Protocol of the Session on January 30, 2020

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Durch die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern im B-Planverfahren gab es dann auch den richtigen Zeitpunkt für eine Aktualisierung im gesetzlichen Verfahren; was für ein Glück! Die Folge war dann die Änderung der Planungsziele des Landes und am Ende ein weit besseres Ergebnis – zumindest so weit wir das herausholen konnten –, auch wenn die CDU das immer noch nicht einsehen kann.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Inzwischen gibt es mehr Wohnungen, und hier ist auch der richtige Ort dafür, denn grundsätzlich muss Wohnen für alle Berlinerinnen und Berliner an allen Orten von Berlin möglich sein. Wer No-Living-Areas in Berlin will, hat Berlin einfach nicht verstanden. Es wäre respektlos zu sagen: Das geht hier nicht; da sind so viele Touristinnen und Touristen! – Es gibt ganz viele Orte, für die sich genauso viele Touristinnen und Touristen interessieren. Ich wohne zum Beispiel ganz in der Nähe des Mauerparks. Das mögen zwar im Jahr nur drei Millionen Touristinnen und Touristen sein, die dahin kommen. Es sind aber immer noch verdammt viele und dann auch noch sehr stark konzentriert am Wochenende, am Sonntag. Trotzdem fände ich es absurd, wenn man mir sagen würde, das sei kein schöner Ort zum Leben und das hätte keine Lebensqualität.

Genauso ist es mit dem Checkpoint Charlie: Da ist zwar tagsüber wirklich viel los. Es gibt aber einen anderen großen Vorteil, den viele ignorieren: Da werden abends nämlich die Bürgersteige hochgeklappt; um 20 Uhr ist da

(Ronald Gläser)

die totale Ruhe. Das ist eine Qualität, die manche Berlinerinnen und Berliner sicher zu schätzen wissen werden, die es möglicherweise auch nicht so schlimm finden, dass da tagsüber Halligalli ist.

Wir bekommen jetzt auch einen Erinnerungs- und Gedenkort. Die Gestaltung, und da weiß die AfD-Fraktion wohl mehr als wir, ist noch Aufgabe der Kulturpolitik. Da gehen die Vorstellungen noch stark auseinander zwischen alles zubauen und eine ganz freie Fläche erhalten. Es bleibt aber auf jeden Fall spannend an einem der spannendsten Orte der neueren deutschen Geschichte.

Am Ende werden wir hier einen Raum schaffen, an dem sich einerseits die Touristinnen und Touristen wohlfühlen und andererseits ihr Bedürfnis nach Informationen über die historischen Ereignisse in Berlin und speziell an diesem Ort auf hohem Niveau, und das ist wichtig, befriedigt wird. Gleichzeitig, und auch das war für mich von Anfang an zentral, muss der Checkpoint Charlie wieder ein Lebensraum für die Berlinerinnen und Berliner sein, mit Wohnen und Infrastruktur. Nur mit dieser Kombination gewinnen wir diesen wertvollen Ort zurück.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Der Bebauungsplan ist ein realistischer Kompromiss. Klar kann man sich immer noch mehr vorstellen, aber die Verhältnisse sind, wie sie sind. Wir haben das Bestmögliche aus den Fehlern der Vergangenheit gemacht und wirklich etwas für Berlin herausgeholt. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Förster das Wort.

Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat brauchen wir uns, was die Vorgeschichte betrifft, nicht noch gegenseitig zu überzeugen: Wenn man vor 25 Jahren gewusst hätte, dass dort in einem Vierteljahrhundert nichts passiert, dass dort eine große Brache liegt, ein ungeordneter und unwürdiger Zirkus stattfindet und das Gelände ungeordnet vor sich hinvegetiert, hätte man das Grundstück damals nicht verkaufen müssen. Das ist klar. Das kann man an der Stelle auch noch einmal feststellen, es ist aber eigentlich auch verschüttete Milch, was die weitere Entwicklung betrifft. Wir können es aber gerne noch mal zu Protokoll geben.

[Beifall bei der FDP]

Wenn man der Auffassung ist, dass der jetzige Zustand, wie er sich dort manifestiert, der schlechteste von allen ist, ist es auch sinnvoll und vernünftig, eine geordnete

städtebauliche Entwicklung an diesem Punkt anzugehen. Eine städtebauliche Entwicklung mit Respekt vor dem historischen Ort, im Bewusstsein um die Weltgeschichte, die sich dort abgespielt hat, durchaus auch, indem man dort Zeitzeugen sichtbar werden lässt oder sichtbar bleiben lässt – man denke an die jetzt denkmalgeschützten Brandwände, die auch einen historischen Meilenstein markieren –, aber eben auch, indem man dort Bebauung zulässt, die diesem Ort entspricht, indem man ein Museum einrichtet, und ja, indem man dort auch einen großstädtischen Ort entstehen lässt. Das schließt sich nicht aus – eine vernünftige Bebauung und würdevolles Gedenken sind kein Widerspruch, auch nicht am Checkpoint Charlie, um das ganz deutlich zu sagen.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Dr. Hans-Christian Hausmann (CDU)]

Insofern ist die Frage des Museums, das sicherlich ein wichtiger Bestandteil ist, das kleinste Problem. Frau Hildebrandt kann ihr Museum betreiben; das nimmt ihr keiner weg, es ist ein privates Museum. Hingegen fehlt eine umfassende Darstellung der Geschichte des Kalten Krieges und der deutschen Teilung an diesem Ort, und die Frage, wer das betreibt, ist noch nicht entschieden. Ich könnte mir zum Beispiel die Stiftung Berliner Mauer wie an der Bernauer Straße vorstellen, die exzellente Arbeit macht. Es ist aber eine Frage, die zu gegebener Zeit zu entscheiden ist, in welcher Trägerschaft das durchgeführt wird. Dass wir dort aber noch ein zusätzliches Museum als Angebot haben wollen, ist, glaube ich, vernünftig und sinnvoll.

Wenn man sich den Bebauungsplan an dieser Stelle anguckt, bleibt er an einigen Stellen hinter dem zurück, was möglich gewesen wäre; darauf hat die Kollegin Spranger hingewiesen, und da bin ich auch weitgehend bei ihr. Deshalb wird es bei uns am Ende auch nur zu einer Enthaltung kommen. An so einem gesamtstädtisch bedeutenden Ort kann man durchaus mutiger und höher bauen. Man kann dort auch in die Höhe bauen, man kann eine wegweisende Architektur einsetzen, und deshalb sage ich für unsere Fraktion ganz klar: Wir können auch mit deutlich höherer Bebauung leben, wenn sie angepasst und des Ortes würdig ist. Daher kann man da auch Hochhäuser zulassen, um das ganz klar zu Protokoll zu geben.

[Beifall bei der FDP]

Ich werfe mich auch nicht für oder gegen ein Hotel in die Bresche, zumal im Umfeld einige Hotels existieren. Ich sage aber auch: Dazu hätte man nun nicht den sonst so geschätzten Kollegen Brendgens, einen Referenten der Linken, gebraucht, der offenbar den Gesetzentwurf geschrieben hat, wie Frau Gennburg hier gesagt hat, um ein Hotel auszuschließen.

[Katalin Gennburg (LINKE): Nee, nee, nee!]

Da haben wir andere Probleme, und insofern sollte man sich vielleicht auf die wesentlichen Eckpfeiler konzentrieren.

(Daniela Billig)

[Beifall bei der FDP]

Die wesentlichen Eckpfeiler sind, ich wiederhole es gerne noch mal: Die Brache an der Stelle muss verschwinden. Es muss eine vernünftige und angepasste Bebauung entstehen. Das Museum ist ein wichtiger Bestandteil, und man kann an der Stelle gerne auch größer und höher bauen. Was wir aber ganz klar nicht wollen, und auch da bin ich bei Frau Kollegin Spranger: Gerade weil der Bebauungsplan ja nun genaue Vorgaben macht, was man will und was man nicht will, ist es geradezu absurd darüber zu diskutieren, ob das Land Berlin noch mal 100 Millionen Euro in die Hand nehmen sollte, um dort Grundschulden abzulösen und das Grundstück zu kaufen, wo ein privater Bauherr genauso an die Vorgaben eines Bebauungsplans gebunden ist wie jede öffentliche Gesellschaft, die dort bauen würde. Da würden mir für 100 Millionen Euro deutlich bessere Zwecke einfallen, gerade auch in Zeiten, wo das Geld vielleicht mal nicht mehr ganz so reichlich fließt. Wir haben schließlich noch 57 Milliarden Euro Altschulden.

Also: Man kann den Checkpoint Charlie sinnvoll bauen, man kann ihn auch gerne großstädtischer bebauen, aber man muss das Grundstück weiß Gott nicht wieder zurückkaufen. Das können auch Private entwickeln. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu der Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/2375 Neu empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich – gegen die Fraktion der CDU und die AfD-Fraktion sowie bei Enthaltung der Fraktion der FDP – die Annahme. Wer die Vorlage annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? – Das sind die CDU-Fraktion und die AfDFraktion. Bei Enthaltung der FDP-Fraktion ist die Vorlage angenommen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.2:

Priorität der Fraktion der CDU

Tagesordnungspunkt 42 B

IT-Desaster am Berliner Kammergericht: Aufklärung durch unabhängigen Sonderbeauftragten sicherstellen

Dringlicher Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/2456

In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU und hier der Kollege Rissmann. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Schlüsselburg! Lieber Herr Kohlmeier! Wir müssen uns heute mit einem dringlichen Antrag an Sie und an das Parlament wenden, weil wir der Meinung sind, dass wir als Berliner Abgeordnetenhaus nicht weiter zuschauen dürfen,

[Holger Krestel (FDP): Lauter!]

wie der mutmaßlich größte und gefährlichste Hackerangriff auf die Berliner Justiz-IT unaufgeklärt und ohne erkennbare Schlussfolgerung bleibt. Wir müssen feststellen, dass unser Berliner Kammergericht als höchstes ordentliches Berliner Gericht hinter allen anderen Gerichten in Deutschland zurücksteht, was Modernität und Digitalisierung angeht. Man kann den Eindruck haben, wenn ich es zugespitzt formulieren sollte, dass das Kammergericht sich auf dem digitalen Niveau befindet, in dem es einst war, als es vor unterdessen 552 Jahren gegründet wurde. Das ist nicht witzig, das ist traurig, und es ist bis heute vor allem vollkommen unklar, was im September 2019, vor also vier Monaten, geschah.

Ein erst durch mediale Berichterstattung bekannt gewordenes Gutachten führt unter anderem aus, ich zitiere: Einem motivierten Angreifer wäre es möglich gewesen, diese Infrastruktur – damit sind Mängel in der ITInfrastruktur des Kammergerichts gemeint – auszunutzen, um fast jedes Gerät zu infizieren. Eine vollumfängliche Analyse konnte darüber bislang nicht durchgeführt werden, weil die Kosten dafür zu hoch erschienen.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Friederici?

Unbedingt!

Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Abgeordneter! Wie bewerten Sie nach Ihrer Schilderung über die Vorfälle in dem Zusammenhang das Auftreten des Senators gestern im Fachausschuss dazu?

Herr Kollege Friederici! Man könnte fast glauben, dass die Frage abgestimmt ist, da sie nämlich sehr gut auf das hinführt, worauf ich gleich kommen will. Dazu erlauben Sie mir, dass ich noch ein weiteres Zitat bringe. In diesem Gutachten, auf das ich noch eingehen muss, heißt es

(Stefan Förster)

nämlich, es liege ein schwerwiegender Fall einer Infektion mit nicht abzuschätzenden Folgen für das Netzwerk, die Systeme und Daten des Kammergerichts vor. Und später schreiben die Gutachter – Zitat:

Wir weisen … ausdrücklich darauf hin, dass ein Angreifer höchstwahrscheinlich in der Lage gewesen ist, einen verborgenen Account anzulegen und den gesamten Datenbestand des KG zu exfiltrieren und zu manipulieren …

Lieber Kollege Friederici! Diese Zitatenreihe ist nicht nur dramatisch, sondern sie ließe sich qualitativ und quantitativ fortsetzen. Diese Erkenntnisse stehen, lieber Kollege Friederici, in einem klaren Widerspruch zu den Aussagen des Senators Behrendt, der im Oktober 2019 im Rechtsausschuss wörtlich sagte: