Protokoll der Sitzung vom 19.05.2022

fühlen, Museen oder Ausstellungen für diese Jagdkultur zu eröffnen, dann können wir sie möglicherweise nicht daran hindern. Aber öffentliche Gelder und Ressourcen dafür zu verschwenden, das können wir glücklicherweise verhindern.

[Zuruf von Dr. Robbin Juhnke (CDU)]

Noch kurz zum Weltkulturerbe. Diese Praxis der Jagd mit Präsentation der getöteten Tiere und dem Trophäenkult ist eine Erfindung aus dem 19. und 20. Jahrhundert und hält den Kriterien zur Aufnahme als Kulturerbe überhaupt nicht stand. Als Archäologin kann ich Ihnen sagen: Jagdkultur ist nicht die älteste Kulturform der Menschheitsgeschichte. Das ist wissenschaftlich einfach Schwachsinn. Auf den Punkt gebracht: Das Töten schwächerer Lebewesen möchten Sie zum Weltkulturerbe ernennen und ins Museum stellen, und zwar nicht um zu mahnen oder aufzuklären, sondern um diese widerliche Praxis auch noch zu verherrlichen. Das werden wir nicht zulassen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Vielen Dank! – Dann hat der Abgeordnete Brousek die Gelegenheit zu einer Zwischenbemerkung.

Vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Frau Billig! Das war Ihrem Namen entsprechend wirklich billig.

[Torsten Schneider (SPD): Oh Mann, Alter! – Oh! von der LINKEN]

Das war aus Wikipedia irgendetwas herausgelesen. Wissen Sie, der Dr. Juhnke, der hat wenigstens Ahnung. Der hat irgendetwas Fundiertes gesagt, während Sie nur Sachen erzählt haben, die ich nicht im Mindesten erzählt habe. Trophäen tauchten gar nicht auf. Waffen tauchten nicht auf. Sie wollen einfach nur Ihre furchtbare grüne Ideologie in alles hineinzwängen,

[Oh! von den GRÜNEN]

in alles hineinkotzen, was es so gibt. Das ist keine vernünftige politische Argumentation, lassen Sie sich das gesagt sein!

[Beifall bei der AfD – Stefan Evers (CDU): Hei! – Benedikt Lux (GRÜNE): Schießen mit Kanonen auf Spatzen!]

Dann hat die Kollegin Billig die Gelegenheit zur Erwiderung.

(Daniela Billig)

Ich habe nicht aus Wikipedia zitiert. Das ging auch gar nicht, da stand ja nichts drin, wie ich gesagt habe.

[Beifall bei den GRÜNEN – Ronald Gläser (AfD): Sie hat es versucht! – Karsten Woldeit (AfD): 24 600 Googletreffer!]

Und im Übrigen: Ich habe geschaut, ob das Wort Jagdkultur vielleicht wenigstens dort vorkommt, denn im Duden stand es nicht. Ich habe mich dann natürlich auf richtige Literatur, auf Literatur auf Papier konzentriert. Und ansonsten: Lesen Sie sich Ihre Anträge noch einmal durch! Natürlich kommt das Wort Trophäen da vor.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Dann hat für die FDPFraktion der Kollege Förster jetzt das Wort.

[Zuruf von der AfD: Das passt ja!]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Thema Jagd redet bei der FDP-Fraktion natürlich der Förster, wie könnte es anders sein. Insofern war das quasi ein gesetzter Redebeitrag.

[Beifall bei der FDP]

Ich will an der Stelle als Köpenicker aber auch ausdrücklich sagen, dass das Thema Jagd, wenn man es vernünftig und sinnvoll betrachtet, immer auch mit Umwelt- und Naturschutz zusammenhängt. Jagd ist eben mehr als Schießen. Jagd ist auch Hege und Pflege, und jeder vernünftige Jäger, Frau Billig, wird das genauso sehen. Man sollte nicht gleich eine ganze Gruppe von mehreren Hunderttausend Leuten in Deutschland über einen Kamm scheren.

[Beifall bei der FDP und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Im Übrigen ist in Berlin – kleine Nachhilfe – die Jagd streng reglementiert. Sie findet in der Regel auch nur in den staatlichen Forstgebieten statt, und die jeweiligen Revierförstereien kennen ihre Jäger bestens. Zum größten Teil sind das auch Leute der Landesforstämter und langjährige Jäger, die dort arbeiten. Es ist eine sehr geringe Anzahl an Menschen, die überhaupt eine Jagdberechtigung in Berlin haben, und die machen das natürlich auch im Auftrag der Revierförstereien, um den Bestand in Waage zu halten, und es ist in der Tat sehr ausgewogen. Wir haben in Berlin auch eine wachsende Population. Da ist in der Sache auch nicht zu beanstanden, dass Jagd stattfindet.

Im Kern geht es aber hier bei den Anträgen um andere Dinge. Es geht nicht darum, ob wir Jagd haben, ob Jagd stattfindet, ob wir Jagd brauchen, sondern, ob wir diese Anträge der AfD brauchen, und da sage ich: In dieser Form brauchen wir sie natürlich nicht.

[Beifall bei der FDP]

Kollege Juhnke hat darauf hingewiesen, die Frage des immateriellen Welterbes wird letzten Endes an anderer Stelle entschieden. Berlin ist nicht das Bundesland, das hier in erster Linie Vorstöße machen muss. Es gab Vorstöße von Hessen, die das gemacht haben. Es war interessanterweise übrigens eine schwarz-grüne Regierung, die das dort anschieben wollte, aber auch das war bisher nicht von Erfolg gekrönt, weil es sehr viele verschiedene andere Bereiche gibt, die auch auf die Liste wollen. Das ist ganz klar. Das würde eine schwierige Sache werden, und das brauchen wir hier in Berlin auch nicht anzuschieben.

Der zweite Punkt: Die Jagd- und Forstgeschichte – auch das hat Kollege Juhnke schon anklingen lassen – ist in Berlin hinreichend präsent, nicht nur im Jagdschloss Grunewald, auch in den Heimatmuseen der Bezirke. In Köpenick gibt es zum Beispiel eine eigene Ausstellung dazu. Es gibt aber auch die Natur- und Lehrkabinette, zum Beispiel am Teufelssee, auch in Köpenick gelegen, die natürlich auch die Forstgeschichte und auch die Forstgeschichte zu DDR-Zeiten – das hat ja auch eine gewisse Tradition – mit Ausstellungen dokumentieren. Das gibt es alles. Und es gibt vor allem zahlreiche Bücher und zahlreiche Veranstaltungen, die zu diesem Thema regelmäßig stattfinden, übrigens auch im Schloss Köpenick, und zwar ohne, dass man das dort anregen muss.

Ich will darauf hinweisen: Schloss Köpenick ist in erster Linie einer der beiden Standorte vom Kunstgewerbemuseum. Das andere ist hier um die Ecke am Kulturforum am Potsdamer Platz. Es hat natürlich einen klaren Sammlungsschwerpunkt auf diese Bereiche. Natürlich finden dort auch mal Sonderausstellungen statt, die das Thema am Rande streifen.

Wir hatten vor ziemlich genau zehn Jahren, am 24. Mai 2012 – das sage ich jetzt noch mal als Vorsitzender des Heimatvereins Köpenick – ein Kolloquium zu Ehren des Jagd- und Forsthistorikers Erich Hobusch: zu seinem 85. Geburtstag. – Da war alles da, was Rang und Namen hat, unter anderem auch das „Forum lebendige Jagdkultur“. Das gibt es wirklich, und das sind keine Revanchisten, sondern das sind ehrbare Leute. Es gab dort Grußworte, unter anderem vom Bezirksbürgermeister Oliver Igel. Der war damals auch schon im Amt: also auch Beständigkeit in Treptow-Köpenick! – Es gab dort auch schöne Ausstellungen von jagdlichen Motiven und Bildern und Fotografien. Es war eine runde Sache, und es wurde vor allen Dingen auch darüber geredet, was Jagd für eine Geschichte und Tradition hat. 2012 war übrigens das Jahr, wo der Alte Fritz, der Preußenkönig, seinen 300.

Geburtstag hatte. Da hat man natürlich die Heidereiter, die Landjäger, die es gab, natürlich auch in den heimischen Wäldern. Eine lange Geschichte, die man auch darstellen kann!

Das kann man aber in den vorhandenen Publikationen nachlesen. Es gibt relativ wenige Exponate, die ein neues Museum möglich machen würden, und vor allen Dingen ist Berlin auch sehr dezentral aufgestellt. Es macht Sinn, es in den Bezirken und in Örtlichkeiten zu präsentieren wie im Jagdschloss Grunewald oder eben auch im Lehrkabinett am Teufelssee. Da ist das am Ende auch gut aufgehoben.

In der Tat – auch da bin ich beim Kollegen Juhnke –: Den Museen vorzuschreiben, was sie zu zeigen haben, wird nicht funktionieren. Man kann aber freundlich anfragen. Ich habe das Beispiel von vor zehn Jahren genannt. Dann kriegt man auch im Schloss Köpenick wunderbar die Räume bereitgestellt für ein schönes, ausgewogenes Kolloquium zum Thema Jagd, Jagdkultur und zum Thema Natur und Naturschutz. Denn das gehört natürlich auch zusammen.

Also kann man am Ende die verbleibende Minute noch nutzen, um zu sagen, dass das, was die AfD hier vorgetragen hat, ein Stück weit am Ziel vorbeigeschossen war. Nicht jeder Schuss kann ein Treffer sein. Das ist bei der AfD häufiger der Fall.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Oliver Friederici (CDU)]

Sie kennen es, dass bei Ihnen mancher Schuss daneben geht und Sie manchen Schuss auch nicht hören. Das ist das, was oft stehen bleibt. Man kann am Ende auch noch den kürzesten Witz, den es gibt, einen Jägerwitz, zum Besten geben: Treffen sich zwei Jäger. Beide tot! – Den könnte man auch irgendwo ausstellen.

[Anne Helm (LINKE): Es ist gar keine Pflicht, die Redezeit auszunutzen!]

Ansonsten kann man natürlich auch sagen – das ist für die AfD sicherlich auch typisch –, dass sie mit sehr kleinteiligen Anträgen kommen, die am Thema vorbeigehen und am Ende dazu führen, dass man sich damit auch hier in diesem Hause beschäftigen darf.

[Beifall bei der FDP]

Die Kollegin Helm sagt, es ist keine Pflicht, die Redezeit auszunutzen.

[Carsten Schatz (LINKE): Sie hat recht! – Torsten Schneider (SPD): Ich bin auf Ihrer Seite, Frau Helm!]

Aber man kann es doch tun, weil natürlich gerade noch so viele schöne Gedanken kommen. In diesem Sinne: Die drei Anträge sind entbehrlich, und man kann an der Stelle auch in Richtung AfD sagen: Lernen Sie schießen, treffen Sie Freunde! – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Heiterkeit bei der FDP – Torsten Schneider (SPD): Manchmal denke ich, ich bin im falschen Saal!]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die Linksfraktion hat die Kollegin Dr. Schmidt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte AfD-Fraktion! Gestatten Sie mir zu Ihren Anträgen zwei Bemerkungen vorab! Zum einen bestätigen Ihre Anträge einmal mehr, dass Sie entweder die Probleme der Menschen in dieser Stadt nicht kennen oder deren Wünsche schlichtweg ignorieren, oder sie Ihnen einfach egal sind. Mit diesen Anträgen schrammen Sie wieder komplett an den Themen vorbei, die diese Stadt tatsächlich bewegen.

Wir haben heute genug auf der Tagesordnung besprochen. Ob es die Folgen des Kriegs in der Ukraine sind, ob es die Folgen der Pandemie sind, Klimawandel: All diese Dinge sind Themen, mit denen wir uns beschäftigen und beschäftigen müssen. – Aber Sie kommen hier mit drei Anträgen zur Jagdkultur um die Ecke. Das zeigt deutlich, was Ihnen wichtig ist.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Da Sie in Ihren Anträgen auf eine jahrhundertelange, kostbare Tradition verweisen – mir fällt da nur ein: Viele Jahrhunderte lang war die Jagd etwas zutiefst Martialisches und stammt aus Zeiten, wo die Männer mit der Jagd das Überleben der Familie als Jäger und Sammler gesichert haben. – Auch, wenn es bei Ihnen noch nicht angekommen ist: Heute sind es die Männer und Frauen gleichermaßen und gleichberechtigt, die die Lebensgrundlagen der Familien sichern.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Zu Ihren Anträgen will ich auch noch was sagen. Mit Ihren Anträgen zur Jagdkultur oder für ein Jagdmuseum oder die Aufnahme der Jagdkultur in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes fordern Sie, die uns umgebende Natur wertzuschätzen, oder, unseren Wald und die darin lebenden Tiere zu schützen, auch den röhrenden Hirsch, oder, unseren Kindern die einheimische Fauna und Flora nahezubringen, oder, das Interesse an Ökologie und Landwirtschaft zu fördern, oder auch, aktiven Tier- und Landschaftsschutz zu betreiben, oder, die wichtige Arbeit der Waldarbeiterinnen und Försterinnen wertzuschätzen, also auch Ihre, Herr Förster. Es sind wichtige Themen. Seien Sie versichert: Alle diese Themen werden adäquat bearbeitet. – Dazu braucht es weder diese Anträge noch Ihre Fraktion.

(Stefan Förster)