Für uns als SPD-Fraktion ist ganz klar: Verkehrspolitik ist kein Betätigungsfeld für ideologische Debatten, sondern ein Kümmererfeld.
Unsere Leitfrage lautet daher: Wie sorgen wir dafür, dass Menschen zuverlässig, preiswert und klimaschonend an ihr Ziel kommen?
Kommen wir erstens zu den Gesetzesgrundlagen: Viele Zuständigkeiten in der Verkehrspolitik liegen beim Bund, sei es die Straßenverkehrsordnung, das Personenbeförderungsgesetz oder das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. Dennoch haben wir in Berlin in den letzten fünf Jahren unseren Handlungsspielraum genutzt. Wir haben das deutschlandweit erste Mobilitätsgesetz verabschiedet
und klare Priorität auf den ÖPNV gelegt. Dank der SPDFraktion sprechen wir nicht nur über ein Radgesetz, sondern beschäftigen uns in diesem Gesetz mit allen Mobilitätsformen.
Wir haben den Schutz der schwächsten Verkehrsteilnehmenden in Gesetzesform gegossen und im Februar den Fußverkehrsteil – sogar mit den Stimmen der Opposition – verabschiedet, und wir haben im letzten Wirtschaftsausschuss den Teil zum Wirtschaftsverkehr verabschiedet. Wenn wir nunmehr noch die Forderung nach einer City-Maut ausräumen können, dann werden wir auch den letzten Teil des Mobilitätsgesetzes zur neuen Mobilität in dieser Legislaturperiode verabschieden.
Kommen wir, zweitens, zur Finanzierung: Dafür hat die Koalition in den vergangenen fünf Jahren große Anstrengungen vollbracht und entsprechende Gelder, Finanzmittel, bereitgestellt. Für die Radinfrastruktur haben wir mit der infraVelo GmbH nicht nur ein eigenes Landesunternehmen gegründet, sondern auch zusätzliches Personal eingestellt. Für das gemeinsame Schieneninfrastrukturprojekt i2030 Berlin-Brandenburg stellen wir die Planungsmittel bereit, ebenso die Finanzmittel für die Umsetzung des Nahverkehrsplans und für die Flottenbestellungen, für die S-, U- und Straßenbahnzüge sowie für die Busse.
Es ist allerdings ärgerlich, wenn diese Gelder nicht abfließen. Bei der Straßenbahn sind Finanzmittel noch nicht zum Einsatz gekommen, weil die Strecken, die wir uns im Koalitionsvertrag vorgenommen haben, bisher noch nicht realisiert werden konnten.
Auch bei den Fördermitteln des Bundes sind wir weitgehend leer ausgegangen, weil wir keine fertigen Projekte eingereicht haben.
Damit kommen wir – drittens – zur Kontrolle des Senats: Die Verkehrsverwaltung steht mit der Umsetzung des Mobilitätsgesetzes vor einer großen Herausforderung. Der Ausbau des ÖPNV und des Radverkehrs sowie der Fußverkehrsinfrastruktur ist eine Aufgabe, die nicht in einer Legislaturperiode zu schaffen ist. Dennoch müssen wir auch als Parlament kritisch die Verfahren prüfen. Beispielsweise wurde trotz des Mobilitätsgesetzes sowie des Personal- und Mittelaufwuchses der Radwegeausbau nicht beschleunigt. Die Errichtung von Radschnellwegen wird frühestens in zwei Jahren beginnen, auch aufgrund langer Planungsphasen, die unter anderem dadurch entstehen, dass Planungen immer wieder aufs Neue verworfen werden – wie beispielsweise in Pankow beim Panke
Trail. Dies sind Verzögerungen, die wir uns künftig nicht leisten dürfen und auch nicht leisten wollen.
Die SPD-Fraktion hat bereits im Juni 2019, also vor über zwei Jahren, den Koalitionspartnern den Beschluss vorgelegt, die U-Bahn-Linien U 2, U 3, U 7 und U 8 zu verlängern. Dafür wollten wir im Haushalt ab dem Planjahr 2020 die Planungsmittel in Höhe von 10 Millionen Euro bereitstellen. Dass die Verkehrsverwaltung dem U-BahnAusbau nun ebenso wohlgesonnen gegenübersteht, begrüße ich ausdrücklich. Wir hätten aber zwei Jahre gewinnen können, wenn wir die Zustimmung früher erhalten hätten.
Es wird in diesem Zusammenhang immer wieder gern auf Paris verwiesen, die sogenannte 15-Minuten-Metropole. Ja, es ist richtig, in Paris wurden bereits viele Hundert Kilometer Radwege errichtet. Gleichzeitig wird dort aber auch der Ausbau des U-Bahn-Netzes massiv vorangetrieben, wovon wir uns auf der Ausschussreise im Jahr 2018 gemeinsam haben überzeugen können. Insofern sollte sich der nächsten Senat in der Verkehrspolitik vor allem eines vornehmen: Mobilität sollte nicht im Gegeneinander der Verkehrsmittel, sondern im Miteinander der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer verstanden werden. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Florian Kluckert (FDP): Das können Sie mit einer anderen Koalition machen! – Frank-Christian Hansel (AfD): Das ist unsere Politik!]
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war zu erwarten, dass die CDU zum Ende der Legislatur noch einmal versucht, mit dem Thema Verkehr zu punkten. Zugegebenermaßen, die fachliche Bilanz dieser Regierung ist tatsächlich außerordentlich dürftig. Der Senat hat in fünf Jahren eine Tramlinie fast fertig bekommen.
Das, meine Damen und Herren, ist das Einzige, was Sie geschafft haben, um die Berliner Verkehrsinfrastruktur zu ergänzen und weiter auszubauen: eine fast fertige Tramlinie! Alles andere, was Sie in Sachen Verkehr an Veränderungen gebracht haben, waren Verbote und Behinderungen, die dafür gesorgt haben, dass sich der Berliner
Sie haben die Stadt um Tausende Parkplätze beraubt. Sie haben Straßen zweckentfremdet und zu Klimastraßen und Begegnungszonen umgebaut, die kein Mensch haben will und die auch kein Mensch braucht.
Sie haben Dieselfahrverbote verhängt. Sie haben die Friedrichstraße für Autos gesperrt und daraus eine Rennstrecke für rücksichtslose Kampfradler gemacht. Sie haben die Stadt mit einem Netz sogenannter Pop-upRadwege überzogen, für die es nach wie vor keine gesetzliche Grundlage gibt. Sie haben Fahrspuren zu Radwegen gemacht, auf denen im Sommer vielleicht einmal pro Stunde ein Radfahrer zu entdecken ist – ich denke da zum Beispiel an den Radweg am Adlergestell. Sie planen Preismechanismen, Sie planen Zufahrtsbegrenzungen in die Innenstadt. Sie erhöhen massiv die Parkgebühren und wollen flächendeckend Parkraumbewirtschaftung einführen. Sie planen Wohngebiete komplett ohne Stellplätze, und Sie wollen das Auto, den motorisierten Individualverkehr, komplett aus Berlin zurückdrängen. Das steht schwarz auf weiß in der Fortschreibung Ihres sogenannten Mobilitätsgesetzes, § 70 mit der Überschrift: „Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs“.
In der zugehörigen Erläuterung wird es dann sehr interessant. Hier zeigt der grüne Autohassersenat bei der Auflistung denkbarer Maßnahmen seine ganz besonders hässliche Fratze. Da ist die Rede von Preismechanismen „zur Steuerung des fließenden und ruhenden Verkehrs“, also City-Maut und exorbitante Parkgebühren, „Zuflussdosierung und Verkehrsbeeinflussungsanlagen – das bedeutet offenbar eine Höchstgrenze für die Zahl der Autos, die in die Innenstadt dürfen –, „weniger Parkraum für Kraftfahrzeuge“, also die Vernichtung von weiteren Parkplätzen, „weniger Fläche für den fließenden Verkehr“ – Sie wollen also Straßen zurückbauen und sie als Verkehrsfläche entwidmen.
Das alles sind nur kleine Beispiele dafür, was für ein perfides und in sich immer weiter verschachteltes Gesetzeskonstrukt hier Stück für Stück auf die Beine gestellt werden soll.
Übrigens steht dort ganz klar – § 70 – „motorisierter Individualverkehr“. Da ist nicht die Rede von „Verbrennungsmotor“, sondern allgemein von motorisiertem Individualverkehr. Das heißt, auch Elektroautos sind gemeint. Die sind ja auch motorisiert und sollen also zukünftig in Berlin nicht mehr fahren dürfen.
Halten wir fest: Sie wollen den Verkehr komplett reduzieren auf den sogenannten Kollektivverkehr, also eng an eng in der U-Bahn, in der S-Bahn und im Bus, daneben
dann noch das Fahrrad und den Tretroller und das, was es da sonst noch gibt. Sie wollen den Bürgern der deutschen Hauptstadt aufzwingen, wie sie sich fortzubewegen haben, und zwar mithilfe dieses Gesetzes, das die individuelle Mobilität der Berliner und die Wahlfreiheit des Verkehrsmittels durch Preis- und Verknappungsmechanismen dermaßen einschränkt, wie es sich bislang kaum jemand vorstellen kann. Künftig wird höchstwahrscheinlich an den Ortseingangsschildern von Berlin stehen: „Umerziehungslager Berlin, entmotorisierte Zone – herzlich willkommen!“
[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Zuruf von links: Sind Sie schon geimpft?]
Recht herzlichen Dank, Herr Kollege! – Lieber Herr Scholtysek! Würden Sie meine Einschätzung teilen, dass vor dem Hintergrund der Schilderung der Verkehrspolitik dieses Senates es wohl eine richtige Einschätzung ist, dass der Senat dabei ist, Berlin in eine RikschaWirtschaft zu verwandeln?
Da stimme ich Ihnen voll und ganz zu. Ich weiß auch nicht, ob vielleicht schon erste Gespräche mit Pjöngjang geführt werden. Von daher: Es läuft darauf hinaus, auf jeden Fall.
Dieses von mir geschilderte Gesetz wird künftig der Schlüssel sein, um von der Masse der Berliner den Wechsel zur sogenannten kollektiven Mobilität zur erzwingen, weil die individuelle Mobilität, das Auto, für einen ganz großen Teil der Bevölkerung nicht mehr bezahlbar sein wird. Sie nehmen den Berlinern ihre Freiheit – die Freiheit, jederzeit dorthin zu fahren, wohin sie wollen. Sie nehmen den Menschen, die beruflich oder gesundheitlich auf ein eigenes Fahrzeug angewiesen sind, die Möglichkeit zur sozialen Teilhabe und freien Entfaltung. Sie haben fünf Jahre lang nichts als Verbote, Beschneidungen und Einschränkungen geplant und umgesetzt. Sie haben
nichts, aber auch gar nichts Positives zur Verbesserung der Verkehrssituation in Berlin beigetragen. Sie lassen Brücken und Straßen bewusst verrotten. Sie investieren keinen Euro in sinnvolle neue Infrastruktur. Sie verweigern seit fünf Jahren den Weiterbau der A 100, der das Verkehrsaufkommen in der City massiv entlasten würde. Ihre Vision heißt: Das Auto muss weg, Parkplätze müssen weg, und am Ende muss nach Ihrer Vorstellung auch die Straße weg.
Sie scheuen auch nicht davor zurück, Radfahrer als menschliche Verkehrshindernisse zu missbrauchen. Sie platzieren ganz bewusst Radwege ausschließlich entlang der Hauptstraßen, wohlwissend, dass es dadurch immer wieder zu Konflikten kommt, und wohlwissend, dass Sie so immer wieder neue Gründe finden, warum das Auto weg muss.
Mit den beiden bereits verabschiedeten Teilen des Mobilitätsgesetzes haben Sie dafür den Grundstein gelegt. Und jetzt komme ich auch zur CDU, die in den letzten Jahren einen durchaus erstaunlichen Wandel vollzogen hat. Auch wenn Herr Friederici hier immer wieder wettert, hat die CDU sich doch immer weiter an den Linksblock angebiedert.
Der erste Teil des Mobilitätsgesetzes wurde von der CDU noch abgelehnt, beim zweiten Teil gab es dann von der Union eine Enthaltung, und mittlerweile stimmt die CDU im Verkehrsausschuss mit SPD, Linken und Grünen für die Umsetzung von Straßensperrungen und Durchfahrtsverboten in Charlottenburg-Wilmersdorf.
Ja, richtig gehört, auch die CDU beteiligt sich mittlerweile am Kampf gegen das Auto und beteiligt sich daran, die Bürger dieser Stadt immer weiter einzuschränken. Das ist alles nachzulesen in den Protokollen der Ausschusssitzungen. Auch Sie beteiligen sich an der Autohasserpolitik dieses Senates in der Hoffnung auf eine mögliche Regierungsbeteiligung. Sie verraten die Interessen der Berliner aus rein eigennützigen Interessen. Die CDU verkauft sich und die Berliner für die berühmt-berüchtigten 30 Silberlinge.