Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von Ihnen, wie erwartet, Hass und Hetze wie immer. Übrigens: Auch die Ankommenden und Menschen mit Migrationsgeschichte sind Berlinerinnen und Berliner!
[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zurufe von Harald Laatsch (AfD) und Gunnar Lindemann (AfD)]
sogar aktiv und ehrenamtlich, jeden Tag. Sie können gerne mal zum Hauptbahnhof oder zu anderen Stellen gehen und sich ein eigenes Bild verschaffen.
Durch den Angriffskrieg Russlands haben sehr viele Menschen in der Ukraine ihr Zuhause verloren und in Europa und auch in Berlin Schutz gesucht und Schutz gefunden.
Wir werden unsere Türen weiter offen halten und dafür sorgen, dass sie gut ankommen. Dabei geht es nicht um Integration in dem Sinne, dass sich neu ankommende Menschen an eine vorhandene heterogene Gesellschaft anpassen müssen, denn Berlin ist schon ewig und glücklicherweise eine vielfältige Einwanderungsgesellschaft. Es geht darum, für alle Menschen, egal, ob gerade angekommen, seit Jahren oder schon ewig hier lebend, gleiche Zugänge zu städtischen Ressourcen, zu Wohnen und Bildung, zu Gesundheit und Arbeit sowie zu politischer Mitbestimmung zu schaffen. Es geht um Partizipation und um Chancengleichheit.
Nein, danke! – Um diesen Anspruch einzulösen, haben wir für 2022 und 2023 jeweils über 30 Millionen Euro im
Einzelplan 11 für Partizipationsmaßnahmen eingestellt und werden zusätzliche Mittel aus dem Extratitel für Kriegsfolgen nutzen. Wir stärken damit die kostenlosen Deutschkurse der Volkshochschulen, bauen Beratungs- und Berufsanerkennungsstrukturen aus, erweitern das Angebot an Sprachmittlerinnen und -mittler und für psychosoziale Begleitung. Wir sichern eine gute Unterbringungsqualität und stärken die Arbeit der Lotsinnen und Lotsen, die die Menschen unterstützen, Zugänge zu erhalten.
Hier möchte ich noch einmal all den Ehrenamtlichen danken, die ebenfalls von Tag eins bis heute so tatkräftig Ankommende unterstützt haben und uns im Ausschuss letzte Woche ihre Erfahrungen und Kritik geschildert haben, denn: Ja, es sind auch Fehler passiert. Als Koalitionsabgeordnete und auch für die Senatsverwaltung kann ich aber sagen, dass wir alle unser Bestes geben, um Abhilfe zu schaffen.
Natürlich muss gelten, dass alle Geflüchteten dieselben Zugänge erhalten, egal, mit welchem Pass sie aus der Ukraine fliehen oder ob sie aus Syrien oder Afghanistan kommen. Daher brauchen wir schnell eine Bleiberechtslösung für Drittstaatsangehörige
und eine Vorgriffsregelung für Geduldete nach niedersächsischem Vorbild im Hinblick auf das von der Bundesregierung geplante Chancenaufenthaltsrecht. – Sie versuchen hier immer, mich zu übertönen,
aber wissen Sie, was mir Ruhe gibt? – Die Gewissheit, dass ich eines baldigen Tages werde sagen können, dass die AfD – und ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin – nur ein „Vogelschiss“ in der Geschichte dieser Stadt gewesen ist.
Wir stärken auch die Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte, die hier schon seit Jahren und Jahrzehnten leben, indem wir beispielsweise das Partizipationsprogramm ausbauen, durch das bisher fast 50 Berliner Migrantinnen- und Migrantenorganisationen gefördert werden, und durch neue Mittel für den Roma- und Romnja, Sinti- und Sintize-Beirat. Mit diesem Haushalt gehen wir einen großen Schritt weiter für ein Berlin für alle. Ich danke allen Beteiligten, die das ermöglicht haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Herausforderungen in Berlin sind riesig – die zweithöchste Arbeitslosenquote in Deutschland, die höchste Jugendarbeitslosigkeit in der Bundesrepublik, jedes vierte Kind armutsgefährdet, insgesamt wachsen über 150 000 Kinder und Jugendliche in Armut auf, und durch den Krieg in der Ukraine ist es unsere Aufgabe, Zehntausende Geflüchtete in Berlin und in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Doch anstatt diese Probleme anzugehen und klare Prioritäten auch in diesem Einzelplans zu setzen, liegt leider in diesem Plan auch eine vertane Chance. Die vertane Chance heißt Abschaffung des überhaupt nicht zielführenden solidarischen Grundeinkommens.
