Protocol of the Session on May 20, 2021

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(Katalin Gennburg)

Erfolg, an dem die Stadt immer auch partizipiert. Neidvoll sollen die Menschen auf diejenigen schauen, die bereit sind, eigenes Geld in die Hand zu nehmen, um etwas zu schaffen, für das es, das wissen Sie natürlich ganz genau, auch einen Markt gibt. Das widerspricht Ihren kruden sozialistischen Vorstellungen, in denen Menschen am besten ausschließlich in anonymen, schnell heruntergekommenen Mietskasernen wie Legehühner wohnen sollen, damit alle gleich, alle gleich grau und durch Ihre Nomenklatura gelenkt sind – gleich den Bildern, die wir nicht nur aus Orwells „1984“ zur Genüge kennen. Dazu passen die Verbotsfantasien grün angestrichener Kommunisten gegen Einfamilienhäuser, Steaks und Autos.

Wir als AfD-Fraktion stehen für die Freiheit einer sozialen Marktwirtschaft. In dieser stehen das Gemeinwohl und die berechtigten Leistungsinteressen des Einzelnen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander. Wir werden uns überall dort öffentlich und laut zu Wort melden, wo die insbesondere in der Antragsbegründung, aber auch im Antrag selbst angedeuteten Enteignungsfantasien, die wir auch gerade so deutlich vernehmen durften, praktisch umgesetzt werden sollen.

Grundsätzlich begrüßenswert ist übrigens – das wird Sie zunächst überraschen – aus Sicht der AfD-Fraktion der Ansatz, eine Übersicht über öffentliche und private Uferwegeflächen in Form einer Uferwegekarte zu entwickeln. Sie würde nämlich deutlich machen, dass die meisten Uferflächen bereits jetzt öffentlich begehbar sind, und das ist auch gut so.

Wir sind als AfD-Fraktion auch sehr gespannt, ob und in welcher Form die beabsichtigte Entmachtung der Bezirke von Ihnen aufgenommen wird. Anders ist das im Antrag formulierte Ziel, der Senat möge Bebauungspläne aufsetzen, ja nicht zu verstehen. Es ist aus Sicht der AfDFraktion sehr fraglich, ob für die hier benannten Fälle die in § 7 des Ausführungsgesetzes zum Baugesetzbuch auf- geführten Tatbestände überhaupt greifen. Aus unserer Sicht greifen sie schon deshalb nicht, weil es sich bei einer praktischen Umsetzung um zahlreiche Einzelmaßnahmen handeln würde und diese damit regelmäßig eben nicht von gesamtstädtischer, überbezirklicher oder zentraler Bedeutung sind und wegen der originären Zuständigkeit der Bezirke im Einzelnen dort zu entscheiden sein werden.

[Beifall bei der AfD – Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Deswegen greift übrigens auch der in der Antragsbegründung vorgetragene Verweis auf Potsdam nicht. Es kann zudem auch nicht ernsthaft das Ziel sein, wie in § 9 im gleichen Buch vorgesehen, ein regelmäßig eher nicht zu erwartendes Benehmen herzustellen, über das wir dann hier in diesem Hause laufend werden abstimmen müssen. Wer das in Erwägung zieht, kann die Bezirke auch gleich abschaffen; der soll es aber dann hier auch ehrlich sagen.

Übrigens: Auch die geforderten Bauverbote sind völlig realitätsfern. Mal abgesehen davon, dass außer in Venedig niemand sein Objekt direkt ans Wasser setzt, gilt das Bauverbot in dieser Form für alles, was aus Baustoffen besteht.

[Daniel Buchholz (SPD): Sie haben einfach keine Ahnung! Einfach keine Ahnung!]

Das betrifft also Anlegestellen, Teehäuschen, Bootshäuser, Stege – all das. Das ist nicht nur völlig überzogen und eine unverhältnismäßige Einschränkung einer Grund- stücksnutzung, sondern auch der Tod eines jeden Angler- und Wassersportvereins. Die AfD-Fraktion geht allerdings auch davon aus, dass Ihnen die rechtliche Gratwanderung Ihres Antrags wiederum sehr bewusst ist. Aus guten Gründen haben Sie ja in den weiteren Punkten Ihres Antrags fast ausschließlich Prüfaufträge formuliert.

Ich komme zum Schluss: Dieser Antrag macht mehr als deutlich, warum es auch und gerade in diesem Parlament einer politischen Alternative in Form der Alternative für Deutschland bedarf. – Danke sehr!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat dann die Abgeordnete Billig das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anders als mein Vorredner behauptete, macht dieser Antrag vor allem deutlich, was unsere Politik in der Koalition bedeutet: nachhaltig, ökologisch und sozial. Wir stellen die Interessen der Berlinerinnen und Berliner in den Vordergrund.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Daniel Buchholz (SPD) – Zuruf von Katalin Gennburg (LINKE)]

Und da können Sie hier von rechts noch so sehr poltern und schimpfen; Sie zeigen damit, dass Sie Berlin nicht verstanden haben. Sie tun nichts für die ganz normalen Berlinerinnen und Berliner, und deren Bedürfnisse sind Ihnen augenscheinlich völlig egal.

[Torsten Schneider (SPD): Genau!]

Wie Sie auf Entmachtung der Bezirke kommen, ist mir auch ein Rätsel. Wenn Sie in den Antrag schauen, stehen da die Worte „Bezirke“ und „unterstützen“.

Um zum Inhalt zu kommen: Berlin ist nämlich nicht nur Spree-Athen, sondern auch Spree-Venedig – das ist Ihnen vielleicht doch auch schon mal aufgefallen, dass der Charakter unserer Stadt vor allem durch die Gewässer

(Carsten Ubbelohde)

geprägt ist. Wir haben ganz viele davon: Spree, Havel, Dahme, Panke, noch viele andere Gewässer und Kanäle und unzählige Seen. Von Beginn an ist das Leben in dieser Stadt und in den Siedlungen, aus denen Berlin entstanden ist, zu einem großen Teil durch die Gewässer und die Ufer bestimmt. Gerade jetzt im Jahr 2021 gibt es nun wirklich keinen vernünftigen Grund, diese für uns so wertvollen Uferflächen zu privatisieren und der Allgemeinheit zu entziehen, denn die Uferzonen prägen ganz deutlich unser öffentliches Leben. Deswegen hat die Berliner Presse bei der Ankündigung von aktuellen Lockerungen diese dann gleich, quasi als erste Assoziation, mit Aufnahmen von Berliner Strandbars illustriert.

Unsere Uferpromenaden sind einerseits in der dicht bebauten Stadt idyllische Orte, wo wir uns draußen aufhalten können; die Uferzonen in den Außenbezirken sind die größten Anziehungspunkte für Naherholung in der Natur, das kann mal im Grünen an Land oder auch im Blauen auf dem Wasser sein. Das sind die In-Orte für Weitblick und zum Durchatmen. Deswegen ist es unser Ziel, alle Berliner Uferwege öffentlich zugänglich zu halten oder zu machen. Wir wollen das mit Bebauungsplänen oder städtebaulichen Verträgen sichern. Geh- und Wegerechte müssen ins Grundbuch, und vielleicht sind auch Entwicklungsgebiete das richtige Instrument zur Sicherung. Wir wollen am Ende von Köpenick bis nach Spandau am Wasser entlangwandern. Dass das sicherlich nicht innerhalb dieses Jahres realisiert werden kann, ist schon klar, aber wir planen eben auch für die Zukunft und nicht nur bis zu unserem Tellerrand.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Sicherung ist nur die eine Seite, die Förderung der Nutzbarkeit ist die zweite. Deshalb brauchen wir eben auch die Uferwegekarte, damit wir sehen können: „Wo können wir hingehen, wo sind die Ufer, die wir nutzen können, jetzt schon, aber auch in Zukunft?“!

Der nächste wichtige Aspekt ist aber auch der Naturschutz. Gewässer und Ufer sind Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Die Artenvielfalt an den Gewässern und Ufern ist besonders groß, und das sogar, wenn sie von Menschen gestaltet sind. Wir haben da einerseits das Flussbadprojekt und die Renaturierung von innerstädtischen Gewässerufern, und damit kann sogar mitten in der Stadt, mitten in Berlin neuer naturnaher Lebensraum für Flora und Fauna geschaffen werden. Es gibt aber noch die ganz besonderen Uferstreifen in den Außenbezirken, da haben wir ganz besondere ökologische Nischen tatsächlich noch erhalten. Die Untere Havel zwischen Spandau und Wannsee zum Beispiel ist tatsächlich noch ein Flachlandfluss, zumindest teilweise, und in diesen Flachwasserzonen und im Röhrichtgürtel sind Lebensräume für viele Arten von Fischen, Amphibien, Vögeln und Insekten, die zu einem großen Teil geschützt oder sogar vom Aussterben bedroht sind.

Unser Ziel ist es deswegen, die Uferkonzeption zum Schutz der Naturbereiche an den Ufern aufzustellen; dafür muss natürlich auch die Nutzung durch den Wassersport geregelt werden. Geregelt, wie gesagt – wenn Sie den Antrag anschauen, dann werden Sie feststellen: Von Verbot von Wassersport ist an keiner Stelle die Rede. Es ist mir also ein Rätsel, wie die Herren von rechts auf diese Idee kommen.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Daniel Buchholz (SPD) und Katalin Gennburg (LINKE)]

Die Berliner Ufer jedenfalls sind unser Idyll. Das Wohnen am Wasser wurde deshalb in den letzten Jahren immer beliebter und dann von der Immobilienverwertung entdeckt. Nicht nur besonders schön, sondern auch noch exklusiv für einige wenige – das lässt man sich doch gerne vergolden. Genau das wollen wir verändern. Unser Ziel ist, die schönen grünen und blauen Orte Berlins für alle Berlinerinnen und Berliner, menschliche wie tierische, zugänglich zu halten oder wieder zu machen, als gesunder und konsumfreier Lebensraum für alle. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Hier hat der Abgeordnete Ubbelohde eine Zwischenbemerkung angemeldet. – Bitte schön!

Frau Billig! Ich kenne diese Stadt. Ich bin hier aufgewachsen, ich bin hier geboren. Ich kenne sie auch noch aus einer Zeit, als die Stadt geteilt war. Vor 60 Jahren war der Mauerbau. Wir kennen die Zeit, in der Sozialismus und Kommunismus diese Stadt so geprägt haben, wie wir sie nicht wieder haben wollen.

[Torsten Schneider (SPD): Aha!]

Und deswegen sind wir von der Alternative für Deutschland auch sehr hellhörig und sind dann auch durchaus laut und deutlich in Ihre Richtung, wenn es darum geht, es wieder mal zu versuchen: wieder dieses Gespenst der Umverteilung, wieder das Gespenst des Internationalismus, wieder das Gespenst von Enteignung hochfahren zu lassen – und das mit einem Antrag, der auch noch juristisch schlecht gemacht ist.

[Zuruf von Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE)]

Wenn Sie sagen: Wir haben doch gar nichts gegen die Bezirke, es ist doch alles in Ordnung! – wenn Sie mir mal zuhören würden, denn ich spreche gerade mit Ihnen –, dann müssen Sie erkennen, dass diese gesetzlichen Regelungen, die Sie dazu brauchen, gar nicht vorhanden sind. Sie können das gar nicht in dieser Weise umsetzen. Es konterkariert all das, was wir an Vielfalt in dem Sinn

(Daniela Billig)

haben, dass wir den Senat auf der einen und die Bezirke auf der anderen Seite haben. Das wird schlicht nicht berücksichtigt.

Wenn Sie davon ausgehen, dass in Ihrem Antrag in irgendeiner Weise die Bevölkerung einen Nutzen davon hat, dann kann ich Ihnen sagen: Die Bevölkerung fragt sich, ob Sie bei all dieser juristischen Ungenauigkeit, die Sie hier zeigen, nicht möglicherweise die gleiche Ungenauigkeit an den Tag legen wie bei der Mietendeckelproblematik. Auch da haben Sie mit gleicher juristischer Fehleinschätzung geurteilt und gesagt: Mensch, wir schaffen mit dem Mietendeckel etwas für die Bevölkerung. – Die fragt sich am Ende jetzt: Was ist außer dem geblieben? – Außer Spesen nichts gewesen! Hier ist es genauso.

[Zuruf von Philipp Bertram (LINKE)]

Sie bringen es nicht auf den entsprechenden Punkt, und Sie erreichen für die Bevölkerung draußen schlichtweg gar nichts, weil Sie keine juristische Basis haben und weil das, was Sie hier suggerieren, niemand wirklich braucht. Die Leute in dieser Stadt brauchen Wohnungen, und sie brauchen entsprechende wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeiten, die Sie ihnen genommen haben. Das brauchen die Leute. Die fragen sich, was dieser Antrag hier überhaupt soll.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Zur Erwiderung hat die Abgeordnete Billig das Wort.

Das Gespenst sehen augenscheinlich nur Sie. Wir haben natürlich die gesetzlichen Mittel, das umzusetzen: B-Planverfahren, städtebauliche Verträge, möglicherweise Entwicklungsgebiete. Das sind die Dinge, die wir angesprochen haben.

Das hier ist allerdings ein Antrag und kein Gesetz. Ich habe eben schon gesagt: Natürlich wird das Projekt eine ganze Weile dauern. Wir haben ein Ziel. Wir haben das Ziel klar benannt, und in keiner Zeile meine Rede oder des Antrags werden Sie etwas finden, das auf die Rückkehr irgendeiner Art von Sozialismus schließen lässt. Wir arbeiten hier absolut auf dem Boden der jetzigen Gesetzesordnung und mit den Mitteln, die wir haben und mit denen wir das tun können. Am Ende werden wir irgendwann – das Ziel haben wir – von Köpenick bis Spandau am Wasser entlangwandern. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Daniel Buchholz (SPD) und – Carsten Schatz (LINKE)]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Förster jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich könnte ich mich vollständig der Rede des Kollegen Evers anschließen, der sehr klar dargelegt hat, dass das, was auf der einen Seite als Antrag geschrieben steht, und das, was in der Begründung ausformuliert ist, wie es umgesetzt werden soll, nicht ganz zueinander passt. Am Ende ist doch zu befürchten, dass in Berlin diejenigen, die heute schon ein Grundstück am Wasser haben, es künftig nicht mehr haben. Das ist mit der FDP ganz klar nicht zu machen – um das gleich vorwegzunehmen.

[Beifall bei der FDP]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Gennburg?

Ja, natürlich, auch wenn sie schon nach 30 Sekunden kommt.