Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorgestern hat in Berlin der zweite Demokratietag stattgefunden, und um eine Frage von Demokratie geht es im Kern in dem vorliegenden Antrag der AfD. Wieder einmal tritt diese einzelne Partei so auf, als ob sie für alle Berlinerinnen und Berliner sprechen könnte, also auch für die Menschen, die die Vertreterinnen und Vertreter der Grünen, der Linken oder der SPD in diesem Haus gewählt haben. Die Berliner Bevölkerung nicht überfordern, heißt es im Titel. Die Bevölkerung hat aber 2016, also ein Jahr nach der angeblichen Überforderung durch die Menschen, die aus Syrien kamen, einer politischen Konstellation die Mehrheit gegeben, die Berlin zur Solidarity City erklärt hat. Michael Müller hat den Beitritt Berlins zum Solidarity Network am 10. Januar 2019 mit dieser Mehrheit im Rücken bekannt gegeben. Mit Erlaubnis der Präsidentin darf ich einen Satz des Regierenden Bürgermeisters aus seiner damaligen Presseerklärung zitieren:
Unsere Stadt ist eine weltoffene Metropole, in der die Grundsätze der „Solidarity Cities“ seit jeher praktiziert werden. … Auch in Zukunft wird Berlin Schutzort und Lebensmöglichkeit für Geflüchtete sein. Wir begrüßen das Engagement aller Städte und ihrer Menschen, die sich dieser humanitären Aufgaben stellen, und als Ausdruck dieser Haltung zum Netzwerk der „Solidarity Cities“ gehören.
Zu der Bevölkerung oder den großen Teilen der Bevölkerung, von der die AfD im Antrag behauptet, dass sie überfordert seien, gehören außerdem nicht die Tausenden Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Seebrücken-Demo am 22. August dieses Jahres. Dazu gehört auch nicht der Deutsche Städtetag, der anlässlich dieser Demonstratio
nen, die zeitgleich an vielen Orten stattfanden, Bund und Länder aufforderte, rasch konkrete und verlässliche Angaben über die Zahl der zu erwartenden Flüchtlinge aus Afghanistan zu machen, denn – Zitat –: „wir wollen helfen, das ist unsere Verpflichtung.“ Dazu brauchen wir konkrete Angaben.
Es gehören auch nicht die vielen Kirchengemeinden und Organisationen dazu, die sich für Geflüchtete einsetzen, so wie sie es auch schon 2015 getan haben. Um es abzukürzen: Fast zwei Drittel der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger sind nach einer Onlineumfrage dafür, jetzt bedrohten Menschen aus Afghanistan Schutz in Deutschland zu gewähren.
Wenn Sie also einen Antrag stellen, mit dem Sie fordern wollen, dass Berlin keine Geflüchteten und keine Menschen aus Afghanistan aufnehmen soll,
[Frank-Christian Hansel (AfD): Steht doch gar nicht drin! Mein Gott! – Zuruf von Ronald Gläser (AfD)]
dann können Sie das selbstverständlich in Ihrem eigenen Namen tun. Dafür wurden Sie von ihren Wählerinnen und Wählern gewählt. Es ist aber nicht legitim, hier immer und immer wieder Anträge zu stellen und Reden zu halten, in denen Sie behaupten, im Namen der Berlinerinnen und Berliner zu sprechen. Sie sprechen genau für die 14 Prozent, die Sie gewählt haben, mehr nicht.
Ich muss Ihnen sagen: Wir Grünen und die Parteien der Koalition lassen das nicht zu. Wir stehen für eine demokratische Debattenkultur auf der Grundlage von Fakten und Wissenschaft.
Wir wollen das Beste für unsere Stadt und die Menschen, und zwar für alle Menschen, unabhängig davon, woher sie kommen, wie sie aussehen, welchen Bildungsstand sie haben oder welcher Religion sie angehören. Wir wollen gute Politik für alle Berlinerinnen und Berliner.
2015 gab es am LAGeSo, geführt durch einen Senator der CDU, mit der Sie ja neuerdings Ihre Anträge abzustimmen scheinen, ein absolutes politisches Versagen. Wenn die Berlinerinnen und Berliner damals nicht angepackt und sich monatelang um die Geflüchteten gekümmert hätten, wäre das Elend noch sehr viel schlimmer gewesen.
Nein! – Mittlerweile ist das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten gut aufgestellt und umstrukturiert, Unterkünfte stehen bereit, die psychosoziale Versorgung ist aufgestockt. Die Kollegin Katina Schubert hat einiges dazu gesagt, und auf die Aufnahmebereitschaft vieler Berlinerinnen und Berliner können wir uns verlassen.
unseren Mut, den Optimismus und die Hoffnung entgegen, mit der man große menschliche Aufgaben lösen kann.
Wir wollen unseren humanitären Verpflichtungen nachkommen, wie es sich für aktive Bürgerinnen und Bürger im Herzen Europas gehört.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die AfDFraktion hat eine sofortige Abstimmung beantragt. Wer dem Antrag der AfD-Fraktion auf Drucksache 18/4122 mit dem Betreff „Die Flüchtlingskrise von 2015 darf sich nicht wiederholen! Endlich die erforderlichen Lehren aus den Fehlern ziehen und die Berliner Bevölkerung nicht überfordern!“ zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die AfD-Fraktion und der fraktionslose Abgeordnete Nerstheimer.
[Tobias Schulze (LINKE): Hass macht einsam! – Sabine Bangert (GRÜNE): Wie schon gesagt: Sie stehen alleine da!]
Keine Schnellschüsse zulasten unserer Wohnungsbaugesellschaften – Ankauf der 14 000 Wohnungen von Vonovia und Deutsche Wohnen stoppen
Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Senat hat in diesen Tagen eines der größten Wohnungspakete im Ankauf zum Großteil schon beurkundet. Die Information an das Parlament war bei dieser Maßnahme eher, ich würde mal sagen, ein schlechter Witz.
Wir haben uns alle sofort darum gekümmert, am Dienstag in der letzten Woche den Datenraum aufzusuchen. Das, was wir dort fanden, waren ein paar bunte Blättchen und eine Liste mit ein paar Straßenzügen drauf.
Mittlerweile wissen wir ein bisschen mehr. Heute Nacht, 21.55 Uhr war es bei mir, kam nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes eine Liste mit vollständigen Adressen, die anscheinend jetzt nicht mehr ganz so geheimnisvoll war, sondern einfach per Mail versendet worden ist.
Kollegin Meister! Ich wollte Sie nur fragen: Legen Sie Wert darauf, dass ein Mitglied des Senats da ist? – Es kommt gerade. – Danke!
Schon ist er bei uns. Vielen herzlichen Dank! – Bleiben wir bei der Mail von heute Nacht, bei der wir jetzt, nicht mehr so ganz vertraulich, ein bisschen wissen, was der Senat gekauft hat. Das, zu dem es am Mittwoch noch hieß: Das ist irre vertraulich, das haben wir der Deutschen Wohnen versprochen, darüber dürfen wir alle nicht reden. – Erstaunlich ist, dass der Regierende Bürgermeister schon vor Monaten angekündigt hat, was er sich wünschen würde, nämlich: Kottbusser Tor, High-DeckSiedlung, Thermometersiedlung usw. – Das war völlig öffentlich. Es ist übrigens für Preisverhandlungen auch immer eine Geschichte, rauszugehen und zu sagen: Wissen Sie, das hätte ich gerne. – Das macht es meistens nicht so viel einfacher.
Jetzt haben wir es aber: Jetzt haben wir 14 700 Wohnungen. 2,4 Milliarden! Komplett auf Pump finanziert! – Das ist mal mutig. Wenn man sich die Wohnungen anguckt, weiß auch ein Laie, dass natürlich eine Bebauung aus den Sechziger- und Siebzigerjahren mit hoher Wahrscheinlichkeit asbestbelastet ist. Das heißt, was in den Nullerjahren mit hohen Schulden verbunden war – die GSW war damals hoch verschuldet, die Wohnungsbestände waren entsprechend runtergerockt –, was man damals verkauft hat, haben wir jetzt am Ende des Tages wieder: wieder mit Schulden! Ob der Sanierungszustand besser ist, dürfen wir uns alle fragen, denn wie der Bestand jetzt im Einzelnen ist, hat die nächtlich zugesandte Liste natürlich nicht erklärt.
Wie gesagt: alles auf Pump! – Ein hohes Risiko für die beteiligten Wohnungsbaugesellschaften und natürlich ein fatales Zeichen für alle die Berliner und Berlinerinnen und für alle Menschen, die nach Berlin kommen und eine Wohnung suchen und in Zweierreihen anstehen! Was hätte man Schönes bauen können, und zwar ganz ohne Asbest und ohne Sanierungsbedarf, weil Neubau zumindest die ersten 20 Jahre eigentlich halten sollte!
Es war eine etwas seltsame Diskussion letzte Woche im Hauptausschuss, weil es nicht ganz ungewöhnlich ist, dass die Opposition nicht alles nur beklatscht, was der Senat macht. Aber es waren mit mir auch Linke und Grüne. Nun schätze ich durchaus alle Kollegen. Trotzdem darf man sich ein bisschen wundern, dass auf einmal Grüne auch gegen einen Wohnungsankauf stehen, wo sie doch einen Stadtrat hatten, der schon einkaufen war, ohne überhaupt irgendwo Geld zu haben. Und die Linken, die in einer Nacht- und Nebelaktion die Karl-Marx-Allee aufgekauft hat, von der man sich auch wundern darf, wie schlau denn das war, zumal es sich da zum Teil schon um entstandene WGs gehandelt hat!
Wenn wir uns dann noch mal erinnern, wie es mit dem Kosmosviertel ausging – wo ein Preis am Markt diskutiert worden ist, von dem das Land und damit die Steuerzahler nachher das Doppelte gezahlt haben, dafür dass wir jetzt feststellen, dass auch noch Nachforderungen kommen, weil man die Modernisierungen vorher nicht genau geprüft hat –, dann stellt sich wirklich die Frage, warum Sie versuchen, allen Menschen glauben zu machen, dass unsere Daseinsvorsorge beim Staat am besten aufgehoben ist, bei einem Staat, der es noch nicht mal gebacken kriegt, einen Personalausweis zu verlängern.