Protocol of the Session on May 20, 2021

Login to download PDF

Vielen Dank, Herr Förster! Sie haben ja auch die Steilvorlage schon nach 30 Sekunden gegeben. – Ist Ihnen bewusst, dass 1976 die FDP mit in der Regierung war, also daran beteiligt war, ein solches Uferwegekonzept auf den Weg zu bringen?

[Torsten Schneider (SPD): Unerhört!]

Liegt es jetzt daran, dass sich die FDP von den Uferwegen verabschiedet und ihren Kompass verloren hat? Wie schätzen Sie diese Gemengelage ein?

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Torsten Schneider (SPD): Das war die gute alte FDP!]

Vielen Dank, Kollegin Gennburg für die Nachfrage! – Kollege Schneider! Ich wollte eigentlich darauf noch eingehen, aber die frühe Frage hat nun auch die frühe Antwort notwendig gemacht. Die frühe Antwort wäre, dass die FDP damals im West-Berliner Senat dafür gesorgt hat, dass wir überhaupt in Berlin – im damaligen West-Berlin – eine vernünftige Mischung aus Bauen und Erholung hatten und es einen Interessenausgleich der verschiedenen Belange gab. Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Damals stand in der Konzeption nur, Grünflächen zu sichern, Erholungsmöglichkeiten dauerhaft zu

(Carsten Ubbelohde)

erhalten und ein lebenswertes Berlin – in dem Fall WestBerlin – zu garantieren. Da hat sich die FDP aber nicht für die Enteignung von Streifen eingesetzt und auch keine durchgesetzt. Das ist der entscheidende Unterschied.

[Beifall bei der FDP]

Ich will auch ganz klar sagen, dass ich gar kein Gegner von Uferzugänglichkeiten für alle bin. Ich habe mich lange als Bezirksverordneter in Treptow-Köpenick – ich könnte eine ganze Reihe von Beispielen aufzählen – dafür eingesetzt, das Ufer zugänglich bleiben und werden und dass sie auch im Rahmen von Bebauungsplänen gesichert werden. Nur ist es eben ein Unterschied, ob ich zugewachsene Grünanlagen, die bis ans Wasser reichen, wieder begehbar mache und dort einen Uferwege anlege, was nur zu begrüßen ist – wir hätten im Übrigen in der Berliner Verwaltung ganz schön viel zu tun, um erst einmal die bestehenden Uferflächen, die völlig verwildert sind, wieder herzustellen; da hätten Sie schon Dutzende von Kilometern zugängliche Uferwege, die Sie morgen einrichten könnten; fangen Sie damit erst einmal an –, oder ob man bestehende Uferwege nicht nur wiederherstellen, sondern sie auch im Rahmen von Enteignungen dem privaten Besitz entreißen will. Das steht am Ende dahinter.

Die Privateigentümer sind ja nicht nur die berühmten Villenbesitzer, die immer für das Bashing herhalten müssen, sondern es sind auch Industriebetriebe, gerade die Nachfolgefirma des Kabelwerks Oberspree in Schöneweide – ich kenne die Diskussion seit 20 Jahren –, die heute dort noch Hunderte Arbeitsplätze hat und einer der wenigen Industriebetriebe ist, die es noch in Oberschöneweide gibt, wo noch Kabel produziert werden. Seien wir doch froh, dass dort in Oberschöneweide noch Kabel produziert werden und nicht in Fernost, dass dort noch Arbeitsplätze gesichert sind. Wenn diese Firma Angst hat – und die ist ja nicht unbegründet –, dass ihr bei einem Uferweg mit Wasserzugang am Firmengelände die wertvollen Kupferkabel direkt vom Gelände gestohlen werden – solche Fälle hat es schon ohne Uferweg gegeben –, dann ist das eine reale Befürchtung, der man gerecht werden muss. Da kann ich doch nicht einfach sagen: Mir sind Hunderte Arbeitsplätze egal. Dann geht die Firma pleite. Hauptsache dort können ein paar Leute spazieren gehen. – Das ist keine vernünftige Interessenabwägung an der Stelle, um das ganz klar zu sagen.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Tobias Schulze (LINKE): Für Autobahnen sind Enteignungen okay, Herr Förster?]

Wenn wir über das Thema Uferwege, Bebauungspläne und städtebauliche Verträge reden, dann muss man an der Stelle auch einmal ganz klar sagen: All das, was Sie hier aufschreiben und was ja nicht verkehrt ist, ist jetzt schon möglich. Sie können schon jetzt im Rahmen von Bebauungsplänen das Freihalten von Ufern beschließen. Sie können das schon jetzt im Rahmen von städtebaulichen

Verträgen mit Investoren vereinbaren. Ja, es gibt Beispiele, wo das in Bezirken nicht gemacht wurde. Das ist zu kritisieren. Aber auch in dem Fall muss man fragen: Wer trägt die Verantwortung? – Kein einziger dieser städtebaulichen Verträge in den letzten 30 Jahren ist von einem FDP-Stadtrat unterschrieben worden. Das waren Rote, Dunkelrote, Grüne oder Schwarze, die das unterschrieben haben. Fassen Sie sich also an die eigene Nase! Machen Sie bessere städtebauliche Verträge! Dann haben Sie das Problem nicht.

[Beifall bei der FDP]

Es ist ein Unterschied, ob ich bestehende Uferstreifen sichern will und im Rahmen von Bebauungsplänen und Flächennutzungsplänen im Rahmen des Möglichen wiederherstellen will oder ob ich sie rekommunalisieren will. Darum geht es doch eigentlich. Das Thema Enteignung, das immer mitschwingt, bedeutet, das den Firmen, den privaten Eigentümern wegzunehmen. Wenn Sie im Rahmen von Bebauungsplänen geschlafen und es nicht gesichert haben und Leute nun am Wasser wohnen, dann ist das zu akzeptieren. Das hätte man damals lösen müssen, als die Häuser gebaut wurden. Wir können aber jetzt nicht sagen: Wir schneiden denen die Vorgärten ab und lassen die Leute über die Terrassen laufen, weil Sie den Uferweg anlegen wollen. Langfristige Planung heißt: zuerst nachdenken dann umsetzen. Bei Ihnen ist es oftmals umgekehrt, und genau das ist das Problem bei RotRot-Grün.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der AfD]

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Kollegen Buchholz?

Gerne! Das gibt mir die Gelegenheit, noch länger als 43 Sekunden zu sprechen.

Vielen Dank für die Möglichkeit der Zwischenfrage, Herr Kollege! Ich möchte noch einmal darauf eingehen: Ist Ihnen wirklich nicht bekannt – da Sie ja hier eine ganz ideologisch verbrämte Sprache verwenden

[Oliver Friederici (CDU): Na, na, na!]

Ist doch so! Es war doch mehr Ideologie als Inhalt. – ist Ihnen nicht mehr bekannt, Herr Kollege Förster, dass 1976 und 1978, als die SPD und die FDP zusammen in West-Berlin regiert haben,

[Zurufe von rechts]

tatsächlich wörtlich zu lesen war: „Wo aber die Öffnung der Ufer für sehr viele Menschen sehr viel mehr Nutzen

(Stefan Förster)

bringt und wo es der Umweltschutz erforderlich macht, wird, zumindest langfristig, private Nutzung aufgehoben werden müssen.“? – Warum stehen Sie dazu nicht mehr, Herr Kollege?

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Ülker Radziwill (SPD): Da waren die Liberalen noch sozial!]

Verehrter Kollege Buchholz! In diesem Zeiten von RotGelb hatte die SPD noch 40 Prozent, heute hat sie 14, und das ist der große Unterschied.

[Beifall und Heiterkeit bei der FDP und der CDU – Beifall von Franz Kerker (AfD) – Daniel Buchholz (SPD): Was ist das denn für eine Antwort? Das war jetzt aber nicht die Antwort, oder?]

Nein, ich bin noch dabei! – Weil Sie auf dem Projekt 14 Prozent rumreiten: Wir können uns gerne darauf einlassen. Wir kommen von unten, Sie kommen von oben. Das ist der Unterschied bei 14 Prozent.

[Beifall bei der FDP]

Aber ich will an der Stelle ganz klar sagen: Diese Formulierung ist nichts, was man in irgendeiner Form heute beanstanden müsste. Dort wird gesagt, dass langfristig auch Industrieflächen gegebenenfalls als Uferwege genutzt werden können. Dagegen hat niemand auch etwas, wenn irgendwo die industrielle Nutzung eingestellt wird, wie bei dem Beispiel in Schöneweide. Wenn die Firma sich einen anderen Arbeitsstandort suchen würde und die Fläche würde frei, dann könnte man doch einen Uferweg anlegen. Aber was Sie wollen, was wir nicht wollen – das ist der entscheidende Unterschied –: Wir wollen nicht bestehende Firmen, bestehende Industriearbeitsplätze aus der Stadt vertreiben,

[Daniel Buchholz (SPD): Wir auch nicht, Kollege!]

sondern wir wollen, dass dort, solange die Firmen tätig sind, sie weiterhin tätig sein können. Das ist der Unterschied. Lautstärke ersetzt keine Argumente, insofern sind wir weiterhin die Partei, die in dieser Stadt für die Arbeitsplätze streitet. Das ist uns ganz wichtig.

[Beifall bei der FDP]

Insofern kann man zusammenhängend sagen: Kümmern Sie sich um die verfallenen Ufer! Der Kollege Evers von der CDU-Fraktion hat schon darauf hingewiesen: Dort wo das Land Berlin die Ufer sanieren, die Uferwege herstellen kann, tut es das nicht auf seinen bestehenden Flächen.

[Sebastian Czaja (FDP): Wir sichern Jobs! – Torsten Schneider (SPD): Ihr sichert Tegel!]

Machen Sie Ihre Art Politik, kümmern Sie sich darum, unterstützen Sie die Bezirke weiterhin dabei, die Uferwegkonzeptionen umzusetzen, gehen Sie gern auf Eigentümer zu und finden mit ihnen partnerschaftliche Lösungen, dagegen hat keiner etwas. Es gibt ja auch zugängliche private Eigentümer, auch wenn bei Ihnen diese Idee teilweise nicht vorkommt, und behelligen Sie uns nicht mit Wunschvorstellungen, die am Ende nur auf das Ausspielen verschiedener Interessengruppen hinauslaufen. Wir wollen Uferwege und gleichzeitig privates Eigentum schützen – beides geht miteinander. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Christian Goiny (CDU)]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen sowie mitberatend an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. – Widerspruch hierzu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.3:

Priorität der Fraktion der CDU

Tagesordnungspunkt 52

Bildungsgutscheine für Grundschülerinnen und -schüler mit Lernrückständen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/3714

In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU und hier der Kollege Stettner. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt sind wir nach der Rede von Herrn Förster alle wieder wach und können uns diesem wirklich wichtigen Thema widmen. Die Priorität der CDU-Fraktion ist das Wohl unserer Kinder in Berlin.

[Zuruf von der AfD: Tätä, Tätä, Tätä!]

Ich glaube bei allem Streit, allen Diskussionen, die wir in den letzten 14 Monaten hier um die richtigen Instrumente in der Bildungspolitik geführt haben, unterstelle ich Ihnen allen eins: Wir haben gemeinsam das Bestreben gehabt, das Beste für unsere Kinder, unsere Schülerinnen und Schüler, unsere Schulgemeinschaften zu erzielen. In der Sache, was das nachher sein sollte und wie man das machen sollte, waren wir durchaus verschiedener Meinungen, aber ich unterstelle, dass wir das gemeinsame Ziel haben. Deswegen müssen wir jetzt – nach einem kurzen Blick zurück und einem kurzen Blick, wo wir stehen –

(Daniel Buchholz)