Nein, danke! – Der Antrag zielt darauf ab, soziale und wirtschaftliche Ängste zu instrumentalisieren und einen Keil in die Bevölkerung zu treiben. Das ist das Ziel, nichts anderes haben Sie mit Ihrem schiefen Bild im Sinn. Gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus hat die SPD aber schon immer klar Position bezogen. Deshalb stehe ich hier in meiner vorerst letzten Rede und sage: Wir lehnen die Idee dieses Antrags entschieden ab, auch weil wir als SPD immer auf der richtigen Seite der Geschichte stehen und gestanden haben.
[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Lachen bei der AfD und der FDP – Holger Krestel (FDP): Da lacht sogar Willy Brandt!]
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben erst in der letzten Plenarsitzung vor zwei Wochen über die Folgen der veränderten Lage in Afghanistan für unser Land ausführlich debattiert. Insofern teile ich die Anmerkung der Kollegin der SPD, wozu wir heute wieder darüber reden, denn es gibt keine neuen Erkenntnisse.
Ich will aber noch mal deutlich machen, was wir auch vor zwei Wochen deutlich ausgeführt haben, warum wir nämlich als CDU-Fraktion ohne Wenn und Aber für die Aufnahme der afghanischen Ortskräfte der Bundeswehr und weiterer deutscher Stellen sind, natürlich auch ihrer Familien – weil wir dort eine Verantwortung spüren. Ich hatte Ihnen darüber berichtet, wie unsere Soldatinnen und Soldaten darüber denken, die in Afghanistan im Einsatz und auf die Unterstützung unserer Ortskräfte angewiesen waren. Ich kann das hier gerne noch mal wiederholen. Man hat es mir genauso gesagt, wie ich es Ihnen jetzt wiedergebe: Herr Dregger, unsere afghanischen Ortskräfte haben mit uns im Gefecht gestanden, sind auch bei Gefahren nicht von unserer Seite gewichen und haben
uns treu gedient. Wir können morgens nicht mehr in den Spiegel schauen, wenn wir sie nicht vor der Verfolgung durch die Taliban schützen. – Daher gilt für uns als CDUFraktion, genauso wie ich es vor zwei Wochen in nicht zu übertreffender Klarheit zum Ausdruck gebracht habe: Wer unseren Truppen und weiteren Stellen wie unserer Botschaft treu gedient hat, der hat auch unsere Treue verdient. Daher bekennt sich die CDU-Fraktion ohne Wenn und Aber zur Aufnahme der Ortskräfte der Bundeswehr und anderer Regierungsstellen in unserem Land, auch hier in Berlin.
Ohne Frage ist es Ziel deutscher Politik, in der jetzigen Lage, aber auch sonst, Menschen in Not vor Ort zu helfen. Das gilt übrigens nicht nur für Afghanistan, sondern ebenfalls für andere Krisenländer dieser Welt. Wir haben auch in nicht zu übertreffender Klarheit deutlich gemacht, dass eine ungesteuerte und alle staatlichen Strukturen überfordernde Migrationsbewegung nicht im Interesse unseres Landes ist, aber auch nicht im Interesse der Schutzsuchenden. Deswegen werden wir alles dafür tun, dass es eine Wiederholung der Situation von 2015 und 2016 in unserem Land nicht geben wird. Damit ist im Grunde alles gesagt und nichts hinzuzufügen.
Ich will aber auch deutlich an die Adresse der AfD sagen, die uns jetzt mit diesem Antrag noch einmal zu dieser Debatte veranlasst: Im Grunde legen Sie all das Gesagte noch einmal in epischer Breite dar und wollen es wiederkäuen. Ich sehe auch, was in Ihren sozialen Netzwerken parallel passiert. Hier werden Hysterie und Angst vor nicht zu bewältigenden afghanischen Flüchtlingsströmen geschürt. Davon kann überhaupt nicht ansatzweise die Rede sein.
Deswegen haben Sie recht gehabt, als Sie gerade darauf hingewiesen haben, dass ein nicht existierendes Problem dramatisiert wird. Ich finde das nicht in Ordnung, weil es als Manöver leicht durchschaubar ist. Sie wollen einfach glauben, dass Sie mit Ihrem einzigen Thema, Ihrem Monothema, politischen Profit zehn Tage vor einer Bundestagswahl und auch einer Abgeordnetenhauswahl erzielen können. Mir tut das einfach leid, denn das hat dieses Abgeordnetenhaus nicht verdient. Wir haben klar und deutlich vor zwei Wochen darüber debattiert. Dass Sie diese Debatte wiederholt haben wollen, dafür gibt es überhaupt keine Veranlassung.
