen auch den Fahrradfahrern bei den Herausforderungen, die es im öffentlichen Straßenverkehr aktuell gibt, nicht weiterhilft.
Deshalb kann der Appell nur der sein, den auch zahlreiche Initiativen und Verbände derzeit formulieren. – Herr Müller! Wir haben es am Anfang dieser Woche erlebt, wo Ihnen im Roten Rathaus vom Handelsverband BerlinBrandenburg die Leviten gelesen wurden, wo Sie noch einmal deutlich den Hinweis erhalten haben, dass es kurz vor Spitz, kurz vor Schluss ist, dass wir in dieser Stadt handeln müssen. Es geht vor allem darum, wenn es kurz vor Zwölf ist, Entscheidungen herbeizuführen. Es ist längst nicht mehr der Handelsverband, der Sie kritisiert.
Der VBKI kritisiert die Politik in dieser Stadt. Die IHK zeigt die Gefahren auf. Die Lufthansa benennt Ihre gescheiterte Flughafenpolitik. Die Gewerkschaften protestieren gegen Ihre Beschlüsse. Der CEO von Google ist fassungslos. Er ist fassungslos über die Berliner Standortpolitik. Selbst Ihre eigene grüne Fahrradlobby steigt Ihnen mittlerweile langsam, aber beständig auf das Dach. Merken Sie noch etwas?