Wenn alles nichts hilft, muss alles auf! – Unverhältnismäßigen Lockdown beenden und den Bürgern ihre Freiheit zurückgeben!
Ich habe beim letzten Mal gesagt, dass ich nicht permanent warte. Die Disziplin in diesem Haus liegt an Ihnen, nicht an mir. Ich bin da.
Wenn Sie wünschen, dass der gesamte Senat anwesend sein soll, dann lasse ich den gesamten Senat rufen – das wäre ein Novum. Die zuständige Fachsenatorin ist da.
[Marc Vallendar (AfD): Der Regierende Bürgermeister sollte da sein! – Daniel Wesener (GRÜNE): Dann stellen Sie den Antrag, dann stimmen wir das ab!]
Herr Pazderski! Stellen Sie jetzt den Antrag, dass der Regierende Bürgermeister zur Debatte anwesend sein soll?
Gut, dann lassen wir darüber abstimmen. Wer dem Ansinnen der AfD-Fraktion zustimmt, dass der Regierende Bürgermeister auch zu dieser Debatte da sein muss, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die AfD-Fraktion und die beiden fraktionslosen Abgeordneten Nerstheimer und Wild. Wer stimmt dem Ansinnen entgegen? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? – Das sind die FDP- und die CDUFraktion. Dann beginnen wir jetzt mit der Debatte, weil – ich verweise noch einmal darauf – die zuständige Fachsenatorin hier ist. – Herr Pazderski! Sie haben das Wort, bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Bürger! Seit über einem Jahr befindet sich die Hauptstadt in einem mal mehr oder weniger scharfen Lockdown. Mit der sogenannten Bundesnotbremse sind wir mittlerweile im fünften Lockdown angekommen, ohne dass ein Ende absehbar wäre. Der Dauerlockdown schmerzt, weil er jeden Tag wirtschaftliche Existenzen vernichtet, Kinder ihrer Bildungschancen beraubt und die Menschen einsamer werden lässt. So kann es nicht weitergehen.
Wer den Gesundheitsschutz so verabsolutiert wie diese Regierung, schafft den mündigen Bürger ab, versündigt sich an dieser Gesellschaft und schädigt unsere Kinder fürs ganze Leben. Wir fordern darum, das Lockdownjahr muss beendet und den Bürgern ihre Freiheit zurückgegeben werden, denn viele aktuell herrschenden Maßnahmen sind unverhältnismäßig, lebens- und wirtschaftsfeindlich. Tourismus, Gastronomie und Einzelhandel liegen brach. Die Kulturbetriebe sind geschlossen, und die Innenstadt verödet. Veranstaltungen finden nicht mehr statt, Messen sind abgesagt. Zahlreiche Menschen in der Stadt haben ihren Arbeitsplatz verloren und noch mehr sind von Kurzarbeit betroffen. Viele Berliner vereinsamen aufgrund von Besuchsverboten und Ausgangsbeschränkungen.
Für unsere Jüngsten sind die Folgen besonders dramatisch: Sie reichen von Gewichtszunahme und Depressionen bis hin zu Kindern, die das Laufen wieder verlernen, oder Kindern aus Migrantenfamilien, die den mühsam erworbenen Zugang zur deutschen Sprache wieder verlieren. Was anderthalb Jahre ohne Schulunterricht für Kinder bedeutet, macht der Soziologe Aladin El-Mafaalani deutlich. Die Effekte des Lockdowns auf die Schüler sind gravierend. Ein Jahr für ein Grundschulkind entspricht fünf bis zehn Jahren für einen Erwachsenen.
Eltern müssen mit ansehen, wie Kinder ihrer Bildungs- und Zukunftschancen beraubt werden, weil Schulen und Hochschulen den Präsenzbetrieb eingestellt haben. Wenn aber offenkundig alles nicht hilft, dann müssen wir bereit sein, auch wieder zu öffnen.
Das heißt nicht, dass wir von heute auf morgen wieder leben, als ob es Corona nicht gäbe. Gesundheitsschutz wird auch in den nächsten Monaten noch erforderlich sein. Bereits im letzten Jahr wurde massiv in Hygiene- und Schutzmaßnahmen investiert. Sogar eine Impfung ist trotz massiver organisatorischer Unzulänglichkeiten der politisch verantwortlichen Altparteien möglich. Die Lockdowngründe sind also weitgehend entfallen. Um das Infektionsgeschehen nachhaltig abzusenken, haben sich die Lockdownmaßnahmen als unwirksam und willkürlich erwiesen. Das zeigen auch Vergleiche mit Staaten, die keine oder weniger strenge Lockdownregeln verhängt haben. Deshalb wächst der Widerwillen in der Bevölkerung gegen immer neue Verlängerungen und immer mehr offensichtlich ineffiziente und als Willkür empfundene Maßnahmen. Wir fordern darum, den unverhältnismäßigen, lebens- und wirtschaftsfeindlichen Lockdown endlich zu beenden und den Neustart des öffentlichen Lebens zu ermöglichen.
Zudem fordern wir den Senat auf, sich im Bundesrat und in der Ministerpräsidentenkonferenz für ein Ende der Coronaverbote einzusetzen. Die Ausgangssperre und das Nachtreiseverbot sind aufzuheben. In Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen muss wieder der Regel- und Präsenzbetrieb eingeführt werden. Gastronomie und Hotellerie müssen wieder geöffnet werden. Die Verbote für Freizeit- und Amateursport sind aufzuheben. Museen, Theater, Konzerte, Opern, Kinos und sonstige kulturelle Einrichtungen müssen wieder geöffnet werden. Veranstaltungen im Familien- und Freundeskreis sind wieder zuzulassen.
Geimpfte Menschen in Altenheimen müssen wieder ein normales Leben führen, Besucher empfangen und selbst Besuche durchführen dürfen. Inzwischen wird auch in den Reihen der Altparteien großzügig über die Rückgabe von Freiheitsrechten an Geimpfte diskutiert, eine sehr seltsame Debatte,
da sie voraussetzt, dass man Freiheitsrechte je nach Staatsräson nehmen und wieder zurückgeben darf.
Fakt ist, Deutschland hinkt in der Frage der Öffnung wieder einmal anderen Ländern hinterher. Italiener, Niederländer, Griechen, Österreicher, Franzosen – sie alle sind wesentlich dynamischer. Deshalb beginnen wir heute als Fraktion unsere Kampagne: Wenn alles nicht hilft, muss alles auch auf. – Denn wir vertreten im Abgeordnetenhaus alle Berliner, die unter Corona und dem Lockdown leiden, ohne dabei der parlamentarische Arm von irgendjemandem zu sein.
Wir setzen uns hier im Parlament für alle ein, die wegen der Coronamaßnahmen Existenzangst um ihren Arbeitsplatz und ihren Betrieb haben. Wir setzen uns für alle ein, die wollen, dass Schüler eine gute Bildung bekommen. Wir setzen uns für alle ein, die mit Sorge die wachsende Staatsverschuldung sehen.
Und wir setzen uns im Parlament für alle ein, die wieder zu ihrem ganz normalen Leben zurückkehren wollen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach über einem Jahr existenzieller Krise in der ganzen Welt und auch in Berlin wird endlich klar, es ist Licht zu sehen, die dritte Welle scheint, wenn wir die Entwicklung jetzt so fortsetzen und die Disziplin noch ein wenig halten, gebrochen zu sein. Impfungen – herzlichen Dank an alle Bemühungen von jeder Regierung der Länder und des Bundes, hier vorwärtszukommen! – scheinen ein wirksames Instrument zu sein, sodass vor der Prämisse keiner Supermutation zunehmend eine neue Normalität gestaltet werden kann. Wir sehen, der Schutz von Leben hat sich gelohnt.
Unsere Anstrengung und Kraft aller demokratischen Parteien in diesem Lande war zielführend zur Abwehr einer immensen, noch größeren Katastrophe. Wir hätten dann nicht leider dreieinhalbtausend Tote in Berlin zum jetzigen Zeitpunkt zu verzeichnen, sondern ein Vielfaches davon, vermutlich über 20 000, 30 000 Stück. Insofern, meine Damen und Herren der AfD, Ihr Antrag „Wenn alles nicht hilft, muss alles auf“ zeigt genau den Geist Ihrer Anträge Ihrer Partei und offenbart, entlarvt Sie ganz eindeutig. Wegducken vor Verantwortung, Desinformation und Leugnen und Bürgertäuschung – das ist das, was