Ich will auch sagen, dass Ihren sonstigen hysterisierenden Sorgenaufrufen zum Trotz endlich mal zur Kenntnis genommen werden muss, dass die Zahl der Asylantragsteller Deutschland seit 2015 und 2016 um 90 Prozent zurückgegangen ist. Es gibt überhaupt keinen Grund, diese Hysterie mit Blick auf 2015 und 2016 fortzusetzen. Die Zahlen sind nicht zurückgegangen, weil es weniger Migration in diesem Land oder in dieser Welt gäbe, son
dern aufgrund politischer Entscheidungen der europäischen Regierungen, auch der Bundesregierung. Sie haben hingegen schlichtweg nichts zu dieser positiven Entwicklung beigetragen. Sie beschränken sich darauf, Ängste zu schüren, ohne Lösungen anzubieten. Diesen Gefallen tue ich Ihnen nicht. Über das Stöckchen springe ich nicht. Da mache ich nicht mit. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, wir kriegen jetzt hier nicht noch mehr „mein schönstes Filmerlebnis“ erzählt. Das hatte nicht viel beizutragen zu der Auseinandersetzung, die wir hier eigentlich schon mal geführt haben,
nämlich: Wie gehen wir eigentlich mit den Menschen um, die in Afghanistan für die Bundeswehr und deutsche Behörden gearbeitet haben und dort jetzt nicht mehr rauskommen? – Ich bin sehr froh, dass es in Berlin und Deutschland eine große Solidarität mit genau denen gibt, die in Afghanistan um ihr Leben fürchten müssen und versuchen, um jeden Preis noch aus diesem Land zu kommen, aber auch eine große Solidarität mit denen gibt, die es geschafft haben, hierher zu kommen. Ich will die Debatte gar nicht wiederaufmachen, die wir hier vor 14 Tagen auch sehr leidenschaftlich geführt haben. Normalerweise ist Wiederholung die Mutter der Politik und der Propaganda, aber manchmal wird es ja auch mühselig.
Ich finde, es ist schäbig, dass die AfD versucht, zehn Tage vor der Wahl noch mal irgendwie ein Thema zu finden. Ja, 2017 haben Sie mit dem Thema ganz erfolgreich abgeschlossen, aber jetzt lässt es sich nicht reaktivieren. Was für ein Pech für Sie! Es hat auch nicht mit dem Coronaleugnen geklappt. Das hat Nicola BöckerGiannini schon gesagt. Das klappt irgendwie auch nicht, da können Sie noch so viel mit Neonazis demonstrieren gehen. Wer es jetzt immer noch nicht verstanden hat: Es ist tatsächlich so, die AfD hat überhaupt kein Angebot, weder ein stadtpolitisches Angebot noch ein gesellschaftspolitisches Angebot. Das Einzige, was sie hat: Ressentiments und Hetze sind ihre Instrumente.
Demokratie interessiert Sie nicht. Die wollen Sie abschaffen. Die völkische Herrschaft ist Ihr Ziel.
Ich glaube, das sollen die Wählerinnen und Wähler wissen, dass, wer diese Partei wählt, ganz sicherlich nicht zur Fortentwicklung der Demokratie beiträgt.
Wenn wir von 2015 sprechen, ja, da gibt es Dinge, die sich nicht wiederholen dürfen, zum Beispiel, davon hat Anne Helm heute Morgen gesprochen, dass Menschen irgendwie im Matsch vor dem LAGeSo stehen und ewig lange warten müssen, dass sie ihren Antrag stellen können. Es darf sich nicht wiederholen, dass Menschen in Turnhallen oder Hangars leben müssen. Es darf sich nicht wiederholen, dass sich eine AfD auf Kosten dieser Menschen profiliert. All das soll sich nicht wiederholen. Aber die Solidarität, die wir 2015 hatten, haben wir jetzt auch wieder, und die soll sich wiederholen, denn das soll das prägende Element unserer Gesellschaft sein.
Diese Solidarität, dieses Prinzip der Willkommenskultur, der Willkommensgesellschaft, hat sich auch durch die Politik dieses Berliner Senats gezogen. Ja, wir sind froh darüber, dass Berlin ein sicherer Hafen ist und sich immer als sicherer Hafen verstanden hat. Wir sind auch froh darüber, dass Berlin das erste Bundesland war, das vor zwei Jahren gesagt hat: Wir sind bereit, Flüchtlinge aus der Seenotrettung aufzunehmen. – Ich glaube, die Lifeline war das erste Schiff, wo Berlin als erstes Bundesland gesagt hat: Lasst sie an Land! Wir nehmen auf. – Alle anderen Bundesländer, übrigens auch CDU-geführte, sind nachgekommen. Ich bin auch froh darüber, dass Berlin als erstes Bundesland Klage gegen die ewige Seehofersche Blockadepolitik und für ein Landesaufnahmeprogramm erhoben hat.
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Carsten Ubbelohde (AfD)]
Berlin steht für eine Willkommenskultur, für eine bunte Gesellschaft, für eine Gesellschaft, in der Flüchtlinge nicht nur ankommen, sondern auch gleichberechtigter Teil dieser Gesellschaft werden. Das ist gut so.
Berlin macht es auch ganz praktisch. Wir wollen schnelle Partizipation, schnelle Integration, und deswegen bin ich froh, dass es Sprachkurse für alle gibt und nicht nur für diejenigen, die eine sogenannte gute Bleibeperspektive haben, wie das BAMF es vorsieht. Wer entscheidet das denn?
Wenn Sie einen Sprachkurs brauchen, gehen Sie zur Volkshochschule; das scheint mir auch nötig zu sein!
Ich bin froh, dass bei uns alle Kinder in die Schule gehen können. Ich bin auch froh, dass wir es über die Integrationslotsen, die Stadtteilmütter und viele weitere Maßnahmen und Projekte geschafft haben, schnelle Wege in die Gesellschaft zu schaffen. Partizipation wird bei uns großgeschrieben. Wir haben die BuBS, wir haben viele andere Maßnahmen ergriffen, und das ist gut so. Wir haben die Gesundheitskarte geschaffen, damit man, ohne befürchten zu müssen, gleich auf die Abschiebeliste zu gelangen, eine gesundheitliche Versorgung erhält. Wir haben mit Projekten wie „Berlin braucht dich!“
in die gesamte Stadtgesellschaft hinein signalisiert: Diese Gesellschaft ist bunt, diese Gesellschaft ist vielfältig, und wir brauchen alle. – Das ist alles genau das Gegenteil von dem, was Sie wollen, das ist mir völlig klar, und das ist gut so. Berlin soll so bleiben – bunt, vielfältig und eine Willkommensstadt.
[Beifall bei der LINKEN und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Und pleite!]
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ein bisschen ungerecht, Kollege Dregger, dass ich immer nach Ihnen reden muss, aber ich kann mich Ihnen natürlich gerne anschließen: Wer uns treu gedient hat, dem werden wir auch eine gewisse Treue schulden.
Ich muss Ihnen sagen, schon die Überschrift des Antrags der AfD stimmt nicht. Es muss heißen: 2015 wird sich nicht wiederholen. – Ich gehe sicher davon aus, dass der Berliner Senat längst Maßnahmen vorbereitet, dass es hier keine mengenorientierte Aufnahme, sondern eine Aufnahme nach erfolgter Fallprüfung der geflüchteten Ortskräfte und der anderen politisch verfolgten Menschen aus Afghanistan geben wird.
Ich rechne zuversichtlich mit einem kulturangepassten Aufnahmeprogramm, wozu neben der Vermittlung gesellschaftlicher und Erwerbsfähigkeiten bzw. Qualifikationen zum Beispiel auch eine traumatologische Begutachtung, eine psychologische Begutachtung sowie eine unvoreingenommene Abfrage bei den deutschen Sicherheitsdiensten zählen, namentlich beim militärischen Abschirmdienst, mit dem die Ortskräfte in der Regel in Afghanistan zu tun hatten. Ich rechne auch damit, dass es die Bereitstellung von Ankommens- und Kulturlotsen für die aufzunehmenden Personen geben wird. Es wäre
nämlich schlimm für uns, aber auch für die Aufzunehmenden, wenn unsere Neuankömmlinge, wie es 2015 zu oft geschehen ist, sich selbst überlassen werden und letztlich in irgendwelchen parallelgesellschaftlichen Nischen enden.