Protocol of the Session on March 11, 2021

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[Beifall bei der CDU und der FDP]

Es fällt auf, dass die bisher noch in Berlin regierende Koalition aus SPD, Linken und Grünen in dieser Zeit der laufenden Wahlperiode aber auch nicht ein einziges Projekt des öffentlichen Nahverkehrs vorangetrieben hat. Die BVG hat Elektrobusse gekauft, nachdem sie dringlich darum gebeten hatte, dass der Senat, wenn er das schon gern will, diese auch finanziert. Wir haben festzustellen, dass mit der Eröffnung der U 5 im letzten Jahr, im Dezember 2020, das erste Mal seit Kriegsende das UBahnausbauprogramm in Berlin zum Erliegen gekommen ist dank Rot-Rot-Grün.

[Stefanie Remlinger (GRÜNE): So ein Quatsch!]

Es gibt jetzt zunächst einmal eine geplante Machbarkeitsanalyse und eine Nutzen-Kosten-Analyse, die das bis zum Wahltermin verzögern soll.

(Tino Schopf)

[Zuruf von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

Und jetzt kommen die Koalitionäre, die auch hier dazwischenrufen. – Frau Remlinger, ich weiß, Sie kommen nicht aus Berlin, Sie können da nicht so ganz mitreden, denn Sie wollen die Verzwergung, die Verkleinerung, die Verengung dieser Stadt als Baden-Württembergerin, auch als Grünen-Partei hier vorantreiben.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Roman Simon (CDU)]

Ich sage es Ihnen gleich, wir sind eine Stadt mit 3,6 Millionen Einwohnern, wir können es nicht mit Lastenfahrrädern und Holzfahrrädern in dieser Stadt richten.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Wir brauchen neue innovative Verkehrskonzepte, den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, übrigens nicht nur in der Innenstadt, wo Sie Ihre Wählerschichten haben, sondern wir brauchen ihn in der ganzen Stadt, wir brauchen ihn nach Brandenburg, aber das ist Ihnen in dieser Koalition ja egal. Deswegen sage ich Ihnen ganz deutlich: Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs muss in Berlin Priorität haben. Der Ausbau, die Schaffung von Seilbahnen, so wie sie beispielsweise – –

[Zuruf von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

Hören Sie doch erst mal zu, stellen Sie bitte Fragen! Das wäre für mich eine willkommene Gelegenheit, es Ihnen noch mal zu erklären. – Ich fange den Satz noch mal an. Sie brauchen es offensichtlich. Also der Ausbau eines Seilbahnnetzes, so wie es beispielsweise in La Paz gemacht worden ist, mit einem 30-Kilometer-Netz zur Verbindung diverser Teile dieser Stadt, oder wie sie seit 1976 in New York von Roosevelt-Island nach Manhattan führt, zeigt doch an beredten Beispielen, wie sinnvoll, notwendig und erfreulich, entlastend für den öffentlichen Nahverkehr eine Angebotserweiterung im öffentlichen Nahverkehr sein kann.

Ich bin dem sozialdemokratischen Redner ausdrücklich dankbar, dass er noch einmal kurz die Genese in Erinnerung gerufen hat. Das war ja nicht nur, um uns darzustellen, dass die Koalition und der Senat etwas machen, das war ein Ausrufezeichen, dass der Senat beim Thema Seilbahn endlich loslegen soll. Ich bin sehr gespannt, was die anderen Koalitionsfraktionen jetzt sagen werden, ob sie sich klar dazu bekennen, dass wir in Berlin ein neues öffentliches Verkehrsmittel, nämlich die Seilbahn, einführen.

[Zuruf von Antje Kapek (GRÜNE)]

Entschuldigung! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Bangert zulassen.

Sehr gerne!

Herr Friederici! Habe ich Sie gerade richtig verstanden, dass Sie meiner Kollegin, die das gleiche Herkunftsland hat wie ich, unterstellt haben, dass sie es nicht beurteilen könne, was für Berlin gut und richtig ist? Nur mal als Nebenbemerkung: Wir beide kommen aus einem Bundesland, das bei technischen Innovationen sehr weit vorne liegt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von der AfD]

Da haben Sie völlig recht, Frau Bangert, vor allem beim Automobilbau und im Automobilzuliefererbereich ist Baden-Württemberg führend in Deutschland. Diese Automobilindustrie haben Sie hier in Berlin u. a. auch schon kleingekriegt, deswegen bin ich dafür sehr dankbar.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Ich gehe darauf ein, Ihre Behauptung, diese Unterstellung gegen die Kollegin habe ich so nicht genannt. Ich habe nur gesagt, dass ihre Herkunft, ihre Heimat, aus der sie kommt, immer wieder bei ihrem politischen Handeln durchschimmert.

[Zuruf von Stefan Förster (FDP)]

Sie wollen die Verzwergung, die Verkleinerung nach dem Vorbild Ihrer kleinen ländlichen Gemeinden in Baden-Württemberg, aus denen Sie vereinzelt kommen. Ich sage Ihnen ganz einfach, bei 3,6 Millionen Einwohnern in Berlin ist das kein Erfolgsrezept.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von den GRÜNEN]

Wir müssen hier jeden Tag bei der U-Bahn 1 Million Menschen, beim Bus 1 Million Menschen, bei der S-Bahn über 1 Million Menschen und bei der Straßenbahn mehr als eine halbe Million Menschen transportieren, und das funktioniert nicht mit der Verkleinerung von Verkehrsflächen, mit dem Ablehnen weiterer neuer öffentlicher Angebote im Nahverkehr und mit dem Hass auf Autos. Es wird mit Rädern, mit Lastenfahrrädern, mit Holzfahrrädern nicht reichen. Deswegen rufe ich dazu auf, sich auch mal neuen Ideen zu widmen. Und da ist die Idee, ein neues Netz mit Seilbahnen, eine probate Idee. Ich sage Ihnen, 1976 in New York,

[Zuruf von Antje Kapek (GRÜNE)]

2013 in La Paz in Bolivien ist das erfolgreich eingeführt worden, bis heute, und alle überlegen, das zu erweitern. Nur bei Rot-Rot-Grün geht es mal wieder nicht voran, wie eigentlich gar kein Projekt bei Ihnen vorangeht. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Für die Fraktion Die Linke hat nunmehr der Abgeordnete Ronneburg das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte unabhängig von der Rede, die ich nun halten werde, noch etwas zu Beginn sagen, und zwar möchte ich zurückweisen, dass hier im Abgeordnetenhaus tatsächlich von einer Fraktion behauptet wird, es gebe sozusagen Berlinerinnen und Berliner, die ein natürliches Anrecht hätten, hier bei Angelegenheiten mitzusprechen, die einem öffentlichen Diskurs anheimfallen, wie wir unsere Stadt weiter voranbringen, und Menschen, die es nicht könnten, weil sie hier nicht geboren wären oder hier erst seit einigen Jahren oder Monaten leben würden. Das weise ich ganz klar zurück. Wir stehen als rot-rot-grüne Koalition dafür, dass alle mitreden können,

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

egal ob gebürtige Berlinerinnen und Berliner oder Menschen, die zu uns gezogen sind, egal aus welchem Bundesland oder aus welchem Land auch immer. Das mal als Vorrede!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Eines möchte ich auch noch sagen: Ich finde es äußerst bedauerlich, Herr Friederici, dass Sie so unaufmerksam sind, wenn es um die Beobachtung der politischen Landschaft in Berlin geht, denn Ihre Behauptung, Rot-RotGrün würde sich gar nicht für das Seilbahnthema interessieren – da frage ich mich wirklich, welchen Nachrichtenspiegel Sie morgens lesen. Es ist wahrscheinlich nicht der für Berlin, denn wir haben in der Stadt sehr engagierte Diskussionen über das Thema Seilbahn. Ich komme aus einem Bezirk, wo wir eine Seilbahn haben, natürlich aktuell die einzige Seilbahn in Berlin. Wir hatten auch mal in den Fünfziger-/Sechzigerjahren einige Beispiele für Seilbahnen. Auch Bürgermeister haben sich hervorgetan, die Diskussion voranzubringen. Insofern ist das nicht zutreffend.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Ich möchte allerdings noch einen anderen Einstieg in die Antragsdiskussion wählen, denn wir beziehen uns hier auf einen Aufschlag der FDP. Da stelle ich erst einmal fest, dass ich Herrn Schmidt und der FDP-Fraktion für diesen Aufschlag auch dankbar bin, denn wir als Fraktion sind durchaus der Auffassung, wir sollten über Seilbahnen als Verkehrsmittel reden. Die erhofften Vorteile wurden schon genannt. Ich möchte Sie noch einmal in Kürze wiedergeben: relativ niedrige Baukosten, schnelle Bauzeiten, geringer Flächenverbrauch und natürlich die

Ausrichtung darauf, das einfache Kreuzen von größeren Hindernissen in der Stadt zu ermöglichen. Diese Vorteile liegen auf der Hand, auch die Skalierbarkeit der Leistung. Wenn wir z. B. daran denken, wie unkompliziert das Zu- und Anhängen von Gondeln erfolgen kann, und auch die Wiederverwendung der Seilbahn spricht für dieses Verkehrsmittel.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Aus unserer Sicht gehört auch die Diskussion dazu, wie wir die Seilbahn in den Nahverkehr integrieren können. Es gibt viele Beispiele aus Deutschland. Wir müssen gar nicht mal so weit gucken, La Paz, alles schön, aber wir können doch einfach mal hier kurz schauen, was in anderen Städten gerade geplant wird. Gucken Sie sich Stuttgart an! Dort wird auch einiges geplant. In Stuttgart ist eine 3,5 km lange Verbindung zu einem Hochschulcampus geplant. Oder schauen Sie sich München an! Auch dort soll eine Tangentialverbindung zwischen mehreren U-Bahnhöfen mit einer Seilbahn entstehen. Das macht im Übrigen die Münchner Verkehrsgesellschaft. Da sage ich ganz klar, auch wir können uns vorstellen, dass die BVG eines Tages beispielsweise auch Seilbahnen betreiben könnte. Warum nicht? Das ist eine absolut realistische Vision. Wir erhoffen uns da eine Offenheit bei der BVG und auch bei der Verkehrsverwaltung.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Ich möchte auch noch mal die Diskussion über die Seilbahn in meinem Bezirk in Erinnerung rufen und herausstellen, was wir als Koalition geleistet haben. Die Seilbahn ist privat für die IGA 2017 errichtet worden. Wir haben Finanzmittel für die Grün Berlin bereitgestellt, damit sie die Seilbahn übernehmen kann. Das ist geschehen. Wir haben die Haushaltsberatungen gehabt. Sie teilen sich sozusagen den Betrieb mit den Privaten. Wir werden dann im weiteren Verlauf des Betriebes sehen, was die Zahlen noch an weiteren Diskussionsgrundlagen für die Frage liefern, ob es in den Nahverkehr integriert werden kann. Der Prüfauftrag aus dem Nahverkehrsplan ist hier zitiert worden. Ich bin da sehr optimistisch, und da bleiben wir dran. Ich denke, das ist auf jeden Fall auch ein Konsens in der Koalition, dass wir bei dem Thema nicht lockerlassen.

Außerdem möchte ich noch eines sagen, und zwar, dass, was die konkreten Verbindungen angeht, die Sie hier im Antrag genannt haben, wir der Meinung sind, dass wir – da haben Sie jetzt sozusagen durch unsere Debatte im RBB etwas Vorlauf gehabt – durchaus erst einmal einen Masterplan brauchen, vor allem die Abarbeitung des Prüfauftrags, den die Verkehrsverwaltung hat, resultierend aus dem Nahverkehrsplan, denn wir können nicht einfach ohne fachliche Grundlage Liniendiskussionen in den Raum werfen.

Ich möchte mich an der Stelle zu einer Diskussion äußern, und zwar zur Urban-Tech-Republic. Da möchte ich

ganz klar sagen, damit hier gar kein Zweifel daran besteht: Zweckmäßig ist für uns zur Anbindung der UrbanTech-Republic die Straßenbahn. Das steht für uns fest, denn Sie müssen bei aller Begeisterung für die Seilbahn auch den Vergleich ziehen. Gegen die Seilbahn dort spricht auf jeden Fall, dass sie im Vergleich zur Straßenbahn nicht die ausreichenden Beförderungskapazitäten bereitstellen würde und auch nur eine geringe Erschließungswirkung hätte. Das müssen wir einfach mal zur Kenntnis nehmen. Also, bei all den Vorteilen gibt es auch Nachteile, und die müssten abgewogen werden.

Herr Kollege! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schmidt zulassen.

Ja! – Bitte, Herr Schmidt!

Vielen Dank, Herr Ronneburg! Zu Ihrem Satz zur UrbanTech-Republic ein Hinweis: Zum einen ist eine Straßenbahn aus Richtung Jungfernheide geplant, dann ist immer eine U-Bahn vonseiten der U 6, also dem Kurt-Schumacher-Platz, angedacht worden. Das sind zwei verschiedene Sachen. Wenn Sie jetzt über die Straßenbahn geredet haben, meinen Sie doch die von Süden. Das passt nicht zu der Trasse, die wir für die Seilbahn vom KurtSchumacher-Platz aus vorgeschlagen haben.

Sie können gerne im Fachausschuss noch einmal erläutern, wie Sie es genau gemeint haben. Ich bin da ganz offen in der Diskussion. Allerdings sagen Sie es jetzt ja: Wir haben Diskussionen zur Straßenbahn, wir haben Diskussionen zur U-Bahn, Seilbahndiskussionen. Das müssen wir zusammenführen. Das können wir im Ausschuss gerne machen.

Ich möchte noch ein Plädoyer dafür halten, dass wir das brauchen, was Experten wie zum Beispiel Dr. Monheim eingefordert haben: eine Diskussion basierend auf einer Grundlage. Ein solcher Masterplan könnte diese bilden, um erst einmal Lücken im Netz zu analysieren und zu klären, wo sich eine Seilbahn tatsächlich anbieten würde. Unsere Prämissen für Seilbahnen sind: Sie müssen in den Nahverkehr integriert sein. Sie müssen eine Netzwirkung entfalten, das heißt, eine Verknüpfung zur Straßenbahn, U-Bahn und S-Bahn bieten. Sie sollten größere Barrieren überwinden. Das sind ihre wirklich großen Vorteile.