Protokoll der Sitzung vom 23.06.2022

Ich rufe auf

lfd. Nr. h)

Einzelplan:

09 Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung

Es beginnt die Fraktion der SPD, und das macht die Kollegin Golm.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass ich heute hier für den Bereich Gleichstellung, Gesundheit, Pflege und Wissenschaft, Einzelplan 09, sprechen kann. Auch wenn die mit am drängendsten Probleme dieser Stadt, Wohnen und Mieten, wichtig und viel diskutiert sind, hat sich in der Pandemie doch wieder gezeigt: Gesundheit ist unser höchstes Gut, und ohne Gesundheit ist alles nichts.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Vermutlich haben viele Menschen den größten direkten Kontakt mit der Politik in Wahlkampfzeiten, wenn wir unser Wahlprogramm, unsere Ideen für die Stadt kommunizieren. Jetzt ist es an der Zeit, dass aus diesen Versprechungen Realität wird, und zwar eine, von der die Berlinerinnen und Berliner, die Bewohnerinnen und Bewohner dieser Stadt profitieren, und das ist uns hier gelungen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Unser im Wahlprogramm geäußerter Wille zur Gleichstellung spiegelt sich in diesem Haushalt und in den darin neu oder weiterhin geförderten Projekten wider. So etwas kann nur gelingen, wenn willige und an der Sache interessierte Akteurinnen wie hier vor Ort zusammenarbeiten. Ich bin froh, dass wir den Gleichstellungsetat für Frauen

in Berlin um 5 Prozent erhöhen konnten. Gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Sprecherinnen der Koalitionsfraktionen Ines Schmidt und Dr. Bahar Haghanipour und mit der Unterstützung von Frau Senatorin Gote und der zuständigen Senatsverwaltung ist es uns gelungen, die Kürzungen bei den Frauenprojekten nicht nur abzuwenden, sondern wir konnten mit dem Gleichstellungsetat erstmalig die 40-Millionen-Euro-Marke knacken

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

und damit das wichtige Thema Gleichstellung, das so viele Frauen in Berlin tagtäglich betrifft, stärken. Ich bedanke mich für diese vertrauensvolle und sachorientierte Zusammenarbeit!

[Beifall von Ines Schmidt (LINKE)]

Mein Dank geht aber auch an die Träger der Frauenhäuser und Beratungsstellen, die tagtäglich für die Frauen in unserer Stadt da sind und ohne die dieser Haushalt einfach nur theoretische Zahlen bleiben würde. Konkret konnten wir mit dem Geld ein weiteres Frauenhaus aufstocken, viele weitere Projekte für Frauen stärken, das Beratungsangebot mit mehr Beratungszeiten untermauern und einen Schwerpunkt auf die Frauengesundheit setzen und unter anderem die bezirklichen Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen stärken. Wir haben das Projekt der Täterarbeit beim Zentrum für Gewaltprävention zur Umsetzung der Istanbul-Konvention an die zukünftig verantwortliche Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport abgeben und die wegfallenden Mittel zu einem Teil hierfür nutzen können. Auch hier gilt mein Dank der zuständigen Senatorin.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Auch im Bereich Gesundheit, Pflege und Wissenschaft möchte ich zunächst meinen Dank aussprechen, und zwar an meine Sprecherkolleginnen und -kollegen der SPDFraktion Bettina König, Dr. Ina Czyborra und Lars Düsterhöft. Danke für diese gute Zusammenarbeit und für all das, was ihr erreicht habt!

[Beifall bei der SPD]

Natürlich gilt der Dank hier auch der Senatsverwaltung für die gute Zusammenarbeit.

Im Bereich der Gesundheit stehen wir vor großen Herausforderungen. Das sind der Gesamtbereich der Krankenhausinvestitionen, die Sicherung der Fachkräfte im Gesundheitswesen und natürlich die Sicherung und der Ausbau einer optimalen medizinischen Versorgung in der gesamten Stadt. Gerade für diese drängenden und wichtigen Themen haben wir in unserem Haushalt die richtigen Weichen gestellt.

(Bürgermeister Dr. Klaus Lederer)

Unsere Berliner Krankenhäuser sind das Herzstück der Gesundheitsversorgung, und wir müssen sie funktionsfähig halten. Das kann uns nur gelingen, wenn wir sie mit ausreichend Personal ausstatten, das natürlich gute Arbeitsbedingungen braucht und auch durch entsprechende Tarifverträge abgesichert sein muss. Aber auch die baulichen Zustände sowie die Infrastruktur in den Krankenhäusern sind für eine optimale Patientinnen- und Patientenversorgung unerlässlich. Im Bereich der Krankenhausinvestitionen hat die Koalition deshalb noch einmal deutlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt. Wir haben dafür gesorgt, dass sowohl Vivantes als auch die nicht öffentlichen Krankenhäuser zusätzliche Investitionsmittel in Millionenhöhe bekommen. Das Herzzentrum der Charité bekommt zusätzliche 10 Millionen Euro, und wir werden ein Green-Hospital-Programm auflegen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen ist leider Realität. Es ist hier unsere Aufgabe – eine große, gesamtgesellschaftliche –, dem entgegenzusteuern. Wir setzen hier ganz klar auf Ausbildung und übernehmen so als Land Berlin nun zukünftig auch endlich das Schulgeld für die schulische Ausbildung der Physio- und Ergotherapeutinnen und -therapeuten sowie der Logopädinnen und Logopäden.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und der FDP]

Viel zu oft vergessen – aber nicht von uns – werden die vielen obdachlosen Menschen in unserer Stadt oder die Menschen ohne Zugang zur Krankenversicherung. Wir haben im Haushalt die Mittel für die Versorgung dieser Menschen deutlich erhöhen können und die Zuschüsse an soziale Einrichtungen angepasst, und wir verstärken den Ansatz für die Stadtteilgesundheitszentren, die vor Ort in den Kiezen eine niedrigschwellige integrierte Versorgung und Behandlung und eine psychosoziale Beratung anbieten.

Wir haben im Einzelplan 09, Gesundheit, Pflege, Gleichstellung und Wissenschaft, die Prioritäten richtig gesetzt und die Weichen für die Zukunft gestellt. Vor uns liegt noch ein langer Weg, aber dieser Haushalt hat uns dem Ziel ein großes Stück nähergebracht. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Bleiben Sie gesund!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Herzlichen Dank! – Es folgt dann für die CDU-Fraktion der Kollege Grasse.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wissenschaft und Forschung sind unsere wichtigsten Zukunftsressourcen, von daher freut es mich und uns doch alle gemeinsam, dass sich Berlin im Wissenschaftsbereich in den zurückliegenden Jahren so positiv entwickelt hat: Zum einen dank erheblicher finanzieller Unterstützung seitens des Bundes, denn ohne den Bund wären Projekte wie das Berliner Institut für Gesundheitsforschung, das Deutsche Herzzentrum der Charité oder auch der Exzellenzverbund gar nicht möglich gewesen, auch wenn der Senat das gern bei sich verbucht, und so klang das ja eben auch ein wenig bei meiner Vorrednerin mit dem Blick auf das Herzzentrum.

Zum anderen aber auch, weil Wissenschaft und Forschung völlig zu Recht Chefsache waren, denn mit Michael Müller war der Regierende Bürgermeister zugleich Wissenschaftssenator und dieser so wichtige Bereich direkt in der Senatskanzlei angesiedelt. Diese Zeiten sind vorbei. Wissenschaft ist nicht mehr Chefsache, sondern nur noch eine Nebenstelle der Gesundheitsverwaltung. Das schlägt sich auch in der fragwürdigen Prioritätensetzung im vorliegenden Haushalt nieder. Ich möchte gern auf einige wenige Punkte eingehen.

Dass der rot-grün-rote Senat die Mittel für den Berliner Exzellenzverbund über die Einstein-Stiftung zunächst um 5 Millionen Euro gekürzt hat, war ein schwerer Fehler.

[Beifall bei der CDU]

Die Finanzierungszusagen des Landes müssen eingehalten werden, um den Erfolg des Verbunds nicht zu gefährden. Wir haben daher die Wiederaufstockung der Mittel beantragt. Berlin muss Exzellenzstandort bleiben.

[Beifall bei der CDU]

Thema Lehrerbildung: Angesichts des Lehrermangels ist es doch offensichtlich, dass wir endlich eine Qualitätsoffensive brauchen. 2 000 Lehramtsabsolventinnen und absolventen war die Zielmarke, 900 sind es am Ende geworden. Wir müssen die Attraktivität des Studiums erhöhen, um mehr junge Menschen für diesen Job zu begeistern, und wir müssen die Zahl der Studienabbrecher senken. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die 17 Millionen Euro im Haushalt gesperrt sind, weil der Senat immer noch kein Konzept vorgelegt hat.

Thema studentischer Wohnraum: Wenn wir über optimale Rahmenbedingungen sprechen, die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Studium sind, dann zählt dazu natürlich auch bezahlbarer Wohnraum. Die Versorgungsquote mit studentischem Wohnraum liegt bundesweit bei durchschnittlich 10 Prozent, in Berlin bei 5,6 Prozent. Auch hier müssen Sie endlich etwas tun. Sie haben hier ein Umsetzungsproblem.

(Mirjam Golm)

Thema Hochschulsanierung: Der Sanierungsstau an unseren Hochschulen beläuft sich mittlerweile auf rund 5,6 Milliarden Euro. Das ist in etwa die Größenordnung des BER. Und es ist nicht erkennbar, wie der Senat diesen Sanierungsstau abbauen will. Angesichts der Baukostensteigerung und der hohen Inflation sind die eingeplanten Mittel bei Weitem nicht ausreichend. Es fehlen Hochschulentwicklungspläne und eine Priorisierung, stattdessen müssen kostspielig Ersatzflächen angemietet werden. Auch das ist ein Ergebnis der verfehlten Baupolitik des Senats. – Den vorliegenden Haushaltsentwurf für den Bereich Wissenschaft und Forschung wird die CDUFraktion daher ablehnen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Es folgt dann für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Dr. Haghanipour.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Pandemie und die Klimakrise machen überdeutlich: Die großen Herausforderungen unserer Zeit meistern wir nur im Schulterschluss mit der Wissenschaft. Berlin ist Zentrum der Wissensökonomie und Forschung. Mit diesem Doppelhaushalt stärken wir Berlin als Stadt der Zukunft mit einem Gesamtvolumen von 4,5 Milliarden Euro für Infrastruktur, Forschung und die bessere Ausbildung zukünftiger Lehr- und Fachkräfte.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Raed Saleh (SPD) und Mirjam Golm (SPD)]

Und wir erhöhen die Mittel für sozial-ökologische Forschung von 900 000 Euro auf 4,5 Millionen Euro, denn die Klimakrise ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, sie ist die Überlebensfrage für uns alle, und die packen wir mit diesem Haushalt an, und zwar sozial gerecht.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Raed Saleh (SPD), Mirjam Golm (SPD) und Orkan Özdemir (SPD)]

Es kann jedoch keine gerechte Gesellschaft geben, wenn eine Hälfte unter den Tisch fällt. Darum ist es richtig, dass dieser Doppelhaushalt ein Haushalt für Frauen und Mädchen ist; 2023 werden es über 41 Millionen Euro im Gleichstellungsetat. Dieser Schub für Gleichberechtigung ist dringend notwendig. An jedem Tag wird das Recht von Frauen und Mädchen auf ein selbstbestimmtes Leben ohne Angst und Gewalt untergraben. Der heute zu beschließende Doppelhaushalt macht klar, Gewaltschutz von Frauen geht uns alle an.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Ich habe nachgerechnet. Wie Kollegin Golm bereits beschrieben hat, hat der Gleichstellungsetat einen Aufwuchs

von über 5 Prozent. Es sind diese 5 Prozent, die den Unterschied machen, damit sich die Beraterin der BIG Hotline für die von Gewalt Betroffene Zeit nehmen kann, damit sie den Telefonhörer nicht schnellstmöglich auflegen muss, weil bereits neue Notfälle warten. Mit diesem Haushalt macht die Koalition deutlich: Berlin steht für Gewaltschutz mit neuen Stellen im Beratungsverbund, in den Zufluchtswohnungen, mit verlängerten Beratungszeiten und einem weiteren Frauenhaus.

Die Istanbul-Gewaltschutz-Konvention machen wir bekannter und stärken sie mit einem Monitoring, denn Gewaltschutz ist überlebenswichtig. Wir dürfen nicht vergessen, es ist eine riesige Leistung, wenn Frauen, die Diskriminierung und Gewalt erfahren, ihre Stimme erheben und Hilfe suchen. Deswegen investieren wir in diskriminierungssensible Projekte, die Frauen und Mädchen informieren, sie ermutigen, ihren eigenen Weg zu gehen. Dieses Empowerment macht Berlin zur Stadt der Frauen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]