Es ist ein Symbol, hinter dem sich eine Mogelpackung verbirgt, denn der Name täuscht über den eigentlichen Inhalt hinweg. In Wirklichkeit geht es hier eher um eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme als um ein Grundeinkommen, und auch der Erfolg des Programms kann nicht überzeugen. Von den 1 000 geförderten Personen gelang es gerade einmal 23 in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder Ausbildung zu wechseln. Und das bei jetzt eingestellten 30 Millionen Euro! Das ist doch eine Bankrotterklärung Ihrer Arbeitsmarktpolitik.
Sie müssen sich endlich von dem Lieblingsprojekt von Herrn Müller trennen und hier einen klaren Cut machen. Denn was könnte man mit 30 Millionen Euro stattdessen an Chancen in Berlin schaffen? – Zum Beispiel eine gute Berufsorientierung für junge Menschen! Und damit kommen wir zum positiven Teil meiner Rede. Ich bin sehr positiv überrascht, dass unsere Idee, eine echte Evaluierung der Berufsorientierungsprogramme vorzunehmen, von Ihnen, von den Regierungsfraktionen, übernommen wurde. Das ist ein kleiner Erfolg unserer Oppositionsarbeit, und es ist schön, dass wir diesen sinnvollen Anstoß geben konnten.
Auch im Rahmen einer nachhaltigen Sozialpolitik gäbe es eine bessere Verwendung für das Geld als für ein solidarisches Grundeinkommen. Es ist richtig, Projekte wie Housing First zu stärken und zu unterstützen. Da stimmen wir Ihnen voll zu. Wir wären aber auch noch weiter gegangen – zum Beispiel mit einem Hilfeticket für Obdachlose für die BVG. Das wäre noch ein weiterer Wunsch gewesen –
Nicht einig sind wir uns hinsichtlich der überbordenden Bürokratie durch Landesmindestlohn, Vergabegesetz, Tariftreueregister, die auch hier im Haushalt hinterlegt sind. Was wir doch brauchen für Berlin, ist nicht mehr Bürokratie und Gängelung, sondern echten sozialen Aufstieg für die Berlinerinnen und Berliner.
Eine ganz wichtige Idee ist – leider abgelehnt, vielleicht kommen wir noch mal dazu, dass Sie das Ansinnen teilen –, dass endlich die unsäglichen Meistergebühren für die angehenden Meisterinnen und Meister abgeschafft werden, um mehr Menschen einkommensunabhängig in eine bessere berufliche Perspektive zu bringen.
Zum Abschluss zum Bereich Integration: Wir müssen Menschen schneller in Arbeit bringen, denn das Dach über dem Kopf ist das eine, aber zur Würde des Menschen gehört auch der schnelle Einstieg in Arbeit. Es kann nicht sein, dass man in Berlin bis zu zwei Jahre darauf wartet, als Arzt hier einer Anerkennung für diesen Beruf zu bekommen. Diese Zustände haben wir, das wissen wir aus dem Petitionsausschuss. Hier müssen die Behörden endlich gut arbeiten, ausgestattet und digitalisiert sein, damit schneller ausländische Berufsabschlüsse anerkannt werden.
Dieser Haushalt hätte, auch wenn wir in Teilen vor allem in der Sozialpolitik viele Übereinstimmungen haben, doch gezielter sein können für den sozialen Aufstieg. Es ist eine vertane Chance, hier unsägliche Ausgaben abzuschaffen. Das kann Berlin eigentlich besser.
Vielen Dank! – Für eine zweite Rederunde liegt wieder zunächst eine Wortmeldung der Fraktion der CDU vor. – Herr Professor Pätzold, bitte schön! Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben in den Ausschüssen sehr leidenschaftlich und intensiv über die Arbeitsmarktpolitik diskutiert. Wir haben dort gemerkt, dass es viele Übereinstimmungen gibt, Übereinstimmungen hinsichtlich dessen, dass wir wissen, dass wir jetzt vor enormen sozialen Herausforderungen stehen, und wir haben alle die Verantwortung, diese sozialen Herausforderungen so gerecht wie möglich zu gestalten. Da gibt es natürlich punktuell Veränderungen, wie man das auszugestalten hat, und da gibt es auch andere Schwerpunkte, die gesetzt werden.
Wir haben als CDU-Fraktion drei Änderungsanträge in meinem Bereich eingebracht und diese sehr intensiv mit den Koalitionsfraktionen und den anderen Oppositionsfraktionen in den Ausschüssen diskutiert. Wir haben mit dem großen Ziel, auch alle jungen Menschen in Berlin, die in die Schulen gehen, zu erreichen und sie auf den Beruf vorzubereiten, darüber intensiv diskutiert, wie wir die Jugendberufsagentur stärken können. Wir haben einen Änderungsantrag eingebracht, und der wurde leider im Ausschuss abgelehnt, wie das so üblich ist. Aber ich freute mich dann sehr, als ich vernommen habe, dass er im Hauptausschuss inhaltlich auch Zustimmung durch die Koalitionsfraktionen gefunden hat und heute hier dann auch aller Voraussicht nach durch das Hohe Haus verabschiedet wird.
Wir haben uns für etwas Zweites eingesetzt – und das ist auch ein Punkt, wo wir sehen, wenn man sich für Arbeitspolitik einsetzt, wenn man versucht, junge Menschen im Übergang von der Schule zur Ausbildung zu unterstützen, dass natürlich auch die Bedeutung des Themas Sprachbarrieren und Sprachdefizite zunimmt. Deshalb haben wir einen zweiten Änderungsantrag gestellt, wo wir gesagt haben, dass wir dort ganz gezielt mehr Geld hineingeben möchten. Leider hat dieser Antrag keine Zustimmung gefunden, aber wir werden dafür in den nächsten Jahren weiter werben.
Und wir haben jetzt durch Corona erlebt, dass die Langzeitarbeitslosigkeit massiv angestiegen ist. Die Langzeitarbeitslosigkeit ist gegenüber dem Niveau vor der Krise mittlerweile deutlich drüber. Überall, in allen Bezirken haben wir ein deutlich höheres Niveau. Viele Menschen brauchen jetzt auch Unterstützung, um in den Arbeitsmarkt zurückzufinden. Gleichzeitig haben wir jetzt durch den Angriffskrieg in der Ukraine erlebt, dass wir sehr viele geflüchtete Menschen haben, die in Berlin eine neue Heimat suchen. 2015, 2016 haben wir uns dafür entschieden, das Tandem-Job-Programm in meinem Bezirk Lichtenberg umzusetzen und immer einen Langzeitarbeitslosen zusammen mit einem Flüchtling in Arbeit zu integrieren. Ich habe den Eindruck gewonnen, Frau Senatorin Kipping, dass Sie und Ihr Staatssekretär Fischer dafür offen sind, und ich würde mir auch aus dieser Debatte heraus wünschen, dass wir vielleicht gemeinsam, auch als Oppositionsfraktion mit der Koalition, ein Programm, was 2016 sehr erfolgreich angelaufen ist, auch in den nächsten zwei Jahren auf den Weg bringen könnten. Dafür will ich noch mal an dieser Stelle auch bei Ihnen um Unterstützung werben. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Senatorin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir leben in unruhigen Zeiten. Die Folgen der Coronapandemie – das wurde heute bereits angesprochen – haben zu massiven sozialen Verwerfungen in unserer Gesellschaft geführt. Die Mieten steigen und steigen, und die Berlinerinnen und Berliner spüren gerade bei jedem Einkauf und bei jeder Stromrechnung die Inflation im Portemonnaie und auf dem Konto. Für immer mehr Menschen in Berlin bedeutet das, dass das finanzielle und soziale Gerüst, an dem sie sich im Leben festhalten, wackelt, weil unklar ist, was aus dem Arbeitsplatz wird, weil unklar ist, ob man in der eigenen Wohnung dauerhaft wohnen kann oder was die Zukunft bringt. Deshalb kommt es in diesen Zeiten auf eine Sache an, auf eine Politik, die Halt gibt und die soziale Sicherheit schafft, und dafür stehen wir als Koalition: Für ein soziales Berlin, das niemanden zurücklässt!
Eine Stadt, die den Ärmsten die Hand reicht mit einem starken sozialen Netz, das die Menschen auffängt, wo sie Hilfe brauchen. Deshalb bauen wir als Koalition mit diesem Haushalt die Schuldnerberatung weiter aus, weil niemand mit hohen Stromrechnungen allein gelassen werden soll.