Protocol of the Session on September 12, 2019

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[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion der SPD hat das Wort der Abgeordnete Schopf. – Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Lindemann! Es ist zunächst begrüßenswert, dass Sie die aktuellen Bemühungen der SPD-Fraktion zum Thema UBahnverlängerung auch zur Kenntnis genommen haben und nun in zwei Anträgen aufgreifen. Allerdings haben Sie es sich mit Ihren beiden Anträgen recht einfach gemacht. Die Antragsbegründung ein knapper Vierzeiler, die Thematik ist inhaltlich schwach: Berlin, eine wachsende Stadt, deswegen müsse mehr ausgebaut werden. – Gratulation, Chapeau! Auf diese Idee, auf diese Erkenntnis wären wir allein nicht gekommen.

[Beifall bei der SPD]

Im Übrigen, Her Lindemann, fragen Sie doch mal Ihre Kollegen vor Ort im Märkischen Viertel, was die da eigentlich haben wollen. Die wollen ja gar keine U-Bahn haben, die favorisieren eine Seilbahn. Also, was soll denn nun gebaut werden: Seilbahn, U-Bahn?

[Zuruf von der AfD: U-Bahn!]

(Gunnar Lindemann)

Tja! Aber ernsthaft, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir als SPD-Fraktion beschäftigen uns wesentlich länger und differenzierter mit diesem Thema. Wie Sie der Presse entnommen haben, priorisieren wir in einem Antrag die Verlängerung von drei U-Bahnstrecken, die aus unserer Sicht einen großen verkehrspolitischen Effekt haben und die sich aufgrund gegebener Vorleistungen in vergleichsweise kurzer Zeit realisieren lassen. Das ist zum einen die Verlängerung der U 8 ins Märkische Viertel, das ist zum anderen die Verlängerung der U 2 vom Bahnhof Pankow nach „Pankow Kirche“ und der Lückenschluss zwischen den Bahnhöfen Krumme Lanke und Mexikoplatz. Und Herr Lindemann, hören Sie zu, wir haben uns ebenso Gedanken gemacht, wo genau im Märkischen Viertel die U 8 sinnvollerweise enden soll, nämlich beim künftigen Haltepunkt der Heidekrautbahn am Wilhelmsruher Damm. Und mit der U-2-Verlängerung treten wir dem Dauerstau von Straßenbahnen und Bussen am Bahnhof Pankow und auf der Berliner Straße entgegen. Und der Lückenschluss Krumme Lanke – Mexikoplatz schafft eine Auslastung der U 3 durch die Verknüpfung mit der S-Bahn und entlastet vor allem den Umsteigepunkt Rathaus Steglitz.

Wie Sie sehen, wir haben hier konkrete Vorstellungen. Wenn Sie all das ebenso unterstützen können, dann bin ich gespannt, ob Sie unserem Antrag, der sich aktuell in der Abstimmung mit den Koalitionspartnern befindet, zustimmen.

[Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Ich weiß aber auch, dass es einige Bedenkenträgerinnen und Bedenkenträger in diesem Hohen Haus bezüglich des U-Bahnausbaus gibt.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Bei uns nicht!]

Wir müssen heute die Weichen für die Zukunft stellen.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Woldeit?

Nein! – Dazu gehört für uns, die Verlagerung des Straßenverkehrs auf die Schiene, und ein gezielter Ausbau von einzelnen U-Bahnlinien wird den Straßenbahnausbau nicht behindern, ganz im Gegenteil. Im Berliner Mobilitätsgesetz haben wir gerade deshalb vereinbart, dass wir uns für gleichwertige Mobilitätsangebote in allen Teilen unserer Stadt einsetzen, und das nicht nur innerhalb des S-Bahnringes, und genau das ist unser Ziel. Wir müssen ein öffentliches Angebot auf die Straße und Schiene bringen, das so leistungsstark, zuverlässig, barrierefrei und preiswert ist, wie es die Fahrgäste von morgen und übermorgen benötigen.

[Beifall bei der SPD]

Dafür gibt es kein entweder Straßenbahn oder U-Bahn, sondern ein sowohl als auch.

[Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Die Lösung liegt für mich nicht ausschließlich im Bau von neuen Straßenbahnlinien, sondern in einem intelligenten Ausbau des U-Bahnnetzes in Kombination mit dem Ausbau von Straßenbahnlinien.

[Beifall bei der AfD]

Studien belegen, dass jede Berlinerin, jeder Berliner pro Tag ca. 20 Kilometer Wegstrecke zurücklegt. Diesem Fakt müssen und werden wir mit einem zukunftsweisenden Verkehrskonzept gerecht werden müssen. Hier die U-Bahn in Zeiten voller Kassen auszuklammern, zumal auch 60 Prozent der Kosten vom Bund getragen wurden, ist aus meiner Sicht fatal.

[Beifall bei der SPD – Zurufe von der AfD: Richtig!]

Man überlege sich einmal, vor welchen Problemen wir in Berlin stünden, wenn dies bereits unsere Vorfahren so gesehen hätten.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Völlig richtig!]

Wenn andere europäische Städte auf den Ausbau des U-Bahnnetzes setzen, dann dürfen wir nicht hinten anstehen und einen Sonderweg gehen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Dann müssen Sie die Koalition wechseln!]

Urbane Mobilität bedeutet mehr als nur Auto und Straßenbahn; von Paris über Hamburg bis Wien wird dies überdeutlich. Lassen Sie uns daher vor sinnvollen und notwendigen verkehrlichen Maßnahmen nicht einfach die Augen verschließen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD]

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Abgeordnete Friederici. – Bitte schön!

[Zuruf von der CDU: Jetzt kommt die richtige Antwort!]

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ob diesen großen hehren Worten des Sozialdemokraten Tino Schopf auch Taten folgen werden in dieser rot-rot-grünen Koalition bezüglich eines großen

U-Bahnausbauprogramms, da setze ich mehr als Zweifel an. Bislang haben Ihre Koalitionspartner eher abwertend, abweisend oder mit Unverständnis auf Ihre U-Bahnplanung, die ich nachvollziehen kann für die CDU-Fraktion, reagiert. Ich glaube, lieber Herr Schopf, da passiert gar

(Tino Schopf)

nichts mehr in dieser Koalition bis zu den nächsten Wahlen spätestens 2021. Es ist gut gebrüllt, Herr Schopf, aber ich glaube, davon wird nichts umgesetzt werden. Ich komme gleich im Einzelnen dazu.

Aber zunächst einmal setze ich mich mit dem Antrag und dem Redner der AfD auseinander. Herr Lindemann! Erst einmal rein formal: Wir stimmen heute nicht darüber ab. Wir überweisen in den Ausschuss. Deswegen erübrigt sich die Fragestellung oder der Aufruf zuzustimmen. – Zweitens: Die Anträge haben zwar einen gewissen Charme, sie sind aber nicht neu. Zumindest die CDU, aber ich weiß, auch die FDP, fordert beides mindestens schon seit Mitte der Neunzigerjahre. Insbesondere der Ausbau der U 8 ist durch den örtlichen Wahlkreisabgeordneten Michael Dietmann,

[Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

der im Gegensatz zur subjektiven Wahrnehmung des SPD-Abgeordneten Herrn Stroedter, der der Meinung ist, er wäre nicht präsent, sehr umfangreich die Wahlkreisarbeit vertieft hat, vertreten worden, damit gerade ins Märkischen Viertel die U-Bahn hingeführt wird. Der Union ist es in diversen Koalitionen und unter den Regierenden Bürgermeistern Eberhard Diepgen und Klaus Wowereit und später Michael Müller nicht gelungen, die SPD davon zu überzeugen, endlich mit der U 8 bis zum Märkischen Viertel zu kommen. Sie kommen aus Reinickendorf. Jetzt fragt sich keiner mehr, wer hier versagt hat. Ich glaube, Sie als Sozialdemokrat sollten sich jetzt angesprochen fühlen.

Wir haben uns in der CDU-Fraktion schon sehr lange darüber Gedanken gemacht, wie wir – und da kann man fast die Worte des Abgeordneten Schopf übernehmen – als wachsende Stadt mit dem Verkehr leistungsfähig umgehen müssen. Natürlich ist es kein Fortschritt, in der Leipziger Straße den Verkehr mit einer Straßenbahnlinie zu blockieren, so wie die Koalition es unisono vorhat, und stattdessen nichts Weiteres im öffentlichen Nahverkehr in Berlin ernsthaft zu erwägen.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Auch die Anbindung des Hauptbahnhofs zur Turmstraße oder zur U 9 mit einer Straßenbahn kann nicht Ihr Ernst sein.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Der Hauptbahnhof muss in nordwestlicher Richtung an die U-Bahn angebunden werden. Nichts von Ihnen hören wir dazu. Wichtig ist übrigens auch die Verlängerung der U-Bahnlinie 7 zum Flughafen BER. Sie wollen ernsthaft im Zehnminutentakt mit dem X 11 aus Rudow dort hinfahren. Das ist Ihr Konzept des öffentlichen Nahverkehrs der BVG. Sie fahren auch mit der S-Bahn da hin, haben aber noch nicht gesagt, wie Sie mit der S-Bahn da hinkommen wollen, denn Sie haben ja noch keine neuen Fahrzeuge. Das wird nicht so klappen, wie Sie sich das vorstellen.

[Zuruf von Paul Fresdorf (FDP)]

Die Dresdener Bahn haben Sie auch auf die lange Bank geschoben. Da passiert auch nichts, also bleibt nur die UBahn. Wenn man die oberirdisch baut, geht das relativ schnell. Sie müssen den Bund davon überzeugen und mit solchen Maßnahmen und Initiativen die Menschen in der Bundespolitik, die dort Verantwortung tragen, von Berlin überzeugen und nicht mit solchen schwachsinnigen Sachen wie dem solidarischen Grundeinkommen des Regierenden Bürgermeisters. Sonst hört man ja nichts von ihm. Aber so etwas ist Zukunft und Wachstum für die Stadt und bildet auch einen leistungsfähigen öffentlichen Nahverkehr ab, und dann fahren die Leute auch mit der BVG und S-Bahn und eben nicht mehr mit dem Auto.

[Beifall bei der CDU]

Wichtig ist natürlich auch die Verlängerung der U-Bahn von der Warschauer Brücke zum Ostkreuz. Die S-Bahn auf der gleichen Strecke ist komplett überlastet. Sie braucht dringend Entlastung. Natürlich müssen wir die Verlängerung von der Krummen Lanke zum Mexikoplatz machen – das sage ich Ihnen auch als SteglitzZehlendorfer –

[Beifall von Stephan Standfuß (CDU)]

und selbstverständlich auch die Verlängerung der U 9 vom Rathaus Steglitz über Lankwitz zum Tirschenreuther Ring nach Marienfelde.

[Beifall von Roman Simon (CDU